Präambel VO (EU) 2019/1157

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 21 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der Vertrag über die Europäische Union (EUV) sieht ausdrücklich vor, die Freizügigkeit unter gleichzeitiger Gewährleistung der Sicherheit der Unionsbürger durch den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts nach Maßgabe der Bestimmungen des EUV und des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu fördern.
(2)
Die Unionsbürgerschaft verleiht jedem Bürger der Union das Recht auf Freizügigkeit vorbehaltlich bestimmter Beschränkungen und Bedingungen. Mit der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) wird dieses Recht konkret ausgestaltet. In Artikel 45 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden „Charta” ) sind die Freizügigkeit und die Aufenthaltsfreiheit ebenfalls verankert. Die Freizügigkeit schließt das Recht ein, mit einem gültigen Personalausweis oder Reisepass Mitgliedstaaten zu verlassen und in Mitgliedstaaten einzureisen.
(3)
Gemäß der Richtlinie 2004/38/EG stellen die Mitgliedstaaten ihren Staatsangehörigen nach den nationalen Rechtsvorschriften Personalausweise oder Reisepässe aus und verlängern diese Dokumente. Außerdem können die Mitgliedstaaten gemäß der Richtlinie von Unionsbürgern und deren Familienangehörigen verlangen, sich bei den zuständigen Behörden anzumelden. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Unionsbürgern unter den in dem genannten Artikel festgelegten Bedingungen Anmeldebescheinigungen auszustellen. Gemäß der genannten Richtlinie sind die Mitgliedstaaten außerdem verpflichtet, Aufenthaltskarten für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, auszustellen sowie gemäß A der Richtlinie auf Antrag Dokumente zur Bescheinigung des Daueraufenthalts beziehungsweise Daueraufenthaltskarten auszustellen.
(4)
Die Richtlinie 2004/38/EG sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Maßnahmen erlassen können, die notwendig sind, um die durch diese Richtlinie verliehenen Rechte im Falle von Rechtsmissbrauch oder Betrug zu verweigern, aufzuheben oder zu widerrufen. Als typische Fälle von Betrug im Sinne dieser Richtlinie wurden die Fälschung von Dokumenten und die Vorspiegelung falscher Tatsachen in Bezug auf die an das Aufenthaltsrecht geknüpften Bedingungen ausgewiesen.
(5)
Die Sicherheitsstandards der von den Mitgliedstaaten ausgestellten nationalen Personalausweise und der Unionsbürger mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat und ihren Familienangehörigen ausgestellten Aufenthaltstitel unterscheiden sich erheblich Diese Unterschiede führen zu einem höheren Fälschungs- und Dokumentenbetrugsrisiko und auch zu praktischen Schwierigkeiten für Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben möchten. Gemäß den Statistiken des Europäischen Netzwerks für Risikoanalyse des Dokumentenbetrugs (EDF-RAN) gibt es inzwischen immer mehr gefälschte Personalausweise.
(6)
In der Mitteilung vom 14. September 2016 mit dem Titel „Mehr Sicherheit in einer von Mobilität geprägten Welt: Besserer Informationsaustausch bei der Terrorismusbekämpfung und ein stärkerer Schutz der Außengrenzen” hat die Kommission auf die zentrale Bedeutung sicherer Reise- und Identitätsdokumente verwiesen, wenn die Identität einer Person zweifelsfrei festgestellt werden muss, und angekündigt, dass sie einen Aktionsplan präsentieren wird, um gegen Reisedokumentenbetrug vorzugehen. Dieser Mitteilung zufolge bedarf es für ein verbessertes Konzept leistungsfähiger Systeme zur Vorbeugung von Missbrauch und zur Abwendung von Bedrohungen der inneren Sicherheit aufgrund von Mängeln bei der Dokumentensicherheit insbesondere im Zusammenhang mit Terrorismus und grenzüberschreitender Kriminalität.
(7)
Gemäß dem Aktionsplan der Kommission vom 8. Dezember 2016 für ein wirksameres europäisches Vorgehen gegen Reisedokumentenbetrug (im Folgenden „Aktionsplan 2016” ) handelt es sich bei mindestens drei Vierteln der gefälschten Dokumente, die an den Außengrenzen, aber auch im Raum ohne Kontrollen an den Binnengrenzen erfasst werden, um Fälschungen von Dokumenten eines Mitgliedstaats oder eines assoziierten Schengen-Landes. Bei den meisten erfassten gefälschten Dokumenten, die für Reisen innerhalb des Schengen-Raums verwendet werden, handelt es sich um weniger sichere, von den Mitgliedstaaten ausgestellte nationale Personalausweise.
