Artikel 6 VO (EU) 2017/584

Auslagerung und Beschaffung (Artikel 48 Absatz 1 der Richtlinie 2014/65/EU)

(1) Handelsplätze, die ihre operativen Funktionen mit Bezug auf die algorithmischen Handel zulassenden oder ermöglichenden Systeme ganz oder teilweise auslagern, stellen sicher, dass

a)
die Auslagerungsvereinbarung sich ausschließlich auf die operativen Funktionen bezieht und die Pflichten der Geschäftsleitung und des Leitungsorgans nicht berührt;
b)
die Beziehungen des Handelsplatzes zu seinen Mitgliedern, den zuständigen Behörden oder zu Dritten, beispielsweise den Kunden von Datenbereitstellungsdiensten, und die Verpflichtungen des Handelsplatzes diesen gegenüber unverändert bestehen bleiben;
c)
sie die Anforderungen erfüllen, die Handelsplätze als Voraussetzung für ihre Zulassung gemäß Titel III der Richtlinie 2014/65/EU erfüllen müssen.

(2) Für die Zwecke dieses Artikels umfassen die operativen Funktionen alle direkt auf die Performanz und Überwachung der Handelssysteme bezogenen Tätigkeiten, die folgende Bestandteile betreffen:

a)
Upstream-Konnektivität, Kapazitäten zur Verarbeitung eingereichter Aufträge, Drosselungskapazitäten und Fähigkeit, den Eingang der Kundenaufträge ausgleichend auf verschiedene Gateways aufzuteilen;
b)
Matching-Engine;
c)
Downstream-Konnektivität, Bearbeitung der Auftrags- und Geschäftsdaten und alle anderen Arten von Marktdaten-Feeds;
d)
Infrastruktur zur Überwachung der Performanz der unter den Buchstaben a, b und c genannten Bestandteile.

(3) Handelsplätze dokumentieren den Prozess zur Auswahl des Dienstleisters, an den die operativen Funktionen ausgelagert werden sollen (im Folgenden „Dienstleister” ). Sie ergreifen die notwendigen Maßnahmen um sicherzustellen, dass vor Abschluss der Auslagerungsvereinbarung und während deren gesamter Laufzeit die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)
Der Dienstleister ist in der Lage, die ausgelagerten Funktionen zuverlässig und professionell auszuführen und verfügt über alle gesetzlich dafür vorgeschriebenen Zulassungen.
b)
Der Dienstleister überwacht die Ausführung der ausgelagerten Funktionen ordnungsgemäß und steuert die mit der Auslagerungsvereinbarung verbundenen Risiken in angemessener Weise.
c)
Die ausgelagerten Dienstleistungen werden gemäß den Spezifikationen der Auslagerungsvereinbarung erbracht, die auf vorab festgelegter Methoden zur Beurteilung der Leistung des Dienstleisters beruhen und u. a. Messgrößen für die erbrachten Leistungen und Spezifikationen der zu erfüllenden Anforderungen enthalten.
d)
Am Handelsplatz sind die Fachkenntnisse vorhanden, die zur effektiven Überwachung der ausgelagerten Funktionen und zur Steuerung der mit der Auslagerungsvereinbarung verbundenen Risiken erforderlich sind.
e)
Der Handelsplatz ist in der Lage, umgehend zu reagieren, falls der Dienstleister die ihm anvertrauten Aufgaben nicht effektiv und im Einklang mit den anwendbaren Gesetzen und Regulierungsvorgaben ausübt.
f)
Der Dienstleister setzt den Handelsplatz über alle Umstände in Kenntnis, die seine Fähigkeit, die ihm anvertrauten Aufgaben effektiv und seinen rechtlichen Verpflichtungen entsprechend auszuüben, wesentlich beeinträchtigen könnten.
g)
Der Handelsplatz kann die Auslagerungsvereinbarung erforderlichenfalls kündigen, ohne dass die Kontinuität und Qualität seiner Leistungen gegenüber seinen Kunden darunter leidet.
h)
Der Dienstleister arbeitet bezüglich der ausgelagerten Tätigkeiten mit den für den Handelsplatz zuständigen Behörden zusammen.
i)
Der Handelsplatz hat effektiv Zugang zu den mit den ausgelagerten Tätigkeiten verbundenen Daten und zu den Geschäftsräumen des Dienstleisters; und die Wirtschaftsprüfer des Handelsplatzes sowie die zuständigen Behörden haben effektiv Zugang zu den mit den ausgelagerten Tätigkeiten verbundenen Daten.
j)
Der Handelsplatz legt die Anforderungen fest, die Dienstleister zum Schutz der vertraulichen Daten einhalten müssen, die den Handelsplatz und seine Mitglieder sowie geschützte Informationen und die Software des Handelsplatzes betreffen.
k)
Der Dienstleister erfüllt die unter Buchstabe j aufgeführten Anforderungen.
l)
Der Handelsplatz und der Dienstleister stellen einen Plan für die Notfallwiederherstellung und die regelmäßige Überprüfung der Notfallsysteme auf, setzen ihn um und erhalten ihn aufrecht, soweit dies im Hinblick auf die ausgelagerte operative Funktion erforderlich ist.
m)
Die Auslagerungsvereinbarung regelt die Pflichten des Dienstleisters für den Fall, dass dieser die vereinbarten Leistungen nicht erbringen kann, was auch die Bereitstellung der Dienstleistung durch ein Ersatzunternehmen einschließt.
n)
Der Handelsplatz hat Zugang zu Informationen über die in Artikel 16 erwähnten Notfallvorkehrungen aufseiten des Dienstleisters.

(4) Auslagerungsvereinbarungen bedürfen der Schriftform und enthalten folgende Regelungen:

a)
die Rechte und Pflichten des Dienstleisters und des Handelsplatzes;
b)
eindeutige Beschreibungen für folgende Bereiche:

i)
die ausgelagerten operativen Funktionen;
ii)
den Zugang des Handelsplatzes zu den Büchern und Aufzeichnungen des Dienstleisters;
iii)
das Verfahren zur Aufdeckung und Bewältigung potenzieller Interessenkonflikte;
iv)
die jeweiligen Zuständigkeiten beider Parteien;
v)
das Verfahren zur Änderung und Kündigung der Vereinbarung;

c)
die Maßnahmen, mit denen sichergestellt wird, dass sowohl der Handelsplatz als auch der Dienstleister die zuständige Behörde bei der Ausübung ihrer Aufsichtsbefugnisse auf jede erforderliche Weise unterstützen.

(5) Handelsplätze teilen den zuständigen Behörden ihre Absicht zur Auslagerung operativer Funktionen mit, wenn

a)
der Dienstleister dieselben Leistungen auch für andere Handelsplätze erbringt;
b)
für die Kontinuität des Geschäftsbetriebs wesentliche operative Funktionen ausgelagert werden sollen, da ein Handelsplatz in diesem Fall die vorherige Genehmigung der zuständigen Behörde einholen muss.

(6) Als wesentliche operative Funktionen gelten für die Zwecke von Absatz 5 Buchstabe b die Funktionen, die zur Erfüllung der in Artikel 47 Absatz 1 Buchstaben b, c und e der Richtlinie 2014/65/EU genannten Verpflichtungen notwendig sind.

(7) Über Auslagerungsvereinbarungen, die nicht vorab genehmigt werden müssen, unterrichten die Handelsplätze die zuständigen Behörden unmittelbar nach der Unterzeichnung.

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