Präambel VO (EU) 2018/1805

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 82 Absatz 1 Buchstabe a,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Union hat sich den Aufbau und die Erhaltung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zum Ziel gesetzt.
(2)
Die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union beruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen, der seit der Tagung des Europäischen Rates vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere allgemein als Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union gilt.
(3)
Die Sicherstellung und die Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten gehören zu den wirksamsten Mitteln der Kriminalitätsbekämpfung. Im Einklang mit dem „Stockholmer Programm – Ein offenes und sicheres Europa im Dienste und zum Schutz der Bürger” setzt sich die Union für eine wirksamere Ermittlung, Einziehung und Verwertung von durch Straftaten erlangtem Vermögen ein.(2)
(4)
Da die Kriminalität häufig grenzüberschreitenden Charakter hat, ist eine wirksame grenzüberschreitende Zusammenarbeit wesentlich, um Tatwerkzeuge und Erträge aus Straftaten sicherstellen und einziehen zu können.
(5)
Den derzeitigen Rechtsrahmen der Union im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen bilden die Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI(3) und 2006/783/JI(4) des Rates.
(6)
Wie aus den Berichten der Kommission über die Umsetzung der Rahmenbeschlüsse 2003/577/JI und 2006/783/JI deutlich wird, sind die bestehenden Regelungen für die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen nur eingeschränkt wirksam. Diese Rahmenbeschlüsse sind in den Mitgliedstaaten bislang nicht einheitlich umgesetzt und angewandt worden, was dazu geführt hat, dass die gegenseitige Anerkennung derzeit noch unzulänglich und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit suboptimal ist.
(7)
Der Rechtsrahmen der Union für die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen hat nicht mit den jüngsten gesetzgeberischen Entwicklungen auf Ebene der Union und der Mitgliedstaaten Schritt gehalten. So enthält insbesondere die Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(5) Mindestvorschriften für die Sicherstellung und die Einziehung von Vermögensgegenständen. Diese gemeinsamen Mindestvorschriften betreffen die Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten, auch im Fall von Krankheit oder Flucht der verdächtigen oder beschuldigten Person, wenn in Bezug auf eine Straftat bereits ein Strafverfahren eingeleitet wurde, die erweiterte Einziehung und die Dritteinziehung. Diese Mindestvorschriften betreffen ferner die Sicherstellung von Vermögensgegenständen zum Zwecke ihrer etwaigen späteren Einziehung. Die in dieser Richtlinie aufgeführten Arten der Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen sollten auch in den Rechtsrahmen für die gegenseitige Anerkennung umfasst werden.
(8)
Bei der Verabschiedung der Richtlinie 2014/42/EU haben das Europäische Parlament und der Rat in einer Erklärung festgehalten, dass ein wirksames System der Sicherstellung und Einziehung in der Union untrennbar mit einer gut funktionierenden gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen verknüpft ist. Da ein umfassendes System für die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Union eingerichtet werden muss, haben das Europäische Parlament und der Rat die Kommission aufgefordert, einen Gesetzgebungsvorschlag über die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen vorzulegen.
(9)
Laut der Mitteilung der Kommission vom 28. April 2015 mit dem Titel „Die Europäische Sicherheitsagenda” , beruht die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen auf wirksamen grenzübergreifenden Instrumenten und stellt die gegenseitige Anerkennung von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen ein Schlüsselelement des EU-Sicherheitsrahmens dar. Dort wird ferner darauf hingewiesen, dass die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen verbessert werden muss.
(10)
In ihrer Mitteilung vom 2. Februar 2016 über einen Aktionsplan für ein intensiveres Vorgehen gegen Terrorismusfinanzierung betont die Kommission, dass dafür gesorgt werden muss, dass Straftätern, die den Terrorismus finanzieren, ihr Vermögen entzogen wird. Die Kommission erklärte, dass den Straftätern die Erträge aus ihren Straftaten unbedingt entzogen werden müssen, um der organisierten Kriminalität, die der Finanzierung des Terrorismus dient, das Handwerk zu legen. Daher erklärte die Kommission, dass dafür gesorgt werden muss, dass in der gesamten EU die Möglichkeiten zur Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen jeglicher Art durch die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung voll ausgeschöpft werden.
(11)
Zur Gewährleistung der effektiven gegenseitigen Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen sollten die Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckung dieser Entscheidungen in einem verbindlichen und unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Union festgeschrieben werden.
