Präambel VO (EU) 2018/2005
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission(1), insbesondere auf Artikel 68 Absatz 1,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP), Dibutylphthalat (DBP), Benzylbutylphthalat (BBP) und Diisobutylphthalat (DIBP) (im Folgenden die „vier Phthalate” ) sind in Anhang XIV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 als fortpflanzungsgefährdend (Kategorie 1B) und mit einem Ablauftermin am 21. Februar 2015 aufgeführt, der nach Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i der genannten Verordnung festgelegt wurde.
- (2)
- Nach dem in Artikel 58 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i genannten Ablauftermin für einen in Anhang XIV aufgeführten Stoff muss die Europäische Chemikalienagentur (im Folgenden „Agentur” ) nach Artikel 69 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 prüfen, ob die Verwendung von in Anhang XIV der genannten Verordnung aufgeführten Stoffen in Erzeugnissen ein Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt mit sich bringt, das nicht angemessen beherrscht wird; sofern die Agentur der Auffassung ist, dass dies der Fall ist, arbeitet sie ein Dossier aus, das den Anforderungen des Anhangs XV der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (im Folgenden „Dossier nach Anhang XV” ) entspricht.
- (3)
- Am 1. April 2016 legte die Agentur in Zusammenarbeit mit Dänemark ein Dossier nach Anhang XV für die vier Phthalate vor.(2) Das Dossier baute auf einem älteren Beschränkungsvorschlag auf, der von Dänemark im Jahr 2011 vorgelegt worden war und zu dem der Ausschuss für Risikobeurteilung (RAC) der Agentur und der Ausschuss für sozioökonomische Analyse (SEAC) Stellungnahmen(3) angenommen hatten, auf deren Grundlage die Kommission beschloss, Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006(4) nicht zu ändern, da die zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Daten nicht darauf hindeuteten, dass eine kombinierte Exposition gegenüber den vier Phthalaten ein Risiko darstellt. Im Dossier nach Anhang XV aus dem Jahr 2016 wurden neue Informationen über die Exposition aus unterschiedlichen Quellen berücksichtigt, unter anderem Daten zum Human-Biomonitoring aus dem unionsweiten DEMOCOPHES-Projekt(5), in dessen Rahmen das Auftreten der vier Phthalate in Urinproben gemessen wurde.
- (4)
- Die vier Phthalate sind in einer großen Vielfalt an Erzeugnissen enthalten, da sie häufig in weichmacherhaltigen Materialien vorhanden sind. Die Exposition kann über die Aufnahme von Lebensmitteln und Staub, die Einführung von Erzeugnissen in den Mund, das Einatmen von Luft und Staub in Innenräumen sowie den Kontakt von Staub und Erzeugnissen mit menschlichen Schleimhäuten und der Haut erfolgen.
- (5)
- Im Dossier nach Anhang XV wird vorgeschlagen, das Inverkehrbringen von Erzeugnissen zu beschränken, die die vier Phthalate einzeln oder in jeglicher Kombination in einer Konzentration von mindestens 0,1 Gewichtsprozent in solchem weichmacherhaltigen Material enthalten. Dieser Konzentrationsgrenzwert würde wirksam von der Verwendung der vier Phthalate in Erzeugnissen im Geltungsbereich dieser Beschränkung abhalten. Im Dossier wurden Ausnahmen vorgeschlagen für Erzeugnisse, die ausschließlich für die Verwendung im Freien bestimmt sind und die nicht für längere Zeit mit der Haut oder Schleimhäuten in Kontakt kommen, für bestimmte Erzeugnisse, die ausschließlich für die industrielle und landwirtschaftliche Verwendung bestimmt sind, für Messgeräte, für Erzeugnisse, die unter bestehende Unionsvorschriften fallen, sowie für Erzeugnisse, die bereits in der Union in den Verkehr gebracht wurden.
- (6)
- Am 10. März 2017 verabschiedete der RAC seine Stellungnahme mit der Schlussfolgerung, dass die vorgeschlagene Beschränkung die zweckmäßigste unionsweite Maßnahme zur Bewältigung der festgestellten Risiken, die von diesen Stoffen ausgehen, darstellt, was die Wirksamkeit bei der Verringerung dieser Risiken angeht.
- (7)
- Der RAC war der Auffassung, dass eine kombinierte Konzentration der vier Phthalate von höchstens 0,1 % in weichmacherhaltigen Materialien erforderlich ist, damit das Risiko für die menschliche Gesundheit beherrscht wird.
