Präambel VO (EU) 2022/116

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern(1) (im Folgenden „Grundverordnung” ), insbesondere auf Artikel 11 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

1.
VERFAHREN
1.1.
Frühere Untersuchungen und geltende Maßnahmen
(1)
Mit der Verordnung (EU) 2015/1963(2) führte die Europäische Kommission endgültige Antidumpingzölle auf die Einfuhren von Acesulfam (im Folgenden „Acesulfam-K” ) mit Ursprung in der Volksrepublik China (im Folgenden „VR China” , „China” oder „betroffenes Land” ) ein (im Folgenden „ursprüngliche Maßnahmen” ). Die Untersuchung, die zur Einführung der ursprünglichen Maßnahmen führte, wird als „Ausgangsuntersuchung” bezeichnet.
(2)
Die derzeit geltenden Antidumpingzölle betragen zwischen 2,64 EUR und 4,58 EUR pro Kilogramm Nettogewicht auf die Einfuhren von den mitarbeitenden ausführenden Herstellern; auf die Einfuhren von allen anderen Unternehmen wird ein Zollsatz von 4,58 EUR pro Kilogramm Nettogewicht erhoben.
1.2.
Antrag auf Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens von Maßnahmen
(3)
Nach Veröffentlichung einer Bekanntmachung des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen(3) ging bei der Europäischen Kommission (im Folgenden „Kommission” ) ein Antrag auf Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens von Maßnahmen (im Folgenden „Auslaufüberprüfung” ) nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung ein.
(4)
Der Antrag wurde am 31. Juli 2020 von Celanese Sales Germany GmbH (im Folgenden „Antragsteller” ) gestellt, dem einzigen Hersteller in der Union, auf den somit 100 % der Unionsproduktion von Acesulfam-K entfallen. Der Überprüfungsantrag wurde damit begründet, dass beim Außerkrafttreten der Maßnahmen mit einem Anhalten des Dumpings und einem erneuten Auftreten der Schädigung des Wirtschaftszweigs der Union zu rechnen sei(4).
1.3.
Einleitung einer Auslaufüberprüfung
(5)
Die Kommission kam nach Anhörung des mit Artikel 15 Absatz 1 der Grundverordnung eingesetzten Ausschusses zu dem Schluss, dass genügend Beweise vorlagen, um eine Auslaufüberprüfung einzuleiten, und leitete somit am 30. Oktober 2020 eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung in Bezug auf die Einfuhren von Acesulfam-K mit Ursprung in der VR China ein. Sie veröffentlichte eine entsprechende Einleitungsbekanntmachung(5) (im Folgenden „Einleitungsbekanntmachung” ) im Amtsblatt der Europäischen Union.
1.4.
Untersuchungszeitraum der Überprüfung und Bezugszeitraum
(6)
Die Untersuchung des Anhaltens des Dumpings bezog sich auf den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2020 (im Folgenden „Untersuchungszeitraum der Überprüfung” oder „UZÜ” ). Die Untersuchung von Entwicklungen, die für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens der Schädigung relevant sind, bezog sich auf den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums der Überprüfung (im Folgenden „Bezugszeitraum” ).(6)
1.5.
Interessierte Parteien
(7)
In der Einleitungsbekanntmachung wurden die interessierten Parteien aufgefordert, mit der Kommission Kontakt aufzunehmen, um an der Untersuchung mitzuarbeiten. Ferner unterrichtete die Kommission gezielt den Antragsteller, die ihr bekannten Hersteller von Acesulfam-K im betroffenen Land und die Behörden der Volksrepublik China sowie die ihr bekannten Einführer und Verwender über die Einleitung der Untersuchung und forderte sie zur Mitarbeit auf.
(8)
Ebenso hatten interessierte Parteien Gelegenheit, zur Einleitung der Auslaufüberprüfung Stellung zu nehmen und eine Anhörung durch die Kommission und/oder die Anhörungsbeauftragte für Handelsverfahren zu beantragen.
(9)
Es fanden Anhörungen mit einem ausführenden Hersteller, Anhui Jinhe Industrial Co. Ltd. (im Folgenden „Anhui Jinhe” ) und dem Antragsteller statt.
1.6.
Stellungnahmen zur Einleitung
(10)
Anhui Jinhe reichte bei der Kommission Stellungnahmen zur Einleitung ein. Auch der Antragsteller übermittelte diesbezügliche Stellungnahmen.
(11)
Anhui Jinhe beantragte die Offenlegung und eine aussagekräftige Zusammenfassung bestimmter im Antrag aufgeführter Daten. Insbesondere hätte der Antragsteller Anhui Jinhe zufolge in der nichtvertraulichen Fassung des Antrags Daten zur Gesamtmenge und zu den Durchschnittspreisen der Einfuhren aus China für den im Antrag genannten Bezugszeitraum offenlegen sollen. Diese Daten seien nicht vertraulich, da sie von der Kommission im Rahmen der Ausgangsuntersuchung offengelegt worden seien. Anhui Jinhe wandte außerdem ein, dass die betroffenen Daten nicht auf konkreten sensiblen Geschäftsinformationen beruhten, sondern auf Schätzungen des Antragstellers, und dass die Zurückhaltung dieser Daten nicht durch Verweis auf das Urheberrecht begründet werden könne. Außerdem verlangte Anhui Jinhe die Vorlage einer aussagekräftigen Zusammenfassung der relevanten Schadensindikatoren seitens des Antragstellers, um die für ein angemessenes Verständnis der vertraulich übermittelten Daten notwendige Detailgenauigkeit zu bieten. Zudem seien diese Daten im Antrag entweder vertraulich oder basierten auf bedeutungslosen Spannen, aus denen sich kein Trend ableiten lasse, während die Kommission die Daten in der Ausgangsuntersuchung in indexierter Form angegeben habe. Daher forderte Anhui Jinhe den Antragsteller auf, Daten zu Unionsverbrauch, Produktionskapazität, Kapazitätsauslastung, Marktanteilen, Preisunterbietung, Produktionskosten, Rentabilität, Ausfuhrverkäufen und Rohstoffkosten in indexierter Form vorzulegen. Anhui Jinhe forderte den Antragsteller außerdem auf, eine aussagekräftige Zusammenfassung seiner gegenwärtigen Rentabilität mit der Angabe, ob sie im Bezugszeitraum der Überprüfung über 5 % lag, sowie indexierte Daten für die Zeit ab 2011 vorzulegen, da der Antragsteller dieses Jahr als das für den Vergleich relevante Jahr bezeichnet hatte.
(12)
In seiner Erwiderung erklärte der Antragsteller, die meisten Informationen seien naturgemäß vertraulich, da sie auf den Daten nur eines Unternehmens beruhten, und argumentierte, Indexspannen seien notwendig, damit die zugrunde liegenden vertraulichen Daten nicht errechnet werden können. Der Antragsteller brachte insbesondere vor, dass die Angabe genauer Zahlen zur Gesamtmenge der Einfuhren aus China in Kombination mit der Indexierung der Marktanteile die Errechnung der Verkäufe des einzigen Unionsherstellers ermöglichen würde. Der Antragsteller überarbeitete in seiner Stellungnahme seine nichtvertraulichen Daten und übermittelte zusätzliche Informationen. Diesbezüglich legte der Antragsteller Spannen zu den Gesamteinfuhrmengen, zusätzliche Informationen zum Trend beim Verbrauch, Indexspannen zur Produktion und zu Marktanteilen, eine Indexierung der Rentabilität, weitere Schadensindikatoren (z. B. betreffend Lagerbestände, Beschäftigung, Cashflow, Investitionen und Nettokapitalrendite) sowie zur Entwicklung der Verkäufe des Unionsherstellers außerhalb der Union vor. In Bezug auf die übrigen von Anhui Jinhe geforderten Daten brachte der Antragsteller vor, dass die nichtvertrauliche Fassung des Antrags eine hinreichend aussagekräftige Zusammenfassung enthalte und dass die Übermittlung weiterer Informationen nicht ohne Preisgabe vertraulicher Informationen möglich sei.
(13)
In seiner Erwiderung auf die überarbeiteten Daten des Antragstellers erklärte Anhui Jinhe, dass der Antrag noch immer keine ausreichenden Informationen enthalte, etwa zur Menge der Einfuhren aus China oder zur Unions- und zur weltweiten Nachfrage nach Acesulfam-K. Anhui Jinhe zufolge müssten bei der Analyse der Aussagekraft der nichtvertraulichen Fassung des Antrags die Verteidigungsrechte berücksichtigt werden; außerdem könne das Unternehmen nicht beurteilen, ob es eine faktische Grundlage für die Behauptungen des Antragstellers gebe.
(14)
Der Antragsteller widersprach den vorstehenden Behauptungen und argumentierte, dass die offene Fassung des Antrags die faktische Grundlage seiner Vorbringen bilde und dass die Daten an den Stellen, an denen Spannen indexierter Trends nicht ohne Preisgabe vertraulicher Informationen genannt werden könnten, geschwärzt worden seien. Der Antragsteller brachte insbesondere vor, dass die nichtvertrauliche Fassung des Antrags die Entwicklung der Gesamteinfuhren von Acesulfam-K aus China wiedergebe und Anhui Jinhe hierzu Stellung nehmen könne. In Bezug auf die Daten zur Nachfrage brachte der Antragsteller vor, dass der gesamte Unionsverbrauch in der Verordnung zur Einführung vorläufiger Maßnahmen gegenüber den Einfuhren von Acesulfam-K aus China(7) nicht in absoluten Zahlen angegeben sei und der Antragsteller dies mithin auch nicht angeben müsse.
(15)
Es wird angemerkt, dass vertrauliche Informationen in Form von Spannen und Indizes angegeben werden mussten, um keine unternehmensspezifischen Geschäftsinformationen preiszugeben, weil der Antragsteller der einzige Hersteller von Acesulfam-K in der Union ist. Die Kommission war der Auffassung, dass die Daten in der nichtvertraulichen Fassung in der vom Antragsteller in seiner Stellungnahme ergänzten Form detailliert genug waren, um ein angemessenes Verständnis des wesentlichen Inhalts der vertraulichen Daten zu ermöglichen. Der Antragsteller legte eine aussagekräftige Zusammenfassung unter Angabe von Spannen vor, die im Vergleich zu den tatsächlichen Zahlen eng genug gefasst waren, um interessierten Parteien eine Einschätzung von Menge und Entwicklung der Einfuhren zu ermöglichen. Daher waren die chinesischen ausführenden Hersteller in der Lage, ihre Verteidigungsrechte auszuüben.
(16)
Anhui Jinhe brachte vor, dass die Attraktivität des Unionsmarktes im Antrag nicht nachgewiesen worden sei, da aus ihm hervorgehe, dass die von chinesischen Ausführern in Rechnung gestellten Durchschnittspreise für Ausfuhren in die Union und für Ausfuhren auf andere Märkte identisch sind. Somit mache es für die chinesischen Hersteller keinen Unterschied, ob sie in der Union oder in Drittländern verkauften. Anhui Jinhe verwies diesbezüglich auf die Untersuchungen in den Verfahren „Bioethanol” (8) und „Harnstoff” (9), in denen die Kommission zu dem Schluss gekommen war, dass der Unionsmarkt dann für ausführende Hersteller attraktiv ist, wenn die Preise der Ausfuhren in die Union über den Preisen für Ausfuhren auf Drittmärkte liegen.
(17)
Der Antragsteller brachte diesbezüglich vor, der Antrag zeige eindeutig, dass der Unionsmarkt für chinesische ausführende Hersteller attraktiv sei, weil sie ohne Antidumpingmaßnahmen auf dem Unionsmarkt größere Mengen verkaufen könnten als auf anderen Märkten. Überdies sei der Unionsmarkt für chinesische Hersteller vor Einführung der Antidumpingzölle attraktiv gewesen.
(18)
Nach Auffassung der Kommission ging aus dem Antrag hervor, dass die chinesischen ausführenden Hersteller ihr Absatzvolumen auf dem Unionsmarkt bei einem Außerkrafttreten der Antidumpingmaßnahmen wahrscheinlich erheblich steigern würden.
(19)
Anhui Jinhe argumentierte außerdem, dass die Behauptungen des Antragstellers in Bezug auf die Zielpreisunterbietung offenkundig falsch seien, da die im Antrag für die Berechnung der Zielpreisunterbietung herangezogenen Herstellkosten des Antragstellers im Vergleich zur Ausgangsuntersuchung zu hoch angesetzt seien und keine zuverlässige Grundlage bildeten. Darüber hinaus habe der Antragsteller sein Preisniveau seit der Ausgangsuntersuchung erheblich angehoben und würden ihm die Antidumpingmaßnahmen übermäßig hohe Gewinne einbringen, die weit über dem in der Ausgangsuntersuchung erfassten Niveau lägen. Anhui Jinhe verwies diesbezüglich auf die Untersuchungen in den Verfahren „Dicyandiamid” (10) und „Harnstoff” (11), in denen die Kommission in Anbetracht der hohen Rentabilität des Wirtschaftszweigs der Union ein Auslaufen der Maßnahmen gestattet hatte. Anhui Jinhe argumentierte außerdem, dass die Produktionskapazität des Wirtschaftszweigs der Union vollständig ausgelastet sei und nicht ausreiche, um eine steigende Nachfrage in der Union zu bedienen, und verwies auf das Verfahren „Ferro-Silicon” (12), in dem die Kommission die Maßnahmen eingestellt hatte. Darüber hinaus brachte Anhui Jinhe vor, die chinesischen Hersteller hätten trotz der Verbotsmaßnahmen noch immer einen Marktanteil von [28 %-34 %], weil Verwender immer zwei oder mehr Lieferanten von Acesulfam-K behielten, um die Sicherheit der Lieferkette zu gewährleisten, was insbesondere nach den durch die COVID-19-Krise bedingten jüngsten Störungen gelte. Schließlich betonte Anhui Jinhe, dass sich der Wirtschaftszweig der Union auf Drittmärkten, auf denen keine Maßnahmen gelten, erfolgreich im Wettbewerb mit chinesischen Einfuhren behaupte und auf diesen Märkten beträchtliche Mengen verkaufe. Dies zeige, dass der Antragsteller in der Lage sei, ohne Antidumpingmaßnahmen im Wettbewerb gegen chinesische Einfuhren zu bestehen, was nahelege, dass ein Anhalten der Schädigung nicht zu erwarten sei.
(20)
Der Antragsteller bestritt die vorstehenden Behauptungen. Vielmehr habe er die von der Kommission in der Ausgangsuntersuchung ermittelte Gewinnspanne in seinem Antrag für die Berechnungen der Zielpreisunterbietung herangezogen. Außerdem werde durch die Antidumpingzölle gewährleistet, dass die Preise der Einfuhren aus China auf nicht schädigendem Niveau liegen. Die chinesischen ausführenden Hersteller würden ihren Marktanteil in der Union im Falle eines Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen auf den gleichen prozentualen Anteil steigern wie in der übrigen Welt. Der Antragsteller legte außerdem detaillierte Szenarien dar, um zu veranschaulichen, wie sich ein Außerkrafttreten der Antidumpingmaßnahmen auf seine Geschäftstätigkeit auswirken würde.
(21)
Die Analyse der Kommission bestätigte, dass keiner der von Anhui Jinhe genannten Sachverhalte, ob sachlich richtig oder nicht, ausreichte, um die Schlussfolgerung infrage zu stellen, dass hinreichende Beweise im Antrag darauf hindeuteten, dass das Außerkrafttreten der Maßnahmen wahrscheinlich ein Anhalten des Dumpings und ein Wiederauftreten der Schädigung zur Folge hätte. Diese Aspekte waren auf der Grundlage der besten Beweise, über die der Antragsteller damals verfügte, ermittelt worden und hinreichend repräsentativ und zuverlässig. Darüber hinaus wurden die Vorbringen von Anhui Jinhe und die Gegenargumente des Antragstellers im Laufe der Untersuchung eingehend geprüft und werden im Folgenden näher behandelt.
(22)
Auf dieser Grundlage bestätigte die Kommission, dass im Antrag hinreichend nachgewiesen wurde, dass beim Außerkrafttreten der Maßnahmen mit einem Anhalten des Dumpings und einem erneuten Auftreten der Schädigung zu rechnen wäre und somit die Anforderungen nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung erfüllt sind.
(23)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung argumentierte Anhui Jinhe, dass die Angaben im Antrag entweder nicht maßgeblich seien (weil sich z. B. die Belege für Verzerrungen bei Sulfaminsäure auf angebliche Verzerrungen bei Harnstoff und die Belege für Verzerrungen bei Kaliumhydroxid auf Kaliumsalz bezogen hätten) oder nicht auf öffentlich verfügbaren Quellen beruhten (z. B. würden sich die Angaben zu Verzerrungen bei Essigsäure auf einen vom Antragsteller erworbenen Bericht stützen, der zudem nicht mit dem Länderbericht über China vereinbar sei).
(24)
Diesbezüglich ist festzustellen, dass Sulfaminsäure aus Harnstoff und Kaliumhydroxid aus Kaliumsalz hergestellt wird und sich etwaige Marktverzerrungen bei den Rohstoffen somit auch auf das Endprodukt auswirken. Außerdem verweist der Antragsteller entgegen dem Vorbringen von Anhui Jinhe neben einer anderen vertraulichen Quelle auch auf den Länderbericht über China. Wie der Antragsteller anmerkte, gab es im Länderbericht eine Unstimmigkeit zwischen den Angaben im Text und den Zahlen zur Kapazitätsauslastung bei Essigsäure in China. Es besteht jedoch keine Unstimmigkeit zwischen dem Länderbericht und der vertraulichen Quelle, weil die vom Antragsteller übermittelten und von der Kommission geprüften aktualisierten Daten zur Kapazitätsauslastung mit den Zahlen zur Kapazitätsauslastung im Länderbericht übereinstimmten. Daher wurden die Vorbringen zurückgewiesen.
1.6.1.
Bildung einer Stichprobe
(25)
Angesichts der offensichtlich großen Zahl von Herstellern im betroffenen Land und von unabhängigen Einführern in der Union wies die Kommission in der Einleitungsbekanntmachung darauf hin, dass sie im Einklang mit Artikel 17 der Grundverordnung möglicherweise eine Stichprobe der Hersteller und unabhängigen Einführer bilden werde.
1.6.2.
Bildung einer Stichprobe der Hersteller in der VR China
(26)
Um über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden zu können, forderte die Kommission alle Hersteller in der VR China zur Vorlage der in der Einleitungsbekanntmachung genannten Informationen auf. Ferner ersuchte sie die Vertretung der Volksrepublik China bei der Europäischen Union, etwaige andere Hersteller zu ermitteln und/oder zu kontaktieren, die an einer Mitarbeit bei der Untersuchung interessiert sein könnten.
(27)
Zwei ausführende Hersteller im betroffenen Land übermittelten die erbetenen Informationen und stimmten ihrer Einbeziehung in die Stichprobe zu. Angesichts dieser geringen Zahl an Antworten befand die Kommission, dass sich die Bildung einer Stichprobe erübrigte, und unterrichtete alle interessierten Parteien durch einen Aktenvermerk. Die Kommission bat diese Unternehmen um ihre Mitarbeit an der Untersuchung und schickte ihnen einen Link zum Fragebogen.
1.6.3.
Bildung einer Stichprobe der Einführer
(28)
Damit die Kommission über die Notwendigkeit eines Stichprobenverfahrens entscheiden und gegebenenfalls eine Stichprobe bilden konnte, bat sie unabhängige Einführer um Übermittlung der in der Einleitungsbekanntmachung genannten Informationen.
(29)
Es meldete sich kein unabhängiger Einführer, der bereit gewesen wäre, die erbetenen Informationen vorzulegen und seiner Einbeziehung in die Stichprobe zuzustimmen.
1.7.
Fragebogenantworten
(30)
Die Kommission übersandte der Regierung der Volksrepublik China (im Folgenden „chinesische Regierung” ) einen Fragebogen zum Vorliegen nennenswerter Verzerrungen in der VR China im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung.
(31)
Die Kommission schickte zwei ausführenden Herstellern, die den Stichprobenfragebogen zurückgesandt hatten, die Links zum Fragebogen. Dieselben Fragebogen wurden am Tag der Einleitung auch online(13) bereitgestellt.
(32)
Ausgefüllte Fragebogen gingen von einem ausführenden Hersteller und dem einzigen Unionshersteller ein.
1.8.
Überprüfung
(33)
Die Kommission holte alle Informationen ein, die sie zur Ermittlung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens von Dumping und Schädigung sowie zur Ermittlung des Unionsinteresses benötigte, und glich sie ab. Aufgrund des Ausbruchs der COVID-19-Pandemie und der daraufhin ergriffenen Maßnahmen zum Umgang mit dem Ausbruch (im Folgenden „COVID-19-Bekanntmachung” )(14) war die Kommission jedoch nicht in der Lage, Kontrollbesuche in den Betrieben der mitarbeitenden Unternehmen durchzuführen. Stattdessen führte die Kommission per Videokonferenz Fernabgleiche der von den folgenden Unternehmen übermittelten Informationen durch:
a)
Unionshersteller

Celanese Sales Germany GmbH, Celanese Production Germany GmbH & Co. KG Sulzbach (Deutschland) und die wichtigste operative Gesellschaft Celanese Europe BV, Amsterdam (Niederlande);

b)
Ausführender Hersteller in der VR China

Anhui Jinhe Industrial Co., Ltd, Chuzhou, Anhui.

