Artikel 6a VO (EU) 2017/1938

Befüllungsziele und Befüllungspfade

(1) Vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5 stellen die Mitgliedstaaten folgende Befüllungsziele für die Gesamtkapazität aller unterirdischen Gasspeicheranlagen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden und direkt mit einem Absatzgebiet in ihrem Hoheitsgebiet verknüpft sind, sowie für in Anhang Ib aufgeführte Speicheranlagen bis zum 1. November jeden Jahres sicher:

a)
für 2022: 80 %;
b)
ab 2023: 90 %.

Für die Zwecke der Einhaltung des vorliegenden Absatzes berücksichtigen die Mitgliedstaaten das Ziel, die sichere Erdgasversorgung in der Union gemäß Artikel 1 zu gewährleisten.

(2) Ungeachtet Absatz 1 und unbeschadet der Verpflichtungen anderer Mitgliedstaaten zur Befüllung der betreffenden unterirdischen Gasspeicheranlagen wird das Befüllungsziel jedes Mitgliedstaats, in dem sich die unterirdischen Gasspeicheranlagen befinden, auf ein Volumen begrenzt, das 35 % des durchschnittlichen jährlichen Gasverbrauchs der vorangegangenen fünf Jahre jenes Mitgliedstaats entspricht.

(3) Ungeachtet Absatz 1 und unbeschadet der Verpflichtungen anderer Mitgliedstaaten zur Befüllung der betreffenden unterirdischen Gasspeicheranlagen wird das Befüllungsziel jedes Mitgliedstaats, in dem sich die unterirdischen Gasspeicheranlagen befinden, um das in der Referenzperiode 2016 bis 2021 an Drittländer gelieferte Volumen reduziert, wenn die durchschnittliche Liefermenge während der Gasspeicher-Entnahmezeit (Oktober bis April) nicht mehr als 15 TWh pro Jahr betrug.

(4) Für die in Anhang Ib aufgeführten unterirdischen Gasspeicheranlagen gelten die Befüllungsziele gemäß Absatz 1 und die Befüllungspfade gemäß Absatz 7. Die Einzelheiten der Verpflichtungen jedes Mitgliedstaats werden in einem bilateralen Abkommen im Einklang mit Anhang Ib festgelegt.

(5) Ein Mitgliedstaat kann das Befüllungsziel teilweise erreichen, indem das in seinen LNG-Anlagen physisch gespeicherte und verfügbare LNG angerechnet wird, sofern die beiden folgenden Bedingungen erfüllt werden:

a)
das Gasnetz verfügt über erhebliche LNG-Speicherkapazität, die jährlich mehr als 4 % des durchschnittlichen nationalen Verbrauchs der vorangegangenen fünf Jahre ausmacht;
b)
der Mitgliedstaat den Gaslieferanten im Einklang mit Artikel 6b Absatz 1 Buchstabe a die Verpflichtung auferlegt hat, Mindestgasmengen in unterirdischen Gasspeicheranlagen und/oder LNG-Anlagen zu speichern.

(6) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Zwischenziele zu erreichen oder um dafür zu sorgen, dass diese Zwischenziele erreicht werden, wie folgt:

a)
für 2022: gemäß Anhang Ia und
b)
ab 2023: im Einklang mit Absatz 7.

(7) Für 2023 und die folgenden Jahre übermittelt jeder Mitgliedstaat mit unterirdischen Gasspeicheranlagen der Kommission bis zum 15. September des Vorjahres einen Entwurf des Befüllungspfades mit Zwischenzielen für die Monate Februar, Mai, Juli und September einschließlich technischer Informationen für die direkt mit seinem Absatzgebiet verknüpften unterirdischen Gasspeicheranlagen in seinem Hoheitsgebiet in aggregierter Form. Der Befüllungspfad und die Zwischenziele beruhen auf der durchschnittlichen Befüllungsquote der vorangegangenen fünf Jahre.

Für Mitgliedstaaten, für die das Befüllungsziel gemäß Absatz 2 auf 35 % ihres durchschnittlichen jährlichen Gasverbrauchs gesenkt wird, werden die Zwischenziele des Befüllungspfades entsprechend reduziert.

