ANHANG VO (EU) 2021/1760

Kriterien für die Bestimmung der antimikrobiellen Wirkstoffe, die der Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten bleiben müssen

TEIL A

1.
Der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe erfüllt dieses Kriterium, wenn einer der folgenden Punkte gegeben ist:

a)
Es handelt sich um den einzigen verfügbaren antimikrobiellen Wirkstoff bzw. das einzige verfügbare Reserveantibiotikum bzw. die einzige verfügbare Gruppe davon in einem Behandlungskonzept im Rahmen des Patientenmanagements für schwere lebensbedrohliche Infektionen beim Menschen, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer hochgradig beeinträchtigenden Morbidität oder einer hohen Mortalität führen würden;
b)
es handelt sich um einen wesentlichen Bestandteil der begrenzten verfügbaren Behandlungsalternativen in einem Behandlungskonzept im Rahmen des Patientenmanagements für schwere lebensbedrohliche Infektionen beim Menschen, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer hochgradig beeinträchtigenden Morbidität oder einer hohen Mortalität führen würden;
c)
es handelt sich um einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe davon, der bzw. die in der Union für die Behandlung schwerer mikrobieller Infektionen bei Patienten mit begrenzten Behandlungsoptionen zugelassen ist, was zeigt, dass dieser antimikrobielle Wirkstoff bzw. diese Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe anerkanntermaßen einem ungedeckten medizinischen Bedarf im Zusammenhang mit antimikrobieller Resistenz gerecht wird.

2.
Zu den Faktoren gemäß Nummer 1 Buchstabe b, die für begrenzte Behandlungsalternativen für Patienten verantwortlich sind, gehören:

die Virulenz und der bzw. die antimikrobiell resistente(n) Phänotyp(en) der Mikroorganismen, die eine Infektion verursachen, einschließlich multiresistenter Arzneimittel;

die Merkmale der behandelten Patienten (z. B. immungeschwächte Patienten, Kinder und Jugendliche, ältere Patienten) und die behandelte Krankheit (z. B. betroffener Infektionsherd);

der Anteil der Patienten, die eine Behandlung benötigen, und die Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung.

TEIL B

1.
Der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe erfüllt dieses Kriterium, wenn einer der folgenden Punkte gegeben ist:

a)
Für einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, der bzw. die zur Verwendung bei Tieren zugelassen ist, liegen wissenschaftliche Erkenntnisse, ggf. einschließlich epidemiologischer Nachweise vor, die belegen, dass

es tatsächlich zu einem Auftreten, einer Verbreitung und einer Übertragung von Resistenzen gegen diesen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. diese Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe oder zur Induktion einer Kreuzresistenz oder einer Co-Selektion von Resistenzen gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe kommt und

die Übertragung einer solchen Resistenz von tierischen Quellen auf den Menschen erheblich ist und mit der Verwendung dieses antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. dieser Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zusammenhängt, unabhängig davon, ob sie durch Mikroorganismen erfolgt, die gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe resistent sind, oder durch die Übertragung von Genen, die eine Resistenz gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe verleihen;

b)
für einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, die nicht zur Verwendung bei Tieren zugelassen sind, liegen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die belegen, dass

die Möglichkeit des Auftretens, der Verbreitung und der Übertragung von Resistenzen gegen diesen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. diese Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe oder die Möglichkeit der Induktion einer Kreuzresistenz oder einer Co-Selektion von Resistenzen gegen andere antimikrobielle Wirkstoffe besteht und

diese Übertragung von tierischen Quellen auf den Menschen voraussichtlich erheblich ist und mit der Verwendung dieses antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. dieser Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren zusammenhängt, unabhängig davon, ob sie durch Mikroorganismen erfolgen würde, die gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe resistent sind, oder durch die Übertragung von Genen, die eine Resistenz gegen den betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. die betreffende Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe verleihen.

2.
Zu den Faktoren, die eine erhebliche Übertragung von Resistenzen zwischen Tieren und Menschen im Zusammenhang mit der Verwendung eines antimikrobiellen Wirkstoffs bzw. einer Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe bei Tieren auslösen, gehören u. a. dass

durch die Verwendung eine Resistenz, eine Kreuzresistenz oder eine Co-Selektion von Resistenzen gegen antimikrobielle Wirkstoffe, die für die Humanmedizin von entscheidender Bedeutung sind, gefördert wird;

die Übertragung der Resistenz sowohl durch vertikale als auch durch horizontale Übertragung erfolgt;

an der Übertragung von Resistenzen Zoonoseerreger beteiligt sind;

die Übertragung auf verschiedenen Expositionswegen erfolgen kann;

die Übertragung über eine Reihe verschiedener Tierarten erfolgt.

TEIL C

1.
Der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe erfüllt dieses Kriterium, wenn einer der folgenden Punkte gegeben ist:

a)
Es liegen keine stichhaltigen Belege dafür vor, dass antimikrobielle Wirkstoffe bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe in der Veterinärmedizin benötigt werden;
b)
der antimikrobielle Wirkstoff bzw. die Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe wird zur Behandlung schwerer lebensbedrohlicher Infektionen bei Tieren verwendet, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer hohen Morbidität oder hohen Mortalität führen oder erhebliche Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere und die öffentliche Gesundheit haben würden, für die Behandlung dieser Infektionen bei der betreffenden Tierart stehen jedoch geeignete alternative Arzneimittel zur Verfügung;
c)
antimikrobielle Wirkstoffe bzw. Gruppen antimikrobieller Wirkstoffe werden zur Behandlung schwerer lebensbedrohlicher Infektionen bei Tieren eingesetzt, die bei nicht angemessener Behandlung zu einer begrenzten Morbidität oder einer begrenzten Mortalität führen würden, und es liegen wissenschaftliche Erkenntnisse vor, die ein übergeordnetes Interesse der öffentlichen Gesundheit an der Nichtverwendung aufweisen.

2.
Die Bestimmungen gemäß Nummer 1 gelten, wenn es sich bei dem betreffenden antimikrobiellen Wirkstoff bzw. der betreffenden Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe um eine(n) der folgende(n) handelt:

a)
einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, der bzw. die in zugelassenen Tierarzneimitteln enthalten ist bzw. sind;
b)
einen antimikrobiellen Wirkstoff bzw. eine Gruppe antimikrobieller Wirkstoffe, der bzw. die in für die Verwendung beim Menschen zugelassenen Arzneimitteln enthalten ist bzw. sind, der bzw. die Tieren außerhalb ihrer Zulassungsbedingungen verabreicht werden darf bzw. dürfen.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.