1.9.
Weiteres Verfahren
(34)
Am 27. Oktober 2021 erfolgte seitens der Kommission die Unterrichtung über die wesentlichen Tatsachen und Erwägungen, aufgrund deren die Antidumpingzölle aufrechterhalten werden sollten (im Folgenden „endgültige Unterrichtung” ). Nach dieser Unterrichtung wurde allen Parteien eine Frist zur Stellungnahme und zur Beantragung einer Anhörung durch die Kommission und/oder die Anhörungsbeauftragte in Handelsverfahren eingeräumt.
(35)
Von Anhui Jinhe und vom Antragsteller gingen Stellungnahmen ein.
(36)
Es fanden Anhörungen mit Anhui Jinhe und dem Antragsteller statt.
2.
BETROFFENE WARE UND GLEICHARTIGE WARE
2.1.
Überprüfte Ware
(37)
Bei der überprüften Ware handelt es sich um dieselbe Ware wie in der Ausgangsuntersuchung, d. h. um Acesulfam (Kaliumsalz von 6-Methyl-1,2,3-oxathiazin-4(3H)-on-2,2-dioxid; CAS-Nummer 55589-62-3) mit Ursprung in der Volksrepublik China, das derzeit unter dem KN-Code ex29349990 (TARIC-Code 2934999021) eingereiht ist (im Folgenden „überprüfte Ware” ). Acesulfam wird gemeinhin auch als Acesulfam-K bezeichnet.
(38)
Acesulfam wird in einer Reihe von Anwendungen, etwa in Lebensmitteln, Getränken und Arzneimitteln, als synthetischer Süßstoff eingesetzt.
2.2.
Gleichartige Ware
(39)
Die im Rahmen der Auslaufüberprüfung durchgeführte Untersuchung bestätigte die in der Ausgangsuntersuchung getroffene Feststellung, dass die folgenden Waren dieselben grundlegenden materiellen und chemischen Eigenschaften und dieselben grundlegenden Verwendungen aufweisen:
(40)
Sie werden daher als gleichartige Waren im Sinne des Artikels 1 Absatz 4 der Grundverordnung betrachtet.
3.
WAHRSCHEINLICHKEIT EINES ANHALTENS ODER ERNEUTEN AUFTRETENS DES DUMPINGS
3.1.
Vorbemerkungen
(41)
Nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung prüfte die Kommission, ob im Falle des Außerkrafttretens der geltenden Maßnahmen ein Anhalten oder erneutes Auftreten des Dumpings seitens der VR China wahrscheinlich wäre.
(42)
Die Einfuhren von Acesulfam-K aus der VR China wurden im Untersuchungszeitraum der Überprüfung fortgesetzt, wenn auch in geringerem Umfang als im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung (d. h. vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2014). Aus den von den Mitgliedstaaten nach Artikel 14 Absatz 6 der Grundverordnung an die Kommission gemeldeten Daten (im Folgenden „Datenbank zu Artikel 14 Absatz 6” ) geht hervor, dass die Einfuhren von Acesulfam-K aus der VR China im Untersuchungszeitraum der Überprüfung [31 %-37 %] des Unionsmarktes ausmachten, verglichen mit einem Marktanteil von [65 %-80 %] im Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung. In absoluten Zahlen sind die Einfuhren aus der VR China seit dem Untersuchungszeitraum der Ausgangsuntersuchung um [47 %-56 %] zurückgegangen.
(43)
Wie in Erwägungsgrund 32 erwähnt, übermittelte nur einer der Ausführer/Hersteller aus der VR China eine Fragebogenantwort und wurde in der Untersuchung als mitarbeitendes Unternehmen betrachtet.
3.2.
Verfahren zur Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung
(44)
Angesichts der zum Zeitpunkt der Untersuchungseinleitung vorliegenden ausreichenden Beweise, die auf das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung in Bezug auf die VR China hindeuteten, erachtete es die Kommission für angemessen, die Untersuchung in Bezug auf die ausführenden Hersteller dieses Landes auf Grundlage des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung einzuleiten.
(45)
Um die erforderlichen Daten für eine etwaige Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung zu erheben, forderte die Kommission in der Einleitungsbekanntmachung alle ausführenden Hersteller in der VR China daher auf, Angaben zu den bei der Herstellung von Acesulfam-K eingesetzten Inputs zu übermitteln. Ein ausführender Hersteller aus der VR China übermittelte die sachdienlichen Informationen.
(46)
Um die Informationen einzuholen, die sie für die Untersuchung der mutmaßlichen nennenswerten Verzerrungen benötigte, übersandte die Kommission der chinesischen Regierung einen Fragebogen. Unter Nummer 5.3.2 der Einleitungsbekanntmachung bat die Kommission darüber hinaus alle interessierten Parteien, innerhalb von 37 Tagen nach Veröffentlichung der Einleitungsbekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union ihren Standpunkt bezüglich der Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung unter Vorlage von Informationen und sachdienlichen Nachweisen darzulegen. Von der chinesischen Regierung ging keine Antwort zu den angeforderten Informationen ein. In der Folge unterrichtete die Kommission die chinesische Regierung, dass sie zur Ermittlung des Vorliegens nennenswerter Verzerrungen in der VR China die verfügbaren Informationen im Sinne des Artikels 18 der Grundverordnung zugrunde legen werde.
(47)
Vom ausführenden Hersteller Anhui Jinhe gingen Stellungnahmen zur Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung ein.
(48)
Nach Artikel 2 Absatz 1 der Grundverordnung stützt sich der Normalwert „normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind” .
(49)
Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung sieht allerdings Folgendes vor: „Wird […] festgestellt, dass es nicht angemessen ist, die Inlandspreise und -kosten im Ausfuhrland zu verwenden, weil in diesem Land nennenswerte Verzerrungen im Sinne von Buchstabe b bestehen, so wird der Normalwert ausschließlich anhand von Herstell- und Verkaufskosten, die unverzerrte Preise oder Vergleichswerte widerspiegeln, rechnerisch ermittelt” ; dieser rechnerisch ermittelte Normalwert „muss einen unverzerrten und angemessenen Betrag für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne beinhalten” .
(50)
Wie im Folgenden dargelegt, gelangte die Kommission in dieser Untersuchung zu dem Schluss, dass auf der Grundlage der vorliegenden Beweise und in Ermangelung einer Mitarbeit seitens der chinesischen Regierung die Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung angezeigt war.
3.2.1.
Vorliegen nennenswerter Verzerrungen
3.2.1.1.
(51)
Nennenswerte Verzerrungen sind nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung Verzerrungen, die eintreten, wenn sich die gemeldeten Preise oder Kosten, einschließlich der Rohstoff- und Energiekosten, nicht aus dem freien Spiel der Marktkräfte ergeben, weil sie von erheblichen staatlichen Eingriffen beeinflusst sind. Bei der Beurteilung der Frage, ob nennenswerte Verzerrungen vorliegen, werden unter anderem die möglichen Auswirkungen von einem oder mehreren der folgenden Sachverhalte berücksichtigt:
(52)
Da die Liste in Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung nicht kumulativ ist, müssen nicht alle genannten Sachverhalte berücksichtigt werden, wenn es um die Feststellung nennenswerter Verzerrungen geht. Auch kann ein und dasselbe Faktum zugrunde gelegt werden, um aufzuzeigen, dass mehrere der in der Liste genannten Sachverhalte gegeben sind. Allerdings ist jede Schlussfolgerung zum Vorliegen nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe a auf der Grundlage sämtlicher vorliegender Beweise zu treffen. Bei der Gesamtbewertung des Vorliegens von Verzerrungen können auch der allgemeine Kontext und die allgemeine Lage im Ausfuhrland berücksichtigt werden, insbesondere wenn die Regierung aufgrund der grundlegenden Elemente der Wirtschafts- und Verwaltungsstruktur des Ausfuhrlandes über umfangreiche Befugnisse verfügt, die es ihr ermöglichen, in einer Weise in die Wirtschaft einzugreifen, dass sich die Preise und Kosten nicht mehr aus dem freien Spiel der Marktkräfte ergeben.
(53)
In Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe c der Grundverordnung ist Folgendes festgelegt: „Wenn die Kommission fundierte Hinweise darauf hat, dass in einem bestimmten Land oder einer bestimmten Branche in diesem Land möglicherweise nennenswerte Verzerrungen im Sinne von Buchstabe b vorliegen, und wenn es für die wirksame Anwendung dieser Verordnung angemessen ist, erstellt die Kommission einen Bericht, in dem die Marktgegebenheiten gemäß Buchstabe b in diesem Land oder dieser Branche beschrieben werden, macht ihn öffentlich zugänglich und aktualisiert ihn regelmäßig.” Aufgrund dieser Bestimmung hat die Kommission einen Länderbericht zur VR China (im Folgenden „Bericht” )(15) erstellt, in dem aufgezeigt wird, dass auf vielen Ebenen der Wirtschaft erhebliche staatliche Eingriffe sowie dadurch bedingte spezifische Verzerrungen bei zahlreichen wichtigen Produktionsfaktoren (wie Boden, Energie, Kapital, Rohstoffen und Arbeit) und in spezifischen Sektoren (wie etwa Stahl und Chemikalien) festzustellen sind. Die interessierten Parteien wurden aufgefordert, die zum Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung im Dossier enthaltenen Beweise zu widerlegen, zu ergänzen oder dazu Stellung zu nehmen. Der Bericht wurde zu Beginn der Untersuchung in das Dossier aufgenommen.
(54)
Der Antragsteller legte zusätzliche Informationen zu den Feststellungen des Berichts betreffend die zur Herstellung von Acesulfam-K verwendeten Rohstoffe vor. Der Antragsteller gab einen Bericht in Auftrag, um die Eigenschaften von Schwefeltrioxid, eines der wichtigsten Rohstoffe von Acesulfam-K, und die damit verbundenen Verzerrungen in den beiden chinesischen Provinzen, in denen es hergestellt wird, nämlich Jiangsu und Anhui, zu ermitteln. Die einschlägigen Belege umfassen den Plan zur Entwicklung der chemischen Industrie (Chemical Industry Development Plan) vom 24. Oktober 2016, in dem Vorgaben und Produktionsziele genannt werden, die den Versorgungsgrad im Chemiesektor unter anderem für die Schwefeltrioxid-Sulfonierung und mit Acesulfam-K sowie die Provinz Anhui betreffen, wobei auf die am 14. März 2018 herausgegebenen Stellungnahmen des Komitees der Provinz Anhui der Kommunistischen Partei Chinas und der Volksregierung der Provinz Anhui zur Förderung einer hochwertigen Wirtschaftsentwicklung (Opinions of CPC Anhui Provincial Committee and Anhui Provincial People’s Government on Promoting High-quality Economic Development) verwiesen wird. In diesem Strategiedokument werden mehrere industriepolitische Initiativen zur Förderung einer hochwertigen Wirtschaftsentwicklung insbesondere in der Provinz Anhui dargelegt, darunter finanzielle Anreize und Steuererleichterungen für Industrie- und Logistikunternehmen, die im Einklang mit den im zentralen Leitfaden für die strukturelle Anpassung (Central Structural Adjustment Catalogue) genannten „geförderten” Industriezweige agieren. Der Antragsteller erläuterte zudem, inwiefern die wirtschafts- und industriepolitischen Ziele im Beschluss des Staatsrats vom 2. Dezember 2005 zur Verkündung der Umsetzung der Übergangsbestimmungen zur Förderung der industriellen Umstrukturierung (State Council Decision on Promulgating the Implementation of the Interim Provisions on the Promotion of Industrial Restructuring) festgelegt seien, in dem alle Provinzregierungen angewiesen würden, spezielle Maßnahmen zur Steuerung von Investitionen zu bestimmen. Dazu gehörten Unterstützungsmaßnahmen betreffend Boden, Kredite, Steuern, Einfuhren und Ausfuhren. Er wies auch auf andere staatliche Interventionsmaßnahmen wie den im Januar 2013 herausgegebenen Leitfaden zur Anpassung der Industriestruktur (Guidance Catalogue for the Structural Adjustment of Industry) hin, in dem die Industriezweige in „geförderte” , „eingeschränkte” und „gestrichene” Industriezweige eingeteilt werden. Nach diesem Leitfaden falle die Schwefeltrioxid-Sulfonierung unter die „geförderten” Industriezweige.
(55)
Im Antrag wurde auch ein Dokument über die Ausfuhrsteuer und die Aufhebung der Mehrwertsteuererstattung für Schwefeltrioxid (Sulphur Trioxide’s Export Tax and VAT Refund Withdrawal) erwähnt, in dem mit der Ausfuhr verbundene Mehrwertsteuerkosten in Höhe von 13 % genannt werden, was eine Ausfuhrbeschränkung zur Folge habe.
(56)
Im Antrag wurde die Rolle von Preiskontrollen in Bezug auf Strom, Gas, Dampf und Wasser in den Provinzen Jiangsu und Anhui erläutert und auf die Eingriffe seitens des Staates und der Provinzen in die Kohleindustrie hingewiesen. In den am 1. Februar 2016 veröffentlichten Stellungnahmen des Staatsrats betreffend den Abbau von Überkapazitäten in der Kohleindustrie und deren Entwicklung (Opinions of the State Council on the Reduction of Overcapacity in the Coal Industry and its Development) wird bestätigt, dass Probleme im Zusammenhang mit Überkapazitäten bestehen und dass es in diesem Sektor erhebliche staatliche Eingriffe gibt.
(57)
Schließlich werden im Antrag spezielle Subventionen für Nantong Acetic Acid aufgeführt, ein mit dem Hersteller von Acesulfam-K, Nantong Hongxin, verbundenes Unternehmen. Einer öffentlichen Bekanntmachung von Nantong Acetic Acid und dem Jahresbericht 2018 von Nantong Acetic Acid zufolge genießt Nantong Acetic Acid nach dem Programm für Einkommenssteuervergünstigungen für Unternehmen im Bereich Hoch- und Zukunftstechnologie (Preferential Income Tax Program for High- or New-Technology Enterprises) einen ermäßigten Einkommenssteuersatz von 15 % (statt 25 %).
(58)
Darüber hinaus wurde im Antrag auf mehrere im Bericht ermittelte Verzerrungen in Bezug auf andere bei der Herstellung von Acesulfam-K verwendete Rohstoffe wie Diketen, Sulfaminsäure, Triethylamin, Kaliumhydroxid, Essigsäure Dichlormethan und Ammoniak verwiesen. So enthielt der Antrag Beweise für Überkapazitäten im Chemiesektor, die zeigten, dass die Kapazitätsauslastungsrate bei Essigsäure in der VR China im vierten Quartal 2019 rund 69 % betrug und dass sie den Prognosen im Antrag zufolge im ersten Quartal 2020 bei rund 63 % liegen und bis Ende 2020 auf rund 67 % ansteigen würde. Zusätzlich zu der bestehenden Überkapazität unterliegen in China Investitionen in die Herstellung von Essigsäure Kontrollen nach Maßgabe des Katalogs zur Lenkung der industriellen Umstrukturierung (in der überarbeiteten Fassung von 2013). Zusammen führen diese beiden Faktoren dazu, dass der chinesische Markt für Essigsäure und folglich auch die nachgelagerte Produktion von Diketen Verzerrungen unterliegen.
(59)
Darüber hinaus wurden im Antrag staatliche Eingriffe in die politischen Ziele und Vorgaben im Rahmen des 13. Fünfjahresplans für die petrochemische Industrie der Provinz Hebei erwähnt. Der Plan verdeutlicht, wie der chinesische Staat den Schwefelabbau kontrolliert und Beschränkungen des Marktzugangs für die Herstellung von Schwefelsäure festlegt. Durch Kontrollen des Schwefelabbaus und die Beschränkung von Investitionen in die Herstellung von Schwefelsäure verzerrt die chinesische Regierung nicht nur den Markt für diese beiden Waren, sondern auch den Markt für die Herstellung von Schwefeltrioxid.
(60)
Im Antrag wurde darüber hinaus auf andere Arten staatlicher Eingriffe in den Harnstoffmarkt verwiesen, darunter strenge Einfuhrkontingente für Harnstoff und Ausfuhrsteuern. Harnstoff ist ein vorgelagerter Rohstoff, der zusammen mit Schwefeltrioxid und Schwefelsäure zur Herstellung von Sulfaminsäure verwendet wird. Außerdem hat die chinesische Regierung Inlandsverkäufe von Harnstoff seit dem 1. Juli 2005 von der Mehrwertsteuer befreit. Schließlich griff die chinesische Regierung durch das seit 2004 bestehende staatliche Düngemittelsystem in den Markt ein. Dem Bericht zufolge genießen Harnstoffhersteller vergünstigte Stromtarife und vergünstigte Tarife für den Schienengüterverkehr.
(61)
Unter Verweis auf den Bericht wurde im Antrag angemerkt, dass Kaliumsalz in der Liste der Rohstoffe des 13. Fünfjahresplans für mineralische Ressourcen aufgeführt ist, der eine Reihe detaillierter Bestimmungen für verschiedene Gruppen von Mineralien umfasst. In der Rubrik „Phosphor” wird im Bericht der Kommission festgestellt, dass eines der Ziele darin besteht, entsprechend der Strategie für Ernährungssicherheit das Angebot an wichtigen, in der Landwirtschaft verwendeten mineralischen Ressourcen wie Phosphor, Schwefel und Kalium zu stabilisieren. Überdies werden im Bericht auch „Kali und andere natürliche Kalirohsalze” unter den von Ausfuhrzöllen betroffenen Erzeugnissen aufgeführt. Weitere im Antrag erwähnte staatliche Eingriffe betreffen Ammoniak, einen zusätzlichen Rohstoff, der für das Recycling von Abfallschwefelsäure eingekauft wird.
(62)
Weiter wies der Antragsteller darauf hin, dass die chinesische Regierung dem Bericht zufolge selbst einräumte, dass beim Stromverkauf noch kein wirksamer Wettbewerbsmechanismus eingeführt worden ist. Dies lässt darauf schließen, dass auf dem chinesischen Markt der Stromversorgung für industrielle Zwecke nennenswerte Verzerrungen bestehen. Schließlich wurden im Antrag weitere Bereiche genannt, in denen staatliche Eingriffe die Kosten industrieller Betreiber in China beeinflussen, beispielsweise beim Zugang zu Landnutzungsrechten (Bericht, Kapitel 9), beim Zugang zu Kapital und Finanzmitteln (Bericht, Kapitel 11) und auf dem Arbeitsmarkt (Bericht, Kapitel 13).
(63)
Wie in Erwägungsgrund 46 dargelegt, nahm die chinesische Regierung zu den im Dossier, einschließlich des Berichts, vorliegenden Beweisen und den vom Antragsteller beigebrachten zusätzlichen Nachweisen für das Bestehen nennenswerter Verzerrungen und/oder zur Angemessenheit der Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung auf den vorliegenden Fall weder Stellung noch legte sie Beweise zur Stützung oder Widerlegung der betreffenden Beweise vor.
(64)
Diesbezüglich gingen Stellungnahmen vom mitarbeitenden ausführenden Hersteller Anhui Jinhe ein, der einwandte, dass das zur Rechtfertigung der Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung vorgebrachte Argument unbegründet und nicht auf das Unternehmen anwendbar sei. Die Feststellungen in dem vom Antragsteller in Auftrag gegebenen Bericht über Verzerrungen bei Diketen, Schwefeltrioxid und Schwefelsäure seien für Anhui Jinhe nicht relevant, weil Anhui Jinhe diese Inputs selbst herstelle. Die maßgeblichen vorgelagerten Rohstoffe seien Eisessigsäure, Sulfaminsäure und Kaliumhydroxid.
(65)
Diesbezüglich verwies Anhui Jinhe auf die jüngere Praxis der Kommission zu Artikel 2 Absatz 6a Buchstaben a und c der Grundverordnung, zum Beispiel im Verfahren „Aluminiumstrangpresserzeugnisse” (16), wonach ausführende Hersteller verpflichtet seien, Beweise zu unverzerrten Preisen und Kosten vorzulegen, damit „positiv festgestellt” werde, dass ihre Inlandskosten keinen nennenswerten Verzerrungen unterliegen. Das Unternehmen brachte vor, dass die Inlandspreise der relevanten Rohstoffe marktorientiert seien und auf der Grundlage der jeweiligen Marktbedingungen ausgehandelt würden. Als Beweis legte das Unternehmen insbesondere einen Vergleich seiner Preise mit den türkischen Preisen anhand der Datenbank COMTRADE vor, um zu zeigen, dass die im Vergleich zu internationalen Preisen niedrigeren Inputpreise für Eisessigsäure, Sulfaminsäure und Kaliumhydroxid hauptsächlich auf wesentlich niedrigere Transportkosten in China zurückzuführen seien, weil das Unternehmen ausschließlich auf Inlandslieferungen zurückgreife.
(66)
Des Weiteren argumentierte das Unternehmen, dass es nicht unter der Kontrolle der Behörden des Ausfuhrlandes stehe. Das Unternehmen brachte außerdem vor, dass der Staat nicht in die Preise und Kosten der Inputs für die Herstellung von Acesulfam-K eingreife. Die Gegenargumente zu diesen Vorbringen werden in den Abschnitten 3.2.1.3 und 3.2.1.4 erörtert.
(67)
In seinen Stellungnahmen wies der ausführende Hersteller auch darauf hin, dass Artikel 2 Absatz 6a nicht mit dem Antidumping-Übereinkommen der WTO (im Folgenden „Antidumping-Übereinkommen” ) vereinbar sei. Der Grund dafür sei zunächst, dass in Artikel 2.2 des Antidumping-Übereinkommens drei Szenarien anerkannt werden, bei denen die rechnerische Ermittlung des Normalwerts zulässig ist: i) wenn keine Verkäufe im normalen Handelsverkehr stattfinden, ii) wenn es sich um eine besondere Marktlage handelt und iii) wenn der Verkauf auf dem Inlandsmarkt wegen der geringen Verkaufsmenge nicht repräsentativ ist. Anhui Jinhe brachte vor, dass nennenswerte Verzerrungen keines dieser drei Kriterien erfüllen würden. Obgleich es möglich sei, den Begriff der nennenswerten Verzerrungen unter das zweite der genannten Kriterien einzuordnen, werde in „DS529 Australia — Anti-Dumping Measures on A4 Copy Paper” vom WTO Panel bestätigt, dass die Tatsache, dass der Inlandspreis der betroffenen Ware und ihrer Inputs von staatlichen Verzerrungen betroffen ist, nicht für die Annahme ausreiche, dass der angemessene Vergleich zwischen Inlandsmarktverkäufen und Ausfuhrverkäufen „wegen der besonderen Marktlage” beeinträchtigt werde. Des Weiteren wende die Kommission die rechnerische Ermittlung des Normalwerts systematisch an, obwohl sie von Fall zu Fall prüfen sollte, ob die Voraussetzungen von Artikel 2.2 des Antidumping-Übereinkommens erfüllt sind.
(68)
Außerdem sehe Artikel 2.2 des Antidumping-Übereinkommens vor, dass die rechnerische Ermittlung des Normalwerts „Kosten im Ursprungsland” widerspiegeln müsse, wie in den Verfahren „WTO DS529 Australia — Anti-Dumping Measures on A4 Copy Paper” und „WTO DS473 European Union — Anti-Dumping Measures on Biodiesel from Argentina” bestätigt werde. Zudem wandte Anhui Jinhe ein, dass die rechnerische Ermittlung des Normalwerts den Anforderungen von Artikel 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens entsprechen sollte; außerdem erforderten die Feststellungen im Verfahren „WTO DS427 China — Anti-Dumping und Countervailing Duty Measures on Broiler Products from the United States” , dass die untersuchenden Behörden die erfassten Kosten der ausführenden Hersteller berücksichtigten, es sei denn, diese entsprächen nicht den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen oder spiegelten die mit der Herstellung und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht angemessen wider. Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung sei, so Anhui Jinhe, mit Artikel 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens unvereinbar, weil die Kosten des ausführenden Herstellers unabhängig davon, ob die erfassten Kosten die beiden vorstehenden Bedingungen erfüllten, systematisch außer Acht gelassen würden.
(69)
Die Kommission vertrat die Auffassung, dass die Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung voll und ganz mit den WTO-Verpflichtungen der Europäischen Union im Einklang stehen. Wie vom WTO-Rechtsmittelgremium im Verfahren „DS473” ausdrücklich klargestellt wurde, erlauben die WTO-Regeln die Verwendung von Daten aus einem Drittland, die gebührend berichtigt werden können, wenn eine solche Berichtigung erforderlich und begründet ist. Die Kommission erinnerte daran, dass die Verfahren „DS529 Australia — Anti-Dumping Measures on A4 Copy Paper” und „DS427 China — Broiler Products” (Artikel 21.5 — US) nicht die Auslegung von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung und die Bedingungen für dessen Anwendung betrafen. Darüber hinaus unterscheiden sich die diesen Streitfällen zugrunde liegenden Sachverhalte vom vorliegenden Sachverhalt und von den Kriterien, die für die Anwendung der Methode nach dieser Bestimmung der Grundverordnung, welche das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen im Ausfuhrland betrifft, den Ausschlag geben. Nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung wird der Normalwert nur dann anhand unverzerrter Kosten und Preise aus einem repräsentativen Land oder anhand eines internationalen Vergleichswerts rechnerisch ermittelt, wenn nennenswerte Verzerrungen bestehen, die die Kosten und Preise beeinflussen. In jedem Fall ist in Artikel 2 Absatz 6a Unterabsatz 2 dritter Gedankenstrich der Grundverordnung die Möglichkeit vorgesehen, Inlandskosten heranzuziehen, sofern festgestellt wird, dass sie nicht verzerrt sind. Daher wies die Kommission diese Einwände zurück.
(70)
Des Weiteren brachte Anhui Jinhe vor, dass Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung unvereinbar mit Artikel 2.2.2 des Antidumping-Übereinkommens sei. Das Rechtsmittelgremium habe im Verfahren „DS219 EC — Tube or Pipe Fittings” bestätigt, dass die untersuchende Behörde verpflichtet sei, die tatsächlichen VVG-Kosten und Gewinne der ausführenden Hersteller heranzuziehen, sofern diese Angaben vorlägen. Daher sei Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung unvereinbar mit Artikel 2.2.2 des Antidumping-Übereinkommens.
(71)
Die Kommission wies darauf hin, dass der Normalwert nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung anhand unverzerrter Preise oder Vergleichswerte in einem geeigneten repräsentativen Land für jeden ausführenden Hersteller einzeln rechnerisch ermittelt wird, sobald festgestellt wird, dass die Verwendung von Inlandspreisen und -kosten im Ausfuhrland aufgrund des Vorliegens nennenswerter Verzerrungen im Ausfuhrland nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung nicht angemessen ist. Wie erläutert, ermöglicht die gleiche Bestimmung der Grundverordnung auch das Heranziehen von Inlandskosten, wenn positiv festgestellt wird, dass sie nicht verzerrt sind. In diesem Zusammenhang erhielten die ausführenden Hersteller Gelegenheit, Beweise dafür vorzulegen, dass ihre individuellen VVG-Kosten und/oder anderen Inputkosten tatsächlich unverzerrt waren. Wie jedoch in den Abschnitten 3.2.1.2 bis 3.2.1.9 dargelegt, hat die Kommission das Vorliegen von Verzerrungen in der Acesulfam-K-Industrie festgestellt, und es wurden keine positiven Beweise dafür vorgelegt, dass die Produktionsfaktoren einzelner ausführender Hersteller unverzerrt waren. Daher wurden diese Vorbringen zurückgewiesen.
(72)
Schließlich brachte Anhui Jinhe vor, dass die Kommission nach den Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung verpflichtet sei, eine unternehmensspezifische und eine kostenspezifische Analyse vorzunehmen. Daher hätte eine spezifische Analyse bezüglich Anhui Jinhe auf der Grundlage des vom Unternehmen übermittelten Fragebogens durchgeführt werden müssen.
(73)
Die Kommission wies darauf hin, dass das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen, das für die Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung ausschlaggebend ist, in Bezug auf das ganze Land festgestellt wird. Wird festgestellt, dass nennenswerte Verzerrungen vorliegen, gelten die Bestimmungen von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung grundsätzlich für alle ausführenden Hersteller in der VR China und betreffen sämtliche Kosten, die mit ihren Produktionsfaktoren zusammenhängen. Die gleiche Bestimmung der Grundverordnung ermöglicht hingegen auch das Heranziehen von Inlandskosten, sofern positiv festgestellt wird, dass sie nicht von nennenswerten Verzerrungen betroffen sind. Es wurden jedoch keine zutreffenden und geeigneten Beweise für unverzerrte Inlandskosten erbracht. Insbesondere legten die ausführenden Hersteller keine zutreffenden und geeigneten Beweise für unverzerrte Preise und Kosten vor. In jedem Fall spiegeln die Berechnungen zu Anhui Jinhe die vom Unternehmen selbst übermittelten Angaben wider, einschließlich der Produktionsfaktoren und Beträge, wie sie vom Unternehmen im beantworteten Fragebogen angegeben wurden, aber unter gebührender Berücksichtigung des Vorliegens nennenswerter Verzerrungen in der VR China und der Auswirkungen dieser Verzerrungen gemäß den Bestimmungen der Grundverordnung, insbesondere des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung. Die Vorbringen wurden deshalb zurückgewiesen.
(74)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung brachte Anhui Jinhe erneut seine in den Erwägungsgründen 67 und 68 dargelegten Argumente zur Vereinbarkeit von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung mit den WTO-Regeln vor. Das Unternehmen argumentierte, die Europäische Kommission sollte von der Anwendung der Methode nach Artikel 2 Absatz 6a absehen oder genau erläutern, wie diese Methode in Übereinstimmung mit den Verpflichtungen nach den Artikeln 2.2, 2.2.1.1 und 2.2.2 des Antidumping-Übereinkommens angewandt werden könne. So erklärte Anhui Jinhe, die Kommission dürfe den Normalwert nur rechnerisch ermitteln, wenn eine der drei Voraussetzungen des Artikels 2.2 gegeben sei. Wenn sich die Kommission auf die zweite (oder dritte) Voraussetzung stütze, müsse sie prüfen, ob ein „angemessener Vergleich” des Inlandspreises und des Ausfuhrpreises erlaubt sei oder nicht.
(75)
In Bezug auf das Argument, dass die WTO-Regeln (wie in DS473 klargestellt) die Heranziehung von Daten aus einem Drittland erlauben, „die gebührend berichtigt werden können, wenn eine solche Berichtigung erforderlich und begründet ist” , führte Anhui Jinhe an, dieses rechtliche Kriterium werde im Bericht des Panels bzw. des Rechtsmittelgremiums nicht erwähnt. Der Deutung von Anhui Jinhe zufolge habe die Kommission den Bericht in voreingenommener und restriktiver Weise ausgelegt, in dem ausdrücklich erwähnt werde, dass eine Untersuchungsbehörde dann, wenn sie sich bei der Berechnung der „Herstellkosten im Ursprungsland” nach Artikel 2.2 auf aus anderen Ländern stammende Informationen stützt, verpflichtet sei, sicherzustellen, dass diese Informationen zur Ermittlung der „Herstellkosten im Ursprungsland” verwendet werden, und dass folglich die Untersuchungsbehörde verpflichtet sein könne, diese Informationen zu übernehmen.
(76)
Des Weiteren brachte Anhui Jinhe vor, dass es sich bei einer „nennenswerten Verzerrung” an sich nicht um eine der Voraussetzungen für den Rückgriff auf die rechnerische Ermittlung des Normalwerts handele. In Bezug auf die Möglichkeit schließlich, Inlandskosten heranzuziehen, sofern festgestellt wird, dass sie nicht verzerrt sind, hätte die Kommission Anhui Jinhe zufolge die in Artikel 2 Absatz 6a vorgesehene Möglichkeit der Verwendung tatsächlicher Daten des Unternehmens in Anspruch nehmen können.
