Artikel 19e VO (EU) 2019/943

Bewertung des Flexibilitätsbedarfs

(1) Spätestens ein Jahr, nachdem ACER die Methode gemäß Absatz 6 genehmigt hat, und danach alle zwei Jahre nimmt die Regulierungsbehörde oder eine von einem Mitgliedstaat benannte andere Behörde oder Stelle vor dem Hintergrund der Notwendigkeit, eine sichere und zuverlässige Versorgung kosteneffizient zu gewährleisten und das Stromsystem zu dekarbonisieren, einen Bericht über den geschätzten Flexibilitätsbedarf im Zeitraum der mindestens nächsten fünf bis zehn Jahre auf nationaler Ebene an, in dem die Integration variabler erneuerbarer Energiequellen für die Stromerzeugung und die einzelnen Sektoren sowie die Verflechtung des Strommarkts, einschließlich der Stromverbundvorgaben und der potenziellen Verfügbarkeit von grenzübergreifender Flexibilität, berücksichtigt werden.

Die in Unterabsatz 1 genannte Bericht muss

a)
mit der Abschätzung der Angemessenheit der Ressourcen auf europäischer Ebene und den Abschätzungen der Angemessenheit der Ressourcen auf nationaler Ebene, die gemäß Artikel 23 und 24 durchgeführt werden, im Einklang stehen,
b)
sich auf die Daten und Analysen stützen, die von den Übertragungsnetzbetreibern und Verteilernetzbetreibern jedes Mitgliedstaats gemäß Absatz 4 bereitgestellt und nach der gemeinsamen Methode gemäß Absatz 4 sowie in begründeten Fällen auf der Grundlage weiterer Daten und Analysen erstellt wurden.

Hat der Mitgliedstaat für die Annahme des in Unterabsatz 1 genannten Berichts einen Übertragungsnetzbetreiber oder eine andere Einrichtung benannt, wird der Bericht von der Regulierungsbehörde genehmigt oder geändert.

(2) Der in Absatz 1 genannte Bericht muss mindestens

a)
eine Bewertung der verschiedenen Arten des — zumindest saisonalen, täglichen und stündlichen — Flexibilitätsbedarfs enthalten, um Energie aus erneuerbaren Quellen in das Stromnetz zu integrieren, wie unter anderem verschiedene Annahmen in Bezug auf die Strommarktpreise, die Erzeugung und die Nachfrage,
b)
das Potenzial von Ressourcen für nichtfossile Flexibilität wie Laststeuerung und Energiespeicherung, einschließlich Aggregation und Verflechtung, zur Deckung des Flexibilitätsbedarfs sowohl auf Übertragungs- als auch auf Verteilungsebene berücksichtigen,
c)
eine Bewertung der Hindernisse für Flexibilität am Markt und Vorschläge für entsprechende Entlastungsmaßnahmen und Anreize, einschließlich der Beseitigung regulatorischer Hindernisse und möglicher Verbesserungen auf den Märkten und der Dienste oder Produkte für den Netzbetrieb, enthalten,
d)
eine Bewertung des Beitrags der Digitalisierung der Stromübertragungs- und -verteilernetze enthalten und
e)
die Flexibilitätsquellen berücksichtigen, bei denen zu erwarten ist, dass sie in anderen Mitgliedstaaten verfügbar sein werden.

(3) Die Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber jedes Mitgliedstaats übermitteln der Regulierungsbehörde oder einer gemäß Absatz 1 benannten anderen Behörde oder Stelle die für die Erstellung des in Absatz 1 genannten Berichts erforderlichen Daten und Analysen. In begründeten Fällen kann die Regulierungsbehörde oder gegebenenfalls eine gemäß Absatz 1 benannte andere Behörde oder Stelle die betreffenden Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber auffordern, zusätzliche — das heißt zusätzlich zu den Anforderungen gemäß Absatz 4 — Beiträge zu dem Bericht zu liefern. Die betreffenden Stromübertragungsnetzbetreiber oder Stromverteilernetzbetreiber koordinieren gemeinsam mit den Erdgasnetzbetreibern und Wasserstoffnetzbetreibern die Einholung einschlägiger Informationen, wenn dies für die Zwecke dieses Artikels erforderlich ist.

