Artikel 1 VO (EU) 2022/1032

Änderung der Verordnung (EU) 2017/1938

Die Verordnung (EU) 2017/1938 wird wie folgt geändert:

1.
In Artikel 2 werden folgende Nummern angefügt:

27. „Befüllungspfad” bezeichnet eine Reihe von Zwischenzielen für die unterirdischen Gasspeicheranlagen für jeden Mitgliedstaat gemäß Anhang Ia für 2022 und — für die folgenden Jahre — im Einklang mit Artikel 6a,

28. „Befüllungsziel” bezeichnet ein verbindliches Ziel für den Füllstand der Gesamtkapazität der unterirdischen Gasspeicheranlagen,

29. „strategische Speicherung” bezeichnet unterirdische Speicherung oder einen Teil einer unterirdischen Speicherung von nicht verflüssigtem Erdgas, das von Fernleitungsnetzbetreibern, einer von den Mitgliedstaaten benannten Stelle oder einem Unternehmen erworben, verwaltet und gespeichert wird und nur nach vorheriger Mitteilung oder behördlicher Genehmigung freigegeben werden darf und grundsätzlich freigegeben wird bei

a)
einer größeren Angebotsknappheit,
b)
einer Versorgungsstörung oder
c)
der Ausrufung eines Notfalls im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c.

30. „Ausgleichsgasvorräte” bezeichnet nicht verflüssigtes Erdgas, das

a)
von Fernleitungsnetzbetreibern oder einer vom Mitgliedstaat benannten Stelle ausschließlich für die Zwecke der Wahrnehmung ihrer Funktionen als Fernleitungsnetzbetreiber und für die Zwecke der Gasversorgungssicherheit erworben, verwaltet und unterirdisch gespeichert wird,
b)
nur eingesetzt werden darf, wenn dies erforderlich ist, um das Netz im Einklang mit Artikel 13 der Richtlinie 2009/73/EG und den Artikeln 8 und 9 der Verordnung (EU) Nr. 312/2014 unter sicheren und zuverlässigen Bedingungen in Betrieb zu halten,

31. „unterirdische Gasspeicheranlage” bezeichnet eine Speicheranlage im Sinne von Artikel 2 Nummer 9 der Richtlinie 2009/73/EG, die für die Lagerung von Erdgas einschließlich Ausgleichsgasvorräten genutzt wird und an ein Fernleitungs- oder Verteilernetz angeschlossen ist, mit Ausnahme von oberirdischen Kugelgas- oder Netzpufferspeichern.

2.
Folgende Artikel werden eingefügt:

Artikel 6a Befüllungsziele und Befüllungspfade

(1) Vorbehaltlich der Absätze 2 bis 5 stellen die Mitgliedstaaten folgende Befüllungsziele für die Gesamtkapazität aller unterirdischen Gasspeicheranlagen, die sich in ihrem Hoheitsgebiet befinden und direkt mit einem Absatzgebiet in ihrem Hoheitsgebiet verknüpft sind, sowie für in Anhang Ib aufgeführte Speicheranlagen bis zum 1. November jeden Jahres sicher:

a)
für 2022: 80 %;
b)
ab 2023: 90 %.

Für die Zwecke der Einhaltung des vorliegenden Absatzes berücksichtigen die Mitgliedstaaten das Ziel, die sichere Erdgasversorgung in der Union gemäß Artikel 1 zu gewährleisten.

(2) Ungeachtet Absatz 1 und unbeschadet der Verpflichtungen anderer Mitgliedstaaten zur Befüllung der betreffenden unterirdischen Gasspeicheranlagen wird das Befüllungsziel jedes Mitgliedstaats, in dem sich die unterirdischen Gasspeicheranlagen befinden, auf ein Volumen begrenzt, das 35 % des durchschnittlichen jährlichen Gasverbrauchs der vorangegangenen fünf Jahre jenes Mitgliedstaats entspricht.