Auf der Grundlage der von jedem Mitgliedstaat bereitgestellten technischen Informationen und unter Berücksichtigung der Bewertung der Koordinierungsgruppe „Gas” erlässt die Kommission Durchführungsrechtsakte, um den Befüllungspfad jedes Mitgliedstaats festzulegen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 18a Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Sie werden falls nötig und auch, wenn ein Mitgliedstaat einen aktualisierten Entwurf des Befüllungspfades übermittelt hat, bis zum 15. November des Vorjahres erlassen. Sie stützen sich auf eine Bewertung der allgemeinen Gasversorgungssicherheitslage und der Entwicklung des Gasangebots und der Gasnachfrage in der Union und in einzelnen Mitgliedstaaten und werden so festgelegt, dass die Gasversorgungssicherheit gewährleistet wird und gleichzeitig eine unangemessene Belastung der Mitgliedstaaten, der Gasmarktteilnehmer, der Speicheranlagenbetreiber und der Kunden sowie eine unangemessene Verzerrung des Wettbewerbs zwischen Speicheranlagen in benachbarten Mitgliedstaaten vermieden wird.

(8) Kann ein Mitgliedstaat sein Befüllungsziel in einem bestimmten Jahr bis zum 1. November aufgrund besonderer technischer Merkmale einer oder mehrerer unterirdischer Gasspeicheranlagen, wie z. B. außergewöhnlich niedriger Einspeiseraten, in seinem Hoheitsgebiet nicht erfüllen, ist es ihm gestattet, sein Befüllungsziel bis zum 1. Dezember zu erreichen. Der Mitgliedstaat teilt dies der Kommission vor dem 1. November mit und gibt dabei Gründe für die Verzögerung an.

(9) Das Befüllungsziel gilt nicht, wenn und solange die Kommission gemäß Artikel 12 auf Ersuchen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, der bzw. die einen nationalen Notfall ausgerufen hat bzw. ausgerufen haben, einen regionalen oder unionsweiten Notfall ausgerufen hat.

(10) Die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats überwacht kontinuierlich die Erfüllung des Befüllungspfades und erstattet der Koordinierungsgruppe „Gas” regelmäßig Bericht. Liegt der Füllstand in einem bestimmten Mitgliedstaat mehr als fünf Prozentpunkte unter dem Stand des Befüllungspfades, trifft die zuständige Behörde unverzüglich wirksame Maßnahmen zu dessen Anhebung. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die Koordinierungsgruppe „Gas” über die getroffenen Maßnahmen.

(11) Bei einer erheblichen und anhaltenden Abweichung eines Mitgliedstaates vom Befüllungspfad, die die Erreichung des Befüllungsziels beeinträchtigt, oder bei einer Abweichung vom Befüllungsziel richtet die Kommission nach Konsultation der Koordinierungsgruppe „Gas” und der betroffenen Mitgliedstaaten eine Empfehlung an den betreffenden Mitgliedstaat oder an die anderen betroffenen Mitgliedstaaten bezüglich unverzüglich zu treffender Maßnahmen.

Wird die Abweichung nicht binnen eines Monats ab dem Tag des Eingangs der Empfehlung der Kommission erheblich verringert, fasst die Kommission nach Konsultation der Koordinierungsgruppe „Gas” und der betroffenen Mitgliedstaaten als letztes Mittel einen Beschluss, der den betroffenen Mitgliedstaat verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, um der Abweichung abzuhelfen, darunter gegebenenfalls eine oder mehrere der in Artikel 6b Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen oder jede andere Maßnahme, mit der sichergestellt wird, dass das gemäß diesem Artikel Befüllungsziel erreicht wird;

Bei der Entscheidung darüber, welche Maßnahmen sie gemäß Unterabsatz 2 ergreift, berücksichtigt die Kommission die besondere Situation der betroffenen Mitgliedstaaten, wie z. B. das Volumen der unterirdischen Gasspeicheranlagen im Verhältnis zum inländischen Gasverbrauch, die Bedeutung der unterirdischen Gasspeicheranlagen für die Gasversorgungssicherheit in der Region und etwaige bestehende LNG-Speicheranlagen.

Bei allen von der Kommission getroffenen Maßnahmen zur Behebung von Abweichungen vom Befüllungspfad oder vom Befüllungsziel für 2022 wird der nur sehr kurze Zeitrahmen für die Umsetzung dieses Artikels auf nationaler Ebene berücksichtigt, sowie dass dies zur Abweichung vom Befüllungspfad oder vom Befüllungsziel für 2022 beigetragen haben könnte.

Die Kommission stellt sicher, dass die Maßnahmen gemäß dem vorliegenden Absatz nicht

a)
über das zur Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit erforderliche Maß hinausgehen;
b)
mit einer unverhältnismäßigen Belastung für die Mitgliedstaaten, die Gasmarktteilnehmer, die Speicheranlagenbetreiber oder die Kunden verbunden sind.

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