Artikel 2 STS-VO (VO (EU) 2017/2402)

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.
„Verbriefung” eine Transaktion oder eine Struktur, durch die das mit einer Risikoposition oder einem Pool von Risikopositionen verbundene Kreditrisiko in Tranchen unterteilt wird, und die alle der folgenden Merkmale aufweist:

a)
die im Rahmen der Transaktion oder der Struktur getätigten Zahlungen hängen von der Wertentwicklung der Risikoposition oder des Pools von Risikopositionen ab;
b)
die Rangfolge der Tranchen entscheidet über die Verteilung der Verluste während der Laufzeit der Transaktion oder der Struktur;
c)
die Transaktion oder die Struktur begründet keine Risikopositionen, die alle der unter Artikel 147 Absatz 8 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 aufgeführten Merkmale aufweisen;

2.
„Verbriefungszweckgesellschaft” ein Unternehmen, eine Treuhandgesellschaft oder eine andere Einrichtung, das/die kein Originator oder Sponsor ist und für den Zweck der Durchführung einer oder mehrerer Verbriefungen errichtet wurde, dessen/deren Tätigkeit auf das zu diesem Zweck Notwendige beschränkt ist und dessen/deren Struktur darauf ausgelegt ist, die eigenen Verpflichtungen von denen des Originators zu trennen;
3.
„Originator” ein Unternehmen, das

a)
selbst oder über verbundene Unternehmen direkt oder indirekt an der ursprünglichen Vereinbarung beteiligt war, die die Verpflichtungen oder potenziellen Verpflichtungen des Schuldners bzw. potenziellen Schuldners begründet hat, durch die die Risikopositionen entstehen, die nun Gegenstand der Verbriefung sind; oder
b)
Risikopositionen eines Dritten auf eigene Rechnung erwirbt und diese dann verbrieft;

4.
„Wiederverbriefung” eine Verbriefung, bei der mindestens eine der zugrunde liegenden Risikopositionen eine Verbriefungsposition ist;
5.
„Sponsor” ein Kreditinstitut, unabhängig davon, ob es in der Union ansässig ist oder nicht, im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013, oder eine Wertpapierfirma im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Richtlinie 2014/65/EU, das/die kein Originator ist und

a)
ein Programm forderungsgedeckter Geldmarktpapiere oder eine andere Verbriefung, bei der Risikopositionen Dritter angekauft werden, auflegt und verwaltet, oder
b)
ein Programm forderungsgedeckter Geldmarktpapiere oder eine andere Verbriefung auflegt, bei der Risikopositionen Dritter angekauft werden und die tägliche aktive Portfolioverwaltung, die mit der Verbriefung einhergeht, an eine Einrichtung übertragen wird, die im Einklang mit den Richtlinien 2009/65/EG, 2011/61/EU oder 2014/65/EU, für die Ausübung einer solchen Tätigkeit zugelassen ist;

6.
„Tranche” ein vertraglich festgelegtes Segment des mit einer Risikoposition oder einem Pool von Risikopositionen verbundenen Kreditrisikos, wobei eine Position in diesem Segment — ungeachtet etwaiger Besicherungen, die von Dritten direkt für die Inhaber von Positionen in diesem oder anderen Segmenten gestellt werden — mit einem größeren oder geringeren Verlustrisiko behaftet ist als eine Position gleicher Höhe in einem anderen Segment;
7.
„Programm forderungsgedeckter Geldmarktpapiere” oder „ABCP-Programm” ein Verbriefungsprogramm, bei dem die emittierten Wertpapiere überwiegend die Form eines forderungsgedeckten Geldmarktpapiers (ABCP) mit einer ursprünglichen Laufzeit von maximal einem Jahr haben;
8.
„Transaktion mit forderungsgedeckten Geldmarktpapieren” oder „ABCP-Transaktion” eine Verbriefung innerhalb eines ABCP-Programms;
9.
„traditionelle Verbriefung” eine Verbriefung, die mit der Übertragung des wirtschaftlichen Interesses an den verbrieften Risikopositionen einhergeht, indem der Originator das Eigentum an diesen Risikopositionen auf eine Verbriefungszweckgesellschaft überträgt oder Unterbeteiligungen an eine Verbriefungszweckgesellschaft abgibt, wenn die ausgegebenen Wertpapiere für den Originator keine Zahlungsverpflichtung darstellen;
10.
„synthetische Verbriefung” eine Verbriefung, bei der der Risikotransfer durch Kreditderivate oder Garantien erreicht wird und die verbrieften Risikopositionen Risikopositionen des Originators bleiben;
11.
„Anleger” eine natürliche oder juristische Person, die eine Verbriefungsposition hält;
12.
„institutioneller Anleger” einen Anleger, der eines der Folgenden ist:

