Präambel VO (EU) 2017/584

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU(1), insbesondere auf Artikel 48 Absatz 12 Buchstaben a, c und g,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Es ist wichtig sicherzustellen, dass Handelsplätze, die algorithmischen Handel ermöglichen, über ausreichende Systeme und Kontrollen verfügen.
(2)
Die Bestimmungen der vorliegenden Verordnung sollten nicht nur für geregelte Märkte gelten, sondern auch für multilaterale Handelssysteme und organisierte Handelssysteme im Sinne von Artikel 18 Absatz 5 der Richtlinie 2014/65/EU.
(3)
Die Folgen der technologischen Entwicklung, insbesondere der algorithmische Handel, zählen zu den wichtigsten Faktoren zur Festlegung der Kapazitäten und Vorkehrungen für das Betreiben von Handelsplätzen. Die mit dem algorithmischen Handel einhergehenden Risiken können in jedem elektronisch unterstützten Handelssystem auftreten. Daher sollten für geregelte Märkte, multilaterale Handelssysteme und organisierte Handelssysteme, deren Systeme algorithmischen Handel zulassen oder ermöglichen, spezifische organisatorische Anforderungen festgelegt werden. Dabei werden Handelssysteme, mit denen algorithmischer Handel betrieben werden darf, unterschieden von Handelssystemen, bei denen dies, wie etwa bei sprachbasierten Handelssystemen, nicht zulässig ist.
(4)
Zur Gewährleistung der Belastbarkeit elektronischer Handelssysteme sollten im Rahmen der organisatorischen Anforderungen die Regelungen für die Unternehmensführung, die Rolle der Compliance-Funktion, die Personalausstattung und die Auslagerung festgelegt werden.
(5)
Für die Systeme von Handelsplätzen, die algorithmischen Handel zulassen oder ermöglichen, sollten Anforderungen festgelegt werden. Die spezifische Anwendung der Anforderungen sollte allerdings in Verbindung mit einer Selbstbeurteilung des jeweiligen Handelsplatzes erfolgen, da nicht alle Handelsmodelle mit denselben Risiken verbunden sind. Aus diesem Grund sind manche organisatorischen Anforderungen möglicherweise für bestimmte Handelsmodelle nicht geeignet, obwohl ihre Handelssysteme bis zu einem bestimmten Grad elektronisch unterstützt werden. Insbesondere die spezifischen Anforderungen an Preisanfragesysteme oder Hybridsysteme sollten der Art, dem Umfang und der Komplexität der algorithmischen Handelstätigkeit entsprechen. Desgleichen sollten die Handelsplätze, wenn dies angemessen ist, strengere Anforderungen festlegen.
(6)
Die mit algorithmischem Handel verbundenen Risiken sollten sorgfältig berücksichtigt werden, insbesondere, wenn sie die Kernbestandteile des Handelssystems betreffen, also die Hardware, die Software und die Kommunikationsverbindungen, die von den Handelsplätzen und ihren Mitgliedern, Teilnehmern oder Kunden ( „Mitgliedern” ) zur Ausübung ihrer Tätigkeiten verwendet werden, sowie Ausführungs- oder Auftragsverwaltungssysteme jeder Art, einschließlich Matching-Algorithmen, die von den Handelsplätzen eingesetzt werden.
(7)
Die spezifischen organisatorischen Anforderungen an Handelsplätze müssen anhand einer soliden Selbstbeurteilung festgelegt werden, bei der eine Reihe von Parametern zu prüfen sind. In diese Selbstbeurteilung sollten auch Umstände einbezogen werden, die nicht ausdrücklich festgelegt wurden, sich aber auf die Organisation auswirken können.
(8)
Der verbindliche Aufbewahrungszeitraum für die Selbstbeurteilung und die Due-Diligence-Prüfungen der Mitglieder sollte für den Zweck dieser Verordnung den in der Richtlinie 2014/65/EU niedergelegten allgemeinen Vorgaben für Aufbewahrungspflichten entsprechen.
(9)
Wenn Handelsplätze zur Echtzeitüberwachung verpflichtet sind, müssen die dadurch erzeugten Warnmeldungen so nah in Echtzeit wie technisch möglich, also nach höchstens fünf Sekunden erzeugt werden, um wirksam zu sein. Aus demselben Grund sollten infolge dieser Überwachung ergriffene Maßnahmen so zeitnah erfolgen, wie unter Zugrundelegung angemessener Bemühungen der betreffenden Personen um Effizienz und kostenmäßige Unterhaltung angenommen werden kann.
(10)
Die von Handelsplätzen zur Verfügung gestellten Testsysteme sollten den ordnungsgemäßen Handel nicht gefährden. Zu diesem Zweck sollten Handelsplätze der Anforderung unterliegen, angemessene Richtlinien für die faire Nutzung einzuführen, eine strikte Trennung von Test- und Produktionsumgebung zu gewährleisten und Tests nur außerhalb der Handelszeiten zu gestatten.