(3) Ungeachtet Absatz 1 und unbeschadet der Verpflichtungen anderer Mitgliedstaaten zur Befüllung der betreffenden unterirdischen Gasspeicheranlagen wird das Befüllungsziel jedes Mitgliedstaats, in dem sich die unterirdischen Gasspeicheranlagen befinden, um das in der Referenzperiode 2016 bis 2021 an Drittländer gelieferte Volumen reduziert, wenn die durchschnittliche Liefermenge während der Gasspeicher-Entnahmezeit (Oktober bis April) nicht mehr als 15 TWh pro Jahr betrug.

(4) Für die in Anhang Ib aufgeführten unterirdischen Gasspeicheranlagen gelten die Befüllungsziele gemäß Absatz 1 und die Befüllungspfade gemäß Absatz 7. Die Einzelheiten der Verpflichtungen jedes Mitgliedstaats werden in einem bilateralen Abkommen im Einklang mit Anhang Ib festgelegt.

(5) Ein Mitgliedstaat kann das Befüllungsziel teilweise erreichen, indem das in seinen LNG-Anlagen physisch gespeicherte und verfügbare LNG angerechnet wird, sofern die beiden folgenden Bedingungen erfüllt werden:

a)
das Gasnetz verfügt über erhebliche LNG-Speicherkapazität, die jährlich mehr als 4 % des durchschnittlichen nationalen Verbrauchs der vorangegangenen fünf Jahre ausmacht;
b)
der Mitgliedstaat den Gaslieferanten im Einklang mit Artikel 6b Absatz 1 Buchstabe a die Verpflichtung auferlegt hat, Mindestgasmengen in unterirdischen Gasspeicheranlagen und/oder LNG-Anlagen zu speichern.

(6) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Zwischenziele zu erreichen oder um dafür zu sorgen, dass diese Zwischenziele erreicht werden, wie folgt:

a)
für 2022: gemäß Anhang Ia und
b)
ab 2023: im Einklang mit Absatz 7.

(7) Für 2023 und die folgenden Jahre übermittelt jeder Mitgliedstaat mit unterirdischen Gasspeicheranlagen der Kommission bis zum 15. September des Vorjahres einen Entwurf des Befüllungspfades mit Zwischenzielen für die Monate Februar, Mai, Juli und September einschließlich technischer Informationen für die direkt mit seinem Absatzgebiet verknüpften unterirdischen Gasspeicheranlagen in seinem Hoheitsgebiet in aggregierter Form. Der Befüllungspfad und die Zwischenziele beruhen auf der durchschnittlichen Befüllungsquote der vorangegangenen fünf Jahre.

Für Mitgliedstaaten, für die das Befüllungsziel gemäß Absatz 2 auf 35 % ihres durchschnittlichen jährlichen Gasverbrauchs gesenkt wird, werden die Zwischenziele des Befüllungspfades entsprechend reduziert.

Auf der Grundlage der von jedem Mitgliedstaat bereitgestellten technischen Informationen und unter Berücksichtigung der Bewertung der Koordinierungsgruppe „Gas” erlässt die Kommission Durchführungsrechtsakte, um den Befüllungspfad jedes Mitgliedstaats festzulegen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 18a Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Sie werden falls nötig und auch, wenn ein Mitgliedstaat einen aktualisierten Entwurf des Befüllungspfades übermittelt hat, bis zum 15. November des Vorjahres erlassen. Sie stützen sich auf eine Bewertung der allgemeinen Gasversorgungssicherheitslage und der Entwicklung des Gasangebots und der Gasnachfrage in der Union und in einzelnen Mitgliedstaaten und werden so festgelegt, dass die Gasversorgungssicherheit gewährleistet wird und gleichzeitig eine unangemessene Belastung der Mitgliedstaaten, der Gasmarktteilnehmer, der Speicheranlagenbetreiber und der Kunden sowie eine unangemessene Verzerrung des Wettbewerbs zwischen Speicheranlagen in benachbarten Mitgliedstaaten vermieden wird.

