Präambel VO (EU) 2021/116

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 550/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2004 über die Erbringung von Flugsicherungsdiensten im einheitlichen europäischen Luftraum ( „Flugsicherungsdienste-Verordnung” )(1), insbesondere auf Artikel 15a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Ziel des einheitlichen europäischen Luftraums (SES) ist es, durch Erhöhung der Sicherheit und Effizienz das europäische Flugverkehrsmanagement (ATM) zu modernisieren und einen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen zu leisten. Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt zum Flugverkehrsmanagement im einheitlichen europäischen Luftraum (SESAR) bildet den technologischen Pfeiler des SES.
(2)
Die Modernisierung sollte darauf ausgerichtet sein, die mit dem europäischen ATM-Masterplan angestrebte Digitalisierung des europäischen Luftraums zu verwirklichen.
(3)
Eine wirksame ATM-Modernisierung erfordert die rechtzeitige Einführung innovativer ATM-Funktionen. Diese Funktionen sollten auf Technologien beruhen, die den Automatisierungsgrad, das Niveau der Cybersicherheit bei der gemeinsamen Nutzung von Daten und den Grad der Konnektivität im Flugverkehrsmanagement erhöhen. Zudem sollten diese Technologien den Virtualisierungsgrad der europäischen ATM-Infrastruktur und das Niveau der Erbringung von Flugverkehrsdiensten in allen Luftraumarten erhöhen.
(4)
Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 409/2013 der Kommission(2) wird ein Rahmen für die Errichtung von SESAR geschaffen, in dem die Anforderungen an den Inhalt gemeinsamer Vorhaben sowie an deren Aufbau, Annahme, Durchführung und Überwachung festgelegt sind.
(5)
Gemeinsame Vorhaben sollten nur ATM-Funktionen umfassen, die umsetzungsreif sind, eine synchrone Umsetzung erfordern und wesentlich zur Erreichung unionsweiter Leistungsziele beitragen.
(6)
Gemeinsame Vorhaben werden im Rahmen von Projekten durchgeführt, die vom Errichtungsmanagement im Einklang mit dem Errichtungsprogramm koordiniert werden.
(7)
Das mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 716/2014 der Kommission(3) festgelegte gemeinsame Pilotvorhaben war eine Pilotinitiative zur koordinierten und synchronen Einführung von ATM-Funktionen auf der Grundlage von SESAR-Lösungen und diente als Prüfstand für die Leitungsstrukturen und Anreizregelungen des mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 409/2013 geschaffenen SESAR-Errichtungsrahmens.
(8)
Eine nach Artikel 6 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 716/2014 durchgeführte Überprüfung ergab, dass das gemeinsame Pilotvorhaben positive betriebliche Veränderungen im europäischen Flugverkehrsmanagement herbeigeführt hat. Die Unterschiede in der Ausgereiftheit der ATM-Funktionen, die Auswirkungen auf deren synchrone Umsetzung hatten, schmälerten jedoch die Wirksamkeit des gemeinsamen Pilotvorhabens.
(9)
Die Ergebnisse der Überprüfung unterstützen die Beendigung der Pilotphase der gemeinsamen Vorhaben und die Weiterentwicklung der gemeinsamen Pilotvorhaben zu einem gezielteren und ausgereifteren gemeinsamen Vorhaben. Die Überprüfung hat bestätigt, dass alle Funktionen, die vom gemeinsamen Pilotvorhaben auf das erste gemeinsame Vorhaben übertragen wurden, die technische Umsetzungsreife erreicht haben.
(10)
Gemeinsame Vorhaben zielen auf die synchrone Umsetzung interoperabler ATM-Funktionen ab. Entscheidend ist die synchrone Umsetzung der gemeinsamen Vorhaben, damit Leistungsvorteile im gesamten Netz rechtzeitig erzielt werden können, indem unterschiedliche Akteure aus mehreren Mitgliedstaaten ihre Investitionen, Arbeitspläne sowie Beschaffungs- und Schulungsmaßnahmen synchronisieren und koordinieren.
(11)
Der Inhalt des ersten gemeinsamen Vorhabens sollte den Beiträgen des Errichtungsmanagements, des gemeinsamen Unternehmens SESAR, der ATM-Akteure und einer Kosten-Nutzen-Analyse Rechnung tragen.
(12)
Im Rahmen des ersten gemeinsamen Vorhabens sollte weiterhin vorgeschrieben werden, dass die sechs ATM-Funktionen des gemeinsamen Pilotvorhabens umgesetzt und dabei anhand der Kriterien — Beitrag zur Erreichung wesentlicher betrieblicher Änderungen im europäischen ATM-Masterplan, Ausgereiftheit und Notwendigkeit einer synchronen Umsetzung — neu fokussiert werden müssen.
(13)
Die Aufnahme von Unterfunktionen in den vorliegenden Rechtsakt sollte sich auf diejenigen beschränken, die bis zum 31. Dezember 2027 umgesetzt werden können.
(14)
Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 716/2014 wurde in das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum(4) sowie in das Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr(5) aufgenommen, damit die Flughäfen Oslo Gardermoen, Zürich Kloten und Genf in Bezug auf die ATM-Funktionen 1, 2, 4 und 5 in ihren Anwendungsbereich einbezogen werden konnten. Mit Blick auf größtmögliche Netzvorteile wäre es wünschenswert, dass diese Flughäfen auch das erste gemeinsame Projekt im Rahmen der jeweiligen Abkommen durchführen.