(8)
Um Identitätsbetrug zu verhindern, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass in ihren nationalen Rechtsvorschriften angemessene Sanktionen für die Fälschung und Verfälschung von Identitätsdokumenten und die Verwendung gefälschter oder verfälschter Dokumente vorgesehen sind.
(9)
Der Aktionsplan 2016 befasste sich betreffend Reisedokumentenbetrug mit den Risiken, die von gefälschten Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten ausgehen. Die Kommission sagte im Aktionsplan 2016 und in ihrem Bericht über die Unionsbürgerschaft 2017 zu, die politischen Optionen zur Verbesserung der Sicherheit von Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten zu analysieren.
(10)
Dem Aktionsplan von 2016 zufolge erfordert die Ausstellung echter, sicherer Identitätsdokumente ein zuverlässiges Verfahren zur Registrierung der Identität und sichere Ausgangsdokumente bei der Beantragung. Angesichts der Zunahme der Verwendung gefälschter Ausgangsdokumente sollten die Kommission, die Mitgliedstaaten und die einschlägigen Agenturen der Union auch künftig zusammenarbeiten, um die Ausgangsdokumente weniger anfällig für Betrug zu machen
(11)
Diese Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, Personalausweise oder Aufenthaltsdokumente einzuführen, wenn diese nach nationalem Recht nicht vorgesehen sind; ebenso wenig berührt sie die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Ausstellung anderer Aufenthaltsdokumente nach nationalem Recht, die nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, beispielsweise Aufenthaltskarten, die allen im Hoheitsgebiet ansässigen Personen unabhängig von deren Staatsangehörigkeit ausgestellt werden.
(12)
Diese Verordnung hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, für Identifizierungszwecke Dokumente anzuerkennen, bei denen es sich nicht um Reisedokumente handelt, also etwa Führerscheine, sofern das diskriminierungsfrei erfolgt.
(13)
Identitätsdokumente von Bürgern, deren Recht auf Freizügigkeit gemäß dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht eingeschränkt wurde, aus denen ausdrücklich hervorgeht, dass sie nicht als Reisedokumente verwendet werden dürfen, sollten nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen.
(14)
Reisedokumente, die Teil 5 des Dokuments 9303 der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) über maschinenlesbare Reisedokumente (siebte Auflage, 2015) (im Folgenden „ICAO-Dokument 9303” ) entsprechen, die im ausstellenden Mitgliedstaat nicht zur Identifizierung verwendet werden, etwa die irische „Passport Card” , sollten nicht in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen.
(15)
Diese Verordnung berührt weder die Verwendung von Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten mit eID-Funktion durch die Mitgliedstaaten zu sonstigen Zwecken noch die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(4), die die unionsweite gegenseitige Anerkennung der elektronischen Identifizierung für den Zugang zu öffentlichen Diensten vorsieht und die gegenseitige Anerkennung von elektronischen Identifizierungsmitteln unter bestimmten Bedingungen vorschreibt, wodurch es Bürgern erleichtert wird, sich in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben. Verbesserte Personalausweise sollen eine einfachere Identifizierung gewährleisten und zu einem besseren Zugang zu Diensten beitragen.
(16)
Damit Personalausweise und Aufenthaltsdokumente angemessen überprüft werden können, ist es unerlässlich, dass die Mitgliedstaaten für jede Art von Dokument, das unter diese Verordnung fällt, den richtigen Titel verwenden. Um die Überprüfung der Dokumente, die unter diese Verordnung fallen, in anderen Mitgliedstaaten zu erleichtern, sollte der Titel zudem in mindestens einer weiteren Amtssprache der Organe der Union eingetragen werden. Verwenden Mitgliedstaaten für Personalausweise bereits andere etablierte Bezeichnungen, sollten sie dies in ihrer Amtssprache bzw. ihren Amtssprachen auch weiterhin tun können. Allerdings sollten künftig keine weiteren neuen Bezeichnungen eingeführt werden.
(17)
