Artikel 36 VO (EU) 2017/1939
Strafverfolgung vor nationalen Gerichten
(1) Unterbreitet der Delegierte Europäische Staatsanwalt einen Beschlussentwurf, in dem vorgeschlagen wird, Anklage zu erheben, so beschließt die Ständige Kammer nach den Verfahren des Artikels 35 innerhalb von 21 Tagen über diesen Entwurf. Die Ständige Kammer kann nicht beschließen, das Verfahren einzustellen, wenn in einem Beschlussentwurf vorgeschlagen wird, Anklage zu erheben.
(2) Fasst die Ständige Kammer innerhalb der 21-Tage-Frist keinen Beschluss, so gilt der vom Delegierten Europäischen Staatsanwalt vorgeschlagene Beschluss als angenommen.
(3) Hat mehr als ein Mitgliedstaat Gerichtsbarkeit für den Fall, so beschließt die Ständige Kammer grundsätzlich, in dem Mitgliedstaat des betrauten Delegierten Europäischen Staatsanwalts Anklage zu erheben. Die Ständige Kammer kann allerdings unter Berücksichtigung des gemäß Artikel 35 Absatz 1 vorgelegten Berichts beschließen, in einem anderen Mitgliedstaat Anklage zu erheben, wenn hinreichende Gründe vorliegen, die dies rechtfertigen, wobei die Kriterien nach Artikel 26 Absätze 4 und 5 heranzuziehen sind, und einen Delegierten Europäischen Staatsanwalt dieses Mitgliedstaats entsprechend anweisen.
(4) Bevor sie über die Anklageerhebung entscheidet, kann die zuständige Ständige Kammer auf Vorschlag des betrauten Delegierten Europäischen Staatsanwalts beschließen, mehrere Verfahren miteinander zu verbinden, wenn Ermittlungen von verschiedenen Delegierten Europäischen Staatsanwälten gegen dieselbe(n) Person(en) geführt wurden, damit die Strafverfolgung in diesen Fällen vor den Gerichten eines einzigen Mitgliedstaats, der nach seinem Recht für jedes dieser Verfahren Gerichtsbarkeit hat, erfolgen kann.
(5) Sobald darüber entschieden ist, in welchem Mitgliedstaat die Anklageerhebung erfolgen soll, wird das in diesem Mitgliedstaat zuständige nationale Gericht nach Maßgabe des nationalen Rechts bestimmt.
(6) Soweit dies für die Zwecke der Wiedereinziehung, verwaltungsrechtlicher Folgemaßnahmen oder Überwachung erforderlich ist, setzt die zentrale Dienststelle die zuständigen nationalen Behörden, die betroffenen Personen und die einschlägigen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union von der Erhebung der Anklage in Kenntnis.
(7) Hat die Anklagebehörde im Anschluss an ein Urteil des Gerichts zu entscheiden, ob sie ein Rechtsmittel einlegen soll, so unterbreitet der Delegierte Europäische Staatsanwalt der zuständigen Ständigen Kammer einen Bericht, der auch einen Beschlussentwurf umfasst, und erwartet deren Weisungen. Sollte es innerhalb der nach nationalem Recht festgesetzten Frist nicht möglich sein, diese Weisungen abzuwarten, so ist der Delegierte Europäische Staatsanwalt berechtigt, das Rechtsmittel ohne vorherige Weisungen der Ständigen Kammer einzulegen; anschließend legt er der Ständigen Kammer den Bericht unverzüglich vor. Die Ständige Kammer weist den Delegierten Europäischen Staatsanwalt sodann an, das Rechtsmittel entweder aufrechtzuerhalten oder zurückzunehmen. Dasselbe Verfahren gilt, wenn im Verlauf des Gerichtsverfahrens und im Einklang mit dem geltenden nationalen Recht der betraute Delegierte Europäische Staatsanwalt einen Standpunkt einnimmt, der zur Einstellung des Verfahrens führen würde.
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