(77)
Was die Argumente von Anhui Jinhe zur Vereinbarkeit des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung mit dem Antidumping-Übereinkommen und den Feststellungen des Streitbeilegungsgremiums anbelangt, so wurde darauf bereits in Erwägungsgrund 69 eingegangen und auch erläutert, dass das Verfahren DS473 nicht die Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a betraf. In Bezug auf das Vorbringen, dass das in Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung genannte Konzept der „nennenswerten Verzerrungen” in keiner Regel des Antidumping-Übereinkommens der WTO oder des GATT 1994 vorkomme, erinnerte die Kommission daran, dass innerstaatliche Rechtsvorschriften nicht genau den gleichen Wortlaut haben müssen wie die betroffenen Übereinkommen, um diesen Übereinkommen zu entsprechen; zudem steht Artikel 2 Absatz 6a nach Auffassung der Kommission vollständig mit den einschlägigen Regeln des Antidumping-Übereinkommens (insbesondere mit den Möglichkeiten der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2.2 des Antidumping-Übereinkommens) in Einklang. Daher wurden die Vorbringen zurückgewiesen.
(78)
Anhui Jinhe erklärte außerdem, die Kommission habe nicht erläutert, weshalb die in den Erwägungsgründen 65 und 66 genannten Sachverhalte ihrer Auffassung nach nicht als „positive Beweise” im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a dafür zu betrachten seien, dass seine Kosten nicht verzerrt seien. Anhui Jinhe wiederholte diesen Einwand und fügte hinzu, seine Preise seien aufgrund seiner Beschaffungspraktiken (Online-Plattform) und der Tatsache, dass keine staatlichen Eingriffe seitens von der chinesischen Regierung kontrollierter Regierungsbehörden oder -stellen vorlägen, nicht verzerrt.
(79)
Wie in Erwägungsgrund 65 dargelegt, handelte es sich bei den von Anhui Jinhe vorgelegten Beweisen lediglich um einen Vergleich der von Anhui Jinhe für einen Rohstoff gezahlten inländischen Einkaufspreise mit aus der COMTRADE-Datenbank abgeleiteten türkischen Einkaufspreisen sowie mit aus der GTA-Datenbank abgeleiteten thailändischen Preisen. Der Vergleich ergab, dass der Inlandspreis unter den türkischen und thailändischen Einfuhrpreisen für die beiden Rohstoffe lag. Anhui Jinhe behauptete, dies sei auf seine geringeren inländischen Transportkosten zurückzuführen. Anhui Jinhe behauptete auch, dass es Eisessigsäure beim Antragsteller beziehe.
(80)
Die Kommission weist darauf hin, dass Anhui Jinhe keine Beweise zur Stützung seines Vorbringens bezüglich der Transportkosten erbracht hat. Außerdem genügt ein solcher Preisvergleich nicht als Nachweis dafür, dass die Inlandspreise in China nicht verzerrt sind. Des Weiteren bedeutet der Umstand, dass die Beschaffung auf dem Inlandsmarkt über das Internet erfolgte, nicht, dass die entsprechenden Preise nicht verzerrt waren. Darüber hinaus ergab die Untersuchung, dass Anhui Jinhe entgegen seiner Behauptung keine Eisessigsäure für die Produktion von Acesulfam-K beim Antragsteller bezogen hat. Daher wurden die Vorbringen zurückgewiesen.
(81)
Die Kommission prüfte, ob es angesichts nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung angemessen ist, die Inlandspreise und -kosten in der VR China heranzuziehen. Dabei stützte sich die Kommission auf die im Dossier verfügbaren Beweise, einschließlich der in dem (auf öffentlich verfügbaren Quellen basierenden) Bericht enthaltenen Belege. Im Rahmen der Analyse wurden nicht nur die erheblichen staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft der VR China im Allgemeinen untersucht, sondern auch die spezifische Marktsituation im betreffenden Sektor, insbesondere auch in Bezug auf die betroffene Ware. Die Kommission ergänzte diese Beweiselemente durch ihre eigenen Untersuchungen zu den verschiedenen für die Bestätigung des Vorliegens nennenswerter Verzerrungen in der VR China relevanten Kriterien.
3.2.1.2.
(82)
Das chinesische Wirtschaftssystem basiert auf dem Konzept einer „sozialistischen Marktwirtschaft” . Das Konzept ist in der chinesischen Verfassung verankert und bestimmt maßgeblich die wirtschaftspolitische Steuerung in der VR China. Grundprinzip ist das „sozialistische Gemeineigentum an den Produktionsmitteln, das heißt, das Volkseigentum und das Kollektiveigentum der werktätigen Massen” . Die staatliche Wirtschaft ist die „dominierende Kraft in der Volkswirtschaft” und der Staat hat „Konsolidierung und Entwicklung der staatlichen Wirtschaft” zu gewährleisten.(17) Die Gesamtarchitektur der chinesischen Volkswirtschaft ermöglicht somit erhebliche staatliche Eingriffe in die Wirtschaft nicht nur, sondern sieht solche Eingriffe sogar ausdrücklich vor. Der Gedanke des Primats des Gemeineigentums gegenüber dem Privateigentum durchdringt das gesamte Rechtssystem und wird in allen wesentlichen Rechtsvorschriften als allgemeines Prinzip herausgestellt. Ein Paradebeispiel ist das chinesische Eigentumsrecht: Es stellt ab auf die erste Stufe des Sozialismus und überträgt dem Staat die Aufgabe, das grundlegende Wirtschaftssystem aufrechtzuerhalten, in dem das Gemeineigentum eine dominierende Rolle spielt. Andere Formen von Eigentum werden toleriert und dürfen sich dem Gesetz nach Seite an Seite neben dem Staatseigentum entwickeln.(18)
(83)
Gemäß dem chinesischen Recht erfolgt die Weiterentwicklung der sozialistischen Marktwirtschaft unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas (im Folgenden „Kommunistische Partei” ). Die Strukturen des chinesischen Staates und der Kommunistischen Partei sind auf allen Ebenen (rechtlich, institutionell, personell) miteinander verflochten und bilden einen Überbau, in dem die Rolle der Kommunistischen Partei und die Rolle des Staates kaum voneinander zu trennen sind. Mit der Änderung der chinesischen Verfassung vom März 2018 wurde der Führungsrolle der Kommunistischen Partei noch größeres Gewicht verliehen, indem sie in Artikel 1 der Verfassung verankert wurde. Nach dem ersten Satz „Das sozialistische System ist das grundlegende System der Volksrepublik China” wurde ein neuer zweiter Satz eingefügt, der wie folgt lautet: „Das grundlegende Merkmal des Sozialismus chinesischer Prägung ist die Führungsrolle der Kommunistischen Partei Chinas.” (19) Dies veranschaulicht die unangefochtene und weiter zunehmende Kontrolle der Kommunistischen Partei über das Wirtschaftssystem der VR China. Diese Form der Führung und Kontrolle ist dem System inhärent und geht weit über das hinaus, was in anderen Ländern üblich ist, in denen die Regierungen eine allgemeine makroökonomische Kontrolle ausüben, innerhalb deren Grenzen sich aber das freie Spiel der Marktkräfte entfaltet.
(84)
Der chinesische Staat verfolgt eine interventionistische Wirtschaftspolitik, die nicht die in einem freien Markt gegebenen wirtschaftlichen Bedingungen widerspiegelt, sondern deren Zielsetzungen der von der Kommunistischen Partei festgelegten politischen Agenda entsprechen.(20) Das Spektrum der von den chinesischen Behörden eingesetzten interventionistischen wirtschaftspolitischen Instrumente ist vielfältig und umfasst unter anderem das System der industriellen Planung, das Finanzsystem sowie das Regelungsumfeld.
(85)
Erstens erfolgt die Steuerung der chinesischen Wirtschaft auf der Ebene der allgemeinen Verwaltungskontrolle durch ein komplexes System der industriellen Planung, das alle wirtschaftlichen Tätigkeiten im Land betrifft. Die Gesamtheit dieser Pläne deckt eine umfassende und komplexe Matrix von Sektoren und Querschnittspolitiken ab und ist auf allen staatlichen Ebenen omnipräsent. Die Pläne auf Provinzebene sind detailliert, wohingegen in den nationalen Plänen weiter gefasste Ziele formuliert werden. Darüber hinaus werden in den Plänen die zur Unterstützung der betreffenden Industriezweige bzw. Sektoren einzusetzenden Instrumente sowie der Zeitrahmen für die Realisierung der Ziele festgelegt. Manche Pläne beinhalten noch konkrete Produktionsziele; in den vorangegangenen Planungszyklen war dies die Regel. Im Rahmen der Pläne werden im Einklang mit den Prioritäten der Regierung einzelne Industriezweige und/oder Projekte als (positive oder negative) Prioritäten bestimmt, denen spezifische Entwicklungsziele zugewiesen werden (industrielle Aufwertung, internationale Expansion usw.). Die Wirtschaftsbeteiligten — Privatunternehmen wie staatseigene Unternehmen — müssen ihre Geschäftstätigkeiten effektiv an den durch das Planungssystem vorgegebenen Realitäten ausrichten. Dies hat seinen Grund nicht nur in dem verbindlichen Charakter der Pläne, sondern auch darin, dass die zuständigen chinesischen Behörden auf allen staatlichen Ebenen in das Planungssystem eingebunden sind und die ihnen übertragenen Befugnisse entsprechend ausüben, indem sie die Wirtschaftsbeteiligten dazu anhalten, die in den Plänen festgelegten Prioritäten einzuhalten (siehe auch Abschnitt 3.2.1.7).(21)
(86)
Zweitens wird das Finanzsystem der VR China in Bezug auf die Zuweisung finanzieller Ressourcen von den staatseigenen Geschäftsbanken dominiert. Diese Banken müssen sich bei der Gestaltung und Umsetzung ihrer Kreditvergabepolitik an der Industriepolitik der Regierung ausrichten, statt vorrangig die Wirtschaftlichkeit eines bestimmten Projekts zu bewerten (siehe auch Abschnitt 3.2.1.8).(22) Gleiches gilt für die übrigen Komponenten des chinesischen Finanzsystems, wie etwa die Aktien-, Anleihe- und Private-Equity-Märkte. Auch diese Teile des Nichtbanken-Finanzsektors sind institutionell und operativ nicht auf ein möglichst effizientes Funktionieren der Finanzmärkte, sondern auf die Gewährleistung der Kontrolle und die Ermöglichung von Interventionen des Staates und der Kommunistischen Partei ausgerichtet.(23)
(87)
Drittens nehmen die staatlichen Eingriffe in die Wirtschaft auf der Ebene des Regelungsumfelds eine Vielzahl von Formen an. So stellen beispielsweise die Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge in der Regel nicht auf Wirtschaftlichkeit, sondern auf die Verfolgung anderer politischer Ziele ab und untergraben damit in diesem Bereich die marktwirtschaftlichen Grundsätze. Die geltenden Rechtsvorschriften sehen ausdrücklich vor, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge in einer Weise zu erfolgen hat, die der Erreichung der staatlich vorgegebenen Ziele förderlich ist. Die Art dieser Ziele ist jedoch nicht festgelegt, sodass den Entscheidungsgremien ein weiter Ermessensspielraum bleibt.(24) Auch im Bereich der Investitionen übt die chinesische Regierung eine erhebliche Kontrolle und großen Einfluss mit Blick auf die Bestimmung und die Größenordnung sowohl staatlicher als auch privater Investitionen aus. Investitions-Screening sowie unterschiedliche Anreize, Beschränkungen und Verbote im Zusammenhang mit Investitionen dienen den Behörden als wichtige Instrumente für die Unterstützung industriepolitischer Zielsetzungen wie etwa der Wahrung der staatlichen Kontrolle über Schlüsselsektoren oder der Stärkung der heimischen Industrie.(25)
(88)
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das chinesische Wirtschaftsmodell auf bestimmten Grundaxiomen beruht, die vielfältige staatliche Eingriffe vorsehen und fördern. Diese erheblichen staatlichen Eingriffe sind unvereinbar mit einem freien Spiel der Marktkräfte und führen zu Verzerrungen, die einer wirksamen Ressourcenallokation nach Marktgrundsätzen entgegenstehen.(26)
3.2.1.3.
(89)
Unternehmen, die im Eigentum, unter der Kontrolle und/oder unter der politischen Aufsicht des Staates stehen oder deren Ausrichtung vom Staat festgelegt wird, stellen in der VR China einen wesentlichen Teil der Wirtschaft dar.
(90)
Die chinesische Regierung und die Kommunistische Partei verfügen über Strukturen, die ihnen eine ständige Einflussnahme auf – insbesondere staatseigene – Unternehmen ermöglichen. Der Staat (und in vielerlei Hinsicht auch die Kommunistische Partei) übernimmt nicht nur eine aktive Rolle, indem er bzw. sie Vorgaben für die Umsetzung allgemeiner wirtschaftspolitischer Strategien durch einzelne staatseigene Unternehmen formuliert und die Umsetzung überwacht, sondern beansprucht auch das Recht auf Mitwirkung an operativen Entscheidungen in staatseigenen Unternehmen. Dies geschieht in der Regel durch die Rotation von Kadern zwischen Regierungsbehörden und staatseigenen Unternehmen, die Präsenz von Parteimitgliedern in den Exekutivgremien der staatseigenen Unternehmen und von Parteizellen in den Unternehmen (siehe auch Abschnitt 3.2.1.4) und durch die Gestaltung der Unternehmensstruktur im Bereich der staatseigenen Unternehmen.(27) Im Gegenzug genießen staatseigene Unternehmen innerhalb der chinesischen Wirtschaft einen besonderen Status, der mit einer Reihe wirtschaftlicher Vorteile verbunden ist, insbesondere mit einer Abschirmung gegen den Wettbewerb und einem präferenziellen Zugang zu wichtigen Inputs, was auch Finanzmittel umfasst.(28) Auf die Faktoren, die auf eine staatliche Kontrolle über Unternehmen im Acesulfam-K-Sektor hindeuten, wird in Abschnitt 3.2.1.4 genauer eingegangen.
(91)
Insbesondere im Acesulfam-K-Sektor besteht trotz des relativ geringen Anteils an staatlichem Eigentum weiterhin ein erhebliches Maß an politischer Aufsicht durch die chinesische Regierung. Neben dem Antragsteller gibt es weltweit nur wenige Unternehmen mit großen Produktionskapazitäten. Von diesen verfügt das ausführende Unternehmen Anhui Jinhe derzeit über die weltweit größte Produktionskapazität.
(92)
Angesichts der erheblichen staatlichen Eingriffe in die Acesulfam-K-Industrie können selbst private Hersteller nicht unter Marktbedingungen agieren. Vielmehr unterliegen im Acesulfam-K-Sektor selbst Privatunternehmen indirekt einer politischen Aufsicht und der von der Politik vorgegebenen Ausrichtung (siehe Abschnitt 3.2.1.5).
3.2.1.4.
(93)
Die chinesische Regierung kontrolliert die Wirtschaft nicht nur über das Eigentum an staatseigenen Unternehmen und andere Instrumente, sondern ist auch in der Lage, Preise und Kosten durch die staatliche Präsenz in Unternehmen zu beeinflussen. Das in den chinesischen Rechtsvorschriften vorgesehene Recht der zuständigen Behörden, Schlüsselpositionen im Management staatseigener Unternehmen zu besetzen und Personen aus solchen Positionen abzuberufen, kann als ein sich aus den entsprechenden Eigentumsrechten ergebendes Recht gesehen werden(29); der Staat kann aber noch über einen anderen wichtigen Kanal Einfluss auf Unternehmensentscheidungen nehmen, nämlich über die in staatseigenen wie auch in privaten Unternehmen bestehenden Zellen der Kommunistischen Partei. Nach dem Unternehmensrecht der VR China muss in jedem Unternehmen (in dem es mindestens drei Parteimitglieder gibt — so sieht es das Statut der Kommunistischen Partei Chinas vor(30)) eine Organisation der Kommunistischen Partei gebildet werden; zudem muss das Unternehmen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Parteiorganisation ihre Tätigkeiten ausüben kann. In der Vergangenheit wurde diese Vorschrift offenbar nicht immer eingehalten bzw. konsequent durchgesetzt. Jedoch macht die Kommunistische Partei spätestens seit 2016 verstärkt ihren Anspruch auf Kontrolle der Geschäftsentscheidungen staatseigener Unternehmen als politisches Prinzip geltend. Auch wird berichtet, dass die Kommunistische Partei Druck auf private Unternehmen dahin gehend ausübt, „Patriotismus” an oberste Stelle zu setzen und die Parteidisziplin zu wahren.(31) Im Jahr 2017 gab es Berichten zufolge in 70 % der etwa 1,86 Millionen Privatunternehmen Parteizellen, wobei verstärkt darauf gedrungen wurde, dass die Organisationen der Kommunistischen Partei bei Geschäftsentscheidungen der betreffenden Unternehmen das letzte Wort haben.(32) Die einschlägigen Regeln gelten unabhängig vom Sektor allgemein für die gesamte chinesische Wirtschaft und somit auch für die Hersteller von Acesulfam-K und die Anbieter ihrer Inputs.
(94)
Darüber hinaus wurde am 15. September 2020 ein Dokument mit dem Titel „Leitlinien des Generalbüros der Kommunistischen Partei Chinas zur Intensivierung der Arbeit der Einheitsfront im privaten Sektor für die neue Ära” (33) (im Folgenden „Leitlinien” ) herausgegeben, mit dem die Rolle der Parteikomitees in Privatunternehmen weiter ausgebaut wurde. In Abschnitt II.4 der Leitlinien heißt es: „Wir müssen allgemein die Kapazität der Partei zur Führung der Arbeit der Einheitsfront im privaten Sektor intensivieren und die Anstrengungen in diesem Bereich effektiv stärken” ; und in Abschnitt III.6 heißt es: „Wir müssen die Parteiaufbauarbeit in privaten Unternehmen intensivieren und die Parteizellen befähigen, ihre Rolle als Bollwerk wirksam auszuüben, und die Parteimitglieder in die Lage versetzen, als Vorhut Pionierarbeit zu leisten.” Somit wird in den Leitlinien die Rolle der Kommunistischen Partei in Unternehmen und anderen privatwirtschaftlichen Einrichtungen hervorgehoben und gestärkt.(34)
(95)
Die folgenden Beispiele veranschaulichen gut den beschriebenen Trend zu immer stärkeren Eingriffen der chinesischen Regierung in den Acesulfam-K-Sektor:
(96)
Den über Anhui Jinhe eingeholten Informationen(35) zufolge ist der Vorsitzende des Aufsichtsrats zugleich der Sekretär des Parteikomitees von Anhui Jinhe, dessen Ziele darin bestehen, die Produktions- und Geschäftsziele des Unternehmens in den Vordergrund zu stellen und „den Beratungsmechanismus und den Entscheidungsprozess des Parteikomitees in Bezug auf Entwicklung und Planung, die wichtigsten Reformpläne, die wichtigsten Änderungen des Managementsystems […] einzurichten und zu verbessern” . Die Präsenz und das Eingreifen des Staates auf den Finanzmärkten (siehe auch Abschnitt 3.2.1.8) sowie bei der Bereitstellung von Rohstoffen und Inputs bewirken überdies eine zusätzliche Verzerrung des Marktes.(36) Die staatliche Präsenz in Betrieben – unter anderem in staatseigenen Betrieben – im Acesulfam-K-Sektor und in anderen Wirtschaftszweigen (wie dem Finanzsektor und den Sektoren für Inputs) ermöglicht der chinesischen Regierung somit, Preise und Kosten zu beeinflussen.
3.2.1.5.
(97)
Die Ausrichtung der chinesischen Volkswirtschaft wird in erheblichem Maße durch ein ausgefeiltes Planungssystem bestimmt, in dem Prioritäten festgelegt und die Ziele vorgegeben werden, die die Zentralregierung und die lokalen Regierungen schwerpunktmäßig verfolgen müssen. Auf allen staatlichen Ebenen gibt es einschlägige Pläne, die praktisch alle Wirtschaftsbereiche abdecken. Die in den Planungsinstrumenten festgelegten Ziele sind verbindlich, und die Behörden aller Verwaltungsebenen überwachen die Umsetzung der Pläne durch die jeweils nachgeordnete Ebene. Insgesamt führt das Planungssystem in der VR China dazu, dass Ressourcen nicht in Abhängigkeit von den Marktkräften zugewiesen werden, sondern in Sektoren fließen, die von der Regierung als strategische oder anderweitig politisch wichtige Sektoren erachtet werden.(37)
(98)
Die Acesulfam-K-Industrie wird von der chinesischen Regierung als Schlüsselsektor angesehen. Insbesondere in den vergangenen zehn Jahren wurde die Produktionskapazität von Anhui Jinhe schrittweise ausgeweitet, obwohl Angebot und Nachfrage nach Acesulfam-K im Gleichgewicht standen. Da zudem die Produktion anderer Süßstoffe wie Saccharin und Cyclamat schrittweise reduziert wird, hat sich der Markt für Acesulfam-K dank staatlicher Unterstützung vergrößert und dürfte weiter expandieren.(38) Dies wird in zahlreichen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene verabschiedeten Plänen, Leitlinien und sonstigen Dokumenten zu Acesulfam-K und seinen wichtigsten Rohstoffen bestätigt:
(99)
Darüber hinaus steuert die chinesische Regierung die Entwicklung des Sektors im Rahmen unterschiedlichster politischer Instrumente und Direktiven. Wie im vorstehenden Erwägungsgrund erläutert, trug die staatliche Förderung der vertikalen Integration der industriellen Wertschöpfungskette im Acesulfam-K-Sektor dazu bei, dass sich Anhui Jinhe zu einem unangefochtenen Marktführer in dem Sektor entwickelte. Darüber hinaus erhielt das Unternehmen beträchtliche staatliche Subventionen, die sich im Jahr 2020 auf 41685378 RMB und im Jahr 2019 auf 40900000 RBM (d. h. auf 1,2 % des Gesamtumsatzes) beliefen, wie der Kapitalbilanz des Unternehmens(39) zu entnehmen ist. Es ist nicht auszuschließen, dass auch die anderen Hersteller, die nicht an dieser Untersuchung mitarbeiteten und noch immer einen beträchtlichen Teil des Marktes bilden, eine ähnliche finanzielle Unterstützung erhielten. Mithilfe dieser und anderer Instrumente steuert und kontrolliert die Regierung Entwicklung und Funktionieren des Sektors in praktisch allen Belangen.
(100)
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die chinesische Regierung die Wirtschaftsbeteiligten mit diversen Maßnahmen dazu anhält, die von der staatlichen Politik vorgegebenen Ziele bezüglich der Unterstützung geförderter Wirtschaftszweige zu erfüllen, wozu auch die Herstellung unter anderem von Harnstoff, Diketen und Schwefeltrioxid, der wichtigsten Rohstoffe für die Herstellung der überprüften Ware, zählt. Derartige Maßnahmen verhindern ein freies Spiel der Marktkräfte.
3.2.1.6.
(101)
Den im Dossier vorliegenden Informationen nach zu urteilen wird das chinesische Insolvenzsystem kaum seinem Hauptzweck gerecht, nämlich der fairen Abwicklung von Forderungen und Verbindlichkeiten und der Wahrung der gesetzlichen Rechte und der Interessen von Gläubigern und Schuldnern. Dies ist offenbar darauf zurückzuführen, dass – obgleich das Insolvenzrecht der VR China formal auf ähnlichen Grundsätzen basiert wie die entsprechenden Rechtsvorschriften in anderen Ländern – das chinesische System durch eine systematisch unzureichende Durchsetzung gekennzeichnet ist. Die Zahl der Insolvenzen ist im Verhältnis zur Größe der chinesischen Volkswirtschaft nach wie vor gering; seinen Grund hat dies nicht zuletzt in den zahlreichen Mängeln der Insolvenzverfahren, die im Hinblick auf die Anmeldung von Insolvenzen eine abschreckende Wirkung haben. Darüber hinaus nimmt der Staat in Insolvenzverfahren weiterhin eine starke, aktive Rolle wahr und hat häufig unmittelbaren Einfluss auf das Ergebnis der Verfahren.(40)
(102)
Außerdem treten die Defizite im System der Eigentumsrechte in der VR China besonders deutlich zutage, wenn es um Grundbesitz und Landnutzungsrechte geht.(41) Aller Grund und Boden ist Eigentum des chinesischen Staates (ländlicher Grund und Boden ist Kollektiveigentum, städtischer Grund und Boden ist Staatseigentum). Die Zuweisung von Grund und Boden fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Staates. Es gibt Rechtsvorschriften, die auf eine transparente Zuteilung von Landnutzungsrechten zu Marktpreisen abzielen und beispielsweise Ausschreibungsverfahren vorsehen. Diese Vorschriften werden jedoch regelmäßig missachtet, und bestimmte Käufer erhalten Land unentgeltlich oder zu Preisen unterhalb des Marktniveaus.(42) Darüber hinaus verfolgen die Behörden bei der Zuteilung von Land oft auch bestimmte politische Ziele wie etwa die Umsetzung der Wirtschaftspläne.(43)
(103)
Wie andere Zweige der chinesischen Wirtschaft unterliegen auch die Hersteller von Acesulfam-K den üblichen chinesischen Vorschriften des Insolvenzrechts, des Gesellschaftsrechts und des Eigentumsrechts. Das bedeutet, dass auch diese Unternehmen von den Top-down-Verzerrungen betroffen sind, die aus der diskriminierenden Anwendung oder unzulänglichen Durchsetzung des Insolvenzrechts und des Eigentumsrechts resultieren. Die jetzige Untersuchung förderte keine Erkenntnisse zutage, die diese Feststellungen infrage stellen würden. Vor diesem Hintergrund gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass das chinesische Insolvenzrecht und das chinesische Eigentumsrecht nicht ordnungsgemäß funktionieren, wodurch Verzerrungen entstehen, wenn etwa insolvente Unternehmen über Wasser gehalten werden oder wenn es um die Gewährung von Landnutzungsrechten in der VR China geht. Die verfügbaren Beweise lassen darauf schließen, dass diese Überlegungen auch uneingeschränkt auf den Acesulfam-K-Sektor zutreffen.
(104)
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen kam die Kommission zu dem Schluss, dass das Insolvenz- und das Eigentumsrecht im Acesulfam-K-Sektor in diskriminierender Weise angewandt oder nur unzulänglich durchgesetzt wurde, und zwar auch in Bezug auf die betroffene Ware.
3.2.1.7.
(105)
Ein System marktbasierter Löhne kann sich in der VR China nicht voll entwickeln, da Arbeitnehmer und Arbeitgeber in ihrer Koalitionsfreiheit eingeschränkt sind. Die VR China hat eine Reihe grundlegender Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO), insbesondere die Übereinkommen über Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen, nicht ratifiziert.(44) Nach nationalem Recht ist nur eine Gewerkschaftsorganisation aktiv. Diese ist jedoch nicht von den staatlichen Behörden unabhängig, und ihre Beteiligung an Tarifverhandlungen sowie ihr Einsatz für den Schutz der Arbeitnehmerrechte sind nach wie vor rudimentär.(45) Darüber hinaus wird die Mobilität der chinesischen Arbeitskräfte durch das Haushaltsregistrierungssystem behindert, das den Zugang zum gesamten Spektrum von Leistungen der sozialen Sicherheit und anderen Leistungen auf die in einem bestimmten Verwaltungsgebiet ansässigen Einwohner beschränkt. In der Regel führt dies dazu, dass sich Arbeitnehmer ohne örtliche Wohnsitzregistrierung in einer prekären Beschäftigungssituation befinden und ein geringeres Einkommen haben als Arbeitnehmer mit einer solchen Wohnsitzregistrierung.(46) Es liegt somit eine Verzerrung der Lohnkosten in der VR China vor.
(106)
Es wurden keine Nachweise dafür erbracht, dass der Acesulfam-K-Sektor nicht den beschriebenen Eigenheiten des chinesischen Arbeitsrechtssystems unterliegt. Somit gibt es im Acesulfam-K-Sektor mit Blick auf die Lohnkosten Verzerrungen sowohl direkter Art (bei der Herstellung der betroffenen Ware oder des wichtigsten Rohstoffs für ihre Herstellung) als auch indirekter Art (beim Zugang zu Kapital oder zu Inputs von Unternehmen, für die ebenfalls diese Regelungen des Arbeitsrechtssystems der VR China gelten).
3.2.1.8.
(107)
Der Zugang von Unternehmen zu Kapital unterliegt in der VR China unterschiedlichen Verzerrungen.
(108)
Erstens ist das chinesische Finanzsystem durch die starke Marktposition staatseigener Banken gekennzeichnet(47), die bei der Gewährung des Zugangs zu Finanzmitteln andere Kriterien heranziehen als die Rentabilität eines Projekts. Ähnlich wie nichtfinanzielle staatseigene Unternehmen sind auch die Banken nach wie vor nicht nur durch die Eigentümerschaft mit dem Staat verbunden, sondern auch durch personelle Verflechtungen (die Top-Führungskräfte großer staatseigener Finanzinstitute werden letztlich von der Kommunistischen Partei ernannt)(48); darüber hinaus setzen die Banken, ebenfalls genau wie nichtfinanzielle staatseigene Unternehmen, grundsätzlich die von der Regierung festgelegten staatlichen Strategien um. Damit kommen die Banken einer ausdrücklichen gesetzlichen Verpflichtung nach, ihre Geschäfte im Einklang mit den Erfordernissen der nationalen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu führen und sich dabei an der Industriepolitik des Staates auszurichten.(49) Hinzu kommt, dass es weitere Regelungen gibt, aufgrund derer Finanzmittel in Sektoren gelenkt werden, die von der Regierung als geförderte oder anderweitig relevante Sektoren ausgewiesen werden.(50)
(109)
Zwar trifft es zu, dass verschiedene gesetzliche Bestimmungen auf die Notwendigkeit verweisen, den bankenüblichen Gepflogenheiten und aufsichtsrechtlichen Vorschriften zu folgen und etwa die Kreditwürdigkeit eines Kreditnehmers zu prüfen, jedoch lassen die umfangreichen Beweise, darunter auch die Erkenntnisse aus Handelsschutzuntersuchungen, darauf schließen, dass diese Bestimmungen bei der Anwendung der unterschiedlichen Rechtsinstrumente nur eine untergeordnete Rolle spielen.
(110)
Die chinesische Regierung hat beispielsweise kürzlich klargestellt, dass auch Entscheidungen im privaten Firmenkundengeschäft von der Kommunistischen Partei Chinas beaufsichtigt werden und stets im Einklang mit der nationalen politischen Strategie stehen müssen. Eines der drei übergeordneten Ziele des Staates bezüglich der Governance im Bankwesen lautet nun, die Führungsrolle der Partei in Banken- und Versicherungssektor zu stärken, auch in Hinblick auf operative Fragen oder Fragen des Managements in Unternehmen.(51) Auch in den Kriterien zur Leistungsbewertung von Geschäftsbanken muss nun insbesondere berücksichtigt werden, inwiefern Unternehmen „den nationalen Entwicklungszielen und der Realwirtschaft dienen” und wie sie insbesondere „strategischen und aufstrebenden Wirtschaftszweigen dienen” .(52)
(111)
Darüber hinaus sind Anleiheratings und Bonitätsbewertungen häufig aus den unterschiedlichsten Gründen verzerrt, unter anderem weil die strategische Bedeutung eines Betriebs für die chinesische Regierung und etwaige stillschweigende staatliche Garantien sich auf die Risikobewertungen auswirken. Schätzungen deuten darauf hin, dass chinesische Bonitätsbewertungen durchgängig niedrigeren internationalen Ratings entsprechen.(53)
(112)
Hinzu kommt, dass es weitere Regelungen gibt, aufgrund derer Finanzmittel in Sektoren gelenkt werden, die von der Regierung als geförderte oder anderweitig relevante Sektoren ausgewiesen werden.(54) Dies führt bei der Kreditvergabe zu einer Verzerrung zugunsten staatseigener Unternehmen, großer, gut vernetzter Privatunternehmen und von Unternehmen in Schlüsselindustrien, was wiederum bedeutet, dass Verfügbarkeit und Kosten von Kapital nicht für alle Marktakteure gleich sind.
