Präambel VO (EU) 2021/850

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel(1), insbesondere auf Artikel 15 Absatz 1, Artikel 15 Absatz 2 Unterabsatz 4 und Artikel 31 Absatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) sieht eine harmonisierte Einstufung von Stoffen als karzinogen, mutagen oder reproduktionstoxisch (CMR) auf der Grundlage einer Stellungnahme des Ausschusses für Risikobeurteilung der Europäischen Chemikalienagentur vor. Die Stoffe werden entsprechend dem Evidenzgrad ihrer CMR-Eigenschaften als CMR-Stoff der Kategorie 1A, CMR-Stoff der Kategorie 1B oder CMR-Stoff der Kategorie 2 eingestuft.
(2)
Artikel 15 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sieht vor, dass Stoffe, die in Anhang VI Teil 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als CMR-Stoffe der Kategorie 1A, Kategorie 1B oder Kategorie 2 eingestuft wurden (CMR-Stoffe), nicht in kosmetischen Mitteln verwendet werden dürfen. Ein CMR-Stoff kann jedoch in kosmetischen Mitteln verwendet werden, wenn die Bedingungen in Artikel 15 Absatz 1 Satz 2 oder Artikel 15 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 erfüllt sind.
(3)
Um das Verbot von CMR-Stoffen im Binnenmarkt einheitlich umzusetzen, um für Rechtssicherheit — insbesondere für Wirtschaftsteilnehmer und zuständige nationale Behörden — zu sorgen und um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, sollten CMR-Stoffe in die Liste der verbotenen Stoffe oder gegebenenfalls in die Liste der Stoffe, deren Verwendung eingeschränkt ist, in Anhang II bzw. Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 aufgenommen und erforderlichenfalls aus den Listen der Stoffe, deren Verwendung eingeschränkt ist, und der zulässigen Stoffe in den Anhängen III bis VI der Verordnung gestrichen werden. Wenn die Bedingungen in Artikel 15 Absatz 1 Satz 2 oder Artikel 15 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 erfüllt sind, sollten die Listen der Stoffe, deren Verwendung eingeschränkt ist, und der zulässigen Stoffe in den Anhängen III bis VI der genannten Verordnung entsprechend geändert werden.
(4)
Mit der Delegierten Verordnung (EU) 2020/217 der Kommission(3), die ab dem 1. Oktober 2021 gilt, wurden bestimmte Stoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als CMR-Stoffe eingestuft. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass die Verwendung dieser CMR-Stoffe in kosmetischen Mitteln ab demselben Zeitpunkt verboten wird.
(5)
Nach der Delegierten Verordnung (EU) 2020/217 wird der Stoff TiO2 (INCI-Bezeichnung: titanium dioxide) als „karzinogener Stoff der Kategorie 2 (Inhalation)” eingestuft; das gilt für Titandioxid in Pulverform mit mindestens 1 % Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von ≤ 10 μm.
(6)
Titandioxid ist derzeit in Anhang IV Eintrag 143 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 aufgeführt und darf als Farbstoff in kosmetischen Mitteln verwendet werden, sofern er die Reinheitskriterien gemäß Eintrag E 171 (Titandioxid) des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission(4) erfüllt. Titandioxid ist auch in den Einträgen 27 und 27a (Nanoform) des Anhangs VI der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 als UV-Filter aufgeführt und in kosmetischen Mitteln nur in einer Konzentration von bis zu 25 % zugelassen. Darüber hinaus ist Titandioxid (Nanoform) in der gebrauchsfertigen Zubereitung zugelassen, mit Ausnahme von Anwendungen, die durch Inhalation zur Exposition der Lunge des Endverbrauchers führen können und vorbehaltlich der anderen im Eintrag aufgeführten Bedingungen.
(7)
Nach der Einstufung von Titandioxid als CMR-Stoff wurde am 28. Januar 2020 ein Antrag auf seine Verwendung in kosmetischen Mitteln in Ausnahmefällen gemäß Artikel 15 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 gestellt.
(8)
Am 6. Oktober 2020 nahm der Wissenschaftliche Ausschuss „Verbrauchersicherheit” (Scientific Committee on Consumer Safety, SCCS) ein wissenschaftliches Gutachten zu Titandioxid(5) (im Folgenden „SCCS-Gutachten” ) für den Zweck der Annahme der erforderlichen Maßnahmen gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 an. Dem SCCS-Gutachten zufolge, das Titandioxid (inhalierbar) in Pulverform mit mindestens 1 % Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von ≤ 10 μm betrifft, ist TiO2 nach den vorliegenden Daten für den allgemeinen Verbraucher sicher, wenn es in Gesichtsmitteln in loser Pulverform mit einer Höchstkonzentration von 25 % und in Haarmitteln in Form von Aerosolsprays mit einer Höchstkonzentration von 1,4 % verwendet wird. Was die gewerbliche Verwendung anbelangt, so wird TiO2 als sicher angesehen, wenn es in Haarmitteln in Form von Aerosolsprays mit einer Höchstkonzentration von 1,1 % verwendet wird.
(9)
Schließlich gelangte der SCCS zu dem Schluss, dass diese Ergebnisse auf kosmetischen Mitteln beruhten, die nur auf einer Art von Titandioxidform (Pigmentform) basierten, und dass mangels weiterführender Informationen nicht festgestellt werden konnte, ob diese Schlussfolgerungen auch auf andere kosmetische Anwendungen anwendbar sind, die andere Arten von Titandioxid enthalten, die nicht ausdrücklich in dem SCCS-Gutachten behandelt wurden.