(8) Kann ein Mitgliedstaat sein Befüllungsziel in einem bestimmten Jahr bis zum 1. November aufgrund besonderer technischer Merkmale einer oder mehrerer unterirdischer Gasspeicheranlagen, wie z. B. außergewöhnlich niedriger Einspeiseraten, in seinem Hoheitsgebiet nicht erfüllen, ist es ihm gestattet, sein Befüllungsziel bis zum 1. Dezember zu erreichen. Der Mitgliedstaat teilt dies der Kommission vor dem 1. November mit und gibt dabei Gründe für die Verzögerung an.

(9) Das Befüllungsziel gilt nicht, wenn und solange die Kommission gemäß Artikel 12 auf Ersuchen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten, der bzw. die einen nationalen Notfall ausgerufen hat bzw. ausgerufen haben, einen regionalen oder unionsweiten Notfall ausgerufen hat.

(10) Die zuständige Behörde jedes Mitgliedstaats überwacht kontinuierlich die Erfüllung des Befüllungspfades und erstattet der Koordinierungsgruppe „Gas” regelmäßig Bericht. Liegt der Füllstand in einem bestimmten Mitgliedstaat mehr als fünf Prozentpunkte unter dem Stand des Befüllungspfades, trifft die zuständige Behörde unverzüglich wirksame Maßnahmen zu dessen Anhebung. Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission und die Koordinierungsgruppe „Gas” über die getroffenen Maßnahmen.

(11) Bei einer erheblichen und anhaltenden Abweichung eines Mitgliedstaates vom Befüllungspfad, die die Erreichung des Befüllungsziels beeinträchtigt, oder bei einer Abweichung vom Befüllungsziel richtet die Kommission nach Konsultation der Koordinierungsgruppe „Gas” und der betroffenen Mitgliedstaaten eine Empfehlung an den betreffenden Mitgliedstaat oder an die anderen betroffenen Mitgliedstaaten bezüglich unverzüglich zu treffender Maßnahmen.

Wird die Abweichung nicht binnen eines Monats ab dem Tag des Eingangs der Empfehlung der Kommission erheblich verringert, fasst die Kommission nach Konsultation der Koordinierungsgruppe „Gas” und der betroffenen Mitgliedstaaten als letztes Mittel einen Beschluss, der den betroffenen Mitgliedstaat verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, um der Abweichung abzuhelfen, darunter gegebenenfalls eine oder mehrere der in Artikel 6b Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen oder jede andere Maßnahme, mit der sichergestellt wird, dass das gemäß diesem Artikel Befüllungsziel erreicht wird;

Bei der Entscheidung darüber, welche Maßnahmen sie gemäß Unterabsatz 2 ergreift, berücksichtigt die Kommission die besondere Situation der betroffenen Mitgliedstaaten, wie z. B. das Volumen der unterirdischen Gasspeicheranlagen im Verhältnis zum inländischen Gasverbrauch, die Bedeutung der unterirdischen Gasspeicheranlagen für die Gasversorgungssicherheit in der Region und etwaige bestehende LNG-Speicheranlagen.

Bei allen von der Kommission getroffenen Maßnahmen zur Behebung von Abweichungen vom Befüllungspfad oder vom Befüllungsziel für 2022 wird der nur sehr kurze Zeitrahmen für die Umsetzung dieses Artikels auf nationaler Ebene berücksichtigt, sowie dass dies zur Abweichung vom Befüllungspfad oder vom Befüllungsziel für 2022 beigetragen haben könnte.

Die Kommission stellt sicher, dass die Maßnahmen gemäß dem vorliegenden Absatz nicht

a)
über das zur Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit erforderliche Maß hinausgehen;
b)
mit einer unverhältnismäßigen Belastung für die Mitgliedstaaten, die Gasmarktteilnehmer, die Speicheranlagenbetreiber oder die Kunden verbunden sind.
Artikel 6b Umsetzung der Befüllungsziele

(1) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich finanzieller Anreize oder Ausgleichsleistungen für die Marktteilnehmer, um die gemäß Artikel 6a festgelegten Befüllungsziele zu erreichen. Bei der Sicherstellung der Erfüllung der Befüllungsziele priorisieren die Mitgliedstaaten nach Möglichkeit marktbasierte Maßnahmen.