(113)
Zweitens wurden die Fremdkapitalkosten künstlich niedrig gehalten, um das Investitionswachstum zu fördern. Dies hat zu übermäßigen Anlageinvestitionen bei immer niedrigeren Kapitalrenditen geführt. Davon zeugt der trotz eines drastischen Rückgangs der Rentabilität zu beobachtende Anstieg der Unternehmensverschuldung im staatlichen Sektor, der darauf schließen lässt, dass die Mechanismen im Bankensystem nicht einer normalen unternehmerischen Logik folgen.
(114)
Drittens ist festzustellen, dass trotz der Liberalisierung des Nominalzinses im Oktober 2015 die Preissignale nach wie vor nicht das Ergebnis eines freien Spiels der Marktkräfte sind, sondern durch staatlich induzierte Verzerrungen beeinflusst werden. Der Anteil der zum Referenzzinssatz oder zu einem niedrigeren Zinssatz vergebenen Kredite an der Gesamtkreditvergabe belief sich Ende 2018 noch immer auf mindestens ein Drittel.(55) Die offiziellen Medien der VR China berichteten kürzlich, dass die Kommunistische Partei gefordert hatte, „den Zins am Kreditmarkt nach unten zu lenken” .(56) Künstlich niedrig gehaltene Zinssätze führen zu Finanzierungskosten unter Preis und folglich zu einem übermäßigen Kapitaleinsatz.
(115)
Das Gesamtkreditwachstum in der VR China zeugt von einer sinkenden Effizienz der Kapitalallokation, wobei es keinerlei Anzeichen für eine Kreditverknappung gibt, wie sie in einem unverzerrten Marktumfeld zu erwarten wäre. Infolgedessen war in den letzten Jahren ein starker Anstieg notleidender Kredite zu beobachten. Angesichts der Zunahme risikobehafteter Forderungen war die chinesische Regierung bestrebt, Ausfälle zu vermeiden. Daher wurden Probleme im Zusammenhang mit uneinbringlichen Forderungen durch Umschuldung gelöst — was zur Entstehung sogenannter „Zombie-Unternehmen” führte — oder durch Übertragung des Eigentums an den Forderungen (z. B. im Wege von Fusionen oder Debt-Equity-Swaps), ohne jedoch das Schuldenproblem insgesamt zu beseitigen oder dessen eigentliche Ursachen anzugehen.
(116)
Insgesamt ist festzustellen, dass die Kreditvergabe an Unternehmen in der VR China trotz der Schritte zur Marktliberalisierung durch nennenswerte Verzerrungen gekennzeichnet ist, die auf die anhaltenden, allgegenwärtigen Eingriffe des Staates in die Kapitalmärkte zurückzuführen sind.
(117)
Es wurden keine Nachweise dafür erbracht, dass der Acesulfam-K-Sektor von den oben beschriebenen staatlichen Eingriffen in das Finanzsystem ausgenommen wäre. Die Kommission stellte auch fest, dass der mitarbeitende ausführende Hersteller zwischen 2006 und 2021 vergünstigte langfristige Darlehen – unter anderem vom Finanzamt des Bezirks Lai’an freigegebene Darlehen – in Anspruch nahm. Somit lässt sich feststellen, dass die erheblichen staatlichen Eingriffe in das Finanzsystem zu stark verzerrten Marktbedingungen auf allen Ebenen führen.
3.2.1.9.
(118)
Die Kommission stellte fest, dass die im Bericht beschriebenen Verzerrungen charakteristisch für die chinesische Wirtschaft sind. Die verfügbaren Beweise zeugen davon, dass die in den vorstehenden Abschnitten 3.2.1.2 bis 3.2.1.5 sowie in Teil A des Berichts enthaltenen Feststellungen zu den Gegebenheiten und Merkmalen des chinesischen Systems auf das gesamte Land und alle Wirtschaftszweige zutreffen. Gleiches gilt für die Aussagen zu den Produktionsfaktoren in den Abschnitten 3.2.1.6 bis 3.2.1.8 dieser Verordnung sowie in Teil B des Berichts.
(119)
Die Kommission erinnert daran, dass es zur Herstellung von Acesulfam-K einer breiten Palette von Inputs bedarf. Den aktenkundigen Belegen zufolge bezog der ausführende Hersteller nahezu alle der von ihm benötigten Inputs aus der VR China. Wenn Hersteller von Acesulfam-K die zur Herstellung der Inputs benötigten vorgelagerten Rohstoffe beschaffen, unterliegen die von ihnen gezahlten Preise (die als Kosten erfasst werden) natürlich denselben vorstehend beschriebenen systemischen Verzerrungen. So beschäftigen beispielsweise die Lieferanten der Inputs Arbeitskräfte zu durch Verzerrungen gekennzeichneten Bedingungen. Sie nehmen möglicherweise Kredite auf, die den Verzerrungen im Finanzsektor bzw. bei der Kapitalallokation unterliegen. Darüber hinaus unterliegen sie dem Planungssystem, das sich auf alle staatlichen Ebenen und Wirtschaftszweige erstreckt.
(120)
Folglich ist es nicht nur im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung nicht angemessen, die Inlandsverkaufspreise für Acesulfam-K zu verwenden, sondern Gleiches gilt auch für sämtliche Kosten der Inputs (Rohstoffe, Energie, Boden, Finanzierung, Arbeit usw.), denn sie unterliegen ebenfalls Verzerrungen, da die Preisbildung durch erhebliche staatliche Eingriffe beeinflusst wird, wie sie in den Teilen A und B des Berichts beschrieben werden. De facto sind die im Zusammenhang mit Kapitalallokation, Boden, Arbeit, Energie und Rohstoffen beschriebenen staatlichen Eingriffe in der gesamten VR China festzustellen. Das bedeutet beispielsweise, dass ein Input, der selbst schon in der VR China unter Einsatz einer Reihe von Produktionsfaktoren hergestellt wurde, ebenfalls nennenswerten Verzerrungen unterliegt. Gleiches gilt für die Inputs der Inputs und so weiter. Von der chinesischen Regierung oder den ausführenden Herstellern wurden in dieser Untersuchung auch keine gegenteiligen Nachweise oder Argumente vorgebracht.
3.2.1.10.
(121)
Die in den Abschnitten 3.2.1.2 bis 3.2.1.9 dargelegte Analyse, in deren Rahmen alle vorliegenden Beweise für staatliche Eingriffe der VR China in die chinesische Wirtschaft im Allgemeinen und den Acesulfam-K-Sektor (einschließlich der betroffenen Ware) im Besonderen geprüft wurden, hat gezeigt, dass die Preise bzw. Kosten der betroffenen Ware, einschließlich der Rohstoff-, Energie- und Arbeitskosten, nicht das Ergebnis des freien Spiels der Marktkräfte sind, da sie durch erhebliche staatliche Eingriffe im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung beeinflusst werden, was sich an den tatsächlichen oder möglichen Auswirkungen eines oder mehrerer der dort aufgeführten Sachverhalte festmachen lässt. Angesichts dieses Sachverhalts und der mangelnden Mitarbeit seitens der chinesischen Regierung gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass es in diesem Fall nicht angemessen ist, bei der Ermittlung des Normalwerts Inlandspreise und -kosten heranzuziehen.
(122)
Folglich stützte sich die Kommission im Einklang mit Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts ausschließlich auf Produktions- und Verkaufskosten, die unverzerrte Preise oder Vergleichswerte widerspiegeln, im vorliegenden Fall auf die entsprechenden Produktions- und Verkaufskosten in einem geeigneten repräsentativen Land, wie im folgenden Abschnitt erläutert.
3.3.
Repräsentatives Land
3.3.1.
Allgemeine Bemerkungen
(123)
Bei der Auswahl des repräsentativen Landes waren folgende Kriterien nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung maßgebend:
(124)
Gibt es mehr als ein potenzielles repräsentatives Land, wird gegebenenfalls dasjenige Land bevorzugt, in dem ein angemessener Sozial- und Umweltschutz besteht.
(125)
Wie in den Erwägungsgründen 127 und 128 dargelegt, veröffentlichte die Kommission zwei Vermerke zu den bei der Ermittlung des Normalwerts herangezogenen Quellen. In diesen Vermerken wurden die Tatsachen und Belege beschrieben, die den einschlägigen Kriterien zugrunde liegen, und es wurde auf die Stellungnahmen der Parteien zu diesen Sachverhalten und einschlägigen Quellen eingegangen. Im zweiten Vermerk unterrichtete die Kommission die interessierten Parteien über ihre Absicht, Malaysia in diesem Fall als geeignetes repräsentatives Land anzusehen, wenn das Vorliegen nennenswerter Verzerrungen nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung bestätigt würde.
(126)
Unter Nummer 5.3.2 der Einleitungsbekanntmachung nannte die Kommission die Türkei als mögliches repräsentatives Land, um nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung den Normalwert anhand unverzerrter Preise oder Vergleichswerte zu ermitteln. Die Kommission erklärte ferner, dass sie andere möglicherweise geeignete repräsentative Länder nach den Kriterien des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich der Grundverordnung prüfen werde.
(127)
Am 15. März 2021 informierte die Kommission die interessierten Parteien in Form eines Vermerks (im Folgenden „erster Vermerk” ) über die einschlägigen Quellen, die sie zur Ermittlung des Normalwerts heranzuziehen gedachte. Dieser Vermerk enthielt eine Liste aller Produktionsfaktoren — wie Rohstoffe, Arbeit und Energie —, die bei der Herstellung von Acesulfam-K eingesetzt werden. Darüber hinaus bestimmte die Kommission Argentinien, Malaysia und Thailand als mögliche repräsentative Länder. Bei der Kommission gingen nur vom Antragsteller Stellungnahmen zum ersten Vermerk ein. Auf diese Stellungnahmen wird in den Erwägungsgründen 129 bis 147 ausführlich eingegangen.
(128)
Am 11. Juni 2021 unterrichtete die Kommission die interessierten Parteien in Form eines zweiten Vermerks (im Folgenden „zweiter Vermerk” ) über die einschlägigen Quellen, die sie zur Ermittlung des Normalwerts heranzuziehen gedachte, und gab darin Malaysia als repräsentatives Land an. Ferner unterrichtete sie die interessierten Parteien darüber, dass sie Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten (im Folgenden „VVG-Kosten” ) und Gewinne auf der Grundlage der zum relevanten Unternehmen Ajinomoto (Malaysia) Berhad verfügbaren Informationen ermitteln werde. Bei der Kommission gingen nur vom Antragsteller Stellungnahmen zum zweiten Vermerk ein. Auf diese Stellungnahmen wird in den Erwägungsgründen 178 bis 192 ausführlich eingegangen.
3.3.2.
Ähnlicher wirtschaftlicher Entwicklungsstand wie in der VR China
(129)
Im ersten Vermerk zu den Produktionsfaktoren erläuterte die Kommission, dass die betroffene Ware offenbar in keinem der Länder mit einem ähnlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand wie die VR China gemäß den in Erwägungsgrund 123 genannten Kriterien hergestellt wurde. Sie wurde nur in der Volksrepublik China und in der EU hergestellt.
(130)
Daher prüfte die Kommission, ob eine Ware hergestellt wird, die derselben allgemeinen Kategorie und/oder demselben allgemeinen Sektor wie die betroffene Ware zuzurechnen ist. Dementsprechend erklärte die Kommission, dass sie zur Ermittlung eines geeigneten repräsentativen Landes zwecks Anwendung von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung die Herstellung von Süßstoffen, Aromastoffen und Lebensmittelzusatzstoffen prüfen werde, bei denen es sich um Waren derselben allgemeinen Kategorie wie Acesulfam-K handelt.
(131)
Im ersten Vermerk zu den Produktionsfaktoren nannte die Kommission Argentinien, Malaysia und Thailand als mögliche repräsentative Länder mit einem laut Datenbank der Weltbank ähnlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand wie die VR China, d. h., all diese Länder wurden von der Weltbank auf der Grundlage des Bruttonationaleinkommens (im Folgenden „BNE” ) als „Länder mit mittlerem Einkommen/obere Einkommenskategorie” eingestuft.
(132)
Der Antragsteller merkte an, dass es in der Kategorie „Länder mit mittlerem Einkommen/obere Einkommenskategorie” eine große Bandbreite an Entwicklungsstufen gebe. Daher müssten diejenigen der in Betracht gezogenen „repräsentativen” Länder Vorrang erhalten, deren Pro-Kopf-BNE dem der VR China nahe ist. Von den drei von der Kommission vorgeschlagenen Ländern wiesen Argentinien und Malaysia ein ähnliches BNE auf; Thailand hingegen habe ein deutlich geringeres BNE und sollte daher ausgeklammert werden.
(133)
Nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung kann die Kommission bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts ein repräsentatives Land mit einem ähnlichen wirtschaftlichen Entwicklungsstand wie das Ausfuhrland heranziehen. In der Grundverordnung werden keine weiteren Voraussetzungen für die Auswahl des Landes mit dem dem Ausfuhrland ähnlichsten Entwicklungsstand genannt.
(134)
Der Umstand, dass ein Land möglicherweise ein Pro-Kopf-BNE aufweist, das dem der VR China näher ist als das eines anderen, wird bei der Auswahl des geeigneten repräsentativen Landes nicht berücksichtigt. Das Vorbringen wurde daher zurückgewiesen.
3.3.3.
Verfügbarkeit einschlägiger öffentlicher Daten im repräsentativen Land
(135)
Im ersten Vermerk nannte die Kommission ein Unternehmen in Argentinien, ein Unternehmen in Malaysia und vier Unternehmen in Thailand, für die in der Dun and Bradstreet-Datenbank(57) Finanzdaten zu Waren aus derselben allgemeinen Kategorie wie die überprüfte Ware ohne Weiteres verfügbar waren.
(136)
Im zweiten Vermerk gab die Kommission an, dass sie die Verfügbarkeit öffentlich zugänglicher Daten für die ermittelten Länder, d. h. Argentinien, Malaysia und Thailand, weiter untersucht hat.
(137)
In Bezug auf Argentinien fand die Kommission in der Dun and Bradstreet-Datenbank ohne Weiteres verfügbare Daten zu einem Hersteller (Laboratorios Argentinos Farmesa) von Waren in derselben allgemeinen Kategorie wie Acesulfam-K, fand jedoch keine veröffentlichten Jahresabschlüsse.
(138)
Der Antragsteller merkte an, dass der für diesen argentinischen Hersteller erfasste Gewinnanteil am Umsatz in Höhe von 5,3 % für das Acesulfam-K-Geschäft nicht angemessen sei.
(139)
In Bezug auf Malaysia fand die Kommission ohne Weiteres verfügbare veröffentlichte Jahresabschlüsse zu dem im ersten Vermerk erwähnten malaysischen Unternehmen Ajinomoto (Malaysia) Berhad (im Folgenden auch „Ajinomoto Malaysia” ) für die jeweils am 31. März endenden Geschäftsjahre 2017, 2018, 2019 und 2020(58); ferner fand sie ohne Weiteres in der Dun and Bradstreet verfügbare Finanzdaten zu diesem Unternehmen.
(140)
Der Antragsteller legte die gleichen Jahresabschlüsse vor, die auch die Kommission ermittelt hatte. Weiter argumentierte er, dass diese Jahresberichte für das (für das Acesulfam-K-Geschäft mutmaßlich geeignetere) Industriegeschäft und das Verbrauchergeschäft jeweils unterschiedliche Rentabilitätszahlen aufwiesen, und lieferte eine Aufschlüsselung der Einnahmen, Kosten und Ausgaben, anhand derer sich angemessene Zahlen zu den VVG-Kosten und Gewinnen ableiten ließen. Darüber hinaus seien die in den veröffentlichten Jahresabschlüssen angegebenen Verkaufskosten nach Auffassung des Antragstellers zuverlässiger als die entsprechenden aus der Datenbank von Dun and Bradstreet abgeleiteten Kosten. Des Weiteren merkte er an, dass die Rentabilität in den Geschäftsjahren 2017 bis 2020 stabil gewesen sei, was darauf schließen ließe, dass die Rentabilität im Geschäftsjahr 2020 repräsentativ sei.
(141)
In Bezug auf Thailand fand die Kommission in der Dun and Bradstreet-Datenbank ohne Weiteres verfügbare Finanzdaten zu vier rentabel arbeitenden Unternehmen, die Produkte anbieten, die derselben allgemeinen Kategorie zuzurechnen sind wie Acesulfam-K, namentlich Aromastoffe und Lebensmittelzusatzstoffe.
(142)
Der Antragsteller argumentierte, dass die Kommission zwar solche Daten für vier Unternehmen in Thailand gefunden habe, zwei der thailändischen Unternehmen, Shimakyu Co. Ltd. und Patchara Products Ltd., jedoch aufgrund ihres niedrigen Gewinnanteils am Umsatz von 6,1 % bzw. 2,7 % ungeeignet seien.
(143)
Nach Auffassung der Kommission waren die für Ajinomoto Malaysia verfügbaren Finanzdaten in der Tat die geeignetste Quelle für die rechnerische Ermittlung der VVG-Kosten und Gewinne. Für Ajinomoto Malaysia waren geprüfte Jahresabschlüsse, die sich um 9 Monate mit dem Untersuchungszeitraum überschnitten, ohne Weiteres verfügbar. Außerdem handelt es sich bei Ajinomoto Malaysia um ein Großunternehmen, das bedeutende Mengen von Waren in derselben allgemeinen Kategorie wie Acesulfam-K herstellt.
(144)
Zur Bestimmung eines geeigneten repräsentativen Landes prüfte die Kommission auch das Vorliegen von Marktverzerrungen aufgrund von Ausfuhr- bzw. Einfuhrbeschränkungen für Acesulfam-K sowie insbesondere für die Rohstoffe, die bei der Produktion von Acesulfam-K den größten Anteil an den Herstellkosten ausmachen.
(145)
Anhand der OECD-Datenbank(59) und der Global Trade Alert-Datenbank(60) sowie insbesondere der Liste der Aus- und Einfuhrbeschränkungen für Industrierohstoffe wurden im ersten Vermerk mehrere Beschränkungen für die wichtigsten Produktionsfaktoren genannt. Im Falle Argentiniens ermittelte die Kommission Einfuhrzölle auf Essigsäure (291521) aus den USA sowie Lizenzanforderungen bei Einfuhren von Kaliumhydroxid (281520) aus Brasilien, Korea und den USA, bei Einfuhren von Schwefel (250300) aus Kasachstan, Russland, Spanien und den USA, bei Einfuhren von Kalziumkarbonat (251710) aus Paraguay und bei Einfuhren von Essigsäure (291521) aus den USA. Im Falle Thailands stellte die Kommission fest, dass Einfuhrzölle auf Anthrazit (270111) aus Vietnam und auf Kalziumkarbonat (251710) aus Laos erhoben wurden. Im Falle Malaysias schließlich ermittelte die Kommission Einfuhrzölle auf Sulfaminsäure (281119) aus Namibia, Lizenzanforderungen bei Ausfuhren von Essigsäure (291521) nach Belgien, Indien, Indonesien, Japan, Pakistan, Singapur und Thailand sowie Lizenzanforderungen bei Ausfuhren von Kalziumkarbonat (251710) nach Brunei Darussalam, Indonesien und Singapur.
(146)
Der Antragsteller brachte vor, dass die von Argentinien für vier Rohstoffe eingeführten Lizenzanforderungen für Einfuhren (u. a. für Kaliumhydroxid, Schwefel, Kalziumkarbonat und Essigsäure), auf die die Kommission im ersten Vermerk hingewiesen hatte, eine Einschränkung der Bezugsquellen bedingten, sodass die Preise auf dem Inlandsmarkt hoch gehalten würden. Außerdem könnten Lizenzanforderungen für Ausfuhren, wie sie von Malaysia für zwei dieser Rohstoffe (wie Essigsäure und Kalziumkarbonat) umgesetzt wurden, das Gegenteil bewirken, weil das inländische Angebot konstant bleibe und die Preise auf dem Inlandsmarkt niedrig gehalten würden. Daher würde sich Malaysia in dieser Hinsicht als repräsentatives Land besser eignen als Argentinien.
(147)
In Bezug auf die von Malaysia angewandten Lizenzanforderungen wies die Kommission im ersten Vermerk darauf hin, dass sie nur für zwei Rohstoffe (Essigsäure und Kalziumkarbonat) gelten. Die Lizenzanforderungen für Ausfuhren hätten zur Folge, dass die Inlandspreise niedrig gehalten werden, was zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit mit den inländischen Lieferungen auch die Einfuhrmengen bzw. -preise niedrig halten dürfte. Insofern wären die Einfuhrpreise für diese beiden Rohstoffe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu niedrig angesetzt, wenn sie zur rechnerischen Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden.(61)
(148)
Angesichts der vorstehenden Ausführungen teilte die Kommission den interessierten Parteien im zweiten Vermerk mit, dass sie beabsichtigte, Malaysia als geeignetes repräsentatives Land und das Unternehmen Ajinomoto (Malaysia) Berhad gemäß Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich der Grundverordnung als Quelle für unverzerrte Preise oder Vergleichswerte zur Berechnung des Normalwerts heranzuziehen.
(149)
Die interessierten Parteien wurden aufgefordert, zur Eignung Malaysias als repräsentativem Land und von Ajinomoto (Malaysia) Berhad als Hersteller im repräsentativen Land Stellung zu nehmen.
(150)
Im Anschluss an den zweiten Vermerk gingen nur vom Antragsteller Stellungnahmen ein. In seinen Stellungnahmen ging der Antragsteller davon aus, dass Malaysia als repräsentatives Land gewählt wird.
3.3.4.
Sozial- und Umweltschutz
(151)
Nachdem Malaysia unter Berücksichtigung aller genannten Faktoren als geeignetes repräsentatives Land ermittelt worden war, erübrigte sich eine Bewertung des Niveaus des Sozial- und Umweltschutzes nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich letzter Satz der Grundverordnung.
3.3.5.
Schlussfolgerung
(152)
Die vorstehende Analyse ergab, dass Malaysia alle in Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich der Grundverordnung festgelegten Kriterien für eine Einstufung als geeignetes repräsentatives Land erfüllte.
(153)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung erklärte Anhui Jinhe, dass Malaysia kein geeignetes repräsentatives Land sei, da nur ein Unternehmen, nämlich Ajinomoto (Malaysia) Berhad, in derselben allgemeinen Warenkategorie wie Acesulfam-K tätig sei; zudem seien die Finanzdaten von Ajinomoto verzerrt, weil die Kosten des Unternehmens durch Käufe bei verbundenen Unternehmen bestimmt würden. Die daraus resultierenden niedrigeren Rohstoffkosten und sonstigen direkten Kosten würden den hohen Prozentsatz der für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts herangezogenen VVG-Kosten erklären.
(154)
Die Kommission wies darauf hin, dass Vermerk 29 zu den Anmerkungen zu den Jahresabschlüssen von Ajinomoto (Malaysia) Berhad für das am 31. März 2020 endende Geschäftsjahr(62) eine Erklärung der Geschäftsführer in Bezug auf Geschäfte, auch Kaufgeschäfte, mit verbundenen Parteien enthält, in der es heißt: „Nach Auffassung der Geschäftsführer wurden alle oben genannten Geschäfte im Rahmen des normalen Geschäftsverkehrs getätigt und unter ausgehandelten Bedingungen abgeschlossen, die sich nicht wesentlich von den Bedingungen unterscheiden, die auch bei Geschäften mit unabhängigen Parteien vereinbart werden können.” Diese Erklärung war Bestandteil der Anmerkungen zu den Jahresabschlüssen und wurde im Rahmen der pflichtgemäßen Prüfung von unabhängigen Prüfern geprüft, die bestätigten(63), dass die Jahresabschlüsse ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Finanzlage des Unternehmens am 31. März 2020 vermittelten. Insofern befand die Kommission, dass sie die VVG-Kosten auf der Grundlage des Anteils der VVG-Kosten an den Herstellkosten von Ajinomoto (Malaysia) Berhad ermitteln konnte und wies das Argument von Anhui Jinhe zurück.
(155)
Anhui Jinhe argumentierte weiter, dass Argentinien ein geeigneteres repräsentatives Land sei, weil Finanzdaten vorlägen, der Gewinnanteil am Umsatz in Höhe von 5,3 % angemessen sei und das Argument der Kommission, die Lizenzanforderungen Argentiniens für Einfuhren würden die Bezugsquellen einschränken, nicht begründet sei, da Einfuhrzölle nur gegenüber einem Land (den USA) und für eine Ware eingeführt worden seien.
(156)
Die Kommission stimmte diesen Vorbringen nicht zu. Die Kommission hat Argentinien nicht deshalb als repräsentatives Land ausgeschlossen, weil der Anteil des Gewinns am Umsatz in Höhe von 5,3 % nicht angemessen war, sondern aus anderen Gründen. Wie in Erwägungsgrund 137 erläutert, waren keine ausführlichen Jahresabschlüsse zu relevanten Unternehmen in Argentinien verfügbar; bei Malaysia hingegen war das der Fall. Darüber hinaus stellte die Kommission fest, dass neben den von Anhui Jinhe genannten Einfuhrzöllen Lizenzanforderungen für die Einfuhren von vier anderen Rohstoffen bestanden, was eine Einschränkung der Bezugsquellen und damit auch einen Preisanstieg auf dem Inlandsmarkt nach sich ziehen konnte. Daher wies die Kommission dieses Vorbringen zurück.
3.4.
Für die Ermittlung unverzerrter Kosten verwendete Quellen
(157)
In ihrem ersten Vermerk erstellte die Kommission eine Liste der Produktionsfaktoren wie Werkstoffe, Energie und Arbeit, die die ausführenden Hersteller bei der Herstellung der betroffenen Ware einsetzen, und forderte die interessierten Parteien auf, Stellung zu nehmen und ohne Weiteres verfügbare Informationen zu unverzerrten Werten der einzelnen im Vermerk genannten Produktionsfaktoren vorzuschlagen.
(158)
Anschließend erklärte die Kommission in ihrem zweiten Vermerk, dass sie bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung GTA-Daten heranziehen werde, um die unverzerrten Kosten der meisten Produktionsfaktoren und insbesondere der Rohstoffe zu bestimmen. Die Kommission erklärte außerdem, dass sie für die Ermittlung unverzerrter Arbeitskosten die Daten des Institute of Labour Market Information and Analysis (ILMIA)(64) und für die Ermittlung unverzerrter Stromkosten auf der Website der Elektrizitätsgesellschaft Tenaga Nasional Berhad (TNB)(65) veröffentlichte Daten heranziehen werde.
(159)
Im zweiten Vermerk teilte die Kommission den interessierten Parteien außerdem mit, dass einige Produktionsfaktoren aufgrund des geringen Anteils bestimmter einzelner Rohstoffe an den Gesamtherstellkosten als „Verbrauchsmaterialien” betrachtet wurden. Weiterhin teilte die Kommission den interessierten Parteien mit, dass sie den prozentualen Anteil der Verbrauchsmaterialien an den Gesamtherstellkosten berechnen und diesen Prozentsatz bei der Neuberechnung der Herstellkosten unter Zugrundelegung der ermittelten unverzerrten Vergleichswerte im geeigneten repräsentativen Land anwenden werde.
(160)
Bei einer Anhörung wandte Anhui Jinhe ein, dass die Kommission den ersten Vermerk nicht innerhalb von 65 Tagen nach Veröffentlichung der Einleitungsbekanntmachung in das nichtvertrauliche Dossier aufgenommen habe, wie in Abschnitt 5.3.2 der Einleitungsbekanntmachung angegeben.
(161)
Diese Frist gilt jedoch nicht für Aktenvermerke. Die Kommission veröffentlichte ihren ersten Vermerk am 15. März 2021 und ihren zweiten Vermerk am 11. Juni 2021; die interessierten Parteien erhielten in beiden Fällen Gelegenheit, innerhalb von zehn Tagen zu diesen Punkten Stellung zu nehmen. Anhui Jinhe hat zu keinem der Vermerke Stellungnahmen übermittelt.
(162)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung wiederholte Anhui Jinhe seinen in Erwägungsgrund 160 dargelegten Einwand. Das Unternehmen argumentierte, die Kommission habe, da sie den ersten Vermerk viereinhalb Monate und den zweiten Vermerk siebeneinhalb Monate nach der Einleitung der Untersuchung in das Untersuchungsdossier aufgenommen habe, diese Vermerke nicht nach Abschnitt 5.3.2 der Einleitungsbekanntmachung „[k]urz nach Einleitung der Untersuchung” bzw. nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe e der Grundverordnung „unverzüglich” hinzugefügt, sodass sie folglich außer Acht gelassen werden sollten. Des Weiteren enthalte der Antrag keine Sachverhalte zu Verzerrungen bei bestimmten spezifischen Inputs, die Anhui Jinhe im Produktionsprozess verwende, und der Kommission seien vom Antragsteller innerhalb von 37 Tagen nach der Einleitungsbekanntmachung keine solchen Nachweise vorgelegt worden. Schließlich seien die Verteidigungsrechte von Anhui Jinhe verletzt worden, weil der erste Vermerk nach Ablauf von 37 Tagen nach der Einleitung übermittelt worden sei.
(163)
Die Kommission stimmt diesen Vorbringen nicht zu. Zweck des ersten Vermerks und des zweiten Vermerks zum Dossier ist es, die Parteien über die einschlägigen Quellen zu informieren, die die Kommission zur Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung heranzuziehen gedenkt. In den Vermerken wird keine Bewertung hinsichtlich der Anwendung von Artikel 2 Absatz 6a der Grundverordnung vorgenommen. Zudem bestand in diesem Fall eine Besonderheit darin, dass, wie in Erwägungsgrund 129 erläutert, Acesulfam-K nur in der Union und in der VR China hergestellt wurde. Daher war das Verfahren zur Bestimmung des repräsentativen Landes komplexer als üblich, da die Kommission prüfen musste, ob eine Ware hergestellt wird, die derselben allgemeinen Kategorie und/oder demselben allgemeinen Sektor wie die betroffene Ware zuzurechnen ist. Darüber hinaus muss eine — wie im vorliegenden Fall — nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung durchgeführte Untersuchung innerhalb von zwölf Monaten und in jedem Fall innerhalb von 15 Monaten nach der Veröffentlichung der Einleitungsbekanntmachung abgeschlossen werden (siehe Abschnitt 6 der Einleitungsbekanntmachung), während bei einer nach Artikel 5 der Grundverordnung durchgeführten Untersuchung vorläufige Maßnahmen spätestens acht Monate nach der Einleitung des Verfahrens einzuführen sind. Außerdem hatte Anhui Jinhe genügend Zeit, um zu den Vermerken Stellung zu nehmen. Dennoch hat sich Anhui Jinhe nicht zum ersten Vermerk geäußert, in dem drei potenzielle repräsentative Länder genannt wurden. Auch zum zweiten Vermerk hat Anhui Jinhe nicht Stellung genommen. Daher wies die Kommission die Behauptungen, dass eine Verletzung der Verteidigungsrechte von Anhui Jinhe vorliege, zurück.
(164)
In Bezug auf den Einwand, dass der Antrag keine Sachverhalte bezüglich Verzerrungen bei bestimmten spezifischen Inputs enthalte, kam die Kommission, wie in Erwägungsgrund 22 dargelegt, zu dem Schluss, dass der Antrag hinreichende Beweise enthielt, die die Einleitung der Untersuchung rechtfertigten. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, zusätzliche Beweise speziell zu Verzerrungen bei bestimmten Inputs vorzulegen, damit die Kommission die Anwendung des Artikels 2 Absatz 6a der Grundverordnung prüfen kann. Daher wurde der Einwand zurückgewiesen.
3.5.
Unverzerrte Kosten und Vergleichswerte
3.5.1.
Produktionsfaktoren
(165)
Unter Berücksichtigung aller von den interessierten Parteien übermittelten und im Rahmen der Fernabgleiche eingeholten Informationen wurden zur Ermittlung des Normalwerts nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung die folgenden Produktionsfaktoren und Quellen ermittelt:
(166)
Um den Kosten Rechnung zu tragen, die bei den oben genannten Produktionsfaktoren unberücksichtigt bleiben, setzte die Kommission auch einen Wert für die Herstellgemeinkosten an. Die Methodik zur Ermittlung dieses Wertes wird in Erwägungsgrund 186 ausführlich erläutert.

