Präambel VO (EU) 2019/2115
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Die Initiative zur Kapitalmarktunion zielt darauf ab, die Abhängigkeit von Bankkrediten zu verringern, für alle kleinen und mittleren Unternehmen (im Folgenden „KMU” ) die Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt zu diversifizieren und KMU zu mehr Anleihe- und Aktienemissionen an öffentlichen Märkten zu veranlassen. In der Union niedergelassene Unternehmen, die an Handelsplätzen Kapital aufnehmen möchten, sehen sich hohen einmaligen und laufenden Offenlegungs- und Befolgungskosten gegenüber, die sie davon abhalten können, sich jemals um eine Zulassung zum Handel an einem Handelsplatz in der Union zu bemühen. Darüber hinaus haben die von KMU an Handelsplätzen in der Union begebenen Aktien häufig mit schwächerer Liquidität und höherer Volatilität zu kämpfen, was die Kosten der Kapitalaufnahme erhöht und diese Finanzierungsquelle zu kostspielig macht. Eine horizontale Unionspolitik für KMU ist in dieser Hinsicht daher unerlässlich. Eine solche Politik muss inklusiv, kohärent und wirksam sein und der Vielfalt von KMU und ihren jeweiligen Bedürfnissen Rechnung tragen.
- (2)
- Um KMU die Kapitalaufnahme zu erleichtern, damit sie wachsen können, und auch um die weitere Entwicklung spezialisierter, auf die Erfordernisse von KMU-Emittenten mit Wachstumspotenzial zugeschnittener Märkte zu fördern, wurde mit der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(3) eine neue Art von Handelsplatz geschaffen: die KMU-Wachstumsmärkte, die eine Unterkategorie multilateraler Handelssysteme (im Folgenden „MTF” ) darstellen. Schon in der Richtlinie 2014/65/EU heißt es: „Schwerpunktmäßig sollte die Aufmerksamkeit darauf gelegt werden, wie eine künftige Regulierung die Nutzung dieses Marktes weiter unterstützen und fördern kann, sowie dass die Verwaltungslast verringert wird und weitere Anreize für KMU geboten werden, sich der Kapitalmärkte über KMU-Wachstumsmärkte zu bedienen.” In seiner Stellungnahme zu dem Vorschlag der Kommission für die vorliegende Änderungsverordnung wiederholt der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss seinen Standpunkt, wonach die geringe Kommunikation und das bürokratische Vorgehen erhebliche Barrieren darstellen und weitaus größere Anstrengungen unternommen werden müssen, um diese Hindernisse zu überwinden. Zudem vertrat er die Auffassung, dass auf das Ende der Kette, die KMU selbst, abgezielt werden sollte, indem unter anderem KMU-Verbände, Sozialpartner und Handelskammern einbezogen werden.
- (3)
- Es hat sich jedoch gezeigt, dass Emittenten von zum Handel an einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassenen Finanzinstrumenten verglichen mit den Emittenten von zum Handel an anderen MTFs oder geregelten Märkten zugelassenen Finanzinstrumenten lediglich in den Genuss relativ weniger rechtlicher Erleichterungen kommen. Die meisten der in der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) festgelegten Pflichten gelten für alle Emittenten gleichermaßen — unabhängig von deren Größe und davon, an welchem Handelsplatz ihre Finanzinstrumente zum Handel zugelassen sind. Diese geringe Unterscheidung zwischen Emittenten von zum Handel an KMU-Wachstumsmärkten zugelassenen Finanzinstrumenten und Finanzinstrumenten an anderen MTFs hält MTFs davon ab, eine Registrierung als KMU-Wachstumsmarkt zu beantragen, was sich an der bislang geringen Zahl der registrierten KMU-Wachstumsmärkte ablesen lässt. Um die Nutzung von KMU-Wachstumsmärkten angemessen zu fördern, sollten daher zusätzliche verhältnismäßige Erleichterungen vorgesehen werden. Die Nutzung von KMU-Wachstumsmärkten sollte aktiv gefördert werden. Vielen KMU ist nach wie vor nicht bewusst, dass KMU-Wachstumsmärkte existieren.
