Artikel 1 VO (EU) 2018/781

In Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 847/2000 erhalten der einleitende Satz und die Buchstaben a, b und c folgende Fassung:

Zum Zwecke der Anwendung des Artikels 8 der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 über Arzneimittel für seltene Leiden gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)
gestrichen;
b)
„ähnliches Arzneimittel” ist ein Arzneimittel, das einen oder mehrere ähnliche Wirkstoffe enthält wie ein derzeit zugelassenes Arzneimittel für seltene Leiden, das für dasselbe therapeutische Anwendungsgebiet bestimmt ist;
c)
„ähnlicher Wirkstoff” ist ein identischer Wirkstoff oder ein Wirkstoff mit denselben Hauptmerkmalen der Molekülstruktur (dies betrifft jedoch nicht notwendigerweise alle Merkmale der Molekülstruktur) und mit demselben Wirkungsmechanismus. Im Falle von Arzneimitteln für neuartige Therapien allerdings, deren Hauptmerkmale der Molekülstruktur nicht vollständig bestimmt werden können, wird die Ähnlichkeit zweier Wirkstoffe anhand der biologischen und funktionellen Merkmale bewertet.

Für die Zwecke der Anwendung von Buchstabe c gilt Folgendes:

1.
Chemische Arzneimittel

Hauptmerkmale der Molekülstruktur sind die maßgeblichen strukturellen Bestandteile eines Wirkstoffs. Hierbei kann es sich um das gesamte Molekül oder einen Teil davon handeln. Ob die Hauptmerkmale der Molekülstruktur zweier oder mehrerer Moleküle dieselben sind, wird anhand eines Vergleichs ihrer Strukturen festgestellt.

1.1) Isomere, Isomergemische, Komplexe, Ester, Ether, Salze und Derivate des ursprünglichen Wirkstoffs oder eines Wirkstoffs, der sich von dem ursprünglichen Wirkstoff nur durch kleine Änderungen der Molekülstruktur, wie ein Strukturanalogon, unterscheidet, werden als ähnlich betrachtet.

1.2) Synthetische Polynukleotide, ein- oder doppelsträngig, die aus zwei oder mehreren unterschiedlichen Nukleotiden bestehen und bei denen

kein großer Unterschied in der Nukleotidsequenz der Purin- und Pyrimidinbasen oder ihrer Derivate besteht, werden als ähnlich angesehen. Daher wird bei „Antisense” -Wirkstoffen oder interferierenden Nukleotiden die Hinzufügung, Ersetzung oder Entfernung eines Nukleotids ohne signifikante Auswirkung auf die Hybridisierungskinetik an die Zielstruktur normalerweise als ähnlich betrachtet;

der Strukturunterschied, der durch Modifikationen des Ribose- oder Desoxyribose-Zuckergerüsts oder den Ersatz des Zuckergerüsts durch synthetische Analoge bedingt ist, normalerweise Stoffe ergibt, die als ähnlich betrachtet werden. Bei „Antisense” - oder interferierenden Nukleotid-Wirkstoffen werden Änderungen der (Desoxy-)Ribose ohne signifikante Auswirkung auf die Hybridisierungskinetik an die Zielstruktur normalerweise als ähnlich betrachtet.

2.
Biologische Arzneimittel (ausgenommen Arzneimittel für neuartige Therapien)

Die Hauptmerkmale der Molekülstruktur sind die strukturellen Bestandteile eines Wirkstoffs, die maßgeblich für dessen funktionelle Merkmale sind. Die Hauptmerkmale der Molekülstruktur können aus einem therapeutisch wirksamen Anteil oder einem therapeutisch wirksamen Anteil in Verbindung mit einem oder mehreren zusätzlichen strukturellen Elementen bestehen, das oder die wesentlich zu den funktionellen Merkmalen des Wirkstoffs beitragen. Solche zusätzlichen strukturellen Elemente können mit dem therapeutischen Bestandteil konjugiert, fusioniert oder auf andere Weise verbunden sein oder eine Erweiterung der Aminosäurekette des therapeutisch wirksamen Bestandteils durch zusätzliche Aminosäuren darstellen. Stoffe mit strukturellen Elementen, für die ähnliche Verfahren der Modifikations- oder Konjugationstechnologie verwendet werden, ergeben normalerweise ähnliche Stoffe. Biologische Wirkstoffe, die sich von dem ursprünglichen biologischen Stoff nur durch kleinere Änderungen der Molekülstruktur unterscheiden, werden als ähnlich betrachtet.