(167)
Zur Ermittlung des unverzerrten Rohstoffpreises bei Lieferung bis ans Werkstor eines Herstellers im repräsentativen Land legte die Kommission den gewogenen durchschnittlichen Preis für die Einfuhr in das repräsentative Land laut GTA zugrunde; diesem wurden Einfuhrzölle und Transportkosten hinzugerechnet. Der Preis für Einfuhren in das repräsentative Land wurde als gewogener Durchschnitt der Stückpreise für Einfuhren aus allen Drittländern mit Ausnahme der VR China und der in Anhang I der Verordnung (EU) 2015/755 des Europäischen Parlaments und des Rates(66) aufgeführten Länder, die nicht Mitglied der WTO sind, berechnet. Die Kommission beschloss, die Einfuhren aus der VR China in das repräsentative Land auszuklammern, da es, wie in Erwägungsgrund 121 festgestellt, aufgrund nennenswerter Verzerrungen im Sinne des Artikels 2 Absatz 6a Buchstabe b der Grundverordnung nicht angemessen war, die Inlandspreise und -kosten in der VR China heranzuziehen. Da es keine Belege dafür gibt, dass dieselben Verzerrungen sich nicht ebenso sehr auf die zur Ausfuhr bestimmten Waren auswirken, vertrat die Kommission die Ansicht, dass dieselben Verzerrungen auch die Ausfuhrpreise beeinflussten. Nach Ausklammerung der Einfuhren aus China und den in Anhang 1 der Verordnung (EU) 2015/755 aufgeführten Ländern nach Malaysia stellte die Kommission fest, dass Einfuhren der wichtigsten Rohstoffe aus anderen Drittländern nach wie vor repräsentativ waren (mit mehr als 75 % der Gesamteinfuhrmengen nach Malaysia).
(168)
Bei einigen wenigen Produktionsfaktoren und Nebenprodukten machten die dem mitarbeitenden ausführenden Hersteller tatsächlich entstandenen Kosten bzw. die von ihm gutgeschriebenen Werte im Untersuchungszeitraum der Überprüfung nur einen geringfügigen Teil der Gesamtrohstoffkosten aus.
(169)
Da der dafür verwendete Wert unabhängig von der verwendeten Quelle keine nennenswerten Auswirkungen auf die Berechnung der Dumpingspanne hatte, beschloss die Kommission, den Nettowert dieser Kosten als Verbrauchsmaterial zu behandeln.
(170)
Der ausführende Hersteller gab in der Kategorie des Verbrauchsmaterials erhebliche Kosten für Dampf an. Da Dampf im Produktionsprozess auch als Nebenprodukt anfiel, nahm die Kommission sowohl die Kosten von Dampf als auch den Ertragswert von Dampf als Nebenprodukt in die Verbrauchsmaterialien auf.
(171)
Die Kommission berechnete den prozentualen Anteil der Verbrauchsmaterialien an den Gesamtrohstoffkosten und nahm diesen Prozentsatz bei der Neuberechnung der Rohstoffkosten unter Zugrundelegung der ermittelten unverzerrten Preise an.
(172)
Zur Ermittlung des unverzerrten Preises der Rohstoffe, wie in Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a erster Gedankenstrich der Grundverordnung vorgesehen, hat die Kommission den einschlägigen Einfuhrzoll des repräsentativen Landes angewandt.
(173)
Die Kommission gab die Transportkosten des mitarbeitenden ausführenden Herstellers für die Rohstofflieferung als Prozentsatz der tatsächlichen Kosten dieser Rohstoffe an und wandte dann denselben Prozentsatz auf die unverzerrten Kosten derselben Rohstoffe an, um die unverzerrten Transportkosten zu ermitteln. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass es angemessen war, im Rahmen dieser Untersuchung das Verhältnis zwischen den Rohstoffkosten des ausführenden Herstellers und den angegebenen Transportkosten als Anhaltspunkt für die Schätzung der unverzerrten Transportkosten für Rohstoffe bei Lieferung bis zum Werk des Unternehmens heranzuziehen.
(174)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung wandte Anhui Jinhe ein, dass der von der Kommission für Kaliumhydroxid rechnerisch ermittelte Vergleichswert unzutreffend sei. Die Kommission habe diesbezüglich den malaysischen Preis für den HS-Code 281520 zugrunde gelegt und bei dieser Methode sei nicht berücksichtigt worden, dass Kaliumhydroxid in flüssiger und fester Form zu jeweils unterschiedlichen Preisen eingeführt werden könne.
(175)
Bei der rechnerischen Ermittlung des Vergleichswerts für Kaliumhydroxid hat die Kommission den von Anhui Jinhe übermittelten HS-Code zugrunde gelegt; dieser war für die flüssige und die feste Form der Ware identisch. Der in Malaysia für diese Ware geltende achtstellige Warencode unterscheidet nicht zwischen flüssiger und fester Ware. Daher wurde der Einwand zurückgewiesen.
(176)
Anhui Jinhe argumentierte außerdem, dem Konzept der Einfuhrzölle liege die Annahme zugrunde, dass der Einkaufspreis beim Erwerb von Rohstoffen auf dem Inlandsmarkt der Mehrwertsteuer unterliege, während beim Erwerb von Rohstoffen auf Auslandsmärkten die Länder, die den Rohstoff ausführen, im Allgemeinen keine Mehrwertsteuer erhöben. Daher seien zum Ausgleich der Steuer auf Stufe der Einfuhr Einfuhrzölle erhoben worden, sodass der Inlandspreis mit dem Einfuhrpreis vergleichbar sei. Wenn jedoch ein Unternehmen Rohstoffe erwerbe, entspreche die gezahlte Mehrwertsteuer einer Vorsteuer, die nicht Bestandteil der Herstellkosten sei, weil sie mit der Ausgangsmehrwertsteuer verrechnet werde. Daher, so Anhui Jinhe, dürfe der Einfuhrzoll bei der rechnerischen Ermittlung des Normalwerts nicht addiert werden.
(177)
Die Kommission teilte diese Ansicht nicht. Die Mehrwertsteuerregelung ist nicht mit der Einfuhrsteuerregelung gleichzusetzen. Während im Falle der Mehrwertsteuer auch bei eingeführten Rohstoffen die Vorsteuer und die Ausgangsmehrwertsteuer miteinander verrechnet werden, gilt eine solche Verrechnung bei Einfuhrzöllen nicht. Zudem werden die Einfuhrzölle zum Zwecke der Ermittlung des endgültigen Einfuhrpreises auf dem Inlandsmarkt addiert. Daher wurde der Einwand zurückgewiesen.

