Präambel VO (EU) 2020/1677
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006(1), insbesondere auf Artikel 45 Absatz 4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 wurde durch die Verordnung (EU) 2017/542 der Kommission(2) dahin gehend geändert, dass bestimmte Vorschriften über die Übermittlung von Informationen für die gesundheitliche Notversorgung und über die Aufnahme eines „eindeutigen Rezepturidentifikators” in die ergänzenden Informationen, die auf dem Kennzeichnungsetikett eines gefährlichen Gemischs angegeben sind, hinzugefügt wurden. Diese Anforderungen wurden durch die Delegierte Verordnung (EU) 2020/11 der Kommission(3) geändert. Importeure und nachgeschaltete Anwender müssen die neuen Vorschriften nach und nach erfüllen und dabei je nach Verwendungszweck, für den ein Gemisch in Verkehr gebracht wird, die jeweils geltenden Mitteilungstermine beachten.
- (2)
- Verschiedene Industriesektoren haben Bedenken hinsichtlich der Praktikabilität der Informationsanforderungen im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Notversorgung in bestimmten Fällen geäußert, insbesondere im Hinblick auf die Schwierigkeit, die genaue Zusammensetzung von Gemischen zu kennen, wenn Rohstoffe mit sehr variabler oder unbekannter Zusammensetzung bei der Herstellung des Gemischs verwendet werden, wenn von mehreren verschiedenen Lieferanten gelieferte, toxikologisch sehr ähnliche Bestandteile zusammen in derselben Produktionslinie verwendet werden oder wenn komplexe Lieferketten beteiligt sind. Im Falle nach Wunsch gefertigter Gemische wurden auch Bedenken geäußert, dass es nicht möglich sei, im Voraus die genaue Zusammensetzung der einzelnen nach Wunsch gefertigten, in Verkehr gebrachten Gemische zu kennen.
- (3)
- Es muss auf die Fälle eingegangen werden, in denen unterschiedliche, aber toxikologisch sehr ähnliche Bestandteile in einem Gemisch verwendet werden und nicht bekannt ist, welcher Bestandteil in einem gegebenen, zu einem bestimmten Zeitpunkt in Verkehr gebrachten Gemisch vorhanden ist. Um sicherzustellen, dass die Anforderungen an die gesundheitliche Notversorgung in der Praxis ordnungsgemäß erfüllt werden können, sollte es Importeuren und nachgeschalteten Anwendern gestattet sein, toxikologisch ähnliche Bestandteile eines Gemisches in einer Gruppe austauschbarer Bestandteile zusammenzufassen und Informationen über die Gesamtkonzentration dieser Bestandteile in dem Gemisch vorzulegen, ohne dass ihre Konzentrationen im Einzelnen angegeben werden müssen. Damit Giftnotrufzentralen eine geeignete gesundheitliche Notfallreaktion formulieren können, sollten Bestandteile nur dann in einer Gruppe austauschbarer Bestandteile zusammengefasst werden, wenn ihre Einstufung in Bezug auf gesundheitliche und physikalische Wirkungen identisch ist und wenn die Gefahrenidentifizierung und die zusätzlichen Gefahreninformationen für alle möglichen Kombinationen des endgültigen Gemisches, das diese Bestandteile enthält, identisch sind. Bei Bestandteilen, die in bestimmte Gefahrenklassen eingestuft sind, sollten sie dieselbe technische Funktion und dieselben toxikologischen Eigenschaften aufweisen, um in einer Gruppe zusammengefasst werden zu können.
- (4)
- Um besonderen Schwierigkeiten in den Sektoren Gips, Fertigbeton und Zement Rechnung zu tragen und die Einhaltung der Anforderungen zu ermöglichen, ohne das Sicherheitsniveau zu mindern, sollte es möglich sein, dass Informationen im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Notversorgung, die sich auf bestimmte standardisierte Gemische in diesen drei Sektoren beziehen, durch einen Verweis auf eine Standardzusammensetzung übermittelt werden. Damit Giftnotrufzentralen jedoch geeignete Maßnahmen der gesundheitlichen Notversorgung festlegen können, sollte diese Option nur in den Fällen zur Verfügung stehen, in denen sich die Einstufung des Gemisches in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Gemisches innerhalb der in der Standardrezeptur angegebenen Konzentrationsbereiche nicht ändert und die Angaben zur Zusammensetzung mindestens so detailliert sind wie die Angaben in dem gemäß Artikel 31 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) erstellten Sicherheitsdatenblatt für das Gemisch (im Folgenden „Sicherheitsdatenblatt” ). Für den Fall, dass die Angaben im Sicherheitsdatenblatt detaillierter sind als die Angaben zur Zusammensetzung in der Standardrezeptur, sollten Importeure und nachgeschaltete Anwender verpflichtet werden, die Informationen stattdessen im Sicherheitsdatenblatt mitzuteilen.