(12)
Es ist wichtig, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen durch Vorschriften zu erleichtern, die die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, die von einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen von Verfahren in Strafsachen erlassen wurden, ohne weitere Formalitäten anzuerkennen und diese Entscheidungen in ihrem Hoheitsgebiet zu vollstrecken.
(13)
Diese Verordnung sollte für alle Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen gelten, die im Rahmen von Verfahren in Strafsachen ergehen. Bei dem Begriff „Verfahren in Strafsachen” handelt es sich um einen autonomen Begriff des Unionsrechts, wie er vom Gerichtshof der Europäischen Union ungeachtet der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgelegt wird. Der Begriff sollte daher für alle Arten von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen gelten, die im Anschluss an ein Verfahren im Zusammenhang mit einer Straftat ergehen, d. h. nicht nur für Entscheidungen, die unter die Richtlinie 2014/42/EU fallen. Er gilt auch für andere Arten von Entscheidungen, die ohne rechtskräftige Verurteilung ergehen. Auch wenn solche Entscheidungen im Rechtssystem eines Mitgliedstaats möglicherweise nicht existieren, sollte der betreffende Mitgliedstaat die von einem anderen Mitgliedstaat erlassene Entscheidung anerkennen und vollstrecken können. Der Begriff „Verfahren in Strafsachen” könnte auch strafrechtliche Ermittlungen durch die Polizei und andere Strafverfolgungsbehörden einschließen. Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, die im Rahmen von Verfahren in Zivilsachen oder Verwaltungssachen ergehen, sollten vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden.
(14)
Diese Verordnung sollte für Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen im Zusammenhang mit Straftaten, die unter die Richtlinie 2014/42/EU fallen, sowie für Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen im Zusammenhang mit anderen Straftaten gelten. Die Straftaten, die unter diese Verordnung fallen, sollten deshalb nicht auf besonders schwere Straftaten mit grenzüberschreitender Dimension beschränkt sein, da nach Artikel 82 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) für Maßnahmen zur Festlegung von Regeln und Verfahren, mit denen die gegenseitige Anerkennung von Urteilen in Strafsachen sichergestellt wird, eine derartige Einschränkung nicht erforderlich ist.
(15)
Eine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf der Grundlage des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung und auf der Grundlage der unmittelbaren Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen setzt voraus, dass die Mitgliedstaaten darauf vertrauen können, dass die anzuerkennenden und zu vollstreckenden Entscheidungen stets im Einklang mit den Grundsätzen der Rechtmäßigkeit, der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit ergehen. Diese Zusammenarbeit setzt auch voraus, dass die Rechte der von einer Sicherstellungsentscheidung oder einer Einziehungsentscheidung betroffenen Personen gewahrt werden sollten. Zu diesen betroffenen Personen, bei denen es sich um natürliche oder juristische Personen handeln kann, sollten die Person, gegen die eine Sicherstellungsentscheidung oder eine Einziehungsentscheidung ergangen ist, und die Person, die Eigentümerin des von der Entscheidung betroffenen Vermögensgegenstands ist, sowie etwaige Dritte gehören, deren Rechte in Bezug auf diesen Vermögensgegenstand durch diese Entscheidung unmittelbar beeinträchtigt werden, einschließlich gutgläubiger Dritter. Ob diese Dritten durch eine Sicherstellungsentscheidung oder eine Einziehungsentscheidung unmittelbar beeinträchtigt werden, sollte nach dem Recht des Vollstreckungsstaats entschieden werden.
(16)
Die Pflicht zur Achtung der Grundrechte und der allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) niedergelegt sind, wird durch diese Verordnung nicht berührt.
(17)
Diese Verordnung wahrt die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta” ) und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden „EMRK” ) anerkannten Grundrechte und Grundsätze. Dazu gehört der Grundsatz, dass jede Form der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion, der sexuellen Ausrichtung, der Staatsangehörigkeit, der Sprache, der politischen Anschauung oder einer Behinderung verboten werden muss. Diese Verordnung sollte unter Achtung dieser Rechte und Grundsätze angewandt werden.
(18)
Die Verfahrensrechte, die in den Richtlinien 2010/64/EU(6), 2012/13/EU(7), 2013/48/EU(8), (EU) 2016/343(9), (EU) 2016/800(10) und (EU) 2016/1919(11) des Europäischen Parlaments und des Rates verankert sind, sollten innerhalb des Geltungsbereichs dieser Richtlinien bei den unter diese Verordnung fallenden Strafverfahren für die Mitgliedstaaten gelten, die an diese Richtlinien gebunden sind. In jedem Fall sollten die gemäß der Charta gewährleisteten Garantien für alle unter diese Verordnung fallenden Verfahren gelten. Insbesondere sollten die in der Charta verankerten grundlegenden Garantien für Strafverfahren auf die unter diese Verordnung fallenden Verfahren in Strafsachen, die keine Strafverfahren sind, Anwendung finden.
