Präambel VO (EU) 2019/2160

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme der Europäischen Zentralbank(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Nach Artikel 129 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) wird gedeckten Schuldverschreibungen unter bestimmten Voraussetzungen eine günstigere Behandlung gewährt. In der Richtlinie (EU) 2019/2162 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) werden die Kernelemente gedeckter Schuldverschreibungen beschrieben und wird eine gemeinsame Definition gedeckter Schuldverschreibungen formuliert.
(2)
Am 20. Dezember 2013 ersuchte die Kommission die Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) (im Folgenden „EBA” ), die durch die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(6) errichtet wurde, um eine Stellungnahme zur Frage der Angemessenheit der in Artikel 129 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegten Risikogewichte von gedeckten Schuldverschreibungen. Aus der Stellungnahme der EBA vom 1. Juli 2014 geht hervor, dass die in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 geregelte günstigere Behandlung bei der Risikogewichtung aus aufsichtsrechtlicher Sicht im Prinzip angemessen ist. Die EBA empfahl jedoch, weitere Überlegungen anzustellen, um die Anforderungen an die günstigere Behandlung bei der Risikogewichtung zu ergänzen und zumindest die Bereiche Liquiditätsrisikominderung und Übersicherung, die Rolle der zuständigen Behörden und die Weiterentwicklung bestehender Anforderungen an die Offenlegungspflichten gegenüber den Anlegern abzudecken.
(3)
Angesichts der Stellungnahme der EBA ist es sachgerecht, zusätzliche Anforderungen an gedeckte Schuldverschreibungen aufzustellen und dadurch die Qualität gedeckter Schuldverschreibungen zu erhöhen, die für eine günstigere Behandlung gemäß der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Betracht kommen.
(4)
Die zuständigen Behörden können die Anwendung der Anforderung, dass Risikopositionen gegen Kreditinstitute im Deckungspool der Bonitätsstufe 1 zugeordnet sein müssen, teilweise aussetzen und für bis zu 10 % des Nominalbetrags der ausstehenden gedeckten Schuldverschreibungen des Emissionsinstituts Risikopositionen der Bonitätsstufe 2 genehmigen. Eine solche teilweise Befreiung erfordert jedoch eine vorherige Konsultation der EBA und gilt nur dann, wenn in den betroffenen Mitgliedstaaten erhebliche potenzielle Konzentrationsprobleme infolge der Anwendung der Bonitätsstufe 1 belegt werden können. Da es in den meisten Mitgliedstaaten sowohl innerhalb als auch außerhalb des Euro-Währungsgebiets zunehmend schwierig wird, die Anforderung einzuhalten, dass Risikopositionen über die von einer externen Ratingagentur zugeteilte Bonitätsstufe 1 verfügen müssen, halten die Mitgliedstaaten mit den größten Märkten für gedeckte Schuldverschreibungen die Anwendung einer solchen teilweisen Ausnahmeregelung für notwendig. Um die Verwendung von Risikopositionen gegenüber Kreditinstituten als Sicherheit für gedeckte Schuldverschreibungen zu vereinfachen und den Schwierigkeiten bei möglichen Konzentrationsproblemen zu begegnen, muss die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 durch eine neue Bestimmung geändert werden, der zufolge Risikopositionen gegenüber Kreditinstituten, die für die Bonitätsstufe 2 in Betracht kommen, für bis zu 10 % des Nominalbetrags der ausstehenden gedeckten Schuldverschreibungen des Emissionsinstituts genehmigt werden können, ohne dass die EBA konsultiert werden muss. Die Anwendung der Bonitätsstufe 3 auf kurzfristige Einlagen und auf Derivate muss — in bestimmten Mitgliedstaaten — in den Fällen zugelassen werden, in denen die Erfüllung der Anforderungen der Bonitätsstufe 1 oder 2 zu schwierig wäre. Die gemäß der Richtlinie (EU) 2019/2162 benannten zuständigen Behörden sollten berechtigt sein, nach Anhörung der EBA die Anwendung der Bonitätsstufe 3 auf Derivatekontrakte zuzulassen, um möglichen Konzentrationsproblemen zu begegnen.
(5)