Sicherheitsmerkmale sind erforderlich, um ein Dokument auf seine Echtheit zu überprüfen und die Identität einer Person festzustellen. Die Festlegung von Mindestsicherheitsstandards und die Aufnahme biometrischer Daten in Personalausweise und Aufenthaltskarten für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, ist ein wichtiger Schritt, um die Verwendung dieser Dokumente in der Union sicherer zu machen. Die Aufnahme solcher biometrischen Identifikatoren sollte gewährleisten, dass die Unionsbürger in vollem Umfang von ihren Freizügigkeitsrechten Gebrauch machen können.
(18)
Die Speicherung eines Gesichtsbilds und zweier Fingerabdrücke (im Folgenden „biometrische Daten” ) auf Personalausweisen und Aufenthaltskarten, die in Bezug auf biometrische Pässe und Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige bereits vorgesehen ist, stellt eine geeignete Kombination einer zuverlässigen Identifizierung und Echtheitsprüfung im Hinblick auf eine Verringerung des Betrugsrisikos dar, um die Sicherheit von Personalausweisen und Aufenthaltskarten zu verbessern.
(19)
Als allgemeine Praxis sollten die Mitgliedstaaten zur Überprüfung der Echtheit des Dokuments und der Identität des Inhabers in der Regel vorrangig das Gesichtsbild überprüfen und nur darüber hinaus, falls zur zweifelsfreien Bestätigung der Echtheit des Dokuments und der Identität des Inhabers notwendig, auch die Fingerabdrücke.
(20)
Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass zwingend eine manuelle Kontrolle durch qualifizierte Mitarbeiter erfolgt, wenn sich die Echtheit des Dokuments oder die Identität des Inhabers nicht anhand der biometrischen Daten bestätigen lassen.
(21)
Diese Verordnung stellt keine Rechtsgrundlage für die Einrichtung oder Aufrechterhaltung von Datenbanken auf nationaler Ebene zur Speicherung biometrischer Daten in den Mitgliedstaaten dar, zumal es sich dabei um eine Frage des nationalen Rechts handelt, welches dem Unionsrecht im Bereich Datenschutz entsprechen muss. Diese Verordnung stellt ferner keine Rechtsgrundlage für die Einrichtung oder Aufrechterhaltung einer zentralen Datenbank auf der Ebene der Union dar.
(22)
Die biometrischen Identifikatoren sollten auf dem Speichermedium von Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten für die Zwecke der Überprüfung der Echtheit des Dokuments und der Identität des Inhabers erfasst und gespeichert werden. Diese Überprüfung sollte ausschließlich durch ordnungsgemäß befugte Mitarbeiter erfolgen dürfen und ferner nur, wenn die Vorlage des Dokuments gesetzlich vorgeschrieben ist. Ferner sollten biometrische Daten, die für den Zweck der Personalisierung von Personalausweisen oder Aufenthaltsdokumenten gespeichert werden, auf eine hochsichere Weise gespeichert werden sowie ausschließlich bis zu dem Datum der Abholung des Dokuments und keinesfalls länger als 90 Tage ab dem Datum der Ausstellung des Dokuments. Nach diesem Zeitpunkt sollten die biometrischen Identifikatoren umgehend gelöscht oder vernichtet werden. Jede weitere Verarbeitung dieser Daten in Übereinstimmung mit den Datenschutzvorschriften nach Unionsrecht und nationalem Recht sollte hiervon unberührt bleiben.
(23)
Für die Zwecke dieser Verordnung sollten die Spezifikationen des ICAO- Dokuments 9303 berücksichtigt werden, die die weltweite Interoperabilität — auch bei der Maschinenlesbarkeit und der Sichtprüfung — gewährleisten.
(24)
Die Mitgliedstaaten sollten entscheiden können, ob auf Dokumenten, die unter diese Verordnung fallen, das Geschlecht erfasst wird. Beschließt ein Mitgliedstaat, das Geschlecht auf einem Dokument zu erfassen, sollten entsprechend dem ICAO-Dokument 9303 die Optionen „F” , „M” oder „X” oder die entsprechende einzelne Initiale in der oder den Sprachen jedes Mitgliedstaats verwendet werden.
(25)
Der Kommission sollten Durchführungsbefugnisse übertragen werden, um sicherzustellen, dass die künftigen, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002(5) des Rates angenommenen Sicherheitsstandards und technischen Spezifikationen gegebenenfalls in Bezug auf Personalausweise und Aufenthaltskarten angemessen berücksichtig werden. Diese Befugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(6) ausgeübt werden. Zu diesem Zweck sollte die Kommission von dem mit Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates(7) eingesetzten Ausschuss unterstützt werden. Falls erforderlich, um dem Risiko der Fälschung und Verfälschung vorzubeugen, sollten die Durchführungsrechtsakte geheim gehalten werden können.
(26)
Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass angemessene, wirksame Verfahren für die Erfassung biometrischer Identifikatoren bestehen, die den in der Charta, in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten des Europarats und den im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes verankerten Rechten und Grundsätzen entsprechen. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass das Kindeswohl während des gesamten Verfahrens der Erfassung Vorrang hat. Zu diesem Zweck sollten die qualifizierten Mitarbeiter angemessene Schulungen über kinderfreundliche Verfahren zur Erfassung biometrischer Identifikatoren absolvieren.
(27)
Treten bei der Erfassung der biometrischen Identifikatoren Schwierigkeiten auf, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass geeignete Verfahren befolgt werden, sodass die Würde der betroffenen Person gewahrt bleibt. Daher sollte auf geschlechtergerechtes Vorgehen geachtet werden und den spezifischen Bedürfnissen von Kindern und schutzbedürftigen Personen Rechnung getragen werden.
(28)
Die Einführung von Mindeststandards für die Sicherheit und die Gestaltung von Personalausweisen sollte den Mitgliedstaaten ermöglichen, sich auf die Echtheit der Dokumente zu verlassen, wenn Unionsbürger ihre Freizügigkeitsrechte ausüben. Mit der Einführung höherer Sicherheitsstandards sollten den öffentlichen und privaten Stellen ausreichende Garantien geboten werden, sodass sie sich auf die Echtheit von Personalausweisen, die von den Unionsbürgern für die Zwecke der Identifizierung vorgelegt werden, verlassen können.
(29)
Das Unterscheidungszeichen in Form eines zwei Buchstaben umfassenden Ländercodes des das Dokument ausstellenden Mitgliedstaats im Negativdruck in einem blauen Rechteck, umgeben von zwölf gelben Sternen, erleichtert die Sichtprüfung des Dokumentes, wenn der Inhaber sein Recht auf Freizügigkeit ausübt.
(30)
An der Möglichkeit, zusätzliche nationale Merkmale vorzusehen, wird zwar festgehalten, die Mitgliedstaaten sollten allerdings sicherstellen, dass diese Merkmale die Wirksamkeit der gemeinsamen Sicherheitsmerkmale nicht beeinträchtigen oder sich negativ auf die grenzübergreifende Kompatibilität der Personalausweise auswirken, damit beispielsweise Personalausweise auch von Maschinen in anderen Mitgliedstaaten als den ausstellenden Mitgliedstaaten gelesen werden können.
(31)
Die Einführung von Mindestsicherheitsstandards für Personalausweise und Aufenthaltskarten für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, sollte nicht zu einer unverhältnismäßigen Erhöhung der Gebühren für Unionsbürger und Drittstaatsangehörige führen. Die Mitgliedstaaten sollten diesem Grundsatz Rechnung tragen, wenn sie Ausschreibungen veröffentlichen.
(32)
Die Mitgliedstaaten sollten alle Vorkehrungen treffen, die notwendig sind, damit der Inhaber eines Personalausweises anhand der biometrischen Daten korrekt identifiziert werden kann. Zu diesem Zweck könnten die Mitgliedstaaten erwägen, biometrische Identifikatoren, insbesondere das Gesichtsbild, durch die nationalen Behörden, die Personalausweise ausstellen, vor Ort erfassen zu lassen.
(33)
Die Mitgliedstaaten sollten untereinander die Informationen austauschen, die für den Zugriff auf die Daten, die auf dem sicheren Speichermedium enthalten sind, sowie für deren Authentifizierung und Überprüfung notwendig sind. Die für das sichere Speichermedium verwendeten Formate sollten interoperabel sein, und zwar auch mit Blick auf automatisierte Grenzübergangsstellen.
(34)
In der Richtlinie 2004/38/EG wird auf den Umstand eingegangen, dass Unionsbürgern und nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzenden Familienangehörigen, die nicht über die erforderlichen Reisedokumente verfügen, jede angemessene Möglichkeit zu gewähren ist, mit anderen Mitteln nachzuweisen, dass sie das Recht auf Freizügigkeit genießen. Diese Möglichkeiten können vorläufige Identitätsdokumente sowie Aufenthaltskarten umfassen, die diesen Familienmitgliedern ausgestellt werden.
(35)
Diese Verordnung trägt den Verpflichtungen aus der Charta und dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen Rechnung. Daher sollten die Mitgliedstaaten mit der Kommission zusammenarbeiten, um die Aufnahme zusätzlicher Merkmale, die Personalausweise für Menschen mit Behinderungen — zum Beispiel Sehbehinderte — barrierefreier und nutzerfreundlicher machen, zu erreichen. Die Mitgliedstaaten sollten die Verwendung von mobilen Registrierungsgeräten und anderen Lösungen für die Ausstellung von Personalausweisen für Personen, die die für die Ausstellung von Personalausweisen zuständigen Behörden nicht aufsuchen können, prüfen.