- (4)
- Die Attraktivität der KMU-Wachstumsmärkte sollte durch weitere Senkung der Befolgungskosten und weiteren Abbau des Verwaltungsaufwands für die Emittenten von zum Handel auf diesen Märkten zugelassenen Finanzinstrumenten erhöht werden. Um bei der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben an geregelten Märkten die höchsten Standards zu beizubehalten, sollten die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen ungeachtet der Tatsache, dass nicht alle KMU an KMU-Wachstumsmärkten notiert sind und nicht alle an KMU-Wachstumsmärkten notierten Unternehmen KMU sind, auf die an KMU-Wachstumsmärkten notierten Unternehmen beschränkt bleiben. Um die Profitabilität des Geschäftsmodells der KMU-Wachstumsmärkte u. a. durch die Liquidität der von anderen Unternehmen als KMU begebenen Wertpapiere zu erhalten, können nach der Richtlinie 2014/65/EU bis zu 50 % der Emittenten von zum Handel an KMU-Wachstumsmärkten zugelassenen Finanzinstrumenten andere Unternehmen als KMU sein. Angesichts der Risiken, die es mit sich bringt, wenn die an derselben Handelsplatzkategorie, nämlich an KMU-Wachstumsmärkten, notierten Emittenten unterschiedlichen Vorschriften unterliegen, sollten die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen nicht auf KMU-Emittenten beschränkt sein. Um Kohärenz für Emittenten und Klarheit für Anleger zu gewährleisten, sollte die Reduzierung der Befolgungskosten und administrativen Anforderungen unabhängig von der Marktkapitalisierung für alle Emittenten von zum Handel auf KMU-Wachstumsmärkten zugelassenen Finanzinstrumenten gelten.
- (5)
- Der Erfolg eines KMU-Wachstumsmarktes sollte nicht einfach anhand der Zahl der dort notierten Unternehmen, sondern vielmehr anhand der von diesen Unternehmen erzielten Wachstumsrate beziffert werden. Der Schwerpunkt muss verstärkt auf KMU — die letztendlich Begünstigten dieser Verordnung — und deren Bedürfnisse gelegt werden. Die Verringerung des bürokratischen Aufwands ist hierfür von entscheidender Bedeutung, es müssen aber auch weitere Maßnahmen ergriffen werden. Um KMU in ihrer Entwicklung zu unterstützen, müssen Anstrengungen unternommen werden, um die Informationen zu verbessern, die diesen Unternehmen über die ihnen gebotenen Finanzierungsoptionen unmittelbar zur Verfügung stehen. Die Vereinfachung der Vorschriften sollte kleineren Unternehmen mit Wachstumspotenzial zugutekommen.
- (6)
- Nach Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 liegt eine unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen vor, wenn eine Person, die über Insiderinformationen verfügt, diese Informationen gegenüber einer anderen Person offenlegt, es sei denn, die Offenlegung geschieht im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung oder eines Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben. Nach Artikel 11 Absatz 4 der genannten Verordnung wird eine Offenlegung von Insiderinformationen, die im Verlauf einer Marktsondierung vorgenommen wurde, so betrachtet, dass sie im Zuge der normalen Ausübung der Beschäftigung oder des Berufs oder der normalen Erfüllung der Aufgaben einer Person vorgenommen wurde, wenn der offenlegende Marktteilnehmer bestimmte für die Marktsondierung festgelegte Verfahren befolgt. Eine Marktsondierung besteht in der Übermittlung von Informationen vor der Ankündigung eines Geschäfts an einen oder mehrere potenzielle Anleger, um das Interesse von potenziellen Anlegern an einem möglichen Geschäft und dessen Bedingungen wie seinem Umfang und seiner preislichen Gestaltung abzuschätzen. Bei einem an qualifizierte Anleger gerichteten Wertpapierangebot (private Platzierung) nehmen die Emittenten während der Verhandlungsphase Gespräche mit einem begrenzten Kreis potenzieller qualifizierter Anleger im Sinne der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) auf und handeln mit diesen alle vertraglichen Bedingungen des Geschäfts aus.
- (7)
- Durch Liquiditätsmechanismen wie Market-Making-Vereinbarungen oder Liquiditätsverträge lässt sich bei den Aktien eines Emittenten eine gewisse Liquidität erreichen. Eine Market-Making-Vereinbarung umfasst einen Vertrag zwischen dem Marktbetreiber und einem Dritten, bei dem Letzterer sich verpflichtet, im Gegenzug für Nachlässe auf die Handelsgebühren bei bestimmten Aktien kontinuierlich für Liquidität zu sorgen. Ein Liquiditätsvertrag umfasst einen Vertrag zwischen einem Emittenten und einem Dritten, bei dem Letzterer sich verpflichtet, im Namen des Emittenten Liquidität für dessen Aktien bereitzustellen. Damit die Marktintegrität uneingeschränkt gewahrt bleibt, sollten Liquiditätsverträge unter einer Reihe von Bedingungen unionsweit allen Emittenten von zum Handel auf KMU-Wachstumsmärkten zugelassenen Finanzinstrumenten offenstehen.