Soweit es sich bei jeglicher der in diesem Artikel aufgeführten Maßnahmen um Aufgaben und Befugnisse der nationalen Regulierungsbehörde gemäß Artikel 41 der Richtlinie 2009/73/EG handelt, sind die nationalen Regulierungsbehörden für das Ergreifen dieser Maßnahmen zuständig.

Maßnahmen, die aufgrund dieses Absatzes ergriffen werden, können insbesondere Folgendes umfassen:

a)
Verpflichtung von Gaslieferanten, Mindestmengen an Gas in Speicheranlagen zu speichern, einschließlich unterirdischer Gasspeicheranlagen und/oder LNG-Speicheranlagen; diese Volumen werden auf der Grundlage der Gasmenge bestimmt, die von den Gaslieferanten an geschützte Kunden geliefert wird;
b)
die Verpflichtung von Speicheranlagenbetreibern zur Ausschreibung ihrer Kapazitäten an Marktteilnehmer;
c)
die Verpflichtung von Fernleitungsnetzbetreibern oder vom Mitgliedstaat benannter Stellen, Ausgleichsgasvorräte ausschließlich für die Wahrnehmung ihrer Funktionen als Fernleitungsnetzbetreiber zu erwerben und zu verwalten sowie gegebenenfalls die Auferlegung einer Verpflichtung auf andere benannte Stellen zur Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit in einem Notfall im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c;
d)
der Einsatz von mit anderen Mitgliedstaaten koordinierten Instrumenten, wie Plattformen für den Kauf von LNG, um die Nutzung von LNG zu maximieren und infrastrukturelle und regulatorische Hindernisse für eine gemeinsame Nutzung von LNG bei der Befüllung unterirdischer Gasspeicheranlagen abzubauen;
e)
Nutzung eines freiwilligen Mechanismus für die gemeinsame Beschaffung von Erdgas, für dessen Anwendung die Kommission erforderlichenfalls bis zum 1. August 2022 Leitlinien herausgeben kann;
f)
Schaffung finanzieller Anreize für die Marktteilnehmer, einschließlich für Speicheranlagenbetreiber, wie zum Beispiel Differenzverträge, oder Ausgleichsleistungen für Marktteilnehmer für entgangene Einnahmen oder für Kosten, die ihnen aus den Verpflichtungen für Marktteilnehmer, einschließlich Speicheranlagenbetreibern, entstehen und die nicht durch Einnahmen gedeckt werden können;
g)
Verpflichtung von Inhabern von Speicherkapazitäten, ungenutzte gebuchte Kapazitäten zu nutzen oder freizugeben, wobei der Inhaber von Speicherkapazitäten, der die Speicherkapazität nicht nutzt, nach wie vor verpflichtet ist, den vereinbarten Preis für die gesamte Laufzeit des Speichervertrags zu zahlen;
h)
Einführung wirksamer Instrumente für den Erwerb und die Verwaltung strategischer Speicherung durch öffentliche oder private Stellen, vorausgesetzt diese Instrumente verzerren nicht den Wettbewerb oder das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts;
i)
Benennung einer speziellen Stelle, die mit der Aufgabe betraut wird, das Befüllungsziel zu erreichen, falls dieses Befüllungsziel sonst nicht erreicht würde;
j)
Preisnachlässe auf die Speichertarife;
k)
Einziehung der zur Deckung der Kapital- und Betriebsausgaben im Zusammenhang mit regulierten Speicheranlagen erforderlichen Einnahmen als Fernleitungsentgelte sowie als spezielle, in die Fernleitungstarife integrierte Abgabe, die nur von Ausspeisepunkten zu Endkunden in demselben Mitgliedstaat erhoben wird, vorausgesetzt, die aus Abgaben eingezogenen Einnahmen sind nicht höher als die zulässigen Einnahmen.