(36)
Unionsbürgern ausgestellte Aufenthaltsdokumente sollten spezifische Informationen enthalten, die gewährleisten, dass sie in allen Mitgliedstaaten als Unionsbürger identifiziert werden. Dies soll die Anerkennung der Wahrnehmung des Freizügigkeitsrechts durch mobile Unionsbürger und der damit verbundenen Rechte erleichtern, die Harmonisierung sollte allerdings nicht über das zur Beseitigung der Schwachstellen der derzeitigen Dokumente angemessene Maß hinausgehen. Den Mitgliedstaaten steht es frei, in welchem Format diese Dokumente ausgestellt werden, sie könnten allerdings in einem Format ausgestellt werden, das den Spezifikationen des ICAO-Dokuments 9303 entspricht.
(37)
Bei Aufenthaltsdokumenten' die Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, ausgestellt werden, sollten dieselbe Gestaltung und dieselben Sicherheitsmerkmale verwendet werden, wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002, geändert durch die Verordnung (EU) 2017/1954 des Europäischen Parlaments und des Rates(8), vorgesehen sind. Ein solches Aufenthaltsdokument dient als Nachweis des Aufenthaltsrechts und befreit darüber hinaus den ansonsten visumpflichtigen Inhaber vom Visumerfordernis, wenn er einen Unionsbürger innerhalb des Gebiets der Union begleitet oder ihm nachzieht.
(38)
Nach der Richtlinie 2004/38/EG werden Dokumente, die Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, ausgestellt werden, als „Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers” bezeichnet. Um die Identifizierung dieser Dokumente zu erleichtern, sollten Aufenthaltskarten für Familienangehörige von Unionsbürgern einen Standardtitel und -code tragen.
(39)
Angesichts des Sicherheitsrisikos wie auch der den Mitgliedstaaten entstehenden Kosten sollten Personalausweise sowie Aufenthaltskarten für Familienangehörige eines Unionsbürgers mit unzureichenden Sicherheitsstandards aus dem Verkehr gezogen werden. Generell dürfte bei Personalausweisen ein Übergangszeitraum von zehn Jahren und bei Aufenthaltskarten ein Zeitraum von fünf Jahren ausreichen, um der Häufigkeit, mit der die Dokumente gewöhnlich ausgetauscht werden, und dem Erfordernis, die bestehende Sicherheitslücke in der Union zu schließen, ausgewogen Rechnung zu tragen. Bei Ausweisen oder Karten, die wesentliche Sicherheitsmerkmale nicht aufweisen oder nicht maschinenlesbar sind, ist jedoch aus Sicherheitsgründen ein kürzerer Übergangszeitraum erforderlich.
(40)
In Bezug auf die im Rahmen der Anwendung dieser Verordnung zu verarbeitenden personenbezogenen Daten gilt die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates(9). Es muss weiter präzisiert werden, welche Garantien für die verarbeiteten personenbezogenen Daten sowie insbesondere für sensible Daten wie beispielsweise biometrische Identifikatoren gelten. Die betroffenen Personen sollten darauf hingewiesen werden, dass ihre Dokumente mit einem den kontaktlosen Datenzugriff ermöglichenden Speichermedium, das die sie betreffenden biometrischen Daten enthält, versehen sind; außerdem sollten sie von allen Fällen in Kenntnis gesetzt werden, in denen die in ihren Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten erfassten Daten verwendet werden. In jedem Fall sollten die betroffenen Personen Zugang zu den personenbezogenen Daten haben, die in ihren Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten verarbeitet werden, und sie berichtigen lassen können, indem ein neues Dokument ausgestellt wird, wenn Daten falsch oder unvollständig sind. Das Speichermedium sollte hochsicher sein, und die auf ihm gespeicherten personenbezogenen Daten sollten wirksam vor unbefugtem Zugriff geschützt sein.
(41)
Die Mitgliedstaaten sollten gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 für die ordnungsgemäße Verarbeitung biometrischer Daten verantwortlich sein, die von der Erfassung der Daten bis zu ihrer Aufnahme in das hochsichere Speichermedium reicht.
(42)
