ANHANG IX VO (EU) 2018/858

BEI DER MEHRSTUFEN-TYPGENEHMIGUNG ANZUWENDENDE VERFAHREN

1.
Pflichten der Hersteller

1.1. Zu einem reibungslosen Ablauf der Mehrstufen-Typgenehmigung ist eine gemeinsame Vorgehensweise aller beteiligten Hersteller erforderlich. Zu diesem Zweck stellen die Genehmigungsbehörden vor der Erteilung der Typgenehmigung für die erste oder eine nachfolgende Stufe sicher, dass die beteiligten Hersteller geeignete Vereinbarungen hinsichtlich der Weitergabe und des gegenseitigen Austauschs von Unterlagen und Informationen getroffen haben, damit der vervollständigte Fahrzeugtyp die technischen Anforderungen aller einschlägigen Rechtsakte nach Anhang II erfüllt. Die genannten Informationen umfassen Einzelheiten über einschlägige Typgenehmigungen für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten sowie über Fahrzeugteile, die Bestandteil des unvollständigen Fahrzeugs sind, jedoch noch nicht typgenehmigt wurden.

1.2. Jeder Hersteller in einem Mehrstufen-Typgenehmigungsverfahren trägt die Verantwortung für die Genehmigung und die Übereinstimmung der Produktion aller von diesem Hersteller hergestellten oder zu einer früheren Fertigungsstufe hinzugefügten Systeme, Bauteile oder selbstständigen technischen Einheiten. Der Hersteller der nachfolgenden Stufe trägt keine Verantwortung für in einer früheren Stufe bereits genehmigte Gegenstände, außer wenn wesentliche Teile durch diesen Hersteller so verändert werden, dass die zuvor erteilte Typgenehmigung ungültig wird.

2.
Pflichten der Genehmigungsbehörden

2.1. Die Genehmigungsbehörde
a)
stellt fest, dass alle EU-Typgenehmigungsbögen gemäß den für die Typgenehmigung von Fahrzeugen geltenden Rechtsakten den Fahrzeugtyp in seinem Fertigungsstand erfassen und den vorgeschriebenen Anforderungen entsprechen;
b)
vergewissert sich, dass alle dem Fertigungsstand des Fahrzeugs entsprechenden Angaben in der Beschreibungsmappe enthalten sind;
c)
vergewissert sich durch Bezugnahme auf die Unterlagen, dass die in dem Fahrzeug-Beschreibungsbogen aufgeführten Fahrzeugmerkmale und -daten ebenfalls in den Beschreibungsunterlagen und in den EU-Typgenehmigungsbögen nach den einschlägigen Rechtsakten enthalten sind; falls bei einem vervollständigten Fahrzeug ein in der Beschreibungsmappe aufgeführtes Merkmal in den Beschreibungsunterlagen der Rechtsakte nicht angegeben ist, ist zu überprüfen, ob das jeweilige Teil oder Merkmal mit den Angaben in der Beschreibungsmappe übereinstimmt;
d)
führt an einer ausgewählten Stichprobe von Fahrzeugen des zu genehmigenden Typs Kontrollen von Fahrzeugteilen und -systemen durch oder lässt diese durchführen, um die Übereinstimmung des Fahrzeugs (der Fahrzeuge) mit den maßgeblichen Angaben in den maßgeblichen Beschreibungsunterlagen nach Maßgabe aller Rechtsakte festzustellen, und
e)
führt, falls erforderlich, Überprüfungen des Anbaus bzw. Einbaus selbstständiger technischer Einheiten durch oder lässt diese durchführen.

2.2. Die Anzahl der gemäß Nummer 2.1 Buchstabe d zu überprüfenden Fahrzeuge ist so zu bemessen, dass eine angemessene Begutachtung der verschiedenen Kombinationen, für die eine EU-Typgenehmigung erteilt werden soll, hinsichtlich des jeweiligen Fertigungsstands und der nachfolgenden Kriterien ermöglicht wird:

Motor,

Getriebe,

Antriebsachsen (Zahl, Anordnung, Verbindung untereinander),

gelenkte Achsen (Zahl und Anordnung),

Art des Aufbaus,

Anzahl der Türen,

Links- oder Rechtslenker,

Anzahl der Sitze,

Ausstattungsniveau.

3.
Geltende Anforderungen

3.1. Mehrstufen-Typgenehmigungen sind auf der Grundlage der Fertigungsstufe des Fahrzeugtyps zu erteilen und müssen alle erteilten Typgenehmigungen früherer Fertigungsstufen beinhalten.

3.2. Für die Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung gilt diese Verordnung (insbesondere die Anforderungen von Anhang I und die in Anhang II aufgeführten Rechtsakte) so, als ob die Genehmigung (oder deren Erweiterung) dem Hersteller des Basisfahrzeugs erteilt wurde.

3.2.1. Wurde ein System, ein Bauteil oder eine selbstständige technische Einheit nicht verändert, so behält die für ein System, ein Bauteil oder eine selbstständige technische Einheit in der vorangehenden Fertigungsstufe erteilte Typgenehmigung ihre Gültigkeit bis zum Ablaufdatum der Erstzulassung gemäß dem jeweiligen Rechtsakt.