(178)
Im zweiten Vermerk gab die Kommission an, dass sie beabsichtigte, die vom Institute of Labour Market Information and Analysis (ILMIA)(67) in Malaysia veröffentlichten Statistiken heranzuziehen, um die Löhne in Malaysia anhand der für den Untersuchungszeitraum vorliegenden Angaben zu den durchschnittlichen Arbeitskosten je Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe zu ermitteln.
(179)
Im Anschluss an den zweiten Vermerk merkte der Antragsteller an, dass aus den von der Kommission für Ajinomoto (Malaysia) Berhad ermittelten Arbeitskosten für nicht leitendes Personal (38791005 RM) und dem Umstand, dass sich diese auf 452 Personen bezogen, abgeleitet werden könne, dass Ajinomoto (Malaysia) Berhad jedem nicht leitenden Beschäftigten durchschnittlich 85820,81 RM pro Jahr zahlte, was 7151,73 RM pro Monat (11952,80 CNY pro Monat) entsprach. Da Ajinomoto (Malaysia) Berhad im selben Geschäftsbereich tätig sei wie die Hersteller von Acesulfam-K, sei es sinnvoll, den Vergleichswert für Arbeit anhand der in den Jahresabschlüssen von Ajinomoto (Malaysia) Berhad für nicht leitendes Personal angegebenen Arbeitskosten pro Stunde zu berechnen.
(180)
Die Kommission weist darauf hin, dass sich die Zahlen des Institute of Labour Market Information and Analysis (ILMIA) auf das Jahr 2016 beziehen. Da sich die vom Antragsteller vorgeschlagenen Zahlen zu den Arbeitskosten für nicht leitendes Personal auf das am 31. März 2020 endende Geschäftsjahr beziehen und von einem Unternehmen stammen, das demselben Wirtschaftszweig angehört wie die Hersteller von Acesulfam-K, befand die Kommission den Antrag des Antragstellers, die Arbeitskosten auf dieser Grundlage zu ermitteln, für angemessen.

