Präambel VO (EU) 2020/459

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Anhörung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(1),

In Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Der Ausbruch von COVID-19 hat infolge der sinkenden Nachfrage und der von den Mitgliedstaaten und Drittländern zur Eindämmung des Ausbruchs ergriffenen direkten Maßnahmen zu einem deutlichen Rückgang des Luftverkehrs geführt. Die bereits im Januar 2020 im Zusammenhang mit der Volksrepublik China und der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China zu verzeichnenden schwerwiegenden Folgen für die Luftfahrtunternehmen haben sich seit dem 1. März 2020 ausgeweitet und dürften sich auf mindestens zwei Flugplanperioden auswirken – die Winterperiode 2019/2020 und die Sommerperiode 2020.
(2)
Diese Umstände sind von den Luftfahrtunternehmen nicht zu beherrschen, weshalb die hierauf zurückzuführende freiwillige oder obligatorische Annullierung von Luftverkehrsdiensten durch die Luftfahrtunternehmen eine notwendige bzw. legitime Reaktion auf diese Umstände ist. Durch freiwillige Annullierungen wird insbesondere die finanzielle Solidität von Luftfahrtunternehmen geschützt und es werden Umweltbelastungen durch leere oder überwiegend leere Flüge vermieden, die nur zum Zweck der Aufrechterhaltung der entsprechenden Flughafenzeitnischen durchgeführt werden.
(3)
Die von Eurocontrol, dem Netzmanager für die Funktionen des Luftverkehrsnetzes des einheitlichen europäischen Luftraums, veröffentlichten Zahlen lassen darauf schließen, dass in der Region Europa der Luftverkehr im Vergleich zum Vorjahr in der ersten Hälfte des Monats März 2020 um etwa 10 % zurückgegangen ist. Die Luftfahrtunternehmen melden enorme Einbrüche bei den Vorausbuchungen und nehmen infolge des Ausbruchs erhebliche Annullierungen von Flügen für die Flugplanperioden „Winter 2019/2020” und „Sommer 2020” vor.
(4)
Nach Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates(2), in Verbindung mit Artikel 10 Absatz 2 der genannten Verordnung, läuft ein Luftfahrtunternehmen, das mindestens 80 % der ihm auf einem koordinierten Flughafen zugewiesenen Abfolge von Zeitnischen nicht nutzt, Gefahr, die angestammten Rechte auf die gleiche Abfolge dieser Zeitnischen zu verlieren.
(5)
Nach Artikel 10 Absatz 4 der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 können die Zeitnischenkoordinatoren zur Berechnung der angestammten Rechte die Nichtnutzung von Flughafenzeitnischen für Zeiträume außer Acht lassen, in denen das Luftfahrtunternehmen die geplanten Flugdienste etwa aufgrund einer Sperrung des Flughafens nicht durchführen kann. Der genannte Artikel befasst sich jedoch nicht mit Situationen wie dem Ausbruch von COVID‐19. Daher sollte die Verordnung (EWG) Nr. 95/93 entsprechend geändert werden.
(6)
Angesichts der bekannten Vorausbuchungen und epidemiologischen Prognosen ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass zwischen dem 1. März 2020 und mindestens dem 24. Oktober 2020 eine erhebliche Zahl von Annullierungen aufgrund des Ausbruchs von COVID-19 erfolgen wird. Die Nichtnutzung der für diesen Zeitraum zugewiesenen Zeitnischen sollte nicht dazu führen, dass Luftfahrtunternehmen die angestammten Rechte verlieren, die sie andernfalls wahrnehmen könnten. Daher müssen die Bedingungen festgelegt werden, unter denen nicht genutzte Zeitnischen mit Blick auf die folgende Saison für diese Zwecke so betrachtet werden sollten, als seien sie genutzt worden.
(7)
Zeitnischen auf koordinierten Flughäfen sind eine wertvolle wirtschaftliche Ressource. Trotz des allgemeinen Rückgangs des Luftverkehrs sollte die Annullierung von Luftverkehrsdiensten jedoch andere Luftfahrtunternehmen nicht daran hindern, diese Zeitnischen vorübergehend zu nutzen, ohne dass sich daraus angestammte Rechte ableiten lassen. Daher sollten Zeitnischen, die von dem Luftfahrtunternehmen, dem sie zugewiesen wurden, nicht genutzt werden, unverzüglich an den Koordinator zurückgegeben werden.
(8)
Es lässt sich nur schwer vorhersagen, wie sich COVID-19 weiterentwickeln und welche Auswirkungen dies noch auf die Luftfahrtunternehmen haben wird. Die Kommission sollte die Auswirkungen von COVID-19 auf den Luftverkehrssektor kontinuierlich analysieren, und die Union sollte in der Lage sein, den Zeitraum, in dem die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen gelten, unverzüglich zu verlängern, falls die Beeinträchtigungen fortbestehen.
(9)
Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die aufgrund des Ausbruchs von COVID-19 ungenutzten Zeitnischen als genutzt zu betrachten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann, sondern vielmehr wegen des Umfangs und der Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(10)
Der Kommission sollte – sofern notwendig und gerechtfertigt – die Befugnis nach Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union übertragen werden, Rechtsakte zur Änderung dieser Verordnung zu erlassen, um den Zeitraum, in dem die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen gelten, zu verlängern. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeiten angemessene Konsultationen, auch auf Sachverständigenebene, durchführt und dass diese Konsultationen den Grundsätzen entsprechen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(3) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und deren Sachverständige haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(11)
Wegen der Dringlichkeit, die sich aus den außergewöhnlichen Umständen infolge des Ausbruchs von COVID-19 ergibt, wurde es als angemessen angesehen, eine Ausnahme von der Achtwochenfrist nach Artikel 4 des dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügten Protokolls Nr. 1 über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union vorzusehen.
(12)
Diese Verordnung sollte aus Gründen der Dringlichkeit am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 26. März 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 30. März 2020.

(2)

Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft (ABl. L 14 vom 22.1.1993, S. 1).

(3)

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

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