3.2.2. Wurde der Typ eines Systems in der darauf folgenden Fertigungsstufe des Fahrzeugs soweit verändert, dass das System für die Zwecke der Typgenehmigung wieder geprüft werden muss, so muss diese erneute Prüfung auf jene Teile des Systems beschränkt sein, die verändert oder durch die Veränderungen beeinflusst wurden.

3.2.3. Wurde der Typ eines Fahrzeugs oder eines Systems in der darauf folgenden Fertigungsstufe des Fahrzeugs von einem anderen Hersteller soweit verändert, dass das Fahrzeug oder das System, abgesehen vom Herstellernamen, weiterhin als derselbe Typ gelten kann, so können die für bestehende Typen geltenden Anforderungen so lange weiterhin angewendet werden, als das in dem jeweiligen Rechtsakt enthaltene Datum der Erstzulassung noch nicht erreicht wurde.

3.2.4. Ändert sich die Fahrzeugklasse, so sind die einschlägigen Anforderungen der neuen Fahrzeugklasse anzuwenden. Die EU-Typgenehmigungsbögen der früheren Klasse sind zulässig, vorausgesetzt, das Fahrzeug entspricht denselben Vorschriften wie jenen, die für die neue Klasse gelten, oder strengeren.

3.3. Mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde muss eine dem Hersteller der nachfolgenden Fertigungsstufe des Fahrzeugs erteilte Gesamtfahrzeug-Typgenehmigung nicht erweitert oder revidiert werden, wenn eine für ein Fahrzeug einer vorhergehenden Stufe genehmigte Erweiterung nicht die nachfolgende Stufe oder die technischen Daten des Fahrzeugs beeinflussen. Jedoch ist die Typgenehmigungsnummer einschließlich der Erweiterung für ein Fahrzeug der vorhergehenden Stufe(n) in der Übereinstimmungsbescheinigung des Fahrzeugs der nachfolgenden Stufe einzutragen.

3.4. Wird der Ladebereich eines vollständigen oder vervollständigten Fahrzeugs der Klassen N oder O von einem anderen Hersteller zum Zweck des Einbaus entfernbarer Ausstattungsteile, mit denen die Ladung verstaut und gesichert wird (z. B. Verkleidung des Ladebereichs, Verstauregale und Dachgepäckträger), geändert, so gelten diese als Teil der Nutzlast, und eine Typgenehmigung ist nicht erforderlich, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:
a)
Die Änderungen berühren die Typgenehmigung des Fahrzeugs nur insofern, als sich die tatsächliche Masse des Fahrzeugs erhöht;
b)
die zusätzlichen Ausstattungsteile können ohne Spezialwerkzeug entfernt werden.

4.
Identifizierung des Fahrzeugs

4.1. Die durch die Verordnung (EU) Nr. 19/2011 vorgeschriebene FIN muss während aller nachfolgenden Stufen der Typgenehmigung beibehalten werden, um die Rückverfolgbarkeit des Verfahrens zu gewährleisten.

4.2. Jeder Hersteller einer zweiten oder nachfolgenden Fertigungsstufe bringt an den Fahrzeugen zusätzlich zu dem in der Verordnung (EU) Nr. 19/2011 vorgeschriebenen Fabrikschild ein weiteres Schild nach dem in der Anlage zu diesem Anhang gezeigten Muster an. Dieses Schild ist an einer gut sichtbaren und leicht zugänglichen Stelle fest an einem Teil anzubringen, das normalerweise im Laufe der Verwendung des Fahrzeugs nicht ersetzt zu werden braucht. Es muss deutlich lesbar und dauerhaft sein und folgende Angaben in nachstehender Reihenfolge enthalten:

den Namen des Herstellers,

die Abschnitte 1, 3 und 4 der EU-Typgenehmigungsnummer,

die Typgenehmigungsstufe,

die FIN des Basisfahrzeugs,

die technisch zulässige Gesamtmasse des Fahrzeugs im beladenen Zustand, falls sich der Wert im Verlauf der betreffenden Genehmigungsstufe geändert hat,

die technisch zulässige Gesamtmasse einer Fahrzeugkombination im beladenen Zustand (falls sich der Wert im Verlauf der betreffenden Genehmigungsstufe geändert hat und das Fahrzeug als Zugfahrzeug verwendet werden kann). „0” ist zu verwenden, wenn das Fahrzeug nicht als Zugfahrzeug verwendet werden darf,

die technisch zulässige Gesamtmasse je Achse, angegeben in der Reihenfolge von vorn nach hinten, falls sich der Wert im Verlauf der betreffenden Genehmigungsstufe geändert hat,

bei Sattelanhängern oder Zentralachsanhängern die technisch zulässige Stützlast am Kupplungspunkt, falls sich der Wert im Verlauf der betreffenden Genehmigungsstufe geändert hat.

Soweit unter den Nummern 4.1 und der vorliegenden Nummer nichts anderes bestimmt ist, muss das zusätzliche Schild den Anforderungen der Anhänge I und II der Verordnung (EU) Nr. 19/2011 genügen.

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