Artikel 6 VO (EU) 2019/2144

Hochentwickelte Fahrerassistenzsysteme für alle Kraftfahrzeugklassen

(1) Kraftfahrzeuge müssen mit den folgenden hochentwickelten Fahrerassistenzsystemen ausgerüstet sein:

a)
intelligenter Geschwindigkeitsassistent
b)
Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre
c)
Warnsystem bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit des Fahrers
d)
hochentwickeltes Warnsystem bei nachlassender Konzentration des Fahrers
e)
Notbremslicht
f)
Rückfahrassistent und
g)
ereignisbezogene Datenaufzeichnung.

(2) Intelligente Geschwindigkeitsassistenten müssen folgende Mindestanforderungen erfüllen:

a)
Es muss möglich sein, dass der Fahrer über den Beschleunigungsregler oder über gezielte, angemessene und wirksame Rückmeldungen darauf aufmerksam gemacht wird, dass die geltende Geschwindigkeitsbeschränkung überschritten wird.
b)
Es muss möglich sein, das System abzuschalten; es dürfen weiterhin Informationen zur Geschwindigkeitsbeschränkung gegeben werden, und nach jeder Aktivierung des Hauptkontrollschalters des Fahrzeugs muss sich der intelligente Geschwindigkeitsassistent im normalen Betriebsmodus befinden.
c)
Die gezielten und angemessenen Rückmeldungen beruhen auf Informationen zu Geschwindigkeitsbeschränkungen, die durch die Beobachtung von Straßenschildern und Signalen, aufgrund von Infrastruktursignalen oder Daten elektronischer Karten oder beidem gewonnen und im Fahrzeug bereitgestellt werden.
d)
Die Möglichkeit des Fahrers, die vom System angeforderte Fahrzeuggeschwindigkeit zu überschreiten, darf nicht beeinträchtigt werden.
e)
Die Leistungsanforderungen müssen so konfiguriert sein, dass die Fehlerquote im realen Fahrbetrieb bei null liegt oder möglichst niedrig ist.

(3) Die Warnsysteme bei Müdigkeit und nachlassender Aufmerksamkeit des Fahrers sowie die hochentwickelten Warnsysteme bei nachlassender Konzentration des Fahrers müssen so konzipiert sein, dass nur die Daten kontinuierlich aufgezeichnet und vorgehalten werden, die im Hinblick auf die Zwecke der Sammlung oder anderweitigen Verarbeitung im Rahmen des geschlossenen Systems notwendig sind. Ferner dürfen diese Daten zu keiner Zeit Dritten zugänglich gemacht oder zur Verfügung gestellt werden, und sie sind unmittelbar nach der Verarbeitung zu löschen. Die Systeme müssen ferner dergestalt sein, dass es nicht zu Überschneidungen kommt, und der Fahrer darf nicht separat und gleichzeitig oder auf verwirrende Weise zum Handeln aufgefordert werden, wenn eine Handlung beide Systeme auslöst.

(4) Die ereignisbezogene Datenaufzeichnung muss insbesondere folgende Anforderungen erfüllen:

a)
Die Daten, die im Zeitraum kurz vor, während und unmittelbar nach einem Zusammenstoß aufgezeichnet und gespeichert werden können, umfassen Fahrzeuggeschwindigkeit, Abbremsen, Position und Neigung des Fahrzeugs auf der Straße, Zustand und Grad der Aktivierung aller Sicherheitssysteme an Bord, das auf dem 112-Notruf basierende bordeigene eCall-System, Aktivierung der Bremsen sowie sonstige relevante Eingabeparameter für die bordseitigen aktiven Sicherheits- und Unfallvermeidungssysteme, wobei dafür gesorgt sein muss, dass die Daten höchst präzise sind und kein Datenverlust entsteht.
b)
sie kann nicht deaktiviert werden.
c)
Die Datenaufzeichnung und -speicherung muss so erfolgen, dass

i)
sie im Rahmen eines geschlossenen Systems erfolgt,
ii)
die von ihnen gesammelten Daten anonymisiert werden und vor Manipulation und missbräuchlicher Verwendung geschützt sind, und
iii)
die von ihnen gesammelten Daten die Identifizierung des genauen Fahrzeugtyps, der Version und der Variante und insbesondere der im Fahrzeug eingebauten aktiven Sicherheits- und Unfallvermeidungssysteme ermöglichen und

d)
die Daten, die sie aufzeichnen können, den nationalen Behörden auf der Grundlage des Unionsrechts oder des nationalen Rechts im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 ausschließlich für den Zweck der Unfallforschung und ‐analyse, einschließlich für die Zwecke der Typgenehmigung von Systemen und Bauteilen, über eine Standardschnittstelle zur Verfügung gestellt werden können.

(5) Die ereignisbezogene Datenaufzeichnung darf nicht in der Lage sein, die letzten vier Ziffern des fahrzeugunterscheidenden Teils der Fahrzeug-Identifizierungsnummer oder sonstige Informationen, die eine Identifizierung des einzelnen Fahrzeugs, des Eigentümers oder des Halters ermöglichen könnten, aufzuzeichnen und zu speichern.

(6) Die Kommission erlässt gemäß Artikel 12 delegierte Rechtsakte, um diese Verordnung zu ergänzen, indem detaillierte Vorschriften für die spezifischen Prüfverfahren und technischen Anforderungen festgelegt werden für

a)
die Typgenehmigung von Fahrzeugen hinsichtlich der in Absatz 1 aufgeführten hochentwickelten Fahrerassistenzsysteme
b)
die Typgenehmigung der in Absatz 1 Buchstaben a, f und g genannten hochentwickelte Fahrerassistenzsysteme als selbstständige technische Einheiten.

Diese delegierten Rechtsakte werden mindestens 15 Monate vor den in Anhang II aufgeführten anwendbaren Zeitpunkten veröffentlicht.

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