a)
ein Versicherungsunternehmen im Sinne des Artikels 13 Nummer 1 der Richtlinie 2009/138/EG;
b)
ein Rückversicherungsunternehmen im Sinne des Artikels 13 Nummer 4 der Richtlinie 2009/138/EG;
c)
eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung, die nach Artikel 2 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates(1) in deren Anwendungsbereich fällt, es sei denn, ein Mitgliedstaat hat nach Artikel 5 der genannten Richtlinie beschlossen, die genannte Richtlinie auf die betreffende Einrichtung nicht oder nur teilweise anzuwenden, oder ein Anlageverwalter oder eine von einer Einrichtung der betrieblichen Altersvorsorge gemäß Artikel 32 der Richtlinie (EU) 2016/2341 zugelassene Stelle;
d)
ein Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/61/EU, der alternative Investmentfonds in der Union verwaltet und/oder vertreibt;
e)
eine Verwaltungsgesellschaft für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2009/65/EG;
f)
ein intern verwalteter OGAW, der eine nach der Richtlinie 2009/65/EG zugelassene Investmentgesellschaft ist und keine nach der genannten Richtlinie zugelassene Verwaltungsgesellschaft für seine Verwaltung benannt hat;
g)
ein Kreditinstitut im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 für die Zwecke der genannten Verordnung oder eine Wertpapierfirma im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Nummer 2 der genannten Verordnung;

13.
„Forderungsverwalter” ein Unternehmen, das einen Pool von angekauften Forderungen oder die zugrunde liegenden Kreditrisikopositionen auf täglicher Basis verwaltet;
14.
„Liquiditätsfazilität” die Verbriefungsposition, die sich aus einer vertraglichen Vereinbarung ergibt, finanzielle Mittel bereitzustellen, um die termingerechte Weiterleitung von Zahlungen an Anleger zu gewährleisten;
15.
„revolvierende Risikoposition” eine Risikoposition, bei der die Kreditinanspruchnahme bis zu einem vereinbarten Limit durch Inanspruchnahmen und Rückzahlungen nach dem freien Ermessen des „Kreditnehmers” schwanken darf;
16.
„revolvierende Verbriefung” eine Verbriefung, bei der die Verbriefungsstruktur selbst dadurch revolviert, dass Risikopositionen dem Pool von Risikopositionen hinzugefügt oder entnommen werden, unabhängig davon, ob die zugrunde liegenden Risikopositionen ebenfalls revolvieren oder nicht;
17.
„Klausel der vorzeitigen Rückzahlung” eine Vertragsklausel bei der Verbriefung revolvierender Risikopositionen oder bei einer revolvierenden Verbriefung, wonach die Verbriefungspositionen der Anleger bei Eintritt bestimmter Ereignisse vor der ursprünglich festgelegten Fälligkeit dieser Positionen getilgt werden müssen;
18.
„Erstverlust-Tranche” die nachrangigste Tranche bei einer Verbriefung, die für die verbrieften Risikopositionen eintretende Verluste als Erste trägt und dadurch für die Zweitverlust-Tranche und gegebenenfalls noch höherrangige Tranchen eine Sicherheit darstellt;
19.
„Verbriefungsposition” eine Risikoposition in einer Verbriefung;
20.
„ursprünglicher Kreditgeber” ein Unternehmen, das selbst oder über verbundene Unternehmen direkt oder indirekt die ursprüngliche Vereinbarung geschlossen hat, die die Verpflichtungen oder potenziellen Verpflichtungen des Schuldners oder potenziellen Schuldners begründet hat, durch die die Risikopositionen entstehen, die nun Gegenstand der Verbriefung sind;
21.
„vollständig unterstütztes ABCP-Programm” ein ABCP-Programm, das von seinem Sponsor direkt und vollständig unterstützt wird, indem dieser eine oder mehrere Liquiditätsfazilitäten für die Verbriefungszweckgesellschaft(en) zur Verfügung stellt, die zumindest Folgendes abdecken:

a)
alle Liquiditäts- und Kreditrisiken des ABCP-Programms;
b)
alle erheblichen Verwässerungsrisiken der Risikopositionen, die Gegenstand der Verbriefung sind;
c)
alle sonstigen auf Ebene der ABCP-Transaktionen und ABCP-Programme anfallenden Kosten, wenn dies erforderlich ist, um dem Anleger die vollständige Zahlung aller Beträge im Rahmen des ABCP zu garantieren;