(19)
Mit den Regeln für die Übermittlung, Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen sollte sichergestellt werden, dass das Verfahren zur Abschöpfung von unrechtmäßig erworbenem Vermögen seinen Zweck erfüllt; zugleich müssen die Grundrechte gewahrt werden.
(20)
Bei der Beurteilung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit sollte die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats prüfen, ob die der betreffenden Straftat zugrunde liegenden Sachverhaltselemente, wie sie in der von der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaats übermittelten Sicherstellungs- oder Einziehungsbescheinigung wiedergegeben werden, als solche auch im Vollstreckungsstaat einer strafrechtlichen Sanktion unterliegen würden, wenn sie sich zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Anerkennung der Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen in dessen Hoheitsgebiet ereignet hätten.
(21)
Die Entscheidungsbehörde sollte beim Erlass einer Sicherstellungsentscheidung oder Einziehungsentscheidung dafür Sorge tragen, dass die Grundsätze der Notwendigkeit und der Verhältnismäßigkeit befolgt werden. Gemäß dieser Verordnung sollte eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung nur dann ergehen und an eine Vollstreckungsbehörde in einem anderen Mitgliedstaat übermittelt werden, wenn sie auch in einem rein innerstaatlichen Fall hätte ergehen und zum Einsatz kommen können. Für die Beurteilung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit solcher Entscheidungen sollte in jedem Fall die Entscheidungsbehörde zuständig sein, da die Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen nur aus den in dieser Verordnung festgelegten Gründen abgelehnt werden sollte.
(22)
In manchen Fällen kann eine vom Entscheidungsstaat benannte Behörde, die für Strafsachen zuständig, aber kein Richter, Gericht oder Staatsanwalt ist, Sicherstellungsentscheidungen nach nationalem Recht vollstrecken oder durchsetzen. In solchen Fällen sollte die Sicherstellungsentscheidung vor ihrer Übermittlung an die Vollstreckungsbehörde von einem Richter, einem Gericht oder einem Staatsanwalt im Entscheidungsstaat bestätigt werden.
(23)
Die Mitgliedstaaten sollten eine Erklärung abgeben können, der zufolge die Entscheidungsbehörde ihnen bei der Übermittlung einer Sicherstellungsbescheinigung oder einer Einziehungsbescheinigung zwecks Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung oder Einziehungsentscheidung das Original der Sicherstellungsentscheidung oder der Einziehungsentscheidung oder eine beglaubigte Abschrift davon zusammen mit der Sicherstellungsbescheinigung oder der Einziehungsbescheinigung übermitteln sollte. Die Mitgliedstaaten sollten es der Kommission mitteilen, wenn sie eine solche Erklärung abgeben oder zurückziehen. Die Kommission sollte derartige Informationen allen Mitgliedstaaten sowie dem durch den Beschluss 2008/976/JI des Rates(12) eingerichteten Europäischen Justiziellen Netz (EJN) zugänglich machen. Das EJN sollte diese Informationen auf der Website gemäß diesem Beschluss zugänglich machen.
(24)
Die Entscheidungsbehörde sollte eine Sicherstellungsbescheinigung oder eine Einziehungsbescheinigung gegebenenfalls zusammen mit der Sicherstellungsentscheidung oder der Einziehungsentscheidung entweder, je nach Sachlage, direkt an die Vollstreckungsbehörde oder an die zentrale Stelle des Vollstreckungsstaats in einer Weise übermitteln, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die der Vollstreckungsbehörde die Feststellung der Echtheit der Bescheinigung oder der Entscheidung gestatten, zum Beispiel per Einschreiben oder gesicherter E-Mail. Die Entscheidungsbehörde sollte von jedem einschlägigen Übermittlungsweg oder -mittel Gebrauch machen können, einschließlich des gesicherten Telekommunikationssystems des EJN, Eurojust oder sonstiger Kommunikationswege, die von den Justizbehörden genutzt werden.
(25)
Die Entscheidungsbehörde sollte die Sicherstellungsbescheinigung oder die Einziehungsbescheinigung, die sich auf eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung über einen Geldbetrag bezieht, dem Mitgliedstaat übermitteln, in dem die Entscheidungsbehörde aus berechtigten Gründen Vermögensgegenstände oder Einkommen der Person vermutet, gegen die die Entscheidung ergangen ist. Auf dieser Grundlage könnte die Bescheinigung beispielsweise dem Mitgliedstaat übermittelt werden, in dem die natürliche Person, gegen die die Entscheidung ergangen ist, sich aufhält oder, falls die Person keinen festen Wohnsitz hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ist die Entscheidung gegen eine juristische Person ergangen, könnte die Bescheinigung dem Mitgliedstaat übermittelt werden, in dem die juristische Person ihren Sitz hat.
(26)