(11)
Durch Konformitätstests sollte sichergestellt werden, dass die grundlegenden Bestandteile des Systems oder die von den Mitgliedern verwendeten Algorithmen ordnungsgemäß und den Anforderungen des Handelsplatzes entsprechend funktionieren und plangemäß mit der Matching-Logik des Handelsplatzes interagieren und dass die beim Handelsplatz eingehenden und von ihm ausgehenden Daten zuverlässig verarbeitet werden. Durch eigens konzipierte Tests mit marktstörenden Handelsbedingungen sollte insbesondere überprüft werden, wie der Algorithmus oder die Strategie auf solche Bedingungen reagiert.
(12)
Wenn Handelsplätze Tests für Algorithmen über Testsymbole anbieten, sollte ihre Verpflichtung, Testmöglichkeiten für marktstörende Handelsbedingungen bereitzustellen, als erfüllt gelten. Damit die Mitglieder solche Testsymbole effektiv nutzen können, sollten Handelsplätze die dafür geltenden Spezifikationen und Merkmale mit derselben Detailtiefe veröffentlichen, die auch für reale Verträge öffentlich zur Verfügung gestellt wird.
(13)
Handelsplätze sollten verpflichtet sein, Möglichkeiten für problemlos durchzuführende Tests mit marktstörenden Handelsbedingungen zu bieten. Allerdings sollten ihre Mitglieder nicht zur Inanspruchnahme dieser Möglichkeiten verpflichtet werden. Die Bestätigung ihrer Mitglieder, dass ein solcher Test erfolgt ist, und die Angabe, welche Mittel dafür verwendet wurden, sollten den Handelsplätzen als Sicherheit genügen, und sie sollten nicht verpflichtet sein, die Angemessenheit dieser Mittel und die Testergebnisse zu überprüfen.
(14)
Handelsplätze und ihre Mitglieder sollten über hinreichende Vorkehrungen verfügen müssen, die es ermöglichen, noch nicht ausgeführte Aufträge bei Eintreten unvorhergesehener Umstände als Notfallmaßnahme zu stornieren.
(15)
Die Bereitstellung eines direkten elektronischen Zugangs (DEA) für eine unbegrenzte Anzahl von Personen kann für den Anbieter dieses Zugangs mit einem Risiko verbunden sein und auch die Belastbarkeit und die Kapazitäten des Handelsplatzes, bei dem die Aufträge eingereicht werden, gefährden. Um diesen Risiken zu begegnen, sollte der DEA-Bereitsteller bei Handelsplätzen, die solche nachgeordneten Zugänge zulassen, die Auftragsaufkommen der Nutznießer dieser Zugänge voneinander unterscheiden können.
(16)
Wenn ein Handelsplatz die Möglichkeit eines geförderten Zugangs anbietet, dann sollten dessen potenzielle Nutzer ein Zulassungsverfahren des Handelsplatzes durchlaufen. Außerdem sollten Handelsplätze das Recht haben, für die Bereitstellung eines direkten Marktzugangs durch ihre Mitglieder eine Genehmigungspflicht einzuführen.
(17)
Handelsplätze sollten festlegen, welche Anforderungen ihre Mitglieder erfüllen müssen, damit ihnen die Bereitstellung eines direkten elektronischen Zugangs gestattet werden kann, und festlegen, welche Mindeststandards potenzielle DEA-Nutzer im Zuge der Due-Diligence-Prüfung erfüllen müssen. Besagte Anforderungen und Standards sollten den Risiken entsprechen, die sich aus der Art, dem Umfang und der Komplexität der erwarteten Handelstätigkeiten und der erbrachten Dienstleistung ergeben. Dabei ist insbesondere der Umfang der erwarteten Handelstätigkeiten, das Auftragsvolumen und die Art der Verbindung zu bewerten.
(18)
Aus Gründen der Konsistenz und im Interesse reibungslos funktionierender Finanzmärkte sollten die in dieser Verordnung niedergelegten Bestimmungen und die damit zusammenhängenden nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2014/65/EU vom selben Tag an gelten.
(19)
Diese Verordnung stützt sich auf die Entwürfe technischer Regulierungsstandards, die der Kommission von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde vorgelegt wurden.
(20)
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde hat zu diesen Entwürfen offene öffentliche Konsultationen durchgeführt, die damit verbundenen potenziellen Kosten- und Nutzeffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) eingesetzten Interessengruppe Wertpapiere und Wertpapiermärkte eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349.

(2)

Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

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