(181)
Die Strompreise für Unternehmen (industrielle Nutzer) in Malaysia werden von der Elektrizitätsgesellschaft Tenaga Nasional Berhad (im Folgenden „TNB” ) auf ihrer Website(68) veröffentlicht. Die jüngsten Tarife wurden am 1. Januar 2014 veröffentlicht und waren auch im UZÜ noch gültig. Die Kommission ermittelte die Stromkosten je kWh anhand der Tarife von TNB für Industriestrom in der Verbrauchsgruppe „Tariff E2 — Medium Voltage Peak/Off-Peak Industrial Tariff” (Tarif E2 — Mittelspannung, Spitzen-/Schwachlasttarif für Industriekunden).
(182)
Was den Faktor der Höchstabnahme betrifft, übermittelte der ausführende Hersteller keine Einzelheiten zur Höchstabnahme je halber Stunde, einem für die Berechnung relevanten Faktor. Daher bestimmte die Kommission diesen Faktor konservativ auf der Grundlage des durchschnittlichen Bedarfs je halber Stunde für den Monat mit der höchsten Abnahme.
(183)
Anschließend ermittelte die Kommission den Verbrauch des ausführenden chinesischen Herstellers in Spitzen- und Schwachlastzeiten im malaysischen Tarifsystem, das den Spitzen- und Mittellastzeiten (malaysische Spitzenlastzeiten) bzw. den Schwachlastzeiten (malaysische Schwachlastzeiten) im chinesischen Tarifsystem entspricht.
(184)
Danach wandte die Kommission die malaysischen Preise je Verbrauchseinheit während der malaysischen Spitzen- und Schwachlastzeiten auf den Verbrauch des chinesischen ausführenden Herstellers in kWh während dieser Zeiten an und addierte die vorstehend ermittelte Gebühr für die Höchstabnahme und die Einspeisevergütung von 1,6 %, um die Stromkosten pro kWh zu bestimmen.
3.5.2.
Herstellgemeinkosten, VVG-Kosten und Gewinne
(185)
Nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung muss der rechnerisch ermittelte Normalwert „einen unverzerrten und angemessenen Betrag für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne beinhalten” . Außerdem muss ein Wert für die Herstellgemeinkosten ermittelt werden, um die Kosten zu erfassen, die in den Kosten der oben genannten Produktionsfaktoren nicht enthalten sind.
(186)
Die Herstellgemeinkosten des mitarbeitenden ausführenden Herstellers wurden als Anteil an den Herstellkosten ausgedrückt, die dem ausführenden Hersteller tatsächlich entstanden waren. Dieser Prozentsatz wurde auf die unverzerrten direkten Herstellkosten angewandt.
(187)
Zur Ermittlung eines unverzerrten und angemessenen Betrags für VVG-Kosten und Gewinne stützte sich die Kommission auf die Finanzdaten von Ajinomoto (Malaysia) Berhad des am 31. März 2020 endenden Geschäftsjahrs. Die Kommission stellte den interessierten Parteien diese Daten im zweiten Vermerk zur Verfügung.
(188)
Wie im zweiten Vermerk dargelegt, analysierte die Kommission zur Ermittlung der Verkaufskosten und VVG-Kosten zunächst die geprüfte Gewinn- und Verlustrechnung und die Anmerkungen zum Jahresabschluss von Ajinomoto (Malaysia) Berhad für das am 31. März 2020 endende Geschäftsjahr. Bestimmte Kostenarten wurden, soweit angezeigt, direkt den Verkaufskosten (z. B. Abschreibungen für Anlagen, Maschinen und Geräte) oder den VVG-Kosten (z. B. Geschäftsführergehälter) zugeordnet. Andere Kosten wurden den Verkaufskosten und den VVG-Kosten auf der Grundlage der Mitarbeiterzahlen im nicht leitenden Bereich (Zurechnung zu den Verkaufskosten) und in anderen Bereichen (Zurechnung zu VVG-Kosten) zugerechnet. Mit dieser Analyse drückte die Kommission die VVG-Kosten als Prozentsatz der Verkaufskosten aus.
(189)
Ebenfalls in Bezug auf den zweiten Vermerk merkte der Antragsteller an, dass die Zinserträge in Höhe von 2894308 MR nicht als negative VVG-Kosten behandelt werden sollten.
(190)
Die Kommission stimmte zu, dass die Zinserträge nicht zur Verringerung der mit der Herstellung der untersuchten Ware verbundenen VVG-Kosten beitragen sollten, da Ajinomoto (Malaysia) Berhad über beträchtliche Barmittel verfügte, aus denen diese Erträge voraussichtlich stammten. Daher nahm die Kommission diesbezüglich eine Berichtigung der VVG-Kosten vor.
(191)
Weiter argumentierte der Antragsteller, dass die Kommission bei der Ermittlung des Rentabilitätsniveaus die Rentabilität von Ajinomoto (Malaysia) Berhad im Industriegeschäft und nicht im Verbrauchergeschäft berücksichtigen sollte, da sowohl der Antragsteller als auch Anhui Jinhe Acesulfam-K an andere Unternehmen verkauften. Die Rentabilität des Industriesektors könne anhand der auf Seite 89 des Jahresberichts 2020 verfügbaren segmentspezifischen Informationen berechnet werden.
(192)
Die Kommission stellte fest, dass die im Jahresbericht genannten Zahlen die Bestimmung eines prozentualen Gewinns im Industriegeschäft zulassen, nicht jedoch die Bestimmung eines entsprechenden prozentualen Anteils der VVG-Kosten im Industriegeschäft. Daher wies die Kommission dieses Argument zurück und ermittelte den Gewinn und die VVG-Kosten anhand der Zahlen zum gesamten Unternehmen Ajinomoto (Malaysia) Berhad.
(193)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung brachte Anhui Jinhe weiter vor, dass die Kommission die VVG-Kosten von Ajinomoto zu hoch veranschlagt habe, da die „sonstigen Betriebskosten” den VVG-Kosten in voller Höhe zugerechnet worden seien. Das Unternehmen argumentierte, dass Elemente der „sonstigen Betriebskosten” notwendigerweise Verkaufskosten darstellten und keine VVG-Kosten, da beispielsweise keine der Ausgaben, die nicht unter den „sonstigen Betriebskosten” eingestuft worden seien, Energiekosten zu umfassen schienen, die zumindest zum Teil als Herstellkosten und nicht als VVG-Kosten betrachtet werden sollten.
(194)
Die Kommission weist darauf hin, dass der Jahresbericht von Ajinomoto keine klaren Angaben zu den und keine Aufschlüsselung der in dieser Kategorie erfassten Kosten enthält. Die zur Ermittlung der VVG-Kosten vorgenommene Kostenverteilung wurde im Rahmen des zweiten Vermerks im Detail offengelegt, und den interessierten Parteien wurden zehn Tage zur Stellungnahme eingeräumt. Anhui Jinhe hat sich zu dem Zeitpunkt nicht zu diesem Punkt geäußert. Unabhängig davon würde dieser Sachverhalt selbst dann, wenn die Kommission das Vorbringen akzeptierte, nichts an den Schlussfolgerungen der Untersuchung ändern, dass das Dumping (in größerem Umfang) im Untersuchungszeitraum anhielt.
3.5.3.
Berechnung
(195)
Auf dieser Grundlage ermittelte die Kommission nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung für jeden Warentyp rechnerisch den Normalwert auf der Stufe ab Werk.
(196)
Zunächst ermittelte die Kommission die unverzerrten direkten Herstellkosten (Verbrauch von Rohstoffen, Arbeit und Energie). Die Kommission wandte die unverzerrten Stückkosten auf den tatsächlichen Verbrauch der einzelnen Produktionsfaktoren des mitarbeitenden ausführenden Herstellers an. Die Kommission multiplizierte den Faktoreinsatz mit den unverzerrten Stückkosten im repräsentativen Land.
(197)
Sodann fügte die Kommission die Herstellgemeinkosten hinzu, um die unverzerrten Herstellkosten zu bestimmen. Die dem mitarbeitenden ausführenden Hersteller entstandenen Herstellgemeinkosten wurden um die Kosten für Rohstoffe und Verbrauchsmaterialien wie in den Erwägungsgründen 168 bis 171 dargelegt erhöht und danach als Anteil an den direkten Herstellkosten ausgedrückt, die dem mitarbeitenden ausführenden Hersteller tatsächlich entstanden sind. Dieser Prozentsatz wurde auf die unverzerrten direkten Herstellkosten angewandt.
(198)
Sobald sie ermittelt waren, wandte die Kommission die VVG-Kosten und den Gewinn auf die unverzerrten Herstellkosten an, die wie in den Erwägungsgründen 188 bis 192 dargelegt bestimmt worden waren. Wie in Erwägungsgrund 187 erläutert, wurden diese Werte anhand der Jahresabschlüsse von Ajinomoto (Malaysia) Berhad ermittelt.
(199)
Die als prozentualer Anteil an den Umsatzkosten ausgedrückten und auf die unverzerrten Herstellkosten angewandten VVG-Kosten beliefen sich auf 32,7 %. Die als prozentualer Anteil an den Umsatzkosten ausgedrückten und auf die unverzerrten Herstellkosten angewandten Gewinne beliefen sich auf 22,8 %.
(200)
Auf dieser Grundlage berechnete die Kommission nach Artikel 2 Absatz 6a Buchstabe a der Grundverordnung den Normalwert je Warentyp auf der Stufe ab Werk.
3.6.
Ausfuhrpreis
(201)
Der mitarbeitende ausführende Hersteller wickelte seine Ausfuhren direkt mit unabhängigen Abnehmern auf dem Unionsmarkt ab.
(202)
Der Ausfuhrpreis war nach Artikel 2 Absatz 8 der Grundverordnung der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis der betroffenen Ware bei der Ausfuhr in die Union.
3.7.
Vergleich
(203)
Die Kommission verglich den Normalwert und den Ausfuhrpreis des mitarbeitenden ausführenden Herstellers auf der Stufe ab Werk.
(204)
Soweit es im Interesse eines fairen Vergleichs gerechtfertigt war, nahm die Kommission nach Artikel 2 Absatz 10 der Grundverordnung Berichtigungen des Normalwerts und/oder des Ausfuhrpreises zur Berücksichtigung von Unterschieden vor, die die Preise und ihre Vergleichbarkeit beeinflussten. Berichtigungen des Ausfuhrpreises wurden für Fracht-, Bereitstellungs-, Verlade- und Nebenkosten in der VR China sowie für Seefracht- und Versicherungskosten, Kreditkosten, Bankgebühren und Verpackungskosten vorgenommen.
3.8.
Dumpingspanne
(205)
Bei dem mitarbeitenden ausführenden Hersteller, Anhui Jinhe, verglich die Kommission nach Artikel 2 Absätze 11 und 12 der Grundverordnung den Normalwert der gleichartigen Ware mit dem Ausfuhrpreis des entsprechenden Typs der betroffenen Ware.
(206)
Die auf dieser Grundlage ermittelte gewogene durchschnittliche Dumpingspanne, ausgedrückt als Prozentsatz des CIF-Einfuhrpreises frei Grenze der Union, unverzollt, betrug 67,6 %.
(207)
Die in den amtlichen Statistiken ausgewiesenen Durchschnittspreise für Einfuhren aus China liegen auf dem Niveau der Preise von Anhui Jinhe. In Anbetracht der erheblichen Dumpingspanne und in Ermangelung der Mitarbeit seitens anderer ausführender Hersteller gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass auch andere Unternehmen Ausfuhren zu gedumpten Preisen tätigten.
(208)
Es wurde daher die Schlussfolgerung gezogen, dass das Dumping im Untersuchungszeitraum der Überprüfung anhielt.
4.
WAHRSCHEINLICHKEIT EINES ANHALTENS DES DUMPINGS
(209)
Nachdem für den Untersuchungszeitraum der Überprüfung Dumping festgestellt wurde, untersuchte die Kommission nach Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung die Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens des Dumpings im Falle einer Aufhebung der Maßnahmen. Dabei wurden die folgenden zusätzlichen Faktoren analysiert: die Produktionskapazität und Kapazitätsreserven in der VR China, die Attraktivität des Unionsmarktes und die wahrscheinlichen Preise und Dumpingspannen im Falle einer Aufhebung der Maßnahmen.
4.1.
Produktionskapazität und Kapazitätsreserven in der VR China
(210)
Die Kommission analysierte die Situation in Bezug auf die Produktionskapazität und die Kapazitätsreserven auf der Grundlage der Informationen, die im Antrag, in den von chinesischen ausführenden Herstellern übermittelten Stichprobenfragebogen, in dem vom mitarbeitenden ausführenden Hersteller beantworteten Fragebogen, in den übermittelten Stellungnahmen und auf den Websites von Herstellern in China enthalten waren.
(211)
Der Antragsteller gab im Antrag an, dass sich die in der VR China bestehenden Kapazitäten auf 39500 Tonnen beliefen und dass die Kapazitätsauslastung gemessen an den weltweiten Verkäufen weniger als 50 % betrug.(69)
(212)
Anhui Jinhe brachte vor, dass Acesulfam-K in der VR China nur von drei Unternehmen, nämlich Anhui Jinhe, Vitasweet und Yabang, hergestellt wurde, und legte Beweise dafür vor, dass einige der im Antrag genannten chinesischen Hersteller kein Acesulfam-K herstellten.
(213)
Die Kommission akzeptierte die von Anhui Jinhe vorgelegten Beweise(70), die nahezulegen schienen, dass Shandong MinghuiFood Co., Ltd, Suzhou PeacockFood Additive Co., Ltd und Suzhou Hope Technology Co., Ltd kein Acesulfam-K mehr herstellten. Allerdings gab es weder Belege dafür, dass ihre Kapazitäten nicht mehr existierten, noch Information darüber, ob ihre Kapazitäten kurzfristig wieder in Betrieb genommen werden könnten.
(214)
In Bezug auf Hangzhou SanheFood Co., Ltd war die Kommission in Ermangelung gegenteiliger Beweise der Auffassung, dass das Unternehmen nach wie vor ein Hersteller war, und schloss aus den Angaben auf dessen Website(71), dass es über eine Kapazität von mindestens 5000 Tonnen verfügte, potenziell auch mehr.
(215)
Der Antragsteller legte Beweise dafür vor, dass ein Unternehmen namens Nantong Hongxin über eine im Bau befindliche Anlage mit einer Kapazität zur Herstellung von insgesamt 15000 Tonnen Acesulfam-K verfügte, die Ende 2021 fertiggestellt werden soll(72), und dass ein Unternehmen namens Ningxia Wanxiangyuan den Bau einer neuen Produktionsanlage für Acesulfam-K mit einer Kapazität von 5000 Tonnen jährlich plante, die die Umweltprüfung im Oktober 2020 erfolgreich bestanden hatte(73). Der Antragsteller verwies auch auf eine Ankündigung von Anhui Jinhe aus dem Jahr 2017 über die mögliche Ausweitung von dessen Produktionskapazität, ohne jedoch Belege für eine solche Ausweitung oder den Umfang der betreffenden Produktionskapazität vorzulegen.
(216)
Anhui Jinhe hat diesen Nachweis nicht angefochten.
(217)
Die Kommission hat auch Kenntnis von einem weiteren möglichen Hersteller von Acesulfam-K in China namens Jiangxi Beiyang erlangt, konnte jedoch nichts Genaueres über dessen potenzielle Produktion oder Produktionskapazität in Erfahrung bringen.
(218)
Ausgehend von allen verfügbaren Informationen gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass die derzeitige chinesische Produktionskapazität in einer Größenordnung von 32000 bis 40500 Tonnen liegen dürfte und dass die Kapazität kurzfristig um 20000 Tonnen auf eine Größenordnung von 52000 bis 60500 Tonnen ansteigen dürfte.
(219)
Anhui Jinhe schätzte die jährliche weltweite Nachfrage nach Acesulfam-K auf eine Größenordnung von 18000 bis 20000 Tonnen und argumentierte, dass bei einer jährlichen Zuwachsrate von 2,3 % bis 4,5 % (entsprechende Nachweise wurden vom Antragsteller vorgelegt) alle verfügbaren Kapazitätsreserven in China schnell ausgeschöpft wären.
(220)
Allerdings war es angesichts der aktuellen Kapazität in China von 32000 bis 40500 Tonnen offensichtlich, dass China allein die bestehende weltweite Nachfrage bedienen könnte und dazu mindestens weitere 10 Jahre lang in der Lage wäre.
(221)
Die Kommission hat auch die Situation hinsichtlich der Kapazitätsreserven geprüft.
(222)
Ausgehend von den verfügbaren Informationen zu den drei Unternehmen, die Anhui Jinhe zufolge derzeit Acesulfam-K herstellen, sowie zu Hangzhou SanheFood Co. Ltd. kam die Kommission zu dem Schluss, dass diese vier Unternehmen über eine Kapazitätsreserve von rund 5200 Tonnen(74) verfügen dürften. Das entsprach etwa der doppelten Menge des Unionsverbrauchs im UZÜ (siehe Erwägungsgrund 239).
(223)
Zusammengenommen liegen die geschätzte gegenwärtige Kapazitätsreserve von rund 5200 Tonnen und die in China kurzfristig geplanten zusätzlichen Kapazitäten von 20000 Tonnen über dem von Anhui Jinhe genannten Schätzwert für die bestehende weltweite Nachfrage und übersteigen den gesamten Unionsverbrauch um das Achtfache.
(224)
Somit sind in der VR China erhebliche Produktionskapazitäten und Kapazitätsreserven vorhanden, sodass der Absatz auf dem Unionsmarkt im Falle eines Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen massiv gesteigert werden könnte.
4.2.
Attraktivität des Unionsmarktes
(225)
Die Attraktivität des Unionsmarktes für chinesische Ausfuhren war angesichts ihrer trotz der Antidumpingmaßnahmen anhaltenden und massiven Präsenz offensichtlich; sie erreichten, wie in Erwägungsgrund 242 erwähnt, in der Union einen Marktanteil von [31 %-37 %].
(226)
Die chinesischen Überkapazitäten stellen einen starken Anreiz für Ausfuhren in diesem naturgemäß exportorientierten Sektor dar, weil es nur einen ausländischen Wettbewerber (den Antragsteller) gibt. Die chinesischen Ausführer haben das Potenzial der Ausfuhrmärkte außerhalb der Union schon jetzt ausgeschöpft, weil sie sie bereits mit einem Marktanteil von durchschnittlich über 70 %(75) dominieren.
(227)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung brachte Anhui Jinhe vor, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass der Unionsmarkt für chinesische Hersteller von Acesulfam-K attraktiv ist. Diesbezüglich behauptete Anhui Jinhe, dass der Antragsteller einen zunehmenden Teil seiner Produktion auf Drittmärkten verkaufe, was nahelege, dass der Unionsmarkt selbst für den Unionshersteller unattraktiv sei. Des Weiteren behauptete Anhui Jinhe, der Preis der chinesischen Hersteller für Ausfuhren auf den Unionsmarkt sei gleich hoch wie oder etwas niedriger als ihr Preis für Ausfuhren auf Drittlandsmärkte. Daraus zog Anhui Jinhe den Schluss, dass der Unionsmarkt aufgrund der Präsenz eines lokalen Wettbewerbers für chinesische Hersteller weniger attraktiv sei als jeder andere Drittlandsmarkt.
(228)
In seiner Stellungnahme zum Vorbringen von Anhui Jinhe erklärte der Antragsteller, dass die Antidumpingzölle die chinesischen ausführenden Hersteller nicht vom Unionsmarkt verdrängen würden. Der Antragsteller argumentierte außerdem, dass der Unionsmarkt zwar aufgrund der geltenden Antidumpingzölle möglicherweise weniger attraktiv für chinesische Hersteller sei, die chinesischen Hersteller den Unionsmarkt jedoch im Falle einer Aufhebung dieser Zölle als attraktiv betrachten würden.
(229)
Diesbezüglich erinnert die Kommission daran, dass die chinesischen ausführenden Hersteller, wie in Erwägungsgrund 242 dargelegt, selbst nach Einführung der Antidumpingzölle einen sehr großen Anteil am Unionsmarkt behielten. Eine solch hohe Marktdurchdringung bestünde nicht, wenn der Markt nicht attraktiv wäre. Dies ist eher dann der Fall, wenn zusätzliche Antidumpingzölle gelten, da die Anlandepreise der Einfuhren höher sind und die Ausfuhren in die Union verteuern. Unter solchen Preisbedingungen würden die Ausführer nicht weiter bedeutende Mengen auf einem unattraktiven Markt verkaufen. Daher weist die Kommission das obige Argument auf der Grundlage der in Erwägungsgrund 234 zusammengefassten Feststellungen zurück. Im Falle eines Außerkrafttretens der Antidumpingzölle wäre es den chinesischen Herstellern möglich, ihre Verkäufe und ihren Marktanteil in der Union zu steigern.
(230)
Die Attraktivität des Unionsmarktes wurde auch durch die in den Erwägungsgründen 232 und 233 untersuchten Preiselemente bestätigt.
4.3.
Wahrscheinliche Preise und Dumpingspannen im Falle einer Aufhebung der Maßnahmen
(231)
Anhui Jinhe argumentierte, dass die Preise der Ausfuhren von der VR China in Drittländer über den Preisen der Ausfuhren in die Union lagen. Außerdem gebe es keine Beschränkungen für den Verkauf von Acesulfam-K an Drittländer.
(232)
Die Kommission stellte fest, dass die Preise der chinesischen Ausfuhren in Drittländer etwa auf dem gleichen Niveau lagen wie die Preise der Ausfuhren in die Union. Dies legt nahe, dass Dumping als strukturpolitische Strategie zur Durchdringung von Drittlandsmärkten genutzt wird und dass es daher anhalten wird.
(233)
Chinesische Hersteller könnten bei einem Auslaufen der Maßnahmen möglicherweise in der Union zu höheren Preisen als in Drittländern verkaufen; allerdings würde das erhebliche Überangebot in China die Preise wahrscheinlich auf ein Niveau unterhalb des derzeitigen Niveaus auf dem Unionsmarkt drücken. Daher dürften die Dumpingspannen weiter steigen.
4.4.
Schlussfolgerung
(234)
Die Kommission stellte fest, dass in der VR China beträchtliche Kapazitätsreserven bestanden, die kurzfristig noch weiter wachsen dürften. Die Attraktivität des Unionsmarktes ergibt sich klar aus der Tatsache, dass die chinesischen Hersteller trotz der geltenden hohen Antidumpingzölle einen hohen Marktanteil hatten. Überdies waren die auf dem Unionsmarkt erzielten Preise attraktiv, und obwohl es für die chinesischen Hersteller im Falle eines Auslaufens der Maßnahmen Spielraum für eine Anhebung ihrer Preise gegenüber dem derzeitigen Niveau gäbe, dürften die überschüssigen Kapazitätsreserven in China in Verbindung mit dem zu erwartenden mäßigen Wachstum des Weltmarkts ohne Maßnahmen dafür sorgen, dass die Preise weiter unter Druck geraten.
(235)
Darüber hinaus war das ermittelte Ausmaß des Dumpings beträchtlich.
(236)
Daher ergab die Analyse der Kommission, dass im Untersuchungszeitraum der Überprüfung Dumping vorlag und dass bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen ein Anhalten der Einfuhren in beträchtlichen Mengen zu gedumpten Preisen zu erwarten war.
5.
SCHÄDIGUNG
5.1.
Definition des Wirtschaftszweigs der Union und der Unionsproduktion
(237)
Die gleichartige Ware wurde im Bezugszeitraum von einem Hersteller in der Union hergestellt. Dieser Hersteller bildet den „Wirtschaftszweig der Union” im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 der Grundverordnung.
5.2.
Unionsverbrauch
(238)
Die Kommission ermittelte den Unionsverbrauch auf der Grundlage der Verkäufe des Wirtschaftszweigs der Union auf dem freien Markt in der Union sowie der Einfuhren aus der VR China und aus Drittländern, wie sie der Einfuhrstatistik in der Datenbank zu Artikel 14 Absatz 6 zu entnehmen sind.
(239)
Der Unionsverbrauch entwickelte sich wie folgt:
(240)
Der Verbrauch von Acesulfam-K in der Union ist im Vergleich zum Beginn des Bezugszeitraums aufgrund einer wachsenden Nachfrage nach zuckerfreien Waren um 6 % gestiegen.
5.3.
Einfuhren aus dem betroffenen Land
5.3.1.
Menge und Marktanteil der Einfuhren aus dem betroffenen Land
(241)
Die Kommission ermittelte die Menge der Einfuhren anhand der Datenbank zu Artikel 14 Absatz 6. Der Marktanteil der Einfuhren wurde anhand der Datenbank zu Artikel 14 Absatz 6 und von Angaben des Wirtschaftszweigs der Union ermittelt.
(242)
Die Einfuhren aus dem betroffenen Land entwickelten sich wie folgt:
(243)
Die Menge der Einfuhren aus China wiesen einige Schwankungen auf, wobei 2018 ein Anstieg um 4 % und 2019 ein Rückgang zu verzeichnen war. Die Einfuhrmenge nahm im UZÜ im Vergleich zum Beginn des Bezugszeitraums erheblich (um 18 %) zu. Dieser seit 2019 verzeichnete Anstieg fiel zeitlich mit einem leichten Rückgang des Verbrauchs auf dem Unionsmarkt zusammen.
(244)
Der Marktanteil der Einfuhren aus China entwickelte sich ähnlich wie die Einfuhrmenge und stieg 2018 um 3 %, gefolgt von einem Rückgang im Jahr 2019. Dieser Rückgang konnte im UZÜ durch einen Anstieg um 11 % im Vergleich zum Beginn des Bezugszeitraums ausgeglichen werden. Die Kommission stellte fest, dass der Marktanteil der Einfuhren aus der VR China im UZÜ ungeachtet des steigenden Unionsverbrauchs zulasten der Verkaufsmenge und des Marktanteils des Wirtschaftszweigs der Union zunahm (siehe Erwägungsgründe 257 und 258).
5.3.2.
Preise der Einfuhren aus dem betroffenen Land und Preisunterbietung
(245)
Die Kommission ermittelte die Einfuhrpreise anhand von Daten aus der Datenbank zu Artikel 14 Absatz 6.
(246)
Der Durchschnittspreis der Einfuhren aus dem betroffenen Land entwickelte sich wie folgt:
(247)
Die Durchschnittspreise der Einfuhren aus der VR China wiesen im Bezugszeitraum insgesamt einen starken Anstieg auf (um 19 %). Wie aus Tabelle 8 hervorgeht, blieben die Preise der Einfuhren aus China deutlich niedriger als die Unionspreise.
(248)
Zur Ermittlung der Preisunterbietung im Untersuchungszeitraum der Überprüfung verglich die Kommission:
(249)
Der Preisvergleich wurde für jeden Warentyp getrennt für Geschäftsvorgänge auf derselben Handelsstufe nach gegebenenfalls erforderlichen Berichtigungen und unter Abzug von Rabatten und Preisnachlässen vorgenommen. Das Ergebnis des Vergleichs wurde als Prozentsatz des Umsatzes des Unionsherstellers im UZÜ ausgedrückt. Der Vergleich ergab eine gewogene durchschnittliche Preisunterbietungsspanne von über 10 %. Bei Ausklammerung der Antidumpingzölle belief sich die gewogene durchschnittliche Preisunterbietungsspanne auf über 45 %.
5.4.
Einfuhren aus anderen Drittländern als der VR China
(250)
Die Einfuhren von Acesulfam-K aus anderen Drittländern als der VR China machten im Bezugszeitraum nur einen Marktanteil von 1 % bis 4 % aus. Da Acesulfam-K nur in China und der Union hergestellt wird, waren diese Einfuhren nach Auffassung der Kommission fälschlicherweise als Acesulfam-K eingestuft bzw. war ihr Ursprung falsch angegeben. Daher hat die Kommission diese Einfuhren in ihrer Schadensanalyse nicht weiter untersucht.
5.5.
Wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Union
5.5.1.
Allgemeine Bemerkungen
(251)
Im Rahmen der Bewertung der wirtschaftlichen Lage des Wirtschaftszweigs der Union wurden alle Wirtschaftsindikatoren, die für die Lage des Wirtschaftszweigs der Union im Bezugszeitraum relevant waren, beurteilt.
5.5.1.1.
(252)
Die gesamte Unionsproduktion, die Produktionskapazität und die Kapazitätsauslastung entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(253)
Die Produktionsmenge des Wirtschaftszweigs der Union erhöhte sich im Bezugszeitraum um 14 %. Dieser Anstieg kann erstens auf den allgemeinen Anstieg der Nachfrage nach Acesulfam-K und zweitens auf die Antidumpingzölle zurückgeführt werden, aufgrund deren sich der Wirtschaftszweig der Union erholen und seine Produktionsmenge steigern konnte.
(254)
Die Produktionskapazität des Wirtschaftszweigs der Union blieb im Bezugszeitraum auf gleichem Niveau. Obwohl sich der Wirtschaftszweig der Union aufgrund der Antidumpingzölle erholen konnte, ließ die Entwicklung des Marktes eine Ausweitung der Kapazitäten nicht zu.
(255)
Die Kapazitätsauslastung stieg entsprechend der in Erwägungsgrund 253 dargelegten jährlichen Produktionsmenge und nahm aufgrund der Antidumpingzölle und des allgemeinen Anstiegs der Nachfrage nach Acesulfam-K um 14 % zu.
5.5.1.2.
(256)
Verkaufsmenge und Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Union entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(257)
Die Verkaufsmenge des Unionsherstellers schwankte im Bezugszeitraum. 2018 sank die Verkaufsmenge um 3 %, danach folgte 2019 ein starker Anstieg (um 11 %) im Vergleich zum Beginn des Bezugszeitraums. Im UZÜ erreichte die Verkaufsmenge wieder das zu Beginn des Bezugszeitraums verzeichnete Ausgangsniveau.
(258)
Der Marktanteil des Wirtschaftszweigs der Union schwankte im Bezugszeitraum und ging im UZÜ um 5 % zurück.
5.5.1.3.
(259)
Beschäftigung und Produktivität in der Union entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(260)
Von 2017 bis zum Ende des Untersuchungszeitraums stieg die Zahl der Beschäftigten des Wirtschaftszweigs der Union um 14 %, was dem Anstieg der Produktion entsprach.
(261)
Zugleich nahm die Produktivität im selben Zeitraum um 10 % zu.
5.5.1.4.
(262)
Die Dumpingspanne lag für den mitarbeitenden ausführenden Hersteller, wie in Erwägungsgrund 206 dargelegt, deutlich über der Geringfügigkeitsschwelle; die Menge und der Marktanteil der Einfuhren aus der VR China waren, wie in den Erwägungsgründen 243 und 244 erläutert, im Bezugszeitraum noch immer erheblich.
(263)
Dennoch konnte sich der Wirtschaftszweig der Union trotz des anhaltenden Dumpings aus der VR China von früherem Dumping erholen.
5.5.1.5.
(264)
Die gewogenen durchschnittlichen Verkaufsstückpreise, welche der einzige Unionshersteller unabhängigen Abnehmern in der Union in Rechnung stellte, entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(265)
Der durchschnittliche Verkaufsstückpreis des Wirtschaftszweigs der Union, der unabhängigen Abnehmern berechnet wurde, stieg im Bezugszeitraum nach der Einführung der Antidumpingmaßnahmen um 35 %.
(266)
Die Produktionskosten blieben im Bezugszeitraum stabil.
5.5.1.6.
(267)
Die durchschnittlichen Arbeitskosten des Unionsherstellers entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(268)
Die durchschnittlichen Arbeitskosten des Wirtschaftszweigs der Union je Beschäftigten erhöhten sich im Bezugszeitraum um 11 %.
5.5.1.7.
(269)
Die Lagerbestände des einzigen Unionsherstellers entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(270)
Die Lagerbestände stiegen im Bezugszeitraum um 11 %.
5.5.1.8.
(271)
Rentabilität, Cashflow, Investitionen und Kapitalrendite (ROI) des Unionsherstellers entwickelten sich im Bezugszeitraum wie folgt:
(272)
Die Kommission ermittelte die Rentabilität des Unionsherstellers als Nettogewinn vor Steuern aus den Verkäufen der gleichartigen Ware an unabhängige Abnehmer in der Union in Prozent des mit diesen Verkäufen erzielten Umsatzes. Die Rentabilität wies im Bezugszeitraum einen starken Anstieg auf (um 93 %). Durch die Antidumpingzölle war es dem Unionshersteller möglich, wieder eine hohe Rentabilität zu erzielen.
(273)
Die Untersuchung ergab, dass der UZÜ durch besondere Umstände bestimmt war, die mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie zusammenhingen. Insbesondere bezogen große Abnehmer aus dem Lebensmittel- und Pharmabereich im ersten Halbjahr 2020 größere Mengen an Acesulfam-K vom Wirtschaftszweig der Union, um die Versorgung mit diesem Inhaltsstoff zu sichern. Zudem wurden 2020 die jährlichen Wartungsarbeiten des Wirtschaftszweigs der Union, bei denen die Produktion für einen gewissen Zeitraum eingestellt wird, auf einen späteren Zeitpunkt als sonst üblich verschoben, was eine höhere Produktion im UZÜ zur Folge hatte. Diese außergewöhnlichen Marktentwicklungen führten zu steigenden Verkaufspreisen des Wirtschaftszweigs der Union gegenüber 2019 sowie zu einem Anstieg der im UZÜ erzielten Gewinne des Wirtschaftszweigs der Union. Die Untersuchung zeigte, dass der Gewinn des Wirtschaftszweigs der Union durch die Ausklammerung solcher einmaligen Auswirkungen in derselben Größenordnung wie die vor Eintreten der außergewöhnlichen Umstände (d. h. im Jahr 2019) erzielte Rentabilität läge.
(274)
Unter dem Nettocashflow ist die Fähigkeit der Unionshersteller zu verstehen, ihre Tätigkeiten selbst zu finanzieren. Die Entwicklung des Nettocashflows wies einen ähnlichen Anstieg (um 80 %) auf wie die Rentabilität, auch dies Ausdruck der positiven Wirkung der Antidumpingzölle und der in Erwägungsgrund 273 beschriebenen außergewöhnlichen Umstände im UZÜ.
(275)
Die Investitionen sanken im Bezugszeitraum um 13 %. Wie in Erwägungsgrund 272 dargelegt, ermöglichten die Antidumpingzölle eine Rückkehr zu einer rentablen Geschäftstätigkeit, rechtfertigten jedoch nicht die Notwendigkeit von Investitionen in zusätzliche Produktionskapazitäten.
(276)
Die Kapitalrendite stieg im Bezugszeitraum beträchtlich (um 124 %).
5.5.1.9.
(277)
Die meisten Schadensindikatoren, wie Produktion, Beschäftigung, Kapazitätsauslastung, Produktivität, Rentabilität und Cashflow, entwickelten sich positiv. Während der Trend der Finanzindikatoren, wie das Investitionsniveau und Kapitalrendite, eine negative Entwicklung aufwies, sind ihre absoluten Werte zufriedenstellend und deuten nicht auf eine bedeutende Schädigung hin.
(278)
Daher gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sich der Wirtschaftszweig der Union von der zuvor verursachten Schädigung erholt hat und im Untersuchungszeitraum der Überprüfung keine bedeutende Schädigung im Sinne des Artikels 3 Absatz 5 der Grundverordnung erlitten hat.
6.
WAHRSCHEINLICHKEIT EINES ERNEUTEN AUFTRETENS DER SCHÄDIGUNG
(279)
In Erwägungsgrund 278 stellte die Kommission fest, dass der Wirtschaftszweig der Union im Untersuchungszeitraum der Überprüfung keine bedeutende Schädigung erlitten hat. Daher hat die Kommission im Einklang mit Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung analysiert, inwieweit bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen gegenüber den chinesischen Einfuhren ein erneutes Auftreten der ursprünglich durch die gedumpten Einfuhren aus der VR China verursachten Schädigung wahrscheinlich ist.
(280)
Die Kommission untersuchte die Produktionskapazität und die Kapazitätsreserve in der VR China, das wahrscheinliche Preisniveau der Einfuhren aus der VR China ohne Antidumpingmaßnahmen und deren Auswirkungen auf den Wirtschaftszweig der Union, einschließlich der Höhe der Preisunterbietung ohne Antidumpingmaßnahmen.
(281)
Wie in den Erwägungsgründen 210 bis 223 erläutert, sind in der VR China erhebliche Produktionskapazitäten und Kapazitätsreserven vorhanden, sodass die Ausfuhren auf den Unionsmarkt im Falle eines Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen rasch gesteigert werden könnten.
(282)
Diese bedeutende Überkapazität und die in den Erwägungsgründen 225 bis 229 beschriebene Attraktivität des Unionsmarktes würden wahrscheinlich zu massiven zusätzlichen zu gedumpten Preisen getätigten Ausfuhren in die Union führen, die den gesamten Unionsverbrauch ohne Weiteres decken könnten.
(283)
Auf den internationalen Märkten außerhalb der Union, auf denen keine Handelsschutzmaßnahmen gelten, verfügen die chinesischen Hersteller über einen beherrschenden Marktanteil (von durchschnittlich mehr als 70 %).
(284)
Ohne Maßnahmen ist davon auszugehen, dass der Marktanteil der chinesischen Hersteller zumindest auf ihren weltweiten Marktanteil steigen würde.
(285)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung wandte Anhui Jinhe ein, dass China auf Drittmärkten keine beherrschende Stellung einnehme, da der mutmaßliche Marktanteil der chinesischen Hersteller auf Drittmärkten von 70 % ihrem Anteil an der gesamten weltweiten Produktionskapazität entspreche und dieser Marktanteil somit eine ausgewogene Aufteilung des Weltmarkts zwischen konkurrierenden Herstellern widerspiegele.
(286)
In seiner Stellungnahme zum Vorbringen von Anhui Jinhe trug der Antragsteller vor, dass sich das Argument von Anhui Jinhe auf einen Vergleich der gesamten chinesischen Produktionskapazität mit der gesamten Produktionskapazität des Antragstellers stütze und dieses Argument nicht stichhaltig sei, weil in China eine erhebliche Überkapazität vorhanden sei.
(287)
Das Argument von Anhui Jinhe entspricht Chinas stufenweiser Vorgehensweise in der Industriepolitik: Auf der Grundlage staatlich gesteuerter Verzerrungen wird eine massive Überkapazität aufgebaut; ein Großteil dieser Überkapazität wird weltweit ausgeführt; Wettbewerber in der EU (und in anderen Regionen) werden nicht aufgrund einer echten Wettbewerbsfähigkeit, sondern mithilfe unlauterer Handelspraktiken verdrängt; chinesische Unternehmen gewinnen weltweit eine mächtige oder sogar beherrschende Marktstellung. Dann wird argumentiert, es handele sich dabei um eine „normale Aufteilung” . Märkte sollten jedoch nicht von der Größe der Wettbewerber bestimmt werden, sondern von ihrer Fähigkeit, zu fairen und gleichen Bedingungen im Wettbewerb zu bestehen. Diese Argumentation entspricht dem Narrativ, mit dem China seine massive globale Präsenz begründet. Festzuhalten bleibt jedoch, dass eine solch massive Präsenz beträchtliche Auswirkungen auf den Wettbewerb hat, was die Kommission zu der Feststellung führt, dass der Marktanteil der chinesischen Hersteller auf dem Unionsmarkt ohne Antidumpingmaßnahmen höchstwahrscheinlich deutlich steigen würde und dass dies erhebliche Marktanteilseinbußen für den Unionshersteller zur Folge hätte. Daher wurde der Einwand zurückgewiesen.
(288)
Ohne die Antidumpingzölle lägen die Preise für chinesisches Acesulfam-K (verzollt) im Bereich von etwa 6,20 bis 6,75 EUR/kg. Ein Vergleich dieser Preise mit den Produktionsstückkosten des Wirtschaftszweigs der Union abzüglich Fracht und Lagerhaltung im UZÜ sowie mit dem durchschnittlichen Verkaufspreis des Wirtschaftszweigs der Union auf der Stufe ab Werk, der Verwendern und Händlern in der Union für lebensmitteltaugliches Acesulfam-K im UZÜ berechnet wurde, ergab, dass die Preise der Einfuhren aus China die Verkaufspreise des Wirtschaftszweigs der Union um mehr als 45 % unterbieten würden.
(289)
Bei einem Verzicht auf Maßnahmen hätten in einem Szenario, in dem die chinesischen ausführenden Hersteller in der Union die gleiche Marktdurchdringung erzielen würden wie auf anderen Märkten der Welt (durchschnittlich rund 70 %)(76), die Absatzeinbußen und der daraus resultierende Kostenanstieg des Wirtschaftszweigs der Union unter Berücksichtigung des zu erwartenden Preisniveaus erhebliche finanzielle Einbußen zur Folge und die Rentabilität würde negativ werden. Die Schädigung würde somit in kurzer Zeit bedeutend werden und das Überleben des Wirtschaftszweigs der Union gefährden.
(290)
Dieses wahrscheinliche Szenario wird durch die vom Antragsteller vorgelegten Beweise gestützt, wonach im Vereinigten Königreich nach dem Brexit und der daraus folgenden Aufhebung von Antidumpingmaßnahmen für Acesulfam-K erhebliche Absatz- und Marktanteilseinbußen zu verzeichnen waren. So ist davon auszugehen, dass sich in der Union ohne Maßnahmen eine ähnliche Situation entwickelt.
(291)
In seiner Stellungnahme nach der endgültigen Unterrichtung argumentierte Anhui Jinhe, dass der Antragsteller nach der im Zuge des Brexit erfolgten Aufhebung der Antidumpingzölle keine erheblichen Absatz- und Marktanteilseinbußen im Vereinigten Königreich erlitten habe. Außerdem brachte Anhui Jinhe vor, dass das zur Einsichtnahme bestimmte Dossier keine Beweise zu den Verkäufen des Antragstellers im Vereinigten Königreich und einem Anstieg der chinesischen Ausfuhren ins Vereinigte Königreich umfasse.
(292)
In seiner Stellungnahme zum Vorbringen von Anhui Jinhe gab der Antragsteller an, dass Anhui Jinhe Zugang zu chinesischen Ausfuhrstatistiken habe und dass der Antragsteller im Laufe der Untersuchung ebenfalls entsprechende Ausfuhrdaten vorgelegt habe. Der Antragsteller wies außerdem darauf hin, dass seine Umsatzeinbußen schon im Vorgriff auf die Aufhebung der Antidumpingzölle im Vereinigten Königreich eingetreten seien.
(293)
Diesbezüglich erinnert die Kommission daran, dass der Antragsteller seine Fragebogenantwort zuerst mit Daten vorgelegt hatte, die die Unionsverkäufe einschließlich des Vereinigten Königreichs umfassten, und später eine neue Fassung ohne die Daten zum Vereinigten Königreich übermittelte. Die nichtvertraulichen Fassungen beider Fragebogenantworten stehen im zur Einsichtnahme bestimmten Dossier zur Verfügung. Die Kommission hat auch die Statistiken zur Einfuhr der überprüften Ware aus China ins Vereinigte Königreich analysiert. In Erwiderung auf das Vorbringen von Anhui Jinhe wurde diesbezüglich ein Vermerk in das nichtvertrauliche Untersuchungsdossier aufgenommen. Beide Fragebogenantworten und die Statistiken bestätigten die Feststellung, dass die Marktanteilseinbußen des Antragstellers bereits im Vorgriff auf die im Zuge des Brexit erfolgte Aufhebung der Antidumpingzölle verzeichnet wurden. Daher ist der vorstehende Einwand von Anhui Jinhe unbegründet.
(294)
Die vorstehende Analyse hat gezeigt, dass die Einführung von Zöllen dem Wirtschaftszweig der Union zugutekam und dass er sich nach der Einführung von Maßnahmen von der Schädigung erholte. Bei einem Verzicht auf Maßnahmen würde der zu erwartende massive Anstieg der Einfuhren aus China zu schädigenden Preisen in kurzer Zeit zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Wirtschaftszweigs der Union und zu einer bedeutenden Schädigung führen.
(295)
Daher kam die Kommission zu dem Schluss, dass der Verzicht auf Maßnahmen mit großer Wahrscheinlichkeit einen erheblichen Anstieg gedumpter Einfuhren aus dem betroffenen Land zu schädigenden Preisen zur Folge hätte und dass ein erneutes Auftreten der bedeutenden Schädigung zu erwarten wäre.
7.
UNIONSINTERESSE
(296)
Nach Artikel 21 der Grundverordnung prüfte die Kommission, ob eine Aufrechterhaltung der geltenden Antidumpingmaßnahmen dem Interesse der Union zuwiderlaufen würde. Bei der Ermittlung des Unionsinteresses wurden die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, einschließlich der Interessen des Wirtschaftszweigs der Union, der Einführer und der Verwender.
(297)
Alle interessierten Parteien erhielten nach Artikel 21 Absatz 2 der Grundverordnung Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen.
(298)
Auf dieser Grundlage prüfte die Kommission, ob ungeachtet der Schlussfolgerungen zur Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens des Dumpings und eines Wiederauftretens der Schädigung zwingende Gründe dafür sprachen, dass die Aufrechterhaltung der geltenden Maßnahmen nicht im Interesse der Union läge.
7.1.
Interesse des Wirtschaftszweigs der Union
(299)
Wie in Erwägungsgrund 278 dargelegt, hat sich der Wirtschaftszweig der Union von der durch das Dumping zuvor verursachten Schädigung erholt und er arbeitet rentabel, wenn er nicht unfairem Wettbewerb durch gedumpte Einfuhren unterliegt.
(300)
Bei einem Auslaufen der geltenden Maßnahmen dürfte sich die Lage des Wirtschaftszweigs der Union, wie in den Erwägungsgründen 279 bis 294 erläutert, in kurzer Zeit verschlechtern.
(301)
Daher wurde der Schluss gezogen, dass eine Verlängerung der geltenden Maßnahmen gegenüber der VR China im Interesse des Wirtschaftszweigs der Union läge.
7.2.
Interesse der unabhängigen Einführer
(302)
Wie in Erwägungsgrund 29 erklärt, arbeitete kein unabhängiger Einführer an der Untersuchung mit.
(303)
Die aktuelle Untersuchung ergab keine wesentlichen negativen Auswirkungen der geltenden Maßnahmen auf Einführer.
(304)
In der früheren Untersuchung wurde festgestellt, dass sich die Maßnahmen negativ auf die Einführer auswirken könnten, wenn auch nur in sehr begrenztem Umfang. Acesulfam-K macht nur einen geringen Teil der Geschäftstätigkeit der Einführer aus, die über eine breitere Produktpalette verfügen.
(305)
Aus den vorliegenden Informationen geht somit klar hervor, dass sich die Einführung von Maßnahmen, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt auf die Einführer auswirken würde und dass diese Auswirkungen klar durch den Nutzen übertroffen würden, den die Maßnahmen für den Wirtschaftszweig der Union haben könnten.
7.3.
Interesse der Verwender
(306)
Acesulfam-K wird hauptsächlich als Zuckeraustauschstoff im Lebensmittel- und Getränkesektor verwendet, zum Beispiel in alkoholfreien Erfrischungsgetränken und Molkereierzeugnissen. In geringerem Umfang wird Acesulfam-K auch im pharmazeutischen Bereich verwendet.
(307)
Es arbeiteten keine Verwender an der Untersuchung mit.
(308)
Die aktuelle Untersuchung ergab keine wesentlichen negativen Auswirkungen der geltenden Maßnahmen. Die frühere Untersuchung gegenüber den Einfuhren aus der VR China hatte ergeben, dass Acesulfam-K nur geringfügige Auswirkungen auf die Kosten des Enderzeugnisses hat. Sie hatte jedoch auch ergeben, dass die Verwendung von Acesulfam-K für bereits auf dem Markt befindliche Waren wesentlich ist. Neue Erzeugnisse könnten mithilfe alternativer Süßstoffe entwickelt werden, eine Änderung in der Zusammensetzung bestehender Produkte wäre jedoch riskant und teuer. Folglich wurde der Zugang der Verwender zu alternativen Bezugsquellen für Acesulfam-K als wichtig erachtet.
(309)
Aus diesen Gründen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass sich im Falle einer Verlängerung der Maßnahmen wahrscheinlich keine nennenswerten Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Verwender ergeben werden.
7.4.
Sonstige Faktoren
7.4.1.
Versorgungssicherheit
(310)
Der Unionshersteller brachte vor, dass die Sicherheit der Versorgung mit Acesulfam-K für Lebensmittel- und Getränkehersteller entscheidend sei und es nicht im Unionsinteresse läge, von den Lieferungen der Ware aus nur einem Land abhängig zu werden. Dem Hersteller zufolge kann ein Getränke- oder Lebensmittelhersteller, wenn er sich einmal für Acesulfam-K als kalorienarmen Süßstoff entschieden hat, nicht zu einem anderen Süßstoff wechseln, ohne den Geschmack wesentlich zu verändern und die Wahrnehmung der Ware beim Verbraucher zu beeinträchtigen.
7.5.
Schlussfolgerung zum Unionsinteresse
(311)
In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass keine zwingenden Gründe hinsichtlich des Unionsinteresses gegen die Aufrechterhaltung der geltenden Maßnahmen gegenüber den Einfuhren von Acesulfam-K mit Ursprung in der VR China sprechen.
(312)
In seiner Stellungnahme zur endgültigen Unterrichtung argumentierte Anhui Jinhe, dass die Aufrechterhaltung der Maßnahmen nicht im Unionsinteresse läge. Diesbezüglich brachte Anhui Jinhe vor, dass der Antragsteller eine begrenzte Produktionskapazität und eine hohe Kapazitätsauslastungsrate habe und daher nicht in der Lage sei, den gesamten Markt zu beliefern, ohne sich aus den Ausfuhrmärkten zurückzuziehen. Darüber hinaus vertrat Anhui Jinhe die Auffassung, dass die Verwender von Acesulfam-K von alternativen Bezugsquellen abhingen und daher gezwungen seien, die Antidumpingzölle zu zahlen und an die Verbraucher weiterzugeben, was zu einem Anstieg der Lebensmittelpreise führe. Schließlich behauptete Anhui Jinhe, dass die Multi-Sourcing-Strategie der Verwender dem Antragsteller in jedem Fall ausreichenden Schutz biete, da sie verhindere, dass der Unionshersteller wesentliche Marktanteile an chinesische Einführer verliere.
(313)
In seiner Stellungnahme zum Vorbringen von Anhui Jinhe gab der Antragsteller an, dass er über ausreichende Produktionskapazitäten verfüge, um den gesamten Unionsmarkt zu bedienen und zugleich seine gegenwärtigen Ausfuhren an Drittländer aufrechtzuerhalten. Der Antragsteller argumentierte auch, dass die Auswirkung der Antidumpingzölle auf die Kosten der Endprodukte aufgrund der geringen Dosierung von Acesulfam-K in Getränken vernachlässigbar sei. Des Weiteren erklärte der Antragsteller, dass entgegen dem Vorbringen von Anhui Jinhe die Dual-Sourcing-Strategie der Verwender von Acesulfam-K im Zeitraum vor der Ausgangsuntersuchung nicht verhindert hätte, dass die chinesischen Einfuhren erhebliche Marktanteile zulasten des Unionsherstellers gewannen.
(314)
Bezüglich dieser Argumente erinnert die Kommission daran, dass keine Einführer, Verwender oder Verbraucherorganisationen an der vorliegenden Auslaufüberprüfung mitgearbeitet hatten. Tatsächlich ergab die Untersuchung, dass neben den in den Erwägungsgründen 210 bis 223 beschriebenen Kapazitätsreserven in China die Produktionskapazität für Acesulfam-K der Union zur Deckung des Verbrauchs ausreichte, wie in den Erwägungsgründen 239 und 252 dargelegt, und dass somit keine Gefahr einer unzureichenden Versorgung mit der überprüften Ware bestand. Außerdem stellte die Kommission fest, dass die Kostenauswirkungen von Acesulfam-K auf die Endprodukte, wie in Erwägungsgrund 308 erläutert, zu vernachlässigen waren. Daher wies die Kommission die vorstehenden Argumente zurück.
8.
ANTIDUMPINGMAßNAHMEN
(315)
Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen der Kommission zum Anhalten des Dumpings, zum erneuten Auftreten der Schädigung und zum Unionsinteresse sollten die Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Acesulfam-K aus der VR China aufrechterhalten werden.
(316)
Nach Artikel 109 der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates(77) wird, wenn ein Betrag infolge einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union erstattet werden muss, der von der Europäischen Zentralbank für ihre Hauptrefinanzierungsgeschäfte zugrunde gelegte und am ersten Kalendertag jedes Monats geltende Zinssatz angewandt, der im Amtsblatt der Europäischen Union, Reihe C, veröffentlicht wird.
(317)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen stehen im Einklang mit der Stellungnahme des mit Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/1036 eingerichteten Ausschusses —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 176 vom 30.6.2016, S. 21.