Für die administrative Übermittlung und Entgegennahme von Bescheinigungen mit Bezug auf Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen sollten die Mitgliedstaaten eine oder mehrere zentrale Stellen benennen können, wenn sich dies aufgrund des Aufbaus des einzelstaatlichen Rechtssystems als erforderlich erweist. Diese zentralen Stellen könnten auch administrative Unterstützung leisten, Koordinierungsaufgaben wahrnehmen sowie bei der Erhebung statistischer Daten helfen und auf diese Weise dazu beitragen, dass die gegenseitige Anerkennung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen leichter vonstattengeht und Verbreitung findet.
(27)
Wird eine Einziehungsbescheinigung in Bezug zu einer Einziehungsentscheidung, die einen Geldbetrag betrifft, mehr als einem Vollstreckungsstaat übermittelt, so sollte der Entscheidungsstaat versuchen, eine Lage zu vermeiden, die dazu führt, dass mehr Vermögensgegenstände als notwendig eingezogen werden und der durch die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung eingezogene Gesamtbetrag den darin angegebenen Höchstbetrag überschreiten würde. Zu diesem Zweck sollte die Entscheidungsbehörde in der Einziehungsbescheinigung, falls bekannt, den Wert der Vermögensgegenstände in jedem Vollstreckungsstaat angeben, damit die Vollstreckungsbehörden diesen berücksichtigen können, den erforderlichen Kontakt und Dialog mit den Vollstreckungsbehörden über die einzuziehenden Vermögensgegenstände aufrechterhalten, und die zuständige(n) Vollstreckungsbehörde(n) umgehend informieren, wenn ihrer Ansicht nach möglicherweise die Gefahr besteht, dass eine Vollstreckung über den Höchstbetrag hinaus erfolgen könnte. Gegebenenfalls kann Eurojust eine koordinierende Rolle innerhalb ihres Aufgabenbereichs wahrnehmen, um eine übermäßige Einziehung zu verhindern.
(28)
Den Mitgliedstaaten sollte nahegelegt werden, eine Erklärung abzugeben, der zufolge sie als Vollstreckungsstaaten Sicherstellungs-, Einziehungsbescheinigungen oder beides in einer oder mehreren anderen Amtssprachen der Union als den eigenen Amtssprachen akzeptieren.
(29)
Die Vollstreckungsbehörde sollte Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen anerkennen und die für ihre Vollstreckung erforderlichen Maßnahmen treffen. Der Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung oder Einziehungsentscheidung und die Durchführung der Sicherstellung oder Einziehung sollten mit der gleichen Geschwindigkeit und Dringlichkeit wie in vergleichbaren innerstaatlichen Fällen erfolgen. Es sollten Fristen festgelegt werden, die gemäß der Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates(13) berechnet werden sollten und mit denen sichergestellt wird, dass die Entscheidung über die Anerkennung der Sicherstellungsentscheidung oder Einziehungsentscheidung rasch und wirksam ergeht und diese rasch und wirksam vollstreckt wird. Bei Sicherstellungsentscheidungen sollte die Vollstreckungsbehörde spätestens 48 Stunden, nachdem der Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung einer solchen Entscheidung gefasst wurde, die konkreten für die Vollstreckung dieser Entscheidung erforderlichen Maßnahmen einleiten.
(30)
Bei der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung sollten die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde dem Gebot der Vertraulichkeit der Ermittlungen gebührend Rechnung tragen. Insbesondere sollte die Vollstreckungsbehörde die Vertraulichkeit des Sachverhalts und des Inhalts der Sicherstellungsentscheidung gewährleisten. Die Verpflichtung, die betroffenen Personen über die Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung gemäß dieser Verordnung in Kenntnis zu setzen, wird hierdurch nicht berührt.
(31)
Die Anerkennung und Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung oder Einziehungsentscheidung sollte nur aus den in dieser Verordnung festgelegten Gründen abgelehnt werden können. Diese Verordnung sollte es erlauben, dass die Vollstreckungsbehörden die Anerkennung oder Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen versagen dürfen, wenn sie gegen den Grundsatz „ne bis in idem” verstößt oder wenn die Rechte betroffener Parteien oder das Recht auf Anwesenheit in der Verhandlung nicht gewahrt werden.
(32)
Diese Verordnung sollte es erlauben, dass die Vollstreckungsbehörden die Anerkennung oder Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen versagen dürfen, wenn die Person gegen die eine Einziehungsentscheidung ergangen ist, nicht persönlich zu der Verhandlung, die zu der Einziehungsentscheidung im Zusammenhang mit einer rechtskräftigen Verurteilung geführt hat, erschienen ist. Dieser Grund für die Versagung der Anerkennung oder Vollstreckung solltet nur auf Verhandlungen Anwendung finden, die zu einer Einziehungsentscheidung im Zusammenhang mit einer rechtskräftigen Verurteilung geführt haben, jedoch nicht auf Verfahren, die zu einer Einziehungsentscheidung geführt haben, der keine Verurteilung zugrunde liegt. Damit dieser Grund zur Anwendung kommen kann, sollten jedoch eine oder mehrere Verhandlungen stattgefunden haben. Der Grund sollte keine Anwendung finden, wenn die entsprechenden nationalen Verfahrensvorschriften keine Verhandlung vorsehen. Diese nationalen Verfahrensvorschriften sollten der Charta und der EMRK entsprechen, insbesondere in Bezug auf das Recht auf ein faires Verfahren. Dies ist beispielsweise der Fall bei vereinfachten Gerichtsverfahren, die vollständig oder teilweise schriftlich durchgeführt werden oder bei denen keine mündliche Verhandlung vorgesehen ist.