(10)
In Anbetracht der Schlussfolgerungen des SCCS sollte Titandioxid in Pulverform mit mindestens 1 % Partikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von ≤ 10 μm nicht für Anwendungen zugelassen werden, die eine Exposition des Endverbrauchers durch Inhalation verursachen können, und sollte daher in die Liste der Stoffe, deren Verwendung eingeschränkt ist, in Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 aufgenommen werden, und seine Verwendung sollte nur in Gesichtsmitteln in loser Pulverform sowie in Haarmitteln in Form von Aerosolsprays, wie in diesen Schlussfolgerungen angegeben, zugelassen werden. Neben der Aufnahme von Titandioxid in Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sollte vorgesehen werden, dass die Verwendung von Titandioxid als Farbstoff gemäß Anhang IV Eintrag 143 der genannten Verordnung sowie die Verwendung von Titandioxid als UV-Filter gemäß Anhang VI Eintrag 27 der genannten Verordnung unbeschadet seiner eingeschränkten Verwendung gemäß Anhang III der genannten Verordnung zugelassen werden sollte. Zu diesem Zweck sollte ein Hinweis auf die eingeschränkte Verwendung von Titandioxid gemäß Anhang III der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 in die entsprechenden Einträge in Anhang IV und Anhang VI dieser Verordnung hinzugefügt werden. In Bezug auf die Verwendung von Titandioxid (Nanoform) als UV-Filter gemäß Anhang VI Eintrag 27a der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sind keine zusätzlichen Maßnahmen erforderlich, da in Eintrag 27a bereits vorgesehen ist, dass Titandioxid (Nanoform) nicht in Anwendungen verwendet werden darf, die durch Inhalation zur Exposition der Lunge des Endverbrauchers führen können.
(11)
Für alle anderen Stoffe als Titandioxid, die durch die Delegierte Verordnung (EU) 2020/217 als CMR-Stoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 eingestuft wurden, wurde kein Antrag auf Verwendung in kosmetischen Mitteln in Ausnahmefällen gestellt. Dies betrifft Kobalt, Metaldehyd (ISO), Methylquecksilberchlorid, Benzo[rst]pentaphen, Dibenzo[b,def]chrysen, Dibenzo[a,h]pyren, Ethanol, 2,2’-Iminobis-, N-(verzweigte und lineare C13-15-Akyl)-Derivate, Cyflumetofen (ISO), Diisohexylphthalat, Halosulfuron-methyl (ISO), 2-Methylimidazol, Metaflumizon (ISO), Dibutylbis(pentan-2,4-dionato-O,O’)tin, Nickel-bis(sulfamidat), 2-Benzyl-2-dimethylamino-4′- morpholinobutyrophenon und Ethylenoxid. Diese Stoffe unterliegen derzeit weder den in Anhang III festgelegten Einschränkungen noch sind sie gemäß den Anhängen IV, V oder VI der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 zugelassen. Drei dieser Stoffe, Nickel-bis(sulfamidat), Ethylenoxid und 2-Benzyl-2-dimethylamino-4′- morpholinobutyrophenon, sind derzeit in Anhang II der genannten Verordnung aufgeführt. Die Stoffe, die noch nicht in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 aufgeführt sind, sollten der Liste der Stoffe, die in kosmetischen Mitteln verboten sind, im genannten Anhang hinzugefügt werden.
(12)
Mit der Verordnung (EU) 2019/1966 der Kommission(6), die angenommen wurde, um das Verbot von Stoffen, die durch die Verordnung (EU) 2018/1480 der Kommission(7) als CMR-Stoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 eingestuft worden sind, einheitlich umzusetzen, wurde Anhang III Eintrag 98 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 in Bezug auf den Stoff 2-Hydroxybenzoesäure (INCI-Bezeichnung: salicylic acid) geändert. Um diese Änderungen voll und ganz mit der Schlussfolgerung des ursprünglichen SCCS-Gutachtens(8) in Einklang zu bringen, sollte die Verwendung dieses Stoffs für andere Zwecke als die eines Konservierungsstoffs in Körperlotionen, Lidschatten, Wimperntuschen, Eyelinern, Lippenstiften und Rollstiftdeodoranten in einer Konzentration von bis zu 0,5 % zugelassen werden. Daher sollte Anhang III Eintrag 98 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 entsprechend geändert werden.
(13)
Darüber hinaus wurde der Stoff Nickel-bis(tetrafluoroborat) (CAS-Nummer: 14708-14-6) mit der Verordnung (EU) 2019/831 der Kommission(9), die angenommen wurde, um das Verbot von Stoffen, die durch die Verordnung (EU) 2017/776 der Kommission(10) als CMR-Stoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 eingestuft worden sind, einheitlich umzusetzen, irrtümlich zweimal in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 (Einträge 1401 und 1427) aufgenommen. Der zweite dieser Einträge ist somit redundant und sollte gestrichen werden.
(14)
Die Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 sollte daher entsprechend geändert und berichtigt werden.
(15)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009, die auf den Einstufungen der betreffenden Stoffe als CMR-Stoffe durch die Delegierte Verordnung (EU) 2020/217 beruhen, sollten ab demselben Zeitpunkt gelten wie die Delegierte Verordnung.
(16)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für kosmetische Mittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59.

