Präambel VO (EU) 2019/637

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten(1), insbesondere auf Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die bewertende zuständige Behörde Schwedens erhielt am 19. April 2013 einen Antrag gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(2) auf Aufnahme des Wirkstoffs Cholecalciferol in Anhang I der genannten Richtlinie zur Verwendung in Biozidprodukten der in Anhang V der genannten Richtlinie beschriebenen Produktart 14 (Rodentizide), die der in Anhang V der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 beschriebenen Produktart 14 entspricht.
(2)
Am 15. April 2016 übermittelte die bewertende zuständige Behörde Schwedens der Europäischen Chemikalienagentur (im Folgenden die „Agentur” ) gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 den Bewertungsbericht mit ihren Empfehlungen.
(3)
Am 13. Dezember 2017 wurde die Stellungnahme der Agentur(3) vom Ausschuss für Biozidprodukte angenommen, in der die Schlussfolgerungen der bewertenden zuständigen Behörde berücksichtigt wurden.
(4)
Der genannten Stellungnahme zufolge ist Cholecalciferol ein Prohormon und erfüllt daher die in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/2100 der Kommission(4) festgelegten Kriterien für die Einstufung als Stoff mit endokrinschädlichen Eigenschaften, die sich nachteilig auf Menschen auswirken können. Damit trifft auf Cholecalciferol das Ausschlusskriterium gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 zu.
(5)
Laut der genannten Stellungnahme wirft die Verwendung von Cholecalciferol enthaltenden Produkten zudem Bedenken im Hinblick auf eine Primär- und Sekundärvergiftung auf, auch wenn restriktive Risikomanagementmaßnahmen ergriffen werden, sodass Cholecalciferol auch die Kriterien für die Einstufung als zu ersetzender Wirkstoff gemäß Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe e der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 erfüllt.
(6)
Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 kann ein Wirkstoff, der ein Ausschlusskriterium erfüllt, nur genehmigt werden, wenn nachgewiesen wird, dass mindestens eine der in dem genannten Artikel festgehaltenen Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung erfüllt ist.
(7)
Um einschlägige Angaben, einschließlich Angaben über verfügbare Ersatzstoffe, einzuholen, organisierte die Behörde gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eine öffentliche Konsultation(5), die vom 17. Juli 2017 bis zum 15. September 2017 lief.
(8)
Ferner führte die Kommission führte vom 7. Februar 2018 bis zum 7. April 2018 eine spezifische öffentliche Konsultation durch, um Informationen dazu einzuholen, ob die in Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 festgelegten Voraussetzungen für eine Ausnahmeregelung erfüllt waren. Die im Rahmen der genannten Konsultation eingegangenen Beiträge wurden von der Kommission veröffentlicht.(6)
(9)
Die im Rahmen der beiden genannten öffentlichen Konsultationen gesammelten Informationen, die Erfahrungen mit der Zulassung von Rodentiziden und der Erneuerung der Genehmigung von in Rodentiziden verwendeten gerinnungshemmenden Wirkstoffen sowie die Informationen über verfügbare Alternativen zu gerinnungshemmenden Rodentiziden aus Anhang 1 des Schlussberichts der Kommission über Risikominderungsmaßnahmen bei gerinnungshemmenden Rodentiziden als Biozidprodukte(7) wurden im Ständigen Ausschuss für Biozidprodukte erörtert.
(10)
Nagetiere können Träger von Krankheitserregern sein, die Verursacher vieler Zoonosen sind, welche die Gesundheit von Mensch und Tier ernsthaft gefährden können. Auf gerinnungshemmende Wirkstoffe, die bislang die wichtigsten bei Rodentiziden verwendeten Wirkstoffe sind, treffen auch die in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 festgelegten Ausschlusskriterien zu, da sie als reproduktionstoxische Stoffe der Kategorie 1B eingestuft sind und die meisten persistente, bioakkumulierbare und toxische (PBT) Stoffe oder sehr persistente, sehr bioakkumulierbare und toxische Stoffe (vPvB) sind. Andere alternative Wirkstoffe, die derzeit für die Produktart 14 genehmigt sind und auf die kein Ausschlusskriterium zutrifft, nämlich Kohlendioxid, Alpha-Chloralose, Aluminiumphosphid, Hydrogencyanid und pulverisierte Maiskolben, unterliegen durch ihre Natur bedingten Einschränkungen und eingeschränkten Verwendungsbedingungen. Nichtchemische Bekämpfungs- oder Präventionsmethoden zum Schutz gegen Nagetiere wie mechanische, elektrische oder Klebefallen sind möglicherweise nicht ausreichend wirksam und können weitergehende Fragen in Bezug darauf aufwerfen, ob sie human sind und ob den Nagern damit unnötiges Leiden zugefügt wird.