22.
„vollständig unterstützte ABCP-Transaktion” eine ABCP-Transaktion, die auf der Ebene der Transaktion oder des ABCP-Programms durch eine Liquiditätsfazilität unterstützt wird, die mindestens alle der folgenden Elemente abdeckt:

a)
alle Liquiditäts- und Kreditrisiken der ABCP-Transaktion;
b)
alle erheblichen Verwässerungsrisiken der Risikopositionen, die im Rahmen des ABCP-Geschäfts Gegenstand der Verbriefung sind;
c)
alle sonstigen auf Ebene der ABCP-Transaktionen und ABCP-Programme anfallenden Kosten, wenn dies erforderlich ist, um dem Anleger die vollständige Zahlung aller Beträge im Rahmen des ABCP zu garantieren;

23.
„Verbriefungsregister” eine juristische Person, die die Aufzeichnungen zu Verbriefungen zentral sammelt und verwahrt.

Für die Zwecke des Artikels 10 der vorliegenden Verordnung gelten die Bezugnahmen in den Artikeln 61, 64, 65, 66, 73, 78, 79 und 80 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 auf das „Transaktionsregister” als Bezugnahmen auf das „Verbriefungsregister” ;

24.
„notleidende Risikoposition” oder „NPE” eine Risikoposition, die eine der in Artikel 47a Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 genannten Bedingungen erfüllt;
25.
„NPE-Verbriefung” eine Verbriefung, die durch einen Pool notleidender Risikopositionen unterlegt ist, deren Nominalwert mindestens 90 % des Nominalwerts des gesamten Pools zum Zeitpunkt der Originierung und zu jedem späteren Zeitpunkt, zu dem Vermögenswerte dem zugrunde liegenden Pool aufgrund einer Wiederauffüllung, einer Umstrukturierung oder aus einem anderen relevanten Grund hinzugefügt oder aus diesem entfernt werden, ausmacht;
26.
„Besicherungsvereinbarung” eine zwischen Originator und Anleger geschlossene Vereinbarung über die Übertragung des Kreditrisikos verbriefter Risikopositionen vom Originator auf den Anleger durch Kreditderivate oder Garantien, in der sich der Originator zur Zahlung eines Betrages, eine sogenannte Besicherungsprämie, an den Anleger und der Anleger sich zur Zahlung eines Betrages, einer sogenannten Ausgleichszahlung, an den Originator verpflichtet, falls eines der vertraglich festgelegten Kreditereignisse eintritt;
27.
„Besicherungsprämie” den Betrag, zu dessen Zahlung an den Anleger für die von diesem zugesagte Besicherung sich der Originator im Rahmen der Besicherungsvereinbarung verpflichtet hat;
28.
„Ausgleichszahlung” den Betrag, zu dessen Zahlung an den Originator sich der Anleger im Rahmen der Besicherungsvereinbarung im Falle des Eintritts eines in der Besicherungsvereinbarung festgelegten Kreditereignisses verpflichtet hat;
29.
„synthetischer Zinsüberschuss” (synthetic excess spread) den vom Originator gemäß der Unterlagen einer synthetischen Verbriefung zur Deckung von Verlusten aus den verbrieften Risikopositionen, die vor Fälligkeit der Transaktion auftreten könnten, vertraglich bestimmten Betrag.
30.
„Nachhaltigkeitsfaktoren” Nachhaltigkeitsfaktoren im Sinne von Artikel 2 Nummer 24 der Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates(2);
31.
„nicht erstattungsfähiger Kaufpreisabschlag” die Differenz zwischen dem offenen Saldo der Risikopositionen des zugrunde liegenden Pools und dem Preis, zu dem diese Risikopositionen vom Originator an die Verbriefungszweckgesellschaft verkauft werden, wobei weder der Originator noch der ursprüngliche Kreditgeber für diese Differenz entschädigt werden.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 37).

(2)

Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (ABl. L 317 vom 9.12.2019, S. 1).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.