Präambel VO (EU) 2017/459

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1775/2005(1), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 11 und Artikel 7 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
In der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 sind diskriminierungsfreie Regeln für die Bedingungen für den Zugang zu Erdgasfernleitungsnetzen festgelegt, um das ordnungsgemäße Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts zu gewährleisten.
(2)
Eine Duplizierung der Erdgasfernleitungsnetze ist in den meisten Fällen weder wirtschaftlich noch effizient. Der Wettbewerb auf den Erdgasmärkten erfordert daher einen transparenten und diskriminierungsfreien Zugang zur Gasinfrastruktur für alle Netznutzer. In weiten Teilen der Union ist jedoch das Fehlen eines gleichberechtigten und transparenten Zugangs zu Fernleitungskapazität weiterhin ein großes Hindernis für die Verwirklichung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem Großhandelsmarkt. Auch die Tatsache, dass die nationalen Vorschriften von einem Mitgliedstaat zum anderen verschieden sind, behindert die Schaffung eines gut funktionierenden Binnenmarktes für Gas.
(3)
Die ineffiziente Nutzung und der eingeschränkte Zugang zu den Hochdruck-Fernleitungen der Union führen zu suboptimalen Marktbedingungen. Für die Gasfernleitungsnetze in der Union muss ein transparenteres, effizienteres und diskriminierungsfreies System für die Zuweisung knapper Fernleitungskapazitäten umgesetzt werden, damit sich der grenzübergreifende Wettbewerb weiterentwickeln kann und die Marktintegration weiter voranschreitet. Die Entwicklung solcher Vorschriften wurde von allen Beteiligten konsequent unterstützt.
(4)
Voraussetzung für einen effizienten Wettbewerb zwischen Lieferanten innerhalb und außerhalb der Union ist, dass sie die vorhandenen Fernleitungsnetze flexibel nutzen können, um Gas entsprechend der Preissignale zu transportieren. Nur ein gut funktionierender Verbund von Fernleitungsnetzen, der gleiche Zugangsbedingungen für alle bietet, ermöglicht einen ungehinderten Gasfluss innerhalb der Union. Dies wiederum zieht mehr Lieferanten an, wodurch sich die Liquidität an den Gashandelsplätzen erhöht und ein Beitrag zu effizienten Preisfindungsmechanismen und damit zu fairen Gaspreisen geleistet wird, die auf dem Grundsatz von Angebot und Nachfrage beruhen.
(5)
Mit der Verordnung (EU) Nr. 984/2013(2) zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen wurde das Ziel verfolgt, das erforderliche Maß an Harmonisierung in der gesamten Union zu erreichen. Die wirksame Durchführung der Verordnung setzte außerdem die Einführung von Entgeltsystemen voraus, die mit den in dieser Verordnung vorgeschlagenen Kapazitätszuweisungsmechanismen vereinbar sind, damit die Umsetzung ohne nachteilige Auswirkungen auf die Erlöse und den Cash-flow der Fernleitungsnetzbetreiber sichergestellt wird.
(6)
Die vorliegende Verordnung weist einen umfassenderen Anwendungsbereich als die Verordnung (EU) Nr. 984/2013 vor allem hinsichtlich der Vorschriften für das Angebot neu zu schaffender Kapazität auf und präzisiert bestimmte Vorschriften, die die Definition und das Angebot von verbindlichen und unterbrechbaren Kapazitäten sowie die Verbesserung der Angleichung der vertraglichen Geschäftsbedingungen der jeweiligen Fernleitungsnetzbetreiber für das Angebot von gebündelter Kapazität betreffen. Bestimmungen in dieser Verordnung, die die Koordinierung der Wartung und die Standardisierung der Kommunikation betreffen, sollten im Kontext der Verordnung (EU) 2015/703 der Kommission(3) interpretiert werden.
(7)
Damit Netznutzer in einem integrierten Markt von größtmöglich harmonisierten Kapazitätszuweisungsmechanismen profitieren können, sollte diese Verordnung für die nicht ausgenommenen Kapazitäten größerer neuer Infrastrukturen gelten, für die eine Ausnahme von Artikel 32 der Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(4) gewährt wurde, sofern die Anwendung dieser Verordnung einer solchen Ausnahme nicht zuwiderläuft und den Besonderheiten von Verbindungsleitungen bei der Bündelung von Kapazitäten Rechnung getragen wird.
(8)
Diese Verordnung sollte unbeschadet der Anwendung von Unions- und einzelstaatlichen Wettbewerbsvorschriften, insbesondere des Verbots wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) und des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) gelten. Die vorzusehenden Kapazitätszuweisungsmechanismen sollten so ausgestaltet werden, dass eine Abschottung nachgelagerter Liefermärkte vermieden wird.
(9)