Darlehen, die durch vorrangige Anteile besichert sind, die von französischen Fonds Communs de Titrisation oder von gleichwertigen Organismen, die Risikopositionen im Zusammenhang mit Wohn- oder Gewerbeimmobilieneigentum verbriefen, ausgegeben wurden, sind anerkennungsfähige Vermögenswerte, die bis zu einer Höhe von maximal 10 % des Nominalbetrags der ausstehenden Emission gedeckter Schuldverschreibungen als Sicherheit für gedeckte Schuldverschreibungen verwendet werden können ( „10 %-Obergrenze” ). Gemäß Artikel 496 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 können die zuständigen Behörden jedoch von der 10 %-Obergrenze absehen. Gemäß Artikel 503 Absatz 4 der genannten Verordnung muss die Kommission ferner prüfen, ob die Ausnahmeregelung, der zufolge die zuständigen Behörden von der 10 % -Obergrenze absehen können, angemessen ist. Am 22. Dezember 2013 ersuchte die Kommission die EBA um eine Stellungnahme zu dieser Frage. Die EBA erklärte in ihrer Stellungnahme, dass die Verwendung vorrangiger Anteile, die von französischen Fonds Communs de Titrisation oder durch gleichwertige Organismen, die Risikopositionen im Zusammenhang mit Wohn- oder Gewerbeimmobilieneigentum verbriefen, ausgegeben wurden, als Sicherheit aufgrund der Doppelstruktur verbriefter Programme gedeckter Schuldverschreibungen aufsichtsrechtliche Bedenken aufwerfen und der Transparenz bei der Bonität des Deckungspools schaden würden. Folglich empfahl die EBA, die Ausnahme von der 10 %-Obergrenze für vorrangige Anteile gemäß Artikel 496 der genannten Verordnung ab dem 31. Dezember 2017 zu streichen.
(6)
Nur wenige nationale Regelungen für gedeckte Schuldverschreibungen ermöglichen die Einbeziehung von — durch Hypotheken auf Wohn- oder Gewerbeimmobilien besicherten — Wertpapieren in den Deckungspool. Diese Strukturen finden immer weniger Verwendung und stehen in dem Ruf, die Programme gedeckter Schuldverschreibungen unnötig zu verkomplizieren. Daher ist es angebracht, die Nutzung solcher Strukturen als anerkennungsfähige Vermögenswerte insgesamt zu streichen.
(7)
Gedeckte Schuldverschreibungen, die im Rahmen gruppeninterner Strukturen gebündelter gedeckter Schuldverschreibungen ausgegeben werden, die den Anforderungen der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entsprechen, werden ebenfalls als anerkennungsfähige Sicherheiten verwendet. Gruppeninterne Strukturen gebündelter gedeckter Schuldverschreibungen stellen aus aufsichtsrechtlicher Sicht keine zusätzlichen Risiken dar, da sie nicht die gleichen Komplexitätsprobleme aufwerfen wie die Verwendung von Darlehen, die durch vorrangige Anteile besichert sind, die von französischen Fonds Communs de Titrisation oder durch gleichwertige Organismen, die Risikopositionen im Zusammenhang mit Wohn- oder Gewerbeimmobilieneigentum verbriefen, ausgegeben wurden. Gemäß der Stellungnahme der EBA sollte die Besicherung gedeckter Schuldverschreibungen durch gruppeninterne Strukturen gebündelter gedeckter Schuldverschreibungen ohne Einschränkungen bei der Höhe der ausstehenden gedeckten Schuldverschreibungen des Emissionsinstituts genehmigt werden. Die Anforderung, bei Risikopositionen gegenüber Kreditinstituten im Rahmen gruppeninterner Strukturen gebündelter gedeckter Schuldverschreibungen eine Obergrenze von 15 % oder 10 % anzuwenden sollte daher gestrichen werden. Diese gruppeninternen Strukturen gebündelter gedeckter Schuldverschreibungen sind in der Richtlinie (EU) 2019/2162 geregelt.
(8)
Auf gedeckte Schuldverschreibungen sind die Bewertungsgrundsätze für die Besicherung gedeckter Schuldverschreibungen mit Immobilien anzuwenden, damit diese Schuldverschreibungen die Voraussetzungen für eine günstigere Behandlung erfüllen. Die Anforderungen an die Anerkennung von Vermögenswerten als Sicherheiten für gedeckte Schuldverschreibungen beziehen sich auf die allgemeinen Qualitätsmerkmale zur Gewährleistung der Solidität des Deckungspools und sollten daher in der Richtlinie (EU) 2019/2162 festgelegt werden. Dementsprechend sollten die Bestimmungen über die Bewertungsmethode in der genannten Richtlinie festgelegt werden, und die technischen Regulierungsstandards für die Bemessung des Beleihungswerts sollten nicht für diese Anerkennungskriterien für gedeckte Schuldverschreibungen gelten.
(9)
Grenzwerte für das Verhältnis von Darlehen und Sicherheitenwert (Loan-To-Value, im Folgenden „LTV-Grenzwerte” ) sind ein notwendiger Bestandteil zur Gewährleistung der Bonität der gedeckten Schuldverschreibungen. In Artikel 129 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sind LTV-Grenzwerte für Hypotheken und Schiffspfandrechte festgelegt, nicht jedoch die Art und Weise, wie diese Grenzwerte anzuwenden sind. Das könnte zu Unsicherheiten führen. LTV-Grenzwerte sollten als weiche Deckungsbeitragsgrenzen angewandt werden. Das bedeutet, dass zwar keine Beschränkungen für den Umfang des zugrunde liegenden Darlehens auferlegt werden, ein solches Darlehen aber nur innerhalb der für die Vermögenswerte geltenden LTV-Grenzwerte als Sicherheit genutzt werden kann. Mit LTV-Grenzwerten wird der prozentuale Anteil des Darlehens bestimmt, der zur geforderten Deckung der Verbindlichkeiten beiträgt. Daher sollte festgelegt werden, dass LTV-Grenzwerte den Anteil des Darlehens bestimmen, der zur Deckung der gedeckten Schuldverschreibung beiträgt.