Die Mitgliedstaaten sollten besondere Vorsicht walten lassen, wenn eine Zusammenarbeit mit einem externen Dienstleistungsanbieter besteht. Im Rahmen der Zusammenarbeit sollte keine Befreiung der Mitgliedstaaten von der Haftung nach dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht gewährt werden, was Verstöße gegen Pflichten im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten angeht.
(43)
In dieser Verordnung muss die Grundlage für die Erfassung und Speicherung von Daten auf dem Speichermedium von Personalausweisen und Aufenthaltsdokumenten festgelegt werden. Gemäß dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht und unter Achtung der Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit sollten die Mitgliedstaaten für elektronische Dienste oder sonstige Zwecke im Zusammenhang mit Personalausweisen oder Aufenthaltsdokumenten die Daten auf einem Speichermedium speichern können. Die Verarbeitung solcher Daten einschließlich ihrer Erfassung und die Zwecke, zu denen sie verwendet werden dürfen, sollten nach Unionsrecht oder nationalem Recht zulässig sein. Alle nationalen Daten sollten von den in dieser Verordnung genannten biometrischen Daten physisch oder logisch getrennt sein und gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 verarbeitet werden.
(44)
Die Mitgliedstaaten sollten diese Verordnung spätestens 24 Monate nach dem Datum des Inkrafttretens anwenden. Ab dem Geltungsbeginn der Verordnung sollten die Mitgliedstaaten nur Dokumente ausstellen, die die Anforderungen dieser Verordnung erfüllen.
(45)
Die Kommission sollte nach Ablauf von zwei Jahren und elf Jahren nach dem Geltungsbeginn dieser Verordnung über deren Durchführung, einschließlich der Angemessenheit des Sicherheitsniveaus Bericht erstatten und dabei auf die Auswirkungen auf die Grundrechte und die Grundsätze des Datenschutzes eingehen. Gemäß der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(10) sollte die Kommission diese Verordnung sechs Jahre nach dem Geltungsbeginn und danach alle sechs Jahre auf der Grundlage der Informationen bewerten, die im Rahmen spezifischer Monitoring-Regelungen eingeholt werden, um die tatsächlichen Auswirkungen der Verordnung zu beurteilen und zu prüfen, ob es weiterer Maßnahmen bedarf. Für die Zwecke des Monitoring sollten die Mitgliedstaaten Statistiken über die Zahl der von ihnen ausgestellten Personalausweise und Aufenthaltsdokumente erstellen.
(46)
Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Erhöhung der Sicherheit und die Erleichterung der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit von Unionsbürgern und ihren Familienangehörigen von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahmen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(47)
Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta anerkannt wurden, darunter die Würde des Menschen, das Recht auf Unversehrtheit, das Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung, die Gleichheit vor dem Gesetz und die Nichtdiskriminierung, die Rechte des Kindes, die Rechte älterer Menschen sowie die Achtung des Privat- und Familienlebens, das Recht auf Schutz personenbezogener Daten, das Recht auf Freizügigkeit und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Die Mitgliedstaaten sollten bei der Durchführung dieser Verordnung der Charta Rechnung tragen.
(48)
Der Europäische Datenschutzbeauftragte und die Agentur für Grundrechte haben am 10. August 2018(11) und am 5. September 2018(12) Stellungnahmen abgegeben —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 367 vom 10.10.2018, S. 78.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 4. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 6. Juni 2019.

(3)

Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73).

(5)

Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates vom 13. Juni 2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige (ABl. L 157 vom 15.6.2002, S. 1).

(6)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(7)

Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates vom 29. Mai 1995 über eine einheitliche Visagestaltung (ABl. L 164 vom 14.7.1995, S. 1).

(8)

Verordnung (EU) 2017/1954 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige (ABl. L 286 vom 1.11.2017, S. 9).

(9)

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(10)

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(11)

ABl. C 338 vom 21.9.2018, S. 22.

(12)

Noch nicht veröffentlicht.

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