(2)

Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).

(3)

Delegierte Verordnung (EU) 2020/217 der Kommission vom 4. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt und zur Berichtigung der Verordnung (ABl. L 44 vom 18.2.2020, S. 1).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 231/2012 der Kommission vom 9. März 2012 mit Spezifikationen für die in den Anhängen II und III der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates aufgeführten Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. L 83 vom 22.3.2012, S. 1).

(5)

SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety), Opinion on Titanium dioxide (TiO2), vorläufige Fassung vom 7. August 2020, endgültige Fassung vom 6. Oktober 2020, SCCS/1617/20.

(6)

Verordnung (EU) 2019/1966 der Kommission vom 27. November 2019 zur Änderung und Berichtigung der Anhänge II, III und V der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über kosmetische Mittel (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15).

(7)

Verordnung (EU) 2018/1480 der Kommission vom 4. Oktober 2018 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt und zur Berichtigung der Verordnung (EU) 2017/776 der Kommission (ABl. L 251 vom 5.10.2018, S. 1).

(8)

SCCS (Scientific Committee on Consumer Safety), Opinion on salicylic acid, Berichtigung vom 20.-21. Juni 2019, SCCS/1601/18.

(9)

Verordnung (EU) 2019/831 der Kommission vom 22. Mai 2019 zur Änderung der Anhänge II, III und V der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über kosmetische Mittel (ABl. L 137 vom 23.5.2019, S. 29).

(10)

Verordnung (EU) 2017/776 der Kommission vom 4. Mai 2017 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (ABl. L 116 vom 5.5.2017, S. 1).

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