- (8)
- Um eine einheitliche Harmonisierung des vorgeschlagenen Unionsrahmens für Liquiditätsverträge zu gewährleisten, sollte die Kommission von der durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(6) errichteten Europäische Aufsichtsbehörde (Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (ESMA) erarbeitete technische Regulierungsstandards, in denen ein Muster für einen solchen Liquiditätsvertrag festgelegt wird, gemäß Artikel 290 AEUV und Artikel 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010, in Form von delegierten Rechtsakten erlassen.
- (9)
- Nach Artikel 17 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 können Emittenten beschließen, die Offenlegung von Insiderinformationen für die Öffentlichkeit aufzuschieben, wenn diese geeignet wäre, die berechtigten Interessen der Emittenten zu beeinträchtigen, wenn die Aufschiebung der Offenlegung nicht geeignet wäre, die Öffentlichkeit irrezuführen und wenn Emittenten die Geheimhaltung dieser Informationen sicherstellen. Allerdings müssen die Emittenten dies der zuständigen Behörde mitteilen und eine schriftliche Erläuterung mit den Gründen für ihre Entscheidung abgeben. Diese Informationspflicht kann, wenn sie Emittenten, deren Finanzinstrumente lediglich zum Handel an einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen sind, auferlegt wird, eine Belastung darstellen. Eine Lockerung dieser Vorschrift für solche Emittenten, wonach diese nur auf Verlangen der zuständigen Behörde eine Erläuterung mit den Gründen für einen solchen Aufschub abgeben müssten, würde die Fähigkeit der zuständigen Behörde, die Offenlegung von Insiderinformationen zu überwachen, nicht wesentlich beeinträchtigen, den Verwaltungsaufwand für die Emittenten aber verringern; allerdings müsste die zuständige Behörde in einem solchen Fall nach wie vor über den beschlossenen Aufschub in Kenntnis gesetzt werden und für den Fall, dass sie hinsichtlich dieser Entscheidung Zweifel hegt, eine Untersuchung einleiten können.
- (10)
- Die in Artikel 18 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 vorgesehene gelockerte Anforderung, wonach Emittenten, deren Finanzinstrumente zum Handel auf einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen sind, eine Insiderliste nur auf Verlangen der zuständigen Behörde erstellen müssen, zeigt in der Praxis nur begrenzt Wirkung, da diese Emittenten immer noch Anforderungen zur Überwachung der Personen, die im Kontext laufender Projekte als Insider eingestuft werden können, unterliegen. Anstelle der bestehenden Anforderungen sollten Emittenten, deren Finanzinstrumente zum Handel auf einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen sind, deshalb die Möglichkeit erhalten, nur für Personen eine Liste zu führen, die im Zuge der normalen Erfüllung ihrer Aufgaben jederzeit auf Insiderinformationen zugreifen können, wie Geschäftsführer, Mitglieder der Leitungsorgane oder interne Berater. Für Emittenten, deren Finanzinstrumente zum Handel auf einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen sind, würde die ständige Aktualisierung einer vollständigen Insiderliste gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2016/347 der Kommission(7) mit großem Aufwand einhergehen. Da nach Auffassung einiger Mitgliedstaaten Insiderlisten jedoch wichtig sind, um einen hohen Grad an Marktintegrität zu gewährleisten, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten, eine Anforderung vorzusehen, wonach Emittenten, deren Finanzinstrumente zum Handel auf einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen sind, eine umfassendere Insiderliste vorzulegen hätten, in der alle Personen zu erfassen sind, die auf Insiderinformationen zugreifen können. Da jedoch für KMU kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstehen darf, sollten diese umfassenderen Insiderlisten im Vergleich zu vollständigen Insiderlisten mit einem verringerten Verwaltungsaufwand verbunden sein.
- (11)
- Es sollte klargestellt werden, dass die Pflicht zur Erstellung von Insiderlisten sowohl den Emittenten als auch allen in ihrem Namen oder für ihre Rechnung handelnden Personen obliegt. Die Verantwortlichkeiten aller im Namen oder für Rechnung der Emittenten handelnden Personen bezüglich der Erstellung von Insiderlisten sollten geklärt werden, um unterschiedliche Interpretationen und Handhabungen innerhalb der Union zu vermeiden. Die einschlägigen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 sollten entsprechend geändert werden.