(4) ENTSO (Strom) und die EU-VNBO koordinieren die Arbeit der Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber hinsichtlich der gemäß Absatz 3 vorzulegenden Daten und Analysen. Dabei müssen sie insbesondere

a)
Art und Format der Daten festlegen, die die Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber den Regulierungsbehörden oder einer anderen Behörde oder Stelle gemäß Absatz 1 zur Verfügung stellen müssen,
b)
eine Methode für die Analyse des Flexibilitätsbedarfs durch Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber entwickeln, wobei mindestens Folgendes zu berücksichtigen ist:

i)
alle verfügbaren Flexibilitätsquellen auf kosteneffizienter Weise in den verschiedenen Zeitrahmen, auch in anderen Mitgliedstaaten,
ii)
die geplanten Investitionen in Verbindungsleitungen und Flexibilität auf Übertragungs- und Verteilungsebene und
iii)
die Notwendigkeit, das Stromsystem zu dekarbonisieren, um die energie- und klimapolitischen Vorgaben der Union für 2030 im Sinne von Artikel 2 Nummer 11 der Verordnung (EU) 2018/1999 und ihr in Artikel 2 der Verordnung (EU) 2021/1119 festgelegten Ziel der Klimaneutralität bis 2050 im Einklang mit dem im Rahmen des Rahmenabkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen angenommenen Übereinkommen von Paris(1) zu erreichen.

Die in Unterabsatz 1 Buchstabe b genannte Methode enthält Leitlinien für die Bewertung der Eignung der verschiedenen Flexibilitätsquellen zur Deckung des Flexibilitätsbedarfs.

(5) ENTSO (Strom) und die EU-VNBO arbeiten bei der Koordinierung der Übertragungsnetzbetreiber und Verteilernetzbetreiber im Hinblick auf die Bereitstellung der Daten und Analysen gemäß Absatz 4 eng zusammen.

(6) Bis zum 17. April 2025 legen ENTSO (Strom) und die EU-VNBO der ACER gemeinsam einen Vorschlag für Art und Format der an eine Regulierungsbehörde oder eine gemäß Absatz 1 benannte andere Behörde oder Stelle zu übermittelnden Daten und die in Absatz 4 genannte Methode für die Analyse des Flexibilitätsbedarfs vor. ACER genehmigt oder ändert den Vorschlag innerhalb von drei Monaten nach dessen Eingang. Im letzteren Fall konsultiert ACER vor Annahme der Änderungen die Koordinierungsgruppe „Strom” , ENTSO (Strom) und die EU-VNBO. Der angenommene Vorschlag wird auf der Website von ACER veröffentlicht.

(7) Die Regulierungsbehörden oder gegebenenfalls eine gemäß Absatz 1 benannte andere Behörde oder Stelle übermitteln der Kommission und ACER die in Absatz 1 genannten Berichte und veröffentlichen sie. Innerhalb von zwölf Monaten nach Eingang der Berichte erstellt ACER einen Bericht, in dem sie die Berichte analysiert und in Bezug auf die Feststellungen der Regulierungsbehörde oder einer gemäß Absatz 1 benannten anderen Behörde oder Stelle Empfehlungen zu Fragen von grenzüberschreitender Relevanz abgibt, einschließlich Empfehlungen zur Beseitigung von Hindernissen für den Eintritt von Ressourcen für nichtfossile Flexibilität.

Im Zusammenhang mit den Fragen von grenzüberschreitender Relevanz bewertet ACER unter anderem

a)
die Frage, wie die in Absatz 1 dieses Artikels genannte Analyse des Flexibilitätsbedarfs besser in die Methode für die Abschätzung der Angemessenheit der Ressourcen auf europäischer Ebene gemäß Artikel 23 und in die Methode für den unionsweiten zehnjährigen Netzentwicklungsplan integriert werden können, um die Kohärenz zwischen ihnen zu gewährleisten,
b)
den geschätzten Bedarf an Flexibilität im Stromsystem auf Unionsebene und ihr prognostiziertes wirtschaftlich verfügbares Potenzial für den Zeitraum der nächsten fünf bis zehn Jahre unter Berücksichtigung der nationalen Berichte,
c)
die mögliche Einführung weiterer Maßnahmen zur Freisetzung des Flexibilitätspotenzials auf den Strommärkten und im Netzbetrieb.

Die Ergebnisse der Analyse gemäß Unterabsatz 2 Buchstabe a können bei weiteren Überarbeitungen der dort genannten Methoden im Einklang mit den einschlägigen Rechtsakten der Union berücksichtigt werden.

Der europäische wissenschaftliche Beirat für Klimaänderungen kann auf eigene Initiative ACER bei der Frage zuarbeiten, wie sichergestellt werden kann, dass die Szenarien mit den energie- und klimapolitischen Vorgaben der Union für 2030 und ihrem Ziel der Klimaneutralität bis 2050 in Einklang stehen.

(8) ENTSO (Strom) aktualisiert den unionsweiten Netzentwicklungsplan, um die Ergebnisse der in Absatz 1 genannten nationalen Berichte über den Flexibilitätsbedarf aufzunehmen. Die nationale Bewertung des Flexibilitätsbedarfs gemäß Absatz 1 wird von den Übertragungsnetzbetreibern und Verteilernetzbetreibern in ihren Netzentwicklungsplänen berücksichtigt.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 282 vom 19.10.2016, S. 4.

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