Präambel VO (EU) 2019/1294
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission(1), insbesondere auf Artikel 12,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 dürfen in der Union nur zugelassene und in die Unionsliste aufgenommene neuartige Lebensmittel in Verkehr gebracht werden.
- (2)
- Gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2015/2283 wurde die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 der Kommission(2) erlassen, mit der eine Unionsliste der zugelassenen neuartigen Lebensmittel erstellt wurde.
- (3)
- Gemäß Artikel 12 der Verordnung (EU) 2015/2283 entscheidet die Kommission über die Zulassung und das Inverkehrbringen eines neuartigen Lebensmittels in der Union sowie über die Aktualisierung der Unionsliste.
- (4)
- Am 12. Juni 2015 stellte die Firma DuPont Nutrition Biosciences ApS (im Folgenden der „Antragsteller” ) bei der zuständigen Behörde Finnlands einen Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens in der Union von Betain als neuartiges Lebensmittel im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 Buchstabe e der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates(3). Der Antrag betrifft die Verwendung von Betain in Getreide- und Proteinriegeln, Getränkepulvern, isotonischen Fertiggetränken für Sportler über 10 Jahren sowie in für besondere medizinische Zwecke bestimmten Getreide- und Proteinriegeln und Lebensmitteln und/oder Tagesrationen im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(4), ausgenommen Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder.
- (5)
- Gemäß Artikel 35 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 werden Anträge auf Genehmigung des Inverkehrbringens eines neuartigen Lebensmittels in der Union, die im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 bei einem Mitgliedstaat gestellt wurden und über die bis zum 1. Januar 2018 noch keine endgültige Entscheidung getroffen worden ist, als Anträge gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 behandelt.
- (6)
- Der Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens von Betain als neuartiges Lebensmittel in der Union wurde im Einklang mit Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 bei einem Mitgliedstaat gestellt, genügt aber gleichzeitig den Anforderungen der Verordnung (EU) 2015/2283.
- (7)
- Am 21. Oktober 2015 legte die zuständige finnische Behörde ihren Bericht über die Erstprüfung vor. Darin kam sie zu dem Schluss, dass Betain die Kriterien des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 für neuartige Lebensmittelzutaten erfüllt.
- (8)
- Am 23. Oktober 2015 leitete die Kommission den Bericht über die Erstprüfung an die übrigen Mitgliedstaaten weiter. Innerhalb der in Artikel 6 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 258/97 festgelegten Frist von 60 Tagen wurden von anderen Mitgliedstaaten begründete Einwände erhoben; diese betrafen schädliche Wirkungen, die bei der vom Antragsteller für die Studie zur chronischen oralen Toxizität und zur Kanzerogenität vorgeschlagenen Dosis ohne beobachtbare schädliche Wirkung (NOAEL) beobachtet wurden, den geringen Expositionsspielraum zwischen den Betaindosen, bei denen Wirkungen in den toxikologischen Studien beobachtet wurden, sowie die vorgeschlagene Tagesdosis für Betain.
- (9)
- In Anbetracht dieser begründeten Einwände konsultierte die Kommission am 4. April 2016 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde” ) und ersuchte sie, eine ergänzende Prüfung für Betain als neuartige Lebensmittelzutat im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 258/97 vorzunehmen.
- (10)
- Am 25 Oktober 2017 nahm die Behörde ihr wissenschaftliches Gutachten zur Sicherheit von Betain als neuartiges Lebensmittel gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97(5) an. Das Gutachten, das von der Behörde gemäß der Verordnung (EG) Nr. 258/97 ausgearbeitet und angenommen wurde, steht im Einklang mit den Anforderungen des Artikels 11 der Verordnung (EU) 2015/2283.
- (11)
- In ihrem wissenschaftlichen Gutachten kam die Behörde unter Verwendung des Benchmarkdosis-Verfahrens (BMD)(6) zu dem Schluss' dass Betain für die vorgesehenen Bevölkerungsgruppen sicher ist, wenn es Lebensmitteln in einer Tageshöchstdosis von 400 mg/Tag (6 mg/kg Körpergewicht pro Tag) zugesetzt wird. In dem genannten Gutachten kam die Behörde zu dem Schluss, dass die Sicherheit von Betain bei den vom Antragsteller vorgeschlagenen Verwendungen und Verwendungsmengen, was einer täglichen Aufnahme von 2500 mg Betain entspräche, nicht erwiesen ist.