(33)
Unter außergewöhnlichen Umständen sollte es möglich sein, die Anerkennung oder Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung zu versagen, wenn eine solche Anerkennung oder Vollstreckung den Vollstreckungsstaat daran hindern würde, seine Verfassungsbestimmungen im Zusammenhang mit der Pressefreiheit oder der Freiheit der Meinungsäußerung in anderen Medien anzuwenden.
(34)
Die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts innerhalb der Union beruht auf gegenseitigem Vertrauen sowie auf der Vermutung, dass andere Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die Grundrechte einhalten. Wenn jedoch in Ausnahmefällen aufgrund genauer und objektiver Angaben berechtigte Gründe zu der Annahme bestehen, dass die Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung unter den besonderen Umständen des Falles die offensichtliche Verletzung eines in der Charta verankerten relevanten Grundrechts zur Folge hätte, sollte die Vollstreckungsbehörde beschließen können, die betreffende Entscheidung nicht anzuerkennen und zu vollstrecken. Die Grundrechte, die in dieser Hinsicht relevant sein sollten, sind insbesondere das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren und das Recht auf Verteidigung. Das Recht auf Eigentum sollte grundsätzlich nicht relevant sein, da die Sicherstellung und Einziehung von Vermögen zwangsläufig in das Recht auf Eigentum eingreift und weil die erforderlichen diesbezüglichen Garantien bereits im Unionsrecht einschließlich dieser Verordnung vorgesehen sind.
(35)
Bevor die Vollstreckungsbehörde beschließt, eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung aus einem beliebigen Grund für die Versagung der Anerkennung oder der Vollstreckung nicht anzuerkennen oder zu vollstrecken, sollte sie die Entscheidungsbehörde konsultieren, um gegebenenfalls erforderliche zusätzliche Auskünfte einzuholen.
(36)
Die Entscheidungsbehörde sollte bei der Prüfung eines Ersuchens der Vollstreckungsbehörde, die Sicherstellung des Vermögensgegenstands zeitlich zu begrenzen, alle Umstände des Falles berücksichtigen, insbesondere ob der Fortbestand einer Sicherstellungsentscheidung einen nicht zu rechtfertigenden Schaden im Vollstreckungsstaat verursachen könnte. Der Vollstreckungsbehörde wird empfohlen, sich mit der Entscheidungsbehörde zu beraten, bevor sie in dieser Angelegenheit ein förmliches Ersuchen stellt.
(37)
Die Entscheidungsbehörde sollte die Vollstreckungsbehörde unterrichten, wenn eine Behörde des Entscheidungsstaats einen Geldbetrag entgegennimmt, der im Zusammenhang mit der Einziehungsentscheidung gezahlt wurde, wobei davon ausgegangen wird, dass der Vollstreckungsstaat nur in Kenntnis gesetzt werden sollte, wenn sich der im Zusammenhang mit der Entscheidung entrichtete Zahlungsbetrag auf den ausstehenden Betrag auswirkt, der gemäß der Entscheidung einzuziehen ist.
(38)
Die Vollstreckungsbehörde sollte die Möglichkeit haben, die Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder einer Einziehungsentscheidung auszusetzen, insbesondere wenn deren Vollstreckung laufende strafrechtliche Ermittlungen beeinträchtigen könnte. Sobald die Aussetzungsgründe entfallen, sollte die Vollstreckungsbehörde die für die Vollstreckung der Entscheidung erforderlichen Maßnahmen treffen.
(39)
Nach der Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung und nach dem Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung sollte die Vollstreckungsbehörde soweit möglich die ihr bekannten betroffenen Personen über diese Vollstreckung oder diesen Beschluss in Kenntnis setzen. Zu diesem Zweck sollte die Vollstreckungsbehörde alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um die betroffenen Personen zu ermitteln, herauszufinden, wie diese kontaktiert werden können, und sie über die Vollstreckung der Sicherstellungsentscheidung oder den Beschluss über die Anerkennung und Vollstreckung der Einziehungsentscheidung zu unterrichten. Bei der Wahrnehmung dieser Pflicht könnte die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde um Unterstützung ersuchen, beispielsweise wenn die betroffenen Personen ihren Wohnsitz im Entscheidungsstaat zu haben scheinen. Die nach dieser Verordnung bestehenden Informationspflichten der Vollstreckungsbehörde gegenüber den betroffenen Personen gelten unbeschadet der nach dem Recht des Entscheidungsstaats für die Entscheidungsbehörde geltenden Informationspflichten gegenüber Personen, beispielsweise in Bezug auf den Erlass einer Sicherstellungsentscheidung oder in Bezug auf bestehende Rechtsbehelfe nach dem Recht des Entscheidungsstaats.
(40)