- (12)
- Nach Artikel 19 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 müssen Emittenten und Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate Informationen über Geschäfte, die von Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen, oder in enger Beziehung zu ihnen stehenden Personen getätigt werden, innerhalb von drei Geschäftstagen nach dem Geschäft öffentlich machen. Innerhalb der gleichen Frist müssen Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen, und in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen ihre Geschäfte an den Emittenten oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate melden. Setzen Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen, oder in enger Beziehung zu ihnen stehende Personen Emittenten oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate spät über ihre Geschäfte in Kenntnis, so ist es für diese Emittenten oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate technisch schwierig, die Dreitagesfrist einzuhalten, was mit Haftungsproblemen verbunden sein kann. Emittenten oder Teilnehmer am Markt für Emissionszertifikate sollten Geschäfte deshalb innerhalb von zwei Geschäftstagen nach Erhalt der Meldung dieser Geschäfte durch Personen, die Führungsaufgaben wahrnehmen, oder in enger Beziehung zu ihnen stehenden Personen offenlegen dürfen.
- (13)
- Nach der Verordnung (EU) 2017/1129 ist ein Emittent unter bestimmten Voraussetzungen bei Wertpapieren, die im Zusammenhang mit einer Übernahme im Wege eines Tauschangebots angeboten werden, und bei Wertpapieren, die die im Zusammenhang mit einer Verschmelzung oder einer Spaltung angeboten oder zugeteilt werden oder zugeteilt werden sollen, nicht zur Veröffentlichung eines Prospekts verpflichtet. Stattdessen ist der Öffentlichkeit ein Dokument zugänglich zu machen, das Mindestinformationen zu der Transaktion und ihren Auswirkungen auf den Emittenten enthalten muss. Nach Unionsrecht besteht für eine zuständige nationale Behörde keine Pflicht zur Prüfung oder Billigung eines solchen Dokuments vor seiner Veröffentlichung und sein Inhalt ist im Vergleich zu einem Prospekt inhaltlich vereinfacht. Als unbeabsichtigte Folge einer solchen Ausnahmeregelung besteht die Möglichkeit, dass ein Emittent, der ein nicht börsennotiertes Unternehmen ist, unter bestimmten Umständen die erstmalige Zulassung seiner Aktien zum Handel auf einem geregelten Markt ohne Erstellung eines Prospekts vornehmen kann. Dadurch werden Anlegern die in einem Prospekt enthaltenen nützlichen Informationen vorenthalten und es wird gleichzeitig jede Überprüfung der dem Markt zur Verfügung gestellten Informationen durch eine zuständige nationale Behörde vermieden. Daher sollte eine Anforderung festgelegt werden, wonach ein nicht börsennotiertes Unternehmen, das im Anschluss an ein Tauschangebot, eine Verschmelzung oder eine Spaltung eine Zulassung zum Handel auf einem geregelten Marktanstrebt, einen Prospekt veröffentlichen muss.
- (14)
- Nach Artikel 14 der Verordnung (EU) 2017/1129 ist es gegenwärtig Emittenten, deren Dividendenwerte mindestens während der letzten 18 Monate ununterbrochen zum Handel an einem geregelten Markt oder an einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen waren und die Wertpapiere emittieren möchten, die Zugang zu Dividendenwerten geben, die mit zuvor begebenen Dividendenwerten fungibel sind, nicht gestattet, einen vereinfachten Prospekt zu erstellen. Artikel 14 der genannten Verordnung sollte daher geändert werden, um solchen Emittenten die Erstellung eines vereinfachten Prospekts zu ermöglichen.
- (15)
- KMU-Wachstumsmärkte sollten bei der Unternehmensentwicklung von Emittenten nicht als letzte Stufe betrachtet werden und es erfolgreichen Unternehmen ermöglichen, zu wachsen und eines Tages an einen geregelten Markt zu wechseln, um dort auf höhere Liquidität und einen größeren Investorenpool zurückgreifen zu können. Um den Wechsel von einem KMU-Wachstumsmarkt an einen geregelten Markt zu erleichtern, sollten wachsende Unternehmen die in Artikel 14 der Verordnung (EU) 2017/1129 dargelegte vereinfachte Offenlegungsregelung für die Zulassung von Wertpapieren, die mit zuvor begebenen Wertpapieren fungibel sind, zum Handel an einem geregelten Markt in Anspruch nehmen können, sofern diese Unternehmen Wertpapiere, die mindestens zwei Jahre lang ununterbrochen zum Handel an einem KMU-Wachstumsmarkt zugelassen waren, öffentlich angeboten haben und während dieses gesamten Zeitraums ihre Melde- und Offenlegungspflichten uneingeschränkt erfüllt haben. Ein Zeitraum von zwei Jahren dürfte es den Emittenten ermöglichen, eine ausreichende Bilanz vorzuweisen und dem Markt Informationen über ihre finanzielle Leistungsfähigkeit und die Berichtspflichten im Rahmen der Richtlinie 2014/65/EU vorzulegen.
