Präambel VO (EU) 2020/500

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission(1), insbesondere auf Artikel 12,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 dürfen in der Union nur zugelassene und in die Unionsliste aufgenommene neuartige Lebensmittel in Verkehr gebracht werden.
(2)
Gemäß Artikel 8 der Verordnung (EU) 2015/2283 wurde die Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 der Kommission(2) erlassen, mit der eine Unionsliste der zugelassenen neuartigen Lebensmittel erstellt wurde.
(3)
Gemäß Artikel 12 der Verordnung (EU) 2015/2283 übermittelt die Kommission den Entwurf eines Durchführungsrechtsakts zur Genehmigung des Inverkehrbringens eines neuartigen Lebensmittels in der Union und zur Aktualisierung der Unionsliste.
(4)
Am 18. April 2018 stellte das Unternehmen Access Business Group International LLC (im Folgenden der „Antragsteller” ) bei der Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 einen Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens von teilweise entfettetem Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) als neuartiges Lebensmittel in der Union. Beantragt wurde die Verwendung des Pulvers aus Chiasamen (Salvia hispanica) für folgende Lebensmittelkategorien für die allgemeine Bevölkerung: nicht aromatisierte fermentierte Milchprodukte, einschließlich natürlicher nicht aromatisierter Buttermilch (ausgenommen sterilisierte Buttermilch), nicht wärmebehandelt nach der Fermentation; nicht aromatisierte fermentierte Milchprodukte, wärmebehandelt nach der Fermentation; aromatisierte fermentierte Milchprodukte, auch wärmebehandelt; Süßwaren; Frucht- und Gemüsesäfte; Frucht- und Gemüsenektare und gleichartige Erzeugnisse; aromatisierte Getränke; Nahrungsergänzungsmittel im Sinne der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3), ausgenommen solche für Säuglinge und Kleinkinder; Teigwaren.
(5)
Am 16. Juli 2018 stellte der Antragsteller bei der Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 einen Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens eines weiteren teilweise entfetteten Pulvers aus Chiasamen (Salvia hispanica) als neuartiges Lebensmittel in der Union. Beantragt wurde die Verwendung des Pulvers aus Chiasamen (Salvia hispanica) für folgende Lebensmittelkategorien für die allgemeine Bevölkerung: Süßwaren; Frucht- und Gemüsesäfte; Frucht- und Gemüsenektare und gleichartige Erzeugnisse; aromatisierte Getränke; Nahrungsergänzungsmittel im Sinne der Richtlinie 2002/46/EG, ausgenommen solche für Säuglinge und Kleinkinder; Teigwaren.
(6)
Die beiden bei der Kommission eingegangenen Anträge betreffen die Zulassung zweier verschiedener teilweise entfetteter Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) als neuartige Lebensmittel. Beide Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) sind teilweise entfettet und werden durch Pressen und Mahlen der ganzen Chiasamen (Salvia hispanica) gewonnen. Die beiden Pulver unterscheiden sich hauptsächlich in der Partikelgröße und im Gehalt an einigen Makronährstoffen. Das Pulver mit hohem Proteingehalt hat eine Partikelgröße unter 130 μm und einen Proteingehalt von mindestens 40 %, während das Pulver mit hohem Fasergehalt eine Partikelgröße unter 400 μm und einen Ballaststoffgehalt von mindestens 50 % aufweist. Auch die vorgeschlagenen Verwendungen der beiden Pulver sind ähnlich.
(7)
Am 22. Juni 2018 und 22. Oktober 2018 konsultierte die Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2015/2283 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde” ) und ersuchte sie um ein wissenschaftliches Gutachten in Form einer Bewertung von Pulvern aus Chiasamen (Salvia hispanica) als neuartige Lebensmittel. In Anbetracht der Ähnlichkeiten zwischen den beiden Arten von teilweise entfettetem Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) wurde deren Sicherheitsbewertung seitens der Behörde zusammengefasst.
(8)
Am 15. Mai 2019 nahm die Behörde das wissenschaftliche Gutachten Safety of chia seeds (Salvia hispanica L.) powders, as novel foods, pursuant to Regulation (EU) 2015/2283(4) an. Dieses Gutachten entspricht den Anforderungen des Artikels 11 der Verordnung (EU) 2015/2283.
(9)
In dem genannten Gutachten gelangte die Behörde zu dem Schluss, dass teilweise entfettete Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) unter den bewerteten Verwendungsbedingungen sicher sind. Das Gutachten der Behörde bietet somit ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass teilweise entfettete Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) unter den bewerteten Verwendungsbedingungen und Verwendungsmengen bei Verwendung in nicht aromatisierten fermentierten Milchprodukten, einschließlich natürlicher nicht aromatisierter Buttermilch (ausgenommen sterilisierte Buttermilch), nicht wärmebehandelt nach der Fermentation, in nicht aromatisierten fermentierten Milchprodukten, wärmebehandelt nach der Fermentation, in aromatisierten fermentierten Milchprodukten, auch wärmebehandelt, in Süßwaren, in Frucht- und Gemüsesäften, in Frucht- und Gemüsenektaren und gleichartigen Erzeugnissen, in aromatisierten Getränken und in Nahrungsergänzungsmitteln im Sinne der Richtlinie 2002/46/EG, ausgenommen solche für Säuglinge und Kleinkinder, den Kriterien des Artikels 12 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/2283 genügen.
(10)
In ihrem wissenschaftlichen Gutachten Safety of chia seeds (Salvia hispanica L.) as a novel food for extended uses pursuant to Regulation (EU) 2015/2283(5) berücksichtigte die Behörde eine Studie, in der auf die mögliche Bildung von Acrylamid hingewiesen wurde, wenn Chiasamen (Salvia hispanica) in Lebensmitteln verwendet werden, die während der Herstellung, Verarbeitung oder Zubereitung einer Hitzebehandlung bei oder über 120 °C unterzogen werden müssen. Sie befand, dass diese Studie auch auf die Bewertung der Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) anwendbar ist, da diese sich von Chiasamen (Salvia hispanica), die bereits in die Unionsliste aufgenommen wurden, nur bezüglich der Entfettung unterscheiden; im Hinblick auf die Acrylamidbildung handelt es sich hierbei um eine neutrale Behandlung.
(11)
Die Behörde stellte fest, dass das Lebensmittel „Teigwaren” einer Hitzebehandlung bei Temperaturen bis zu über 120 °C unterzogen werden kann und möglicherweise eine relevante Acrylamidquelle darstellen könnte, wohingegen andere vorgeschlagene Lebensmittelkategorien im Hinblick auf eine mögliche Acrylamidbildung keine Sicherheitsbedenken aufwerfen.
(12)
In dem Gutachten zur Sicherheit von Pulvern aus Chiasamen (Salvia hispanica) stellte die Behörde fest, dass weitere Angaben seitens des Antragstellers und/oder allgemein zugängliche Informationen erforderlich sind, um das Potenzial einer Acrylamidbildung bewerten zu können, wenn Lebensmittel, die Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) enthalten, einer Hitzebehandlung bei oder über 120 °C unterzogen werden. Die Behörde hat gemäß Artikel 11 Absatz 4 der Verordnung (EU) 2015/2283 vom Antragsteller ergänzende Informationen zur möglichen Bildung von Prozesskontaminanten angefordert, die bei der Verarbeitung und Herstellung eines Lebensmittels (auf Herstellerebene) und/oder beim Kochen (Hitzebehandlung auf Verbraucherebene) eines Lebensmittels mit zugesetztem Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) entstehen können. Die Frist für die Vorlage der ergänzenden Informationen endete am 13. Mai 2019. Zwar legte der Antragsteller innerhalb der gesetzten Frist ergänzende Informationen vor, doch die Behörde befand, dass diese Informationen nicht ausreichen, um das Potenzial einer Acrylamidbildung bei einer Hitzebehandlung von Teigwaren bei Temperaturen über 120 °C, was möglicherweise eine eine relevante Acrylamidquelle auf Verbraucherebene darstellen könnte, bewerten zu können.
(13)
In Ermangelung von Informationen zur möglichen Acrylamidbildung in Teigwaren, die einer solchen Hitzebehandlung unterzogen werden, hat die Behörde die Bewertung von Pulvern aus Chiasamen in Teigwaren aufgeschoben, bis die ergänzenden Informationen vorliegen. Folglich verfügt die Kommission zum jetzigen Zeitpunkt nicht über das Gutachten der Behörde, das gemäß Artikel 12 Absatz 1 Buchstaben a und c der Verordnung (EU) 2015/2283 zur Genehmigung der Verwendung von Pulvern aus Chiasamen (Salvia hispanica) in Teigwaren, die einer Hitzebehandlung bei oder über 120 °C unterzogen werden können, erforderlich ist. Daher wird ein weiterer Beschluss über eine solche Verwendung nach Veröffentlichung des betreffenden Gutachtens der Behörde gefasst.
(14)
In ihrem Gutachten wies die Behörde auch auf zwei Fallberichte aus der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur hin, in denen der Verzehr von Chiasamen (Salvia hispanica) mit allergischen Reaktionen in Zusammenhang gebracht wurde, und zog auf dieser Grundlage den Schluss, dass der Verzehr von Chiasamen allergische Reaktionen auslösen kann. Nach Auffassung der Behörde weisen Pulver aus Chiasamen (Salvia hispanica) ein ähnliches Allergiepotenzial wie Chiasamen (Salvia hispanica) auf, da nicht davon auszugehen ist, dass die Herstellungsschritte zur Gewinnung der Pulver das Allergiepotenzial der Chiasamen (Salvia hispanica) verändern. Da bislang nur diese zwei Fälle von Allergien gemeldet worden sind sowie angesichts des weit verbreiteten Verzehrs von Chiasamen (Salvia hispanica) und deren langjähriger Präsenz auf dem Markt der Union und auf dem Weltmarkt sollten keine spezifischen Kennzeichnungsvorschriften bezüglich möglicher allergischer Reaktionen beim Verzehr von Pulvern aus Chiasamen (Salvia hispanica) in die Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgenommen werden, bis weitere wissenschaftliche Erkenntnisse über das Allergiepotenzial von Chiasamen (Salvia hispanica) vorliegen und von der Behörde bewertet wurden.
(15)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1.

(2)

Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 der Kommission vom 20. Dezember 2017 zur Erstellung der Unionsliste der neuartigen Lebensmittel gemäß der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel (ABl. L 351 vom 30.12.2017, S. 72).

(3)

Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. L 183 vom 12.7.2002, S. 51).

(4)

EFSA Journal 2019;17(6):5716.

(5)

EFSA Journal 2019;17(4):5657.

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