(2) Die gemäß Absatz 1 von den Mitgliedstaaten erlassenen Maßnahmen müssen sich auf das zur Erreichung der Befüllungspfade und der Befüllungsziele beschränken. Sie müssen klar festgelegt, transparent, verhältnismäßig, diskriminierungsfrei sowie überprüfbar sein. Sie dürfen den Wettbewerb nicht unangemessen verzerren, das ordnungsgemäße Funktionieren des Gasbinnenmarkts nicht unangemessen beeinträchtigen und die Sicherheit der Gasversorgung anderer Mitgliedstaaten oder der Union nicht gefährden.

(3) Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um auf nationaler und regionaler Ebene die Nutzung der bestehenden Infrastrukturen im Interesse der Gasversorgungssicherheit auf effiziente Weise zu gewährleisten. Diese Maßnahmen dürfen die grenzübergreifende Nutzung von Speicher- oder LNG-Anlagen unter keinen Umständen blockieren oder beschränken und die gemäß der Verordnung (EU) 2017/459 der Kommission(*) zugewiesenen grenzüberschreitenden Fernleitungskapazitäten nicht beschränken.

(4) Beim Ergreifen von Maßnahmen gemäß dem vorliegenden Artikel wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle” an und erreichen gleichzeitig die Ziele ihrer jeweiligen Maßnahmen im Einklang mit der Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates(**).

Artikel 6c Speicherungsvereinbarungen und Lastenteilungsmechanismus

(1) Ein Mitgliedstaat ohne eigene unterirdische Speicheranlagen stellt sicher, dass die Marktteilnehmer in dem betreffenden Mitgliedstaat Vereinbarungen mit Betreibern unterirdischer Speicheranlagen oder anderen Marktteilnehmern in Mitgliedstaaten mit unterirdischen Gasspeicheranlagen getroffen haben. In diesen Vereinbarungen ist vorzusehen, dass bis zum 1. November eine Gasmenge gespeichert wird, die mindestens 15 % des durchschnittlichen jährlichen Gasverbrauchs in den vorangegangenen fünf Jahren des Mitgliedstaats ohne eigene unterirdische Gasspeicheranlagen entspricht. Ist es dem Mitgliedstaat ohne unterirdische Gasspeicheranlagen jedoch aufgrund der grenzüberschreitenden Fernleitungskapazität oder anderer technischer Beschränkungen nicht möglich, 15 % dieser Speichermenge vollständig auszuschöpfen, werden nur die technisch möglichen Mengen gespeichert.

Für den Fall, dass einem Mitgliedstaat die Einhaltung der in Unterabsatz 1 genannten Verpflichtung aufgrund technischer Beschränkungen nicht möglich ist und dieser Mitgliedstaat eine Verpflichtung zur Speicherung anderer Brennstoffe als Ersatz für Gas eingeführt hat, kann die in Unterabsatz 1 festgelegte Verpflichtung ausnahmsweise durch eine gleichwertige Verpflichtung zur Speicherung anderer Brennstoffe als Gas nachgekommen werden. Die technischen Beschränkungen und die Gleichwertigkeit der Maßnahmen sind von dem betreffenden Mitgliedstaat nachzuweisen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann ein Mitgliedstaat ohne eigene unterirdische Gasspeicheranlagen mit einem oder mehreren Mitgliedstaaten, die über unterirdische Gasspeicheranlagen verfügen, einen Lastenteilungsmechanismus entwickeln (im Folgenden „Lastenteilungsmechanismus” ).