(11)
Mit der Genehmigung von Cholecalciferol würde ein zusätzlicher Wirkstoff auf den Markt gebracht werden; eine solche Genehmigung wäre nützlich, um der zunehmenden Entwicklung der Resistenz von Nagetieren gegenüber gerinnungshemmenden Wirkstoffen zu begegnen, da Cholecalciferol völlig anders als Gerinnungshemmer wirkt. Die Verfügbarkeit von Cholecalciferol könnte auch die Verwendung von gerinnungshemmenden Wirkstoffen und insbesondere derjenigen der hochwirksamen zweiten Generation verringern. Somit könnte Cholecalciferol in der Zukunft eine Rolle bei einer zufrieden stellenden Nagetierbekämpfung im Rahmen eines integrierten Schädlingsbekämpfungsansatzes spielen und zwar zur Unterstützung der oben genannten Alternativen, auf die kein Ausschlusskriterium zutrifft, und möglicherweise den Einsatz von gerinnungshemmenden Wirkstoffen bei Rodentiziden verringern.
(12)
Dies kann sich nicht nur in hohem Maße negativ auf die Gesundheit von Mensch und Tier und die Umwelt auswirken, sondern auch die Wahrnehmung der Öffentlichkeit beeinträchtigen, was die von den Nagetieren ausgehende Gefahr anbelangt wie auch die Sicherheit mehrerer wirtschaftlicher Tätigkeiten, die für Nagetiere anfällig sein könnten, was wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen hätte. Ungeachtet seiner endokrinschädigenden Eigenschaften kann davon ausgegangen werden, dass Cholecalciferol im Vergleich zu gerinnungshemmenden Wirkstoffen insgesamt bessere toxikologische und ökotoxikologische Profile hat, da er weder als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B noch als PBT oder vPvB eingestuft ist. Cholecalciferol — Vitamin D3 — ist in der richtigen Dosis ein wesentliches Element für das menschliche Leben und birgt bei Verwendung als Rodentizid vermutlich geringere Risiken für den Menschen im Vergleich zu gerinnungshemmenden Wirkstoffen. Die Risiken für die Gesundheit von Mensch und Tier und die Umwelt infolge der Verwendung von Cholecalciferol enthaltenden Produkten lassen sich mindern, wenn bestimmten Spezifikationen und Bedingungen Rechnung getragen wird. Wie bereits dargelegt, kann Cholecalciferol in der Zukunft einen Beitrag zu einer zufrieden stellenden Nagetierbekämpfung im Rahmen eines integrierten Schädlingsbekämpfungsansatzes leisten, und zwar zur Unterstützung der oben genannten Alternativen, auf die kein Ausschlusskriterium zutrifft; möglicherweise könnte dadurch auch der Einsatz von gerinnungshemmenden Wirkstoffen bei Rodentiziden verringert werden. Vor diesem Hintergrund würde die Nichtgenehmigung des zur Rede stehenden Wirkstoffs den Verwendern ein Mittel für die Nagetierbekämpfung vorenthalten, das einen Mehrwert darstellen könnte und zumindest genauso gut geeignet ist wie viele andere alternative Stoffe. Daher wären die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen der Nichtgenehmigung von Cholecalciferol als Wirkstoff verglichen mit den Risiken, die mit dem Einsatz des Stoffes verbunden sind, unverhältnismäßig stark. Die in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c genannte Voraussetzung ist damit erfüllt.
(13)
Daher ist es angezeigt, Cholecalciferol vorbehaltlich der Einhaltung bestimmter Spezifikationen und Bedingungen zur Verwendung in Biozidprodukten der Produktart 14 zu genehmigen.
(14)
Da auf Cholecalciferol das Ausschlusskriterium gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 zutrifft, sollte der Wirkstoff gemäß Artikel 4 Absatz 1 der genannten Verordnung für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren genehmigt werden.
(15)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Biozidprodukte —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1.

(2)

Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (ABl. L 123 vom 24.4.1998, S. 1).

(3)

Biocidal Products Committee Opinion (Stellungnahme des Ausschusses für Biozidprodukte) on the application for approval of the active substance: Cholecalciferol, Product type: 14, ECHA/BPC/180/2017.

(4)

Delegierte Verordnung (EU) 2017/2100 der Kommission vom 4. September 2017 zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 301 vom 17.11.2017, S. 1).

(5)

https://echa.europa.eu/potential-candidates-for-substitution-previous-consultations

(6)

https://circabc.europa.eu/w/browse/c29a57c2-e31d-43d8-9675-6aec345218cf

(7)

https://circabc.europa.eu/sd/a/352bffd8-babc-4af8-9d0c-a1c87a3c3afc/Final%20Report%20RMM.pdf

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