2.1) Proteinartige Stoffe:

    Wenn der strukturelle Unterschied zwischen ihnen auf posttranslationale Mechanismen (wie unterschiedliche Glykosylierungsmuster) zurückgeht, werden die Stoffe normalerweise als ähnlich betrachtet. In Ausnahmefällen können jedoch einige posttranslationale Modifikationen einen nicht ähnlichen Stoff ergeben, wenn es dabei signifikante Auswirkungen auf die funktionellen Merkmale des Stoffes gibt.

    Wenn kein großer Unterschied in der Aminosäuresequenz besteht, werden die Stoffe normalerweise als ähnlich betrachtet. Daher werden zwei pharmakologisch verwandte Proteine derselben Gruppe (beispielsweise mit Unterschieden im Zusammenhang mit N-terminalem Methionin, natürlich gewonnene im Vergleich zu aus rDNS stammenden Proteinen oder andere geringfügige Varianten) normalerweise als ähnlich betrachtet. Die Hinzufügung eines strukturellen Elements kann jedoch dazu führen, dass ein Stoff als nicht ähnlich betrachtet wird, wenn sich dies signifikant auf die funktionellen Merkmale des Stoffes auswirkt.

    Monoklonale Antikörper, die eine Bindung an dasselbe Zielepitop aufweisen, werden normalerweise als ähnlich betrachtet. Zwei Konjugate oder Fusionsproteine mit monoklonalem Antikörper könnten jedoch als nicht ähnlich betrachtet werden, wenn entweder die Sequenzen der komplementaritätsbestimmenden Region des Antikörpers oder das zusätzliche strukturelle Element des konjugierten monoklonalen Antikörpers verschieden sind.

2.2) Polysaccharide:

    Wenn die Stoffe identische, sich wiederholende Saccharid-Einheiten aufweisen, werden sie normalerweise als ähnlich betrachtet, auch wenn die Zahl der Einheiten variiert.

    Ein konjugierter Polysaccharid-Impfstoff gilt im Vergleich zu einem nicht konjugierten Polysaccharid-Impfstoff mit dem gleichen Antigen als nicht ähnlicher Stoff.

3.
Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP):

3.1) Zellbasierte ATMP: Zwei verwandte zellbasierte Arzneimittel sind nicht ähnlich, wenn

Unterschiede bei den Ausgangsstoffen oder der endgültigen Zusammensetzung der Arzneimittel bestehen, die sich signifikant auf die biologischen Merkmale und/oder die biologische Aktivität, die für die beabsichtigte therapeutische Wirkung relevant sind, und/oder auf die Sicherheitsaspekte des Arzneimittels auswirken. Eine unterschiedliche Quelle der Ausgangsstoffe (z. B. bei autologen ATMP) reicht als Begründung dafür, dass zwei Arzneimittel nicht ähnlich seien, nicht aus; oder

Unterschiede in der Herstellungstechnologie bestehen, die sich signifikant auf die biologischen Merkmale und/oder die biologische Aktivität, die für die beabsichtigte therapeutische Wirkung relevant sind, und/oder auf die Sicherheitsaspekte des Arzneimittels auswirken.

3.2) Gentherapeutika: Zwei Gentherapeutika werden nicht als ähnlich betrachtet, wenn Unterschiede in der therapeutischen Sequenz, dem Virenvektor, dem Übertragungssystem, den regulierenden Sequenzen oder der Herstellungstechnologie bestehen, die sich signifikant auf die biologischen Merkmale und/oder die biologische Aktivität, die für die beabsichtigte therapeutische Wirkung relevant sind, und/oder auf die Sicherheitsaspekte des Arzneimittels auswirken. Unterschiede in der therapeutischen Sequenz ohne signifikante Auswirkungen auf die beabsichtigte therapeutische Wirkung reichen als Begründung dafür, dass zwei Gentherapeutika nicht ähnlich seien, nicht aus.

3.3) Genetisch veränderte Zellen. Die Erwägungen unter Nummer 3.1 und Nummer 3.2 finden Anwendung.

4.
Radiopharmaka

Derselbe radiopharmazeutische Wirkstoff oder ein Wirkstoff, der sich von dem ursprünglichen Wirkstoff durch Radionuklid, Ligand, Markierungsort oder den das Molekül und das Radionuklid verbindenden Molekül-Radionuklid-Kopplungsmechanismus unterscheidet, wird als ähnlicher Stoff betrachtet, sofern der Wirkungsmechanismus derselbe ist.

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