Der Lastenteilungsmechanismus muss sich auf die einschlägigen Daten der jüngsten Risikobewertung gemäß Artikel 7 stützen und allen der folgenden Parameter Rechnung tragen:

a)
den Kosten für die finanzielle Unterstützung zur Erreichung des Befüllungsziels, ausgenommen die Kosten für die Erfüllung etwaiger Verpflichtungen zur strategischen Speicherung;
b)
den Gasmengen, die für die Deckung des Bedarfs geschützter Kunden gemäß Artikel 6 Absatz 1 erforderlich sind;
c)
jeglichen technischen Beschränkungen, einschließlich der verfügbaren Kapazität an unterirdischer Speicherung, der technischen grenzüberschreitenden Fernleitungskapazitäten und den Entnahmeraten.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Lastenteilungsmechanismus bis zum 2. September 2022 mit. Liegt zu diesem Zeitpunkt keine Vereinbarung über einen Lastenteilungsmechanismus vor, so weisen die Mitgliedstaaten ohne unterirdische Gasspeicheranlagen nach, dass sie ihrer Verpflichtung gemäß Absatz 1 nachkommen, und teilen dies der Kommission mit.

(3) Als Übergangsmaßnahme können Mitgliedstaaten ohne unterirdische Gasspeicheranlagen, die aber über unterirdische Gasspeicheranlagen verfügen, die in der letzten Liste der in Verordnung (EU) 2022/869 des Europäischen Parlaments und des Rates(***) genannten Vorhaben von gemeinsamem Interesse) aufgeführt sind, ihrer Verpflichtung gemäß Absatz 1 teilweise unter Einbeziehung der LNG-Bestände in bestehenden schwimmenden Lagerplattformen) nachkommen, bis ihre unterirdischen Gasspeicheranlagen in Betrieb sind.

(4) Um die Erfüllung ihrer Verpflichtung zur Speicherung von Gas in anderen Mitgliedstaaten gemäß Absatz 1 oder die Umsetzung des Lastenteilungsmechanismus sicherzustellen, können Mitgliedstaaten ohne eigene unterirdische Gasspeicheranlagen Marktteilnehmern oder gegebenenfalls Fernleitungsnetzbetreibern Anreize bieten oder einen finanziellen Ausgleich für entgangene Einnahmen oder für diejenigen Kosten gewähren, die ihnen durch die Erfüllung ihrer Speicherverpflichtungen gemäß dem vorliegenden Artikel entstanden sind, wenn diese entgangenen Einnahmen oder Kosten nicht durch Einnahmen gedeckt werden können. Wird der Anreiz oder der finanzielle Ausgleich über eine Abgabe finanziert, darf diese Abgabe nicht an grenzüberschreitenden Kopplungspunkten erhoben werden.

(5) Wenn ein Mitgliedstaat unterirdische Gasspeicheranlagen in seinem Hoheitsgebiet hat und die Gesamtkapazität größer ist als der jährliche Gasverbrauch dieses Mitgliedstaats, sind die Mitgliedstaaten ohne eigene unterirdische Gasspeicheranlagen, aber mit Zugang zu diesen Anlagen ungeachtet Absatz 1 zu Folgendem verpflichtet:

a)
Sie stellen bis zum 1. November sicher, dass die Speichermengen mindestens der durchschnittlichen Nutzung der Speicherkapazität in den vorangegangenen fünf Jahren — ermittelt unter anderem unter Berücksichtigung der Gasflüsse während der Entnahmesaison aus den Mitgliedstaaten, in denen sich die Speicheranlagen befinden, über die vorangegangenen fünf Jahren — entsprechen, oder
b)
Sie weisen nach, dass Speicherkapazität gebucht wurde, die der unter die Verpflichtung gemäß Buchstabe a fallenden Menge entspricht.

Kann der Mitgliedstaat ohne unterirdische Gasspeicheranlagen nachweisen, dass Speicherkapazität gebucht wurde, die der Verpflichtung unter Unterabsatz 1 Buchstabe a fallenden Menge entspricht, so gilt Absatz 1.

Die in diesem Absatz genannte Verpflichtung ist auf 15 % des durchschnittlichen jährlichen Gasverbrauchs der vorangegangenen fünf Jahre in dem betreffenden Mitgliedstaat begrenzt.