(2)

Durchführungsverordnung (EU) 2015/1963 der Kommission vom 30. Oktober 2015 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Acesulfam mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 287 vom 31.10.2015, S. 1).

(3)

Bekanntmachung des bevorstehenden Außerkrafttretens bestimmter Antidumpingmaßnahmen (ABl. C 46 vom 11.2.2020, S. 8).

(4)

Da es nur einen Hersteller von Acesulfam-K in der Union gibt, erfolgen in dieser Verordnung einige Angaben in Spannen oder in indexierter Form, um die Vertraulichkeit der Angaben dieses Unionsherstellers zu wahren.

(5)

Bekanntmachung über die Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren von Acesulfam (Acesulfam-K) mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. C 366 vom 30.10.2020, S. 13).

(6)

Am 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich aus der Union ausgetreten. Die Union und das Vereinigte Königreich haben sich gemeinsam auf einen Übergangszeitraum geeinigt, in dem das Vereinigte Königreich weiterhin dem Unionsrecht unterliegt; dieser Übergangszeitraum endete am 31. Dezember 2020. Das Vereinigte Königreich ist kein Mitgliedstaat der Union mehr und gilt daher, was die Zahlenangaben, Ergebnisse und Schlussfolgerungen in dieser Verordnung angeht, als Drittland.

(7)

Durchführungsverordnung (EU) 2015/787 der Kommission vom 19. Mai 2015 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Acesulfam mit Ursprung in der Volksrepublik China sowie von in bestimmten Zubereitungen und/oder Mischungen enthaltenem Acesulfam mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 125 vom 21.5.2015, S. 15).

(8)

Durchführungsverordnung (EU) 2019/765 der Kommission vom 14. Mai 2019 zur Aufhebung des Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Bioethanol mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika und zur Einstellung des Verfahrens betreffend diese Einfuhren im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates, Erwägungsgrund 89 (ABl. L 126 vom 15.5.2019, S. 4).

(9)

Verordnung (EG) Nr. 240/2008 des Rates vom 17. März 2008 zur Aufhebung des endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Harnstoff mit Ursprung in Belarus, Kroatien, Libyen und in der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 384/96, Erwägungsgrund 76 (ABl. L 75 vom 18.3.2008, S. 33).

(10)

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 135/2014 des Rates vom 11. Februar 2014 zur Aufhebung des Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Dicyandiamid mit Ursprung in der Volksrepublik China im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009, Erwägungsgrund 70 (ABl. L 43 vom 13.2.2014, S. 1).

(11)

Verordnung (EG) Nr. 240/2008 des Rates vom 17. März 2008 zur Aufhebung des endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Harnstoff mit Ursprung in Belarus, Kroatien, Libyen und in der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 384/96, Erwägungsgrund 102 (ABl. L 75 vom 18.3.2008, S. 33).

(12)

Beschluss der Kommission vom 21. Februar 2001 zur Einstellung des Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren von Ferrosilicium mit Ursprung in Brasilien, der Volksrepublik China, Kasachstan, Russland, der Ukraine und Venezuela (ABl. L 84 vom 23.3.2001, S. 36).

(13)

https://trade.ec.europa.eu/tdi/case_details.cfm?id=2491

(14)

Bekanntmachung über die Folgen des Ausbruchs des COVID-19 (Coronavirus) für Antidumping- und Antisubventionsuntersuchungen (ABl. C 86 vom 16.3.2020, S. 6).

(15)

Commission Staff Working Document on Significant Distortions in the Economy of the People's Republic of China for the Purposes of Trade Defence Investigations (für die Zwecke von Handelsschutzuntersuchungen erstellte Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen über nennenswerte wirtschaftliche Verzerrungen in der Volksrepublik China) vom 20. Dezember 2017, SWD(2017) 483 final/2.

(16)

Durchführungsverordnung (EU) 2021/546 der Kommission vom 29. März 2021 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren von Aluminiumstrangpresserzeugnissen mit Ursprung in der Volksrepublik China (ABl. L 109 vom 30.3.2021, S. 1).

(17)

Bericht, Kapitel 2, S. 6-7.

(18)

Bericht, Kapitel 2, S. 10.

(19)

Abrufbar unter http://www.fdi.gov.cn/1800000121_39_4866_0_7.html (zuletzt abgerufen am 15. Juli 2019).

(20)

Bericht, Kapitel 2, S. 20-21.

(21)

Bericht, Kapitel 3, S. 41, 73 und 74.

(22)

Bericht, Kapitel 6, S. 120-121.

(23)

Bericht, Kapitel 6, S. 122-135.

(24)

Bericht, Kapitel 7, S. 167-168.

(25)

Bericht, Kapitel 8, S. 169-170 und 200-201.

(26)

Bericht, Kapitel 2, S. 15-16, Kapitel 4, S. 50 und 84, Kapitel 5, S. 108-109.

(27)

Bericht, Kapitel 3, S. 22-24, und Kapitel 5, S. 97-108.

(28)

Bericht, Kapitel 5, S. 104-109.

(29)

Bericht, Kapitel 5, S. 100-101.

(30)

Bericht, Kapitel 2, S. 26.

(31)

Bericht, Kapitel 2, S. 31-32.

(32)

Abrufbar unter https://www.reuters.com/article/us-china-congress-companies-idUSKCN1B40JU (zuletzt abgerufen am 15. Juli 2019).

(33)

Abrufbar unter www.gov.cn/zhengce/2020-09/15/content_5543685.htm (zuletzt abgerufen am 10. März 2021).

(34)

Financial Times (2020): „Chinese Communist Party asserts greater control over private enterprise” , (Chinesische Kommunistische Partei beansprucht mehr Kontrolle über Privatunternehmen), abrufbar unter: https://on.ft.com/3mYxP4j.

(35)

Website von Anhui Jinhe Industrial (jinheshiye.com).

(36)

Bericht, Kapitel 14.1 bis 14.3.

(37)

Bericht, Kapitel 4, S. 41, 42 und 83.

(38)

Von Zhongtai Securities zu Anhui Jinhe Industrial durchgeführte Analyse, Februar 2020 (dfcfw.com).

(39)

Jahresbericht 2020 von Anhui Jinhe Industrial (dfcfw.com).

(40)

Bericht, Kapitel 6, S. 138-149.

(41)

Bericht, Kapitel 9, S. 216.

(42)

Bericht, Kapitel 9, S. 213-215.

(43)

Bericht, Kapitel 9, S. 209-211.