Die Entscheidungsbehörde sollte unverzüglich in Kenntnis gesetzt werden, wenn eine Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung nicht vollstreckt werden kann. Grund für die Unmöglichkeit der Vollstreckung kann sein, dass der Vermögensgegenstand bereits eingezogen wurde, verschwunden ist, vernichtet wurde oder an dem von der Entscheidungsbehörde angegebenen Ort nicht aufzufinden ist oder die Angabe des Orts, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet, trotz Abstimmungen zwischen der Vollstreckungsbehörde und der Entscheidungsbehörde zu ungenau war. Unter diesen Umständen sollte die Vollstreckungsbehörde nicht mehr zur Vollstreckung der Entscheidung verpflichtet sein. Erhält die Vollstreckungsbehörde später jedoch Informationen, aufgrund deren sie die Vermögensgegenstände ausfindig machen kann, so sollte sie die Entscheidung vollstrecken können, ohne dass dafür gemäß dieser Verordnung eine neue Bescheinigung übermittelt werden muss.
(41)
In Fällen, in denen die Vollstreckung einer Sicherstellungsentscheidung oder einer Einziehungsentscheidung durch das Recht im Vollstreckungsstaat rechtlich unmöglich ist, sollte die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde kontaktieren, um das Problem zu erörtern und eine Lösung zu finden. Eine solche Lösung könnte darin bestehen, dass die Entscheidungsbehörde die betreffende Entscheidung aufhebt.
(42)
Sobald die Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung abgeschlossen ist, sollte die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde über die Ergebnisse der Vollstreckung unterrichten. Soweit praktisch möglich, sollte die Vollstreckungsbehörde die Entscheidungsbehörde zu diesem Zeitpunkt auch über die Vermögensgegenstände oder den Geldbetrag, die eingezogen wurden, und über andere Einzelheiten unterrichten, die sie als sachdienlich erachtet.
(43)
Für die Vollstreckung einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung sollte das Recht des Vollstreckungsstaats maßgebend sein, und nur die Behörden dieses Staats sollten entscheiden können, auf welche Weise die Vollstreckung erfolgt. Gegebenenfalls sollte die Entscheidungsbehörde und die Vollstreckungsbehörde Eurojust oder das EJN ersuchen können, innerhalb ihres Aufgabenbereichs bei Fragen im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidungen Unterstützung zu leisten.
(44)
Voraussetzung für eine reibungslose Durchführung dieser Verordnung, insbesondere bei gleichzeitiger Vollstreckung einer Einziehungsentscheidung in mehr als einem Mitgliedstaat, ist ein enger Kontakt zwischen den zuständigen nationalen Behörden. Daher sollten die zuständigen nationalen Behörden einander bei Bedarf direkt oder gegebenenfalls über Eurojust oder das EJN konsultieren.
(45)
Das Recht der geschädigten Personen auf Entschädigung und Rückgabe sollte in grenzüberschreitenden Fällen nicht beeinträchtigt werden. In den für die Verfügung über sichergestellte oder eingezogene Vermögensgegenstände geltenden Vorschriften sollte der Entschädigung und der Rückgabe der Vermögensgegenstände an die geschädigten Personen Vorrang eingeräumt werden. Der Begriff „geschädigte Person” ist gemäß dem Recht des Entscheidungsstaats auszulegen, wonach für die Zwecke der vorliegenden Verordnung auch eine juristische Person als geschädigte Person gelten können sollte. Die vorliegende Verordnung sollte die Vorschriften über die Entschädigung und Rückgabe von Vermögensgegenständen an geschädigte Personen in innerstaatlichen Verfahren nicht berühren.
(46)
Wenn die Vollstreckungsbehörde über die von der Entscheidungsbehörde oder einer anderen zuständigen Behörde im Entscheidungsstaat erlassene Entscheidung, sichergestellte Vermögensgegenstände an die geschädigte Person zurückzugeben, informiert wird, sollte die Vollstreckungsbehörde die erforderlichen Maßnahmen treffen, damit die betreffenden Vermögensgegenstände sichergestellt und der geschädigten Person so bald wie möglich zurückgegeben werden. Die Vollstreckungsbehörde sollte die Vermögensgegenstände entweder dem Entscheidungsstaat übertragen können, damit dieser in der Lage wäre, die Vermögensgegenstände der geschädigten Person zurückzugeben, oder sie vorbehaltlich der Zustimmung des Entscheidungsstaats direkt der geschädigten Person übertragen. Für die Verpflichtung zur Rückgabe sichergestellter Vermögensgegenstände an die geschädigte Person sollten folgende Bedingungen gelten: Das Eigentumsrecht der geschädigten Person an den Vermögensgegenständen sollte nicht angefochten werden, d. h., es wird anerkannt, dass die geschädigte Person die rechtmäßige Eigentümerin der Vermögensgegenstände ist, und es bestehen keine ernsthaften Ansprüche, mit denen dies infrage gestellt wird; die Vermögensgegenstände sollten im Vollstreckungsstaat nicht als Beweismittel in Strafverfahren benötigt werden und die Rechte betroffener Personen, insbesondere die Rechte gutgläubiger Dritter, sollten nicht beeinträchtigt werden. Die Vollstreckungsbehörde sollte der geschädigten Person sichergestellte Vermögensgegenstände nur zurückgeben, wenn diese Bedingungen erfüllt sind. Ist die Vollstreckungsbehörde der Auffassung, dass diese Bedingungen nicht erfüllt sind, so sollte sie sich im Hinblick auf eine Lösung mit der Entscheidungsbehörde beraten, um beispielsweise um zusätzliche Informationen zu ersuchen oder um die Lage zu erörtern. Kann keine Lösung gefunden werden, sollte die Vollstreckungsbehörde entscheiden können, die sichergestellten Vermögensgegenstände der geschädigten Person nicht zurückzugeben.