(6) Sofern in Anhang Ib nichts anderes festgelegt ist, stellt ein Mitgliedstaat im Fall von unterirdischen Gasspeicheranlagen in einem anderen Mitgliedstaat, die nicht unter Absatz 5 fallen, jedoch direkt mit seinem Absatzmarkt verknüpft sind, sicher, dass die Speichermengen bis zum 1. November mindestens dem Durchschnitt der Speicherkapazität entsprechen, die am betreffenden grenzüberschreitenden Punkt in den vorangegangenen fünf Jahren gebucht wurde.

Artikel 6d Überwachung und Durchsetzung

(1) Die Speicheranlagenbetreiber melden der zuständigen Behörde in dem Mitgliedstaat, in dem sich die betreffenden unterirdischen Gasspeicheranlagen befinden, und gegebenenfalls einer von diesem Mitgliedstaat benannten Stelle (im Folgenden „benannte Stelle” ) den Füllstand wie folgt:

a)
Für 2022: über jedes in Anhang Ia festgelegte Zwischenziel und
b)
Ab 2023: wie in Artikel 6a Absatz 7 festgelegt.

(2) Die zuständige Behörde und gegebenenfalls die benannte Stelle jedes Mitgliedstaats überwacht die Füllstände der unterirdischen Gasspeicheranlagen in ihrem Hoheitsgebiet am Ende jedes Monats und teilt der Kommission die Ergebnisse unverzüglich mit.

Die Kommission kann gegebenenfalls die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden zur Unterstützung bei dieser Überwachung ersuchen.

(3) Auf der Grundlage der von der zuständigen Behörde und gegebenenfalls der benannten Stelle jedes Mitgliedstaats übermittelten Informationen erstattet die Kommission der Koordinierungsgruppe „Gas” regelmäßig Bericht.

(4) Die Koordinierungsgruppe „Gas” unterstützt die Kommission bei der Überwachung der Befüllungspfade und Befüllungsziele und entwickelt Leitlinien für die Kommission zu geeigneten Maßnahmen, mit denen die Einhaltung für die Fälle gewährleistet wird, in denen Mitgliedstaaten von den Befüllungspfaden abweichen oder die Befüllungsziele nicht erreichen.

(5) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Befüllungspfade einzuhalten und die Befüllungsziele zu erreichen sowie um die erforderlichen Speicherverpflichtungen gegenüber den Marktteilnehmern, die zu ihrer Einhaltung verpflichtet sind, durchzusetzen, auch indem diesen Marktteilnehmern ausreichend abschreckende Sanktionen und Geldbußen auferlegt werden.

Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission unverzüglich über die gemäß dem vorliegenden Absatz getroffenen Durchsetzungsmaßnahmen.

(6) Wenn sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht werden sollen, kann die Kommission Sitzungen der Koordinierungsgruppe „Gas” einberufen, die auf die Kommission und die Mitgliedstaaten beschränkt sind.

(7) Jegliche ausgetauschte Information ist auf den zur Überwachung der Einhaltung dieser Verordnung erforderlichen Umfang beschränkt.

Die Kommission, die nationalen Regulierungsbehörden und die Mitgliedstaaten wahren die Vertraulichkeit der für die Zwecke der Ausübung ihrer Pflichten übermittelten wirtschaftlich sensiblen Informationen.