- (5)
- Um besonderen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, die bei bestimmten Kraftstoffen zu erwarten sind, und angesichts der Tatsache, dass die in Verkehr gebrachten Kraftstoffe in der Regel einer technischen Norm entsprechen und Giftnotrufzentralen eine geringe Zahl von Vergiftungsfällen im Zusammenhang mit Kraftstoffen gemeldet haben, sollte es möglich sein, bis eine geeignetere Lösung gefunden ist, Informationen zur gesundheitlichen Notversorgung unter Bezugnahme auf die im Sicherheitsdatenblatt enthaltenen Informationen sowie alle anderen bekannten Informationen über die chemische Zusammensetzung der Produkte vorzulegen.
- (6)
- Um die Nachfrage der Kunden nach sehr spezifischen Farbtönungen zu befriedigen, werden die Formulierer manchmal aufgefordert, am Verkaufsort nach Wunsch formulierte Anstrichfarbe zu formulieren und bereitzustellen. Diese nach Wunsch formulierte Anstrichfarbe kann möglicherweise eine nahezu unbegrenzte Anzahl unterschiedlicher Zusammensetzungen aufweisen. Daher würde die Einhaltung der Anforderungen an gesundheitliche Notversorgung gemäß Anhang VIII der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 ohne Abhilfemaßnahmen erfordern, dass die Formulierer nach Wunsch formulierter Anstrichfarbe entweder im Voraus Informationen übermitteln und eindeutige Rezepturidentifikatoren (Unique Formula Identifiers — UFI) für eine extrem große Anzahl von Anstrichfarben aller möglichen Farbkombinationen erstellen, von denen viele möglicherweise nie tatsächlich geliefert werden, oder jede Lieferung aufschieben müssten, bis die Informationen vorgelegt und die UFI generiert worden sind. Beide Ansätze würden die Branche der nach Wunsch formulierten Anstrichfarbe, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, unverhältnismäßig belasten, ohne das Sicherheitsniveau erheblich zu verbessern.
- (7)
- Giftnotrufzentralen haben keine signifikante Zahl von Unfällen im Zusammenhang mit Anstrichmitteln gemeldet. Angesichts der im Vergleich zu anderen Gemischen scheinbar geringeren Risiken ist es gerechtfertigt, hier einen flexibleren Ansatz zuzulassen, da dadurch das derzeitige Sicherheitsniveau nicht gesenkt würde.
- (8)
- Es ist daher angemessen, eine Möglichkeit vorzusehen, nach Wunsch formulierte Anstrichfarbe von den Mitteilungspflichten in Anhang VIII und von der Pflicht zur Erstellung eines UFI auszunehmen. In diesem Fall sollten jedoch die einzelnen in der nach Wunsch formulierter Anstrichfarbe enthaltenen Gemische weiterhin allen Anforderungen dieses Anhangs unterliegen, damit die Giftnotrufzentralen geeignete Maßnahmen der gesundheitlichen Notversorgung einleiten können. Über die vorliegende Verordnung hinaus wird mit der Delegierten Verordnung (EU) 2020/1676 der Kommission(5) auch Artikel 25 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 dahin gehend geändert, dass eine neue Vorschrift für nach Wunsch formulierte Anstrichfarbe hinzugefügt wird, für die keine Mitteilung gemäß Anhang VIII erfolgt und kein entsprechender UFI erstellt wurde, wonach die UFI aller in der nach Wunsch formulierten Anstrichfarbe enthaltenen einzelnen Gemische anzugeben sind, einschließlich der Angaben zur spezifischen Konzentration der einzelnen Gemische bei einem UFI in einer Konzentration von mehr als 5 %.
- (9)
- Angesichts der Anzahl der Änderungen des Anhangs VIII der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 ist es aus Gründen der Rechtsklarheit angezeigt, den gesamten Anhang zu ersetzen.
- (10)
- In Anbetracht der Tatsache, dass das in Anhang VIII der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 für Gemische zur Verwendung durch Verbraucher und zur gewerblichen Verwendung auf den 1. Januar 2021 festgesetzte Einhaltungsdatum näher rückt und dass alle Sektoren durch die vorliegende Verordnung in die Lage versetzt werden, die Bestimmungen jenes Anhangs einzuhalten, sollte letztere so früh wie möglich in Kraft treten.
- (11)
- Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 sollte daher entsprechend geändert werden —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1.
- (2)
Verordnung (EU) 2017/542 der Kommission vom 22. März 2017 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen durch Hinzufügung eines Anhangs über die harmonisierten Informationen für die gesundheitliche Notversorgung (ABl. L 78 vom 23.3.2017, S. 1).
- (3)
Delegierte Verordnung (EU) 2020/11 der Kommission vom 29. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen in Bezug auf Informationen für die gesundheitliche Notversorgung (ABl. L 6 vom 10.1.2020, S. 8).
- (4)
Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396 vom 30.12.2006, S. 1).
- (5)
Delegierte Verordnung (EU) 2020/1676 der Kommission vom 31. August 2020 zur Änderung von Artikel 25 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen in Bezug auf nach Wunsch formulierte Anstrichfarbe (siehe Seite 1 dieses Amtsblatts).
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