(47)
Jeder Mitgliedstaat sollte die Einrichtung einer zentralen nationalen Stelle erwägen, die für die Verwaltung sichergestellter Vermögensgegenstände im Hinblick auf eine etwaige spätere Einziehung sowie für die Verwaltung eingezogener Vermögensgegenstände verantwortlich ist. Sichergestellte und eingezogene Vermögensgegenstände könnten vorrangig Projekten im Bereich der Strafverfolgung und der Prävention der organisierten Kriminalität sowie anderen Projekten von öffentlichem Interesse und gesellschaftlichem Nutzen zugutekommen.
(48)
Jeder Mitgliedstaat sollte die Einrichtung eines nationalen Fonds erwägen, um eine angemessene Entschädigung der Opfer von Straftaten zu gewährleisten, beispielsweise der Familien von Polizeibediensteten und Beamten, die in Ausübung ihrer Pflichten getötet wurden oder eine dauerhafte Behinderung erlitten haben. Dazu weist jeder Mitgliedstaat diesem Fonds einen Teil der eingezogenen Vermögensgegenstände zu.
(49)
Die Mitgliedstaaten sollten sich gegenseitig nicht die durch die Anwendung dieser Verordnung entstandenen Kosten in Rechnung stellen können. In Fällen, in denen dem Vollstreckungsstaat jedoch erhebliche oder außergewöhnliche Kosten entstanden sind, beispielsweise da die Vermögensgegenstände für einen erheblichen Zeitraum sichergestellt waren, sollte die Entscheidungsbehörde etwaige Vorschläge der Vollstreckungsbehörde zur Kostenteilung in Betracht ziehen.
(50)
Damit Probleme, die in Bezug auf den Inhalt der Bescheinigungen in den Anhängen dieser Verordnung festgestellt werden, in Zukunft so schnell wie möglich behoben werden können, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 AEUV Rechtsakte zur Änderung dieser Bescheinigungen zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf Sachverständigenebene, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(14) niedergelegt wurden. Um insbesondere eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte sicherzustellen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(51)
Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Sicherstellungs- und Einziehungsentscheidungen, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen seines Umfangs und seiner Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 EUV verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels notwendige Maß hinaus.
(52)
Für die an die Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(15) gebundenen Mitgliedstaaten wurden die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2003/577/JI in Bezug auf die Sicherstellung von Beweismitteln bereits durch die Bestimmungen jener Richtlinie ersetzt. Was die Sicherstellung von Vermögensgegenständen betrifft, sollte die vorliegende Verordnung für die an sie gebundenen Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss 2003/577/JI ersetzen. Für die an diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaaten sollte sie auch den Rahmenbeschluss 2006/783/JI ersetzen. Die die Sicherstellung von Vermögensgegenständen betreffenden Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2003/577/JI und die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses 2006/783/JI sollten daher nicht nur zwischen den Mitgliedstaaten, die nicht an diese Verordnung gebunden sind, sondern auch zwischen einem an diese Verordnung nicht gebundenen Mitgliedstaat und einem an diese Verordnung gebundenen Mitgliedstaat weiterhin gelten.
(53)
Die Rechtsform dieses Rechtsakts sollte keinen Präzedenzfall für künftige Rechtsakte der Union auf dem Gebiet der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen in Strafsachen darstellen. Die Wahl der Rechtsform für künftige Rechtsakte der Union sollte von Fall zu Fall unter Berücksichtigung unter anderem der Wirksamkeit des Rechtsakts und der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Subsidiarität sorgfältig geprüft werden.
(54)
Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass ihre Vermögensabschöpfungsstellen nach Maßgabe des Beschlusses 2007/845/JI des Rates(16) zusammenarbeiten, um das Aufspüren und die Ermittlung von Erträgen aus Straftaten und anderen Vermögensgegenständen im Zusammenhang mit Straftaten, die unter Umständen zum Gegenstand einer Sicherstellungs- oder Einziehungsentscheidung werden, zu erleichtern.
(55)
Nach Artikel 3 und Artikel 4a Absatz 1 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat das Vereinigte Königreich mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchte.
(56)
Nach den Artikeln 1 und 2 sowie Artikel 4a Absatz 1 des Protokolls Nr. 21 und unbeschadet des Artikels 4 dieses Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet.
(57)
Nach den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2018 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht und Beschluss des Rates vom 6. November 2018.