3.
Artikel 7 wird wie folgt geändert:

a)
Absatz 1 erhält folgende Fassung:

(1) Bis zum 1. September 2022 führt das ENTSOG eine unionsweite Simulation von Szenarien zum Ausfall von Gaslieferungen und Infrastrukturen durch, einschließlich Szenarien eines anhaltenden Ausfalls einer einzigen Bezugsquelle. Die Simulation schließt die Festlegung von Notgasversorgungskorridoren und deren Bewertung ein und ermittelt auch, welche Mitgliedstaaten die festgestellten Risiken, auch hinsichtlich LNG, angehen können. Die Szenarien zum Ausfall von Gaslieferungen und Infrastrukturen und die Methodik für die Simulation werden vom ENTSOG in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsgruppe „Gas” festgelegt. Das ENTSOG stellt ein angemessenes Maß an Transparenz von und Zugang zu den in den Szenarien verwendeten Modellannahmen sicher. Die unionsweite Simulation von Szenarien zum Ausfall von Gaslieferungen und Infrastrukturen wird alle vier Jahre wiederholt, soweit die Umstände nicht häufigere Aktualisierungen erforderlich machen.

b)
An Absatz 4 wird folgender Buchstabe angefügt:

g)
unter Berücksichtigung von Szenarien eines anhaltenden Ausfalls einer einzigen Bezugsquelle.

4.
In Artikel 16 wird folgender Absatz angefügt:

(3) Die Mitgliedstaaten stellen die Erfüllung ihrer Speicherverpflichtungen gemäß dieser Verordnung sicher, indem sie Speicheranlagen in der Union nutzen. Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft kann jedoch freiwillige Vereinbarungen über die Nutzung der von den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft bereitgestellten Speicherkapazitäten zur Speicherung zusätzlicher Gasmengen für die Mitgliedstaaten umfassen.

5.
Folgender Artikel wird eingefügt:

Artikel 17a Berichterstattung der Kommission

(1) Bis zum 28. Februar 2023 und danach jährlich legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat Berichte vor, die Folgendes enthalten:

a)
einen Überblick über die von den Mitgliedstaaten zur Erfüllung der Speicherverpflichtungen ergriffenen Maßnahmen,
b)
einen Überblick über die Zeit, die für das in Artikel 3a der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 festgelegte Zertifizierungsverfahren benötigt wird,
c)
einen Überblick über von der Kommission geforderten Maßnahmen, um die Einhaltung der Befüllungspfade und der Befüllungsziele sicherzustellen.
d)
eine Analyse der potenziellen Auswirkungen der vorliegenden Verordnung auf die Gaspreise und potenzielle Gaseinsparungen in Bezug auf Artikel 6b Absatz 4.

6.
Folgender Artikel wird eingefügt:

Artikel 18a Ausschussverfahren

(1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(****).

(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.

7.
In Artikel 20 wird folgender Absatz angefügt:

(4) Artikel 6a bis 6d gelten nicht für Irland, Zypern und Malta, solange sie nicht direkt mit dem Gasverbundnetz eines anderen Mitgliedstaats verbunden sind.

8.
In Artikel 22 wird folgender Absatz angefügt:

Artikel 2 Nummern 27 bis 31, Artikel 6a bis 6d, Artikel 16 Absatz 3, Artikel 17a, Artikel 18a, Artikel 20 Absatz 4, Anhänge Ia und Anhang Ib gelten bis zum 31. Dezember 2025.

9.
Der im Anhang der vorliegenden Verordnung festgelegte Wortlaut wird als Anhänge Ia und Ib eingefügt.

Fußnote(n):

(*)

Verordnung (EU) 2017/459 der Kommission vom 16. März 2017 zur Festlegung eines Netzkodex über Mechanismen für die Kapazitätszuweisung in Fernleitungsnetzen und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 984/2013 (ABl. L 72 vom 17.3.2017, S. 1).

(**)

Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 663/2009 und (EG) Nr. 715/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 94/22/EG, 98/70/EG, 2009/31/EG, 2009/73/EG, 2010/31/EU, 2012/27/EU und 2013/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2009/119/EG und (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 1).

(***)

Verordnung (EU) 2022/869 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2022 zu Leitlinien für die transeuropäische Energieinfrastruktur, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2009, (EU) 2019/942 und (EU) 2019/943 sowie der Richtlinien 2009/73/EG und (EU) 2019/944 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 (ABl. L 152 vom 3.6.2022, S. 45).

(****)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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