- (8)
- Der SEAC verabschiedete am 15. Juni 2017 seine Stellungnahme, in der er äußerte, dass die vorgeschlagene Beschränkung in der durch den RAC und den SEAC geänderten Form bei einer sozioökonomischen Kosten/Nutzen-Abwägung die zweckmäßigste unionsweite Maßnahme zur Bewältigung der festgestellten Risiken darstellt.
- (9)
- Der SEAC stimmte den Schlussfolgerungen des Dossiers nach Anhang XV zu, dass ein Aufschub für die Anwendung der Beschränkung um 36 Monate vernünftig und ausreichend erscheint, damit die beteiligten Akteure in den Lieferketten dieser entsprechen können. Der SEAC stimmte auch den im Dossier nach Anhang XV vorgeschlagenen Ausnahmen zu. Außerdem schlug der SEAC aufgrund sozioökonomischer Überlegungen im Zusammenhang mit zusätzlichen Informationen, die von der Automobil- und Luftfahrtbranche im Rahmen der öffentlichen Konsultation unterbreitet wurden, bestimmte Ausnahmeregelungen für diese Branchen vor.
- (10)
- Das Forum der Agentur für den Austausch von Informationen zur Durchsetzung nach Artikel 76 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (im Folgenden „Forum” ) wurde zum Beschränkungsverfahren konsultiert und seinen Empfehlungen wurde Rechnung getragen.
- (11)
- Am 29. August 2017 übermittelte die Agentur die Stellungnahmen des RAC und des SEAC(6) an die Kommission. Auf der Grundlage dieser Stellungnahmen und deren Schlussfolgerung über die kombinierte Exposition auf verschiedenen Wegen gegenüber diesen vier Phthalaten, die sich schädlich auf die menschliche Gesundheit auswirken, kam die Kommission zu dem Schluss, dass diese vier Phthalate ein unannehmbares Risiko für die menschliche Gesundheit verursachen, wenn sie in weichmacherhaltigem Material einzeln oder in jeglicher Kombination in einer Konzentration von mindestens 0,1 Gewichtsprozent in Erzeugnissen enthalten sind. Für die Zwecke dieser Beschränkung bezeichnet weichmacherhaltiges Material Materialien, die Phthalate enthalten, für die ein großes Potenzial einer kombinierten Exposition sowohl von Verbrauchern als auch von Arbeitnehmern auf verschiedenen Wegen besteht. Zu diesen Materialien gehören Polyvinylchlorid (PVC), Polyvinylidenchlorid (PVDC), Polyvinylacetat (PVA), Polyurethane sowie alle anderen Polymere (unter anderem Polymerschaum und Kautschuk) außer Silikonkautschuk und natürliche Latexbeschichtungen, Oberflächenbeschichtungen, rutschfeste Beschichtungen, Verkleidungen, Klebeschichten, aufgedruckte Muster, Kleber, Dichtungsmassen, Tinten und Farben. Die Kommission ist der Auffassung, dass gegen dieses Risiko unionsweit vorgegangen werden muss.
- (12)
- Nach Anhang XVII der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 ist bereits das Inverkehrbringen von Spielzeug und Babyartikeln, die DEHP, DBP oder BBP enthalten, unter bestimmten Bedingungen, die in den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Beschränkung fallen, verboten. Angesichts sowohl der Stellungnahme des RAC, dass DIBP ein ähnliches Gefahrenprofil aufweist wie DEHP, DBP und BBP und dass Spielzeug und Babyartikel erheblich zu von Phthalaten ausgehenden Risiken für Kleinkinder beitragen können und dass DIBP DBP in Spielzeug und Babyartikeln ersetzen kann, als auch der Empfehlung des Forums, ist die Kommission ferner der Auffassung, dass das Inverkehrbringen von Spielzeug und Babyartikeln, die DIPB enthalten, ebenfalls beschränkt werden sollte. Des Weiteren sollte das Inverkehrbringen der vier Phthalate in Spielzeug und Babyartikeln aktualisierten Bedingungen unterworfen werden.
- (13)
- Für Erzeugnisse, die ausschließlich für die industrielle und landwirtschaftliche Verwendung oder für die Verwendung im Freien bestimmt sind, sollte die vorgeschlagene Beschränkung nur für jene Erzeugnisse gelten, die weichmacherhaltiges Material enthalten, das mit menschlichen Schleimhäuten oder für längere Zeit mit der Haut in Kontakt kommt, da solche Kontakte zu einer Exposition führen, die ein Risiko für die menschlichen Gesundheit darstellt.