(10)
Um mehr Klarheit zu schaffen sollten die LTV-Grenzwerte während der gesamten Laufzeit des Darlehens gelten. Die tatsächlichen LTV-Grenzwerte sollten sich nicht ändern, sondern bei Darlehen für Wohnimmobilien weiterhin 80 % des Wohnimmobilienwertes, bei gewerblichen Darlehen weiterhin 60 %des Gewerbeimmobilienwertes mit der Möglichkeit einer Erhöhung auf 70 % und weiterhin 60 % des Wertes von Schiffen betragen. Gewerbeimmobilien sollten — auch wenn sie von gemeinnützigen Organisationen gehalten werden — als Nichtwohnimmobilien gelten, da sie gemeinhin als solche angesehen werden.
(11)
Zur weiteren Stärkung der Qualität der gedeckten Schuldverschreibungen, denen eine solche günstigere Behandlung zuteilwird, sollte diese günstigere Behandlung von einer bestimmten Mindesthöhe der Übersicherung abhängig gemacht werden, um die die Besicherung die Deckungsanforderungen der Richtlinie (EU) 2019/2162 überschreitet. Mit dieser Anforderung würden besonders relevante Risiken im Falle der Insolvenz oder Abwicklung des Emittenten gemindert. Die Entscheidung eines Mitgliedstaats, für gedeckte Schuldverschreibungen, die von in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Kreditinstituten begeben wurden, eine höhere Mindestübersicherungsquote anzuwenden, sollte Kreditinstitute nicht daran hindern, in andere gedeckte Schuldverschreibungen mit einer niedrigeren Mindestübersicherungsquote, die der vorliegenden Verordnung genügen, zu investieren und in den Genuss der Bestimmungen dieser Verordnung zu kommen.
(12)
Kreditinstitute, die in gedeckte Schuldverschreibungen investieren, müssen mindestens halbjährlich bestimmte Informationen über diese gedeckten Schuldverschreibungen erhalten. Transparenzanforderungen sind ein unerlässlicher Bestandteil gedeckter Schuldverschreibungen; sie gewährleisten einen einheitlichen Grad der Offenlegung, ermöglichen den Anlegern die erforderliche Risikobewertung und stärken die Vergleichbarkeit, die Transparenz und die Marktstabilität. Es sollte daher sichergestellt werden, dass Transparenzanforderungen für alle gedeckten Schuldverschreibungen gelten, indem diese in der Richtlinie (EU) 2019/2162 niedergelegt werden. Diese Anforderungen sollten daher aus der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 gestrichen werden.
(13)
Gedeckte Schuldverschreibungen sind langfristige Finanzierungsinstrumente und werden mit einer geplanten Laufzeit von mehreren Jahren begeben. Deshalb muss sichergestellt werden, dass gedeckte Schuldverschreibungen, die vor dem 31. Dezember 2007 oder vor dem 8. Juli 2022 begeben wurden, von dieser Verordnung nicht betroffen sind. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten gedeckte Schuldverschreibungen, die vor dem 31. Dezember 2007 begeben wurden, weiterhin von den in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 festgelegten Anforderungen an anerkennungsfähige Sicherheiten, Übersicherung und Substitutionswerte befreit bleiben. Darüber hinaus sollten auch andere gedeckte Schuldverschreibungen, die der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 entsprechen und vor dem 8. Juli 2022 begeben wurden, von den Anforderungen an Übersicherung und Substitutionswerte befreit werden und bis zum Ende ihrer Laufzeit weiterhin für die in der genannten Verordnung festgelegte günstigere Behandlung in Betracht kommen.
(14)
Diese Verordnung sollte in Verbindung mit den nationalen Bestimmungen zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2162 angewandt werden. Um für eine einheitliche Anwendung des neuen Rahmens zur Festlegung der strukturellen Merkmale der Emission gedeckter Schuldverschreibungen und der geänderten Anforderungen für die Gewährung einer günstigeren Behandlung zu sorgen, sollte die Anwendung dieser Verordnung mit dem Datum zusammenfallen, ab dem die Mitgliedstaaten die nationalen Vorschriften zur Umsetzung der genannten Richtlinie anwenden müssen.
(15)
Die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 382 vom 23.10.2018, S. 2.

(2)

ABl. C 367 vom 10.10.2018, S. 56.

(3)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 18. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 8. November 2019.

(4)

Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(5)

Richtlinie (EU) 2019/2162 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Emission gedeckter Schuldverschreibungen und die öffentliche Aufsicht über gedeckte Schuldverschreibungen und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2014/59/EU (siehe Seite 29 dieses Amtsblatts).

(6)

Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).

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