(2)

ABl. C 115 vom 4.5.2010, S. 1.

(3)

Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union (ABl. L 196 vom 2.8.2003, S. 45).

(4)

Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates vom 6. Oktober 2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. L 328 vom 24.11.2006, S. 59).

(5)

Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union (ABl. L 127 vom 29.4.2014, S. 39).

(6)

Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren (ABl. L 280 vom 26.10.2010, S. 1).

(7)

Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren (ABl. L 142 vom 1.6.2012, S. 1).

(8)

Richtlinie 2013/48/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 über das Recht auf Zugang zu einem Rechtsbeistand in Strafverfahren und in Verfahren zur Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls sowie über das Recht auf Benachrichtigung eines Dritten bei Freiheitsentzug und das Recht auf Kommunikation mit Dritten und mit Konsularbehörden während des Freiheitsentzugs (ABl. L 294 vom 6.11.2013, S. 1).

(9)

Richtlinie (EU) 2016/343 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über die Stärkung bestimmter Aspekte der Unschuldsvermutung und des Rechts auf Anwesenheit in der Verhandlung in Strafverfahren (ABl. L 65 vom 11.3.2016, S. 1).

(10)

Richtlinie (EU) 2016/800 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind (ABl. L 132 vom 21.5.2016, S. 1).

(11)

Richtlinie (EU) 2016/1919 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über Prozesskostenhilfe für Verdächtige und beschuldigte Personen in Strafverfahren sowie für gesuchte Personen in Verfahren zur Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls (ABl. L 297 vom 4.11.2016, S. 1).

(12)

Beschluss 2008/976/JI des Rates vom 16. Dezember 2008 über das Europäische Justizielle Netz (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 130).

(13)

Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1).

(14)

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(15)

Richtlinie 2014/41/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (ABl. L 130 vom 1.5.2014, S. 1).

(16)

Beschluss 2007/845/JI des Rates vom 6. Dezember 2007 über die Zusammenarbeit zwischen den Vermögensabschöpfungsstellen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Aufspürens und der Ermittlung von Erträgen aus Straftaten oder anderen Vermögensgegenständen im Zusammenhang mit Straftaten (ABl. L 332 vom 18.12.2007, S. 103).

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