- (14)
- Die vorgeschlagene Beschränkung sollte nicht für Erzeugnisse gelten, für die andere Unionsvorschriften gelten, unter anderem für Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, die in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) und der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission(8) fallen, für medizinische Geräte im Anwendungsbereich der Richtlinien 90/385/EWG(9) oder 93/42/EWG des Rates(10) oder der Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(11) oder für Bestandteile solcher Geräte, für Erzeugnisse im Anwendungsbereich der Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(12) oder die Primärverpackung von Arzneimitteln im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates(13) oder der Richtlinien 2001/82/EG(14) oder 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(15).
- (15)
- Ferner sollte die vorgeschlagene Beschränkung nicht für Messgeräte für den Laborgebrauch oder Erzeugnisse, die Bestandteil solcher Geräte sind, sowie aus Gründen der Machbarkeit und der Durchsetzbarkeit für Erzeugnisse, die vor dem Datum des Inkrafttretens der Beschränkung in Verkehr gebracht wurden, gelten. Des Weiteren sollten bestimmte Ausnahmeregelungen für Kraftfahrzeuge und Luftfahrzeuge gelten. Ein weiterer Aufschub für die Anwendung der Beschränkung für Kraftfahrzeuge und eine unbefristete Ausnahme für Erzeugnisse, die bei der Wartung oder Reparatur diese Fahrzeuge verwendet werden, sofern diese Fahrzeuge ihre beabsichtigte Funktion ohne diese Erzeugnisse nicht erfüllen können, sind angesichts der besonderen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Branche gerechtfertigt. Ein weiterer Aufschub für die Anwendung für bestimmte Luftfahrzeuge und eine unbefristet Ausnahme für Erzeugnisse, die bei der Wartung und Reparatur dieser Luftfahrzeuge verwendet werden, und die für die Sicherheit und Lufttüchtigkeit unverzichtbar sind, ist gerechtfertigt, weil Luftfahrzeuge eine sehr lange Nutzungsdauer haben und ihre Lufttüchtigkeit beeinträchtigt werden könnte, wenn Teile, die den Entwurfsspezifikationen entsprechen, nicht verfügbar sind; zudem ist eine Requalifizierung sehr langwierig.
- (16)
- Unter Berücksichtigung des Dossiers nach Anhang XV sowie der Stellungnahmen des RAC und des SEAC ist die Kommission der Auffassung, dass mit der vorgeschlagenen Beschränkung gegen die festgestellten Risiken vorgegangen werden kann, ohne erhebliche Belastung für die Wirtschaftszweige, die Lieferkette oder die Verbraucher zu verursachen, und kommt zu dem Schluss dass die vorgeschlagene Beschränkung eine angemessene unionsweite Maßnahme zur Bekämpfung des festgestellten Risikos darstellt.
- (17)
- Den Interessenträgern sollte ausreichend Zeit für das Ergreifen angemessener Maßnahmen eingeräumt werden, damit sie der vorgeschlagenen Beschränkung entsprechen können; dafür sind 18 Monate ausreichend. Daher sollte die Anwendung allgemein um 18 Monate aufgeschoben werden. Ein längerer spezifischer Aufschub um 60 Monate sollte für die besonderen Fälle bestimmter Kraft- und Luftfahrzeuge gelten.
- (18)
- Die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 sollte daher entsprechend geändert werden.
- (19)
- Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des nach Artikel 133 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 eingesetzten Ausschusses —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1.
- (2)
https://echa.europa.eu/previous-consultations-on-restriction-proposals/-/substance-rev/13919/term
- (3)
Stellungnahme des RAC und des SEAC über ein Dossier nach Anhang XV aus dem Jahr 2012, in dem Beschränkungen für die vier Phthalate vorgeschlagen wurden: https://echa.europa.eu/documents/10162/58050be8-f7be-4b55-b106-76dda4989dd6.
- (4)
Mitteilung der Kommission 2014/C 260/01.
- (5)
http://www.eu-hbm.info/democophes/project-partners
- (6)
https://echa.europa.eu/documents/10162/a265bf86-5fbd-496b-87b4-63ff238de2f7
- (7)
Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4).
- (8)
Verordnung (EU) Nr. 10/2011 der Kommission vom 14. Januar 2011 über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen (ABl. L 12 vom 15.1.2011, S. 1).
- (9)
Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte (ABl. L 189 vom 20.7.1990, S. 17).
- (10)
Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1).
- (11)
Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika (ABl. L 331 vom 7.12.1998, S. 1).
- (12)
Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 88).
- (13)
Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1).
- (14)
Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1).
- (15)
Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67).
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