- (16)
- Nach der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) sind Emittenten von zum Handel auf KMU-Wachstumsmärkten zugelassenen Finanzinstrumenten nicht verpflichtet, ihre Abschlüsse entsprechend den internationalen Rechnungslegungsstandards vorzulegen. Um eine Abweichung von den Standards an geregelten Märkten zu vermeiden, sollten Emittenten von zum Handel auf KMU-Wachstumsmärkten zugelassenen Finanzinstrumenten, die für einen Wechsel zu einem geregelten Markt die vereinfachte Offenlegungsregelung gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) 2017/1129 nutzen möchten, ihren jüngsten Abschluss samt der Vergleichsinformationen für das Vorjahr jedoch gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 erstellen, sofern sie aufgrund der Anwendung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(9) nach Zulassung ihrer Finanzinstrumente zum Handel auf einem geregelten Markt einen konsolidierten Abschluss aufzustellen hätten. Soweit die Anwendung der genannten Richtlinie Emittenten nach der Zulassung ihrer Finanzinstrumente zum Handel auf einem geregelten Markt nicht dazu verpflichtet einen solchen Abschluss aufzustellen, sollten sie die nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats befolgen, der Sitzstaat des Unternehmens ist.
- (17)
- Der Zweck der vorliegenden Verordnung steht mit den Zielen des EU-Wachstumsprospekts gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2017/1129 in Einklang. Da der EU-Wachstumsprospekt kurz ist, lässt er sich kostengünstig herstellen, wodurch KMU geringere Kosten entstehen. KMU sollte es freistehen, sich für die Verwendung des EU-Wachstumsprospekts zu entscheiden. Die aktuellen in der Verordnung (EU) 2017/1129 enthaltenen Definitionen von KMU können insbesondere für diejenigen Emittenten, die eine Zulassung zum Handel an einem KMU-Wachstumsmarkt beantragen und die tendenziell größer sind als traditionelle KMU, zu stark einschränkend sein. Deshalb wäre es kleineren Emittenten bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren, auf die unmittelbar eine erstmalige Zulassung zum Handel an einem KMU-Wachstumsmarkt folgt, nicht möglich, den EU-Wachstumsprospekt zu verwenden, auch wenn ihre Marktkapitalisierung nach der erstmaligen Zulassung zum Handel weniger als 200000000 EUR betragen sollte. Daher sollte Artikel 15 der Verordnung (EU) 2017/1129 geändert werden, um Emittenten, die erstmalig Wertpapiere mit einer voraussichtlichen Marktkapitalisierung von weniger als 200000000 EUR öffentlich anbieten möchten, die Erstellung eines EU-Wachstumsprospekts zu ermöglichen.
- (18)
- In Anbetracht der Bedeutung, die KMU für das Funktionieren der Wirtschaft der Union haben, sollte ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, wie sich das Unionsrecht im Bereich der Finanzdienstleistungen auf die Finanzierung von KMU auswirkt. In diesem Sinne sollte die Kommission bei der Überprüfung aller Rechtsakte, die die Finanzierung börsennotierter und nicht börsennotierter KMU betreffen, die rechtlichen und administrativen Hürden einschließlich im Bereich der Forschung analysieren, die Investitionen in KMU einschränken oder ihnen im Wege stehen. Dabei sollte die Kommission die Entwicklung der Kapitalströme an KMU bewerten und danach streben, ein günstiges Regelungsumfeld zu schaffen, um KMU den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern.
- (19)
- Die Richtlinie 2014/65/EU und die Verordnungen (EU) Nr. 596/2014 und (EU) 2017/1129 sollten daher entsprechend geändert werden.
- (20)
- Diese Verordnung sollte ab dem 31. Dezember 2019 gelten. Hingegen sollte Artikel 1 ab dem 1. Januar 2021 gelten —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 440 vom 6.12.2018, S. 79.
- (2)
Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. November 2019.
- (3)
Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).
- (4)
Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/EG der Kommission (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 1).
- (5)
Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist, und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.6.2017, S. 12).
- (6)
Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).
- (7)
Durchführungsverordnung (EU) 2016/347 der Kommission vom 10. März 2016 zur Festlegung technischer Durchführungsstandards im Hinblick auf das genaue Format der Insiderlisten und für die Aktualisierung von Insiderlisten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 65 vom 11.3.2016, S. 49).
- (8)
Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards (ABl. L 243 vom 11.9.2002, S. 1).
- (9)
Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und zur Änderung der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (ABl. L 182 vom 29.6.2013, S. 19).
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