Um sicherzustellen, dass das Angebot von verbindlicher Kapazität von den Fernleitungsnetzbetreibern maximiert wird, sollte eine Produkthierarchie eingehalten werden, nach der unterbrechbare Jahres-, Quartals- und Monatskapazität nur angeboten wird, wenn verbindliche Kapazität nicht verfügbar ist.
(10)
In Fällen, in denen sich die Geschäftsbedingungen für das Angebot gebündelter Kapazitätsprodukte von Fernleitungsnetzbetreibern auf beiden Seiten eines Kopplungspunktes erheblich voneinander unterscheiden, können Wert und Nutzen der Buchung gebündelter Kapazität für die Netznutzer begrenzt sein. Daher sollte unter der Federführung der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden ( „die Agentur” ) und des Europäischen Verbunds der Fernleitungsnetzbetreiber ( „ENTSOG” ) ein Verfahren eingeleitet werden, in dessen Rahmen solche Geschäftsbedingungen von Fernleitungsnetzbetreibern für gebündelte Kapazitätsprodukte in der gesamten Union bewertet und soweit möglich aneinander angeglichen werden sollten, um eine gemeinsame Vorlage für die Geschäftsbedingungen auszuarbeiten.
(11)
Ein gestrafftes und einheitliches unionsweites Verfahren für das Angebot neu zu schaffender Kapazität ist notwendig, um auf die mögliche Marktnachfrage nach einer solchen Kapazität eingehen zu können. Ein solches Verfahren sollte aus regelmäßigen Nachfrageanalysen bestehen, auf die eine strukturierte Planungs- und Zuweisungsphase folgt, die auf der wirksamen unionsweiten Zusammenarbeit zwischen den Fernleitungsnetzbetreibern und den nationalen Regulierungsbehörden beruht. Jede Investitionsentscheidung, die nach der Analyse der marktseitigen Kapazitätsnachfrage getroffen wird, sollte einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden, um die Wirtschaftlichkeit zu ermitteln. Diese Wirtschaftlichkeitsprüfung sollte wiederum dafür sorgen, dass Netznutzer, die Kapazität nachfragen, die mit ihrer Nachfrage verbundenen Risiken tragen, um zu verhindern, dass „gefangene” Kunden dem Risiko solcher Investitionen ausgesetzt sind.
(12)
Die Kapazitätszuweisung im Rahmen von Standardprojekten für neu zu schaffende Kapazität sollte durch das standardmäßig vorgesehene Auktionsverfahren erfolgen, um ein Höchstmaß an Transparenz und Diskriminierungsfreiheit zu gewährleisten. Bei großen und komplexen Projekten, die mehrere Mitgliedstaaten betreffen, sollte es den Fernleitungsnetzbetreibern jedoch erlaubt sein, alternative Zuweisungsmechanismen zu verwenden. Diese Mechanismen sollten die erforderliche Flexibilität bieten, um die Investition zu ermöglichen, falls eine echte Marktnachfrage besteht, aber sie sollten dennoch grenzüberschreitend abgestimmt sein. Falls die Anwendung eines alternativen Zuweisungsmechanismus erlaubt wird, muss eine Marktabschottung dadurch verhindert werden, dass ein höherer Kapazitätsanteil für kurzfristige Buchungen zurückgehalten wird.
(13)
Bei der Umsetzung komplexer Einspeise-Ausspeise-Systeme, insbesondere mit physischen Gasflüssen, die für andere Märkte bestimmt sind, die diese Zonen queren, wurden von den Fernleitungsnetzbetreibern unterschiedliche vertragliche Ansätze für verbindliche Kapazitätsprodukte umgesetzt und von den nationalen Regulierungsbehörden genehmigt, deren Auswirkungen in einem unionsweiten Kontext bewertet werden sollten.
(14)
Die nationalen Regulierungsbehörden und die Fernleitungsnetzbetreiber sollten bewährte Verfahren berücksichtigen und Bemühungen unternehmen, um Verfahren für die Durchführung dieser Verordnung zu harmonisieren. Gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 713/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) sollten die Agentur und die nationalen Regulierungsbehörden sicherstellen, dass Kapazitätszuweisungsmechanismen an den maßgeblichen Kopplungspunkten unionsweit möglichst effektiv umgesetzt werden.
(15)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen in Einklang mit der Stellungnahme des Ausschusses, der nach Artikel 51 der Richtlinie 2009/73/EG eingesetzt wurde —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 36.

(2)

Verordnung (EU) Nr. 984/2013 der Kommission vom 14. Oktober 2013 zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen und zur Ergänzung der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 273 vom 15.10.2013, S. 5).

(3)

Verordnung (EU) 2015/703 der Kommission vom 30. April 2015 zur Festlegung eines Netzkodex mit Vorschriften für die Interoperabilität und den Datenaustausch (ABl. L 113 vom 1.5.2015, S. 13).

(4)

Richtlinie 2009/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 94).

(5)

Verordnung (EG) Nr. 713/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Gründung einer Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 1).

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