- (12)
- Am 25. Januar 2018 beantragte der Antragsteller bei der Kommission den Schutz geschützter Daten für neun zur Stützung des Antrags vorgelegte Studien; dabei handelt es sich um die Ergebnisse der Studie zur akuten oralen Toxizität(7), von zwei Studien (einer 14-Tage-Studie(8) und einer 28-Tage-Studie(9)) zur subakuten und einer Studie (einer 42-Tage-Studie) zur subchronischen(10) oralen Toxizität, drei Studien zur Mutagenität und zur Genotoxizität(11), einer Studie zur chronischen oralen Toxizität und zur Kanzerogenität(12) sowie einer Studie zur chronischen (sechsmonatigen) Exposition des Menschen gegenüber betainhaltigen Lebensmitteln(13).
- (13)
- Am 18. Februar 2018 erklärte die Behörde(14), dass bei der Erarbeitung ihres Gutachtens zu Betain als neuartiges Lebensmittel die Daten aus der Studie zur chronischen oralen Toxizität und zur Kanzerogenität als Grundlage für die Benchmarkdosis-Analyse (BMD) und für die Ableitung sicherer Aufnahmemengen von Betain für die Zielbevölkerung, die Daten aus der Studie zur chronischen Exposition des Menschen gegenüber betainhaltigen Lebensmitteln als Grundlage für die Ableitung sicherer Aufnahmemengen von Betain für die Zielbevölkerung und die Daten aus drei Studien zur Genotoxizität als Grundlage zur Zerstreuung von Bedenken in Bezug auf die potenzielle Genotoxizität von Betain dienten. Daher wird die Auffassung vertreten, dass die Schlussfolgerungen zur Sicherheit von Betain nicht ohne die Daten aus den Berichten über diese Studien hätten gezogen werden können.
- (14)
- Nach Eingang der Erklärungen der Behörde forderte die Kommission den Antragsteller auf, seine Begründung für die Beantragung des Schutzes der Studie zur chronischen oralen Toxizität und zur Kanzerogenität, der Studie zur chronischen Exposition des Menschen gegenüber betainhaltigen Lebensmitteln und der drei Studien zur Mutagenität und zur Genotoxizität sowie für den Antrag auf ausschließlichen Anspruch auf die Nutzung dieser Studien gemäß Artikel 26 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2015/2283 weiter auszuführen.
- (15)
- Der Antragsteller hat erklärt, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung nach nationalem Recht Schutz- und Ausschließlichkeitsrechte an den Studien hielt und dass daher Dritte nicht rechtmäßig auf diese Studien zugreifen oder diese nutzen konnten.
- (16)
- Die Kommission bewertete alle vom Antragsteller vorgelegten Informationen und gelangte zu dem Schluss, dass der Antragsteller die Erfüllung der in Artikel 26 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/2283 festgelegten Anforderungen hinreichend belegt hat. Dementsprechend sollten die in den Antragsunterlagen des Antragstellers enthaltenen Studien — die Studie zur chronischen oralen Toxizität und zur Kanzerogenität, die Studie zur chronischen Exposition des Menschen gegenüber betainhaltigen Lebensmitteln und die drei Studien zur Genotoxizität — für eine Dauer von fünf Jahren ab dem Datum des Inkrafttretens der vorliegenden Verordnung von der Behörde nicht zugunsten eines späteren Antragstellers verwendet werden. Folglich sollte das Inverkehrbringen des mit dieser Verordnung zugelassenen Betain innerhalb der Union für diese Dauer auf den Antragsteller beschränkt werden.
- (17)
- Die Beschränkung der Zulassung von Betain und der Nutzung der in den Antragsunterlagen enthaltenen Studien ausschließlich zugunsten des Antragstellers hindert andere Antragsteller jedoch nicht daran, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen desselben neuartigen Lebensmittels zu beantragen, sofern der Antrag auf rechtmäßig erlangten Informationen basiert, die die Zulassung nach dieser Verordnung stützen.
- (18)
- Am 2. November 2018 stellte der Antragsteller bei der Kommission einen Antrag im Sinne von Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 auf Änderung der Verwendungsbedingungen für Betain, die im Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens in der Union von Betain als neuartige Lebensmittelzutat, den der Antragsteller am 12. Juni 2015 an die zuständige Behörde Finnlands gestellt hatte, aufgeführt waren. Die beantragten Änderungen betreffen die vorgesehenen Verwendungen und Verwendungsmengen in Getränkepulvern, isotonischen Getränken, Protein- und Getreideriegeln und Lebensmitteln als Mahlzeitersatz für Sportler sowie bei den Verwendungen von Betain in Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und in Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 609/2013, ausgenommen Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder. Die beantragten Änderungen würden gewährleisten, dass die Aufnahme von Betain durch die allgemeine Bevölkerung die 400 mg/Tag (6 mg/kg Körpergewicht pro Tag) nicht überschreitet, die die Behörde in ihrem Gutachten von 2017 als sicher erachtet.
- (19)
- Am 12. Dezember 2018 konsultierte die Kommission die Behörde und ersuchte sie, die Änderungen betreffend die vorgesehenen Verwendungen und Verwendungsmengen von Betain als neuartiges Lebensmittel einer ergänzenden Prüfung im Einklang mit Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2015/2283 zu unterziehen.
- (20)
- Am 14. März 2019 nahm die Behörde ihr wissenschaftliches Gutachten zur Sicherheit von Betain als neuartiges Lebensmittel gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283(15) an. Dieses wissenschaftliche Gutachten entspricht den Anforderungen des Artikels 11 der Verordnung (EU) 2015/2283.
- (21)
- In dem genannten Gutachten kam die Behörde zu dem Schluss' dass Betain unter den vorgeschlagenen neuen Verwendungsbedingungen sicher ist. Das Gutachten bietet ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass Betain — bei den beantragten Verwendungen und in den beantragten Verwendungsmengen — als Zutat in Getränkepulvern, isotonischen Getränken, Protein- und Getreideriegeln und Lebensmitteln als Mahlzeitersatz für Sportler sowie in Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und in Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 609/2013, ausgenommen Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, den Kriterien des Artikels 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 genügt.
- (22)
- Die unbedenkliche Aufnahme von Betain könnte überschritten werden, wenn Lebensmittel, die Betain enthalten, in Verbindung mit Nahrungsergänzungsmitteln, die Betain enthalten, verzehrt werden. Deshalb müssen die Verbraucher anhand eines geeigneten Etiketts informiert werden, dass Lebensmittel, die Betain enthalten, nicht verzehrt werden sollten, wenn am selben Tag auch Nahrungsergänzungsmittel, die Betain enthalten, konsumiert werden.
- (23)
- Die Verwendung von Betain sollte unbeschadet der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung genehmigt werden.
- (24)
- Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1.
- (2)
Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 der Kommission vom 20. Dezember 2017 zur Erstellung der Unionsliste der neuartigen Lebensmittel gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel (ABl. L 351 vom 30.12.2017, S. 72).
- (3)
Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über neuartige Lebensmittel und neuartige Lebensmittelzutaten (ABl. L 43 vom 14.2.1997, S. 1).
- (4)
Verordnung (EU) Nr. 609/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 über Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder, Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke und Tagesrationen für gewichtskontrollierende Ernährung und zur Aufhebung der Richtlinie 92/52/EWG des Rates, der Richtlinien 96/8/EG, 1999/21/EG, 2006/125/EG und 2006/141/EG der Kommission, der Richtlinie 2009/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnungen (EG) Nr. 41/2009 und (EG) Nr. 953/2009 des Rates und der Kommission (ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 35).
- (5)
EFSA Journal 2017; 15(11):5057.
- (6)
EFSA Journal 2017; 15(1):4658.
- (7)
Life Science Research Limited, 1990, unveröffentlicht.
- (8)
TNO BIBRA, 2001, unveröffentlicht.
- (9)
TNO BIBRA, 2001, unveröffentlicht.
- (10)
Imasde Aglomentaria, 2012 unveröffentlicht.
- (11)
Asquith 1989 a, b, c. unveröffentlicht.
- (12)
Hatano Research Institute. 2002, unveröffentlichte Studien.
- (13)
Unveröffentlichter Bericht, undatiert.
- (14)
Wissenschaftliches Gremium für diätetische Produkte, und Allergien der EFSA, Protokoll der 83. Vollversammlung vom 7.-8. Februar 2018, genehmigt am 18. Februar 2018. (https://www.efsa.europa.eu/sites/default/files/event/180207-1-m.pdf)
- (15)
EFSA Journal 2019; 17(4):5658.
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