(15)
Durch das erweiterte Anflugmanagement sowie die Integration von Ankunfts- und Abflugmanagement in Nahverkehrsbereichen mit hoher Verkehrsdichte dürfte die Präzision des Anflugwegs verbessert und die Sequenzierung des Flugverkehrs zu einem frühen Zeitpunkt erleichtert werden. Die Umsetzung der ATM-Unterfunktion „leistungsbasierte Navigation” (PBN) ist in der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1048 der Kommission(6) geregelt und sollte daher nicht mehr unter das gemeinsame Vorhaben fallen.
(16)
Flughafenintegration und -durchsatz sollten die Erbringung von Anflug- und Flugplatzkontrolldiensten erleichtern, indem Pistensicherheit und Pistendurchsatz verbessert, Integration und Sicherheit beim Rollen erhöht und gefährliche Situationen auf den Pisten verringert werden.
(17)
Die betriebliche Kombination des flexiblen Luftraummanagements und der freien Streckenführung dürfte es Luftraumnutzern ermöglichen, so präzise wie möglich ihrem bevorzugten Flugweg zu folgen, ohne durch feste Luftraumstrukturen oder Netze mit festgelegten Strecken eingeschränkt zu sein. Die Umsetzung des flexiblen Luftraummanagements im Rahmen dieser Verordnung sollte in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 2150/2005 der Kommission über die flexible Luftraumnutzung(7) erfolgen.
(18)
Das kooperative Netzmanagement dürfte die Leistung des europäischen ATM-Netzes durch Austausch, Änderung und Verwaltung der Flugweginformationen verbessern und damit die Luftraumkapazität und Flugeffizienz erhöhen.
(19)
Das systemweite Informationsmanagement sollte durch Normen, Infrastrukturen und Leitungsstrukturen die Voraussetzungen für die Entwicklung, Umsetzung und Weiterentwicklung von Diensten für den Informationsaustausch schaffen und so dafür sorgen, dass Informationen verwaltet und zwischen den am Betrieb Beteiligten über interoperable Dienste ausgetauscht werden können.
(20)
Es wird erwartet, dass weniger taktische Eingriffe notwendig sind und sich die Konfliktvermeidung verbessert, wenn der anfängliche Austausch von Informationen über den Flugweg den Downlink von Flugweginformationen vom Luftfahrzeug und deren Weitergabe am Boden ermöglicht, sodass diese durch die Systeme der Flugverkehrskontrolle (ATC) am Boden und die Systeme des Netzmanagers besser genutzt werden können.
(21)
Bei der Überprüfung des gemeinsamen Pilotvorhabens wurde deutlich, dass die Bestimmungen der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 409/2013 verbessert oder präzisiert werden müssen, um die Wirksamkeit gemeinsamer Vorhaben zu erhöhen und ihre Umsetzung zu erleichtern.
(22)
Einige ATM-Funktionen oder -Unterfunktionen, die wesentliche Komponenten für ein gemeinsames Vorhaben sind, sind zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung möglicherweise noch nicht umsetzungsreif. Im Sinne der Kohärenz gemeinsamer Vorhaben und zur Aufrechterhaltung der Dynamik für den Abschluss der Industrialisierungsprozesse sollten diese Funktionen in das gemeinsame Vorhaben aufgenommen und Zieldaten für deren Industrialisierung und Umsetzung festgelegt werden. Werden die Industrialisierungsprozesse bis zum Zieldatum der Industrialisierung nicht erfolgreich abgeschlossen, sollten diese Funktionen aus dem gemeinsamen Vorhaben herausgenommen und für spätere Zieldaten in Betracht gezogen werden.
(23)
Der Inhalt gemeinsamer Vorhaben wird unter Mitwirkung von Anbietern von Flugsicherungsdiensten, Flughafenbetreibern, Luftraumnutzern und der verarbeitenden Industrie entwickelt, die sich am gemeinsamen Unternehmen SESAR, am Errichtungsmanagement und in ihren jeweiligen Konsultationsgruppen beteiligen. Diese Konsultationsmechanismen und die von der Kommission durchgeführte öffentliche Konsultation bieten eine angemessene Gewähr dafür, dass die Beteiligten die gemeinsamen Vorhaben billigen. Daher ist es nicht länger erforderlich, eine zusätzliche Gruppe von Vertretern der Luftraumnutzer einzusetzen.
(24)
Gemeinsame Vorhaben stellen verbindliche Investitionen aller ATM-Beteiligten dar. Anbieter von Flugsicherungsdiensten und Netzmanager unterliegen dem unionsweit geltenden Leistungssystem gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2019/317 der Kommission(8), mit dem die unionsweit geltenden Leistungsziele erreicht werden sollen. Diese Investitionen sollten in die Leistungspläne der Mitgliedstaaten und in den Netzleistungsplan aufgenommen werden.
(25)
Angesichts der derzeitigen COVID-19-Pandemie sollte die Kommission die Entwicklungen im Bereich des Luftverkehrs weiterhin verfolgen und die Durchführung der Verordnung daraufhin überwachen, ob gegebenenfalls Handlungsbedarf besteht.
(26)
Im Interesse der Klarheit und zur Markierung des Abschlusses der Pilotphase des ersten gemeinsamen Vorhabens sollte die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 716/2014 aufgehoben werden.
(27)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für den einheitlichen Luftraum —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 96 vom 31.3.2004, S. 10.

(2)

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 409/2013 der Kommission vom 3. Mai 2013 zur Festlegung gemeinsamer Vorhaben, zum Aufbau von Entscheidungsstrukturen und zur Schaffung von Anreizen für die Unterstützung der Durchführung des europäischen Masterplans für das Flugverkehrsmanagement (ABl. L 123 vom 4.5.2013, S. 1).

(3)

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 716/2014 der Kommission vom 27. Juni 2014 über die Einrichtung des gemeinsamen Pilotvorhabens für die Unterstützung der Durchführung des europäischen Masterplans für das Flugverkehrsmanagement (ABl. L 190 vom 28.6.2014, S. 19).

(4)

Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3).

(5)

Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (ABl. L 114 vom 30.4.2002, S. 73).

(6)

Durchführungsverordnung (EU) 2018/1048 der Kommission vom 18. Juli 2018 zur Festlegung von Anforderungen an die Luftraumnutzung und von Betriebsverfahren in Bezug auf die leistungsbasierte Navigation (ABl. L 189 vom 26.7.2018, S. 3).

(7)

Verordnung (EG) Nr. 2150/2005 der Kommission vom 23. Dezember 2005 über gemeinsame Regeln für die flexible Luftraumnutzung (ABl. L 342 vom 24.12.2005, S. 20).

(8)

Durchführungsverordnung (EU) 2019/317 der Kommission vom 11. Februar 2019 zur Festlegung eines Leistungssystems und einer Gebührenregelung für den einheitlichen europäischen Luftraum und zur Aufhebung der Durchführungsverordnungen (EU) Nr. 390/2013 und (EU) Nr. 391/2013 (ABl. L 56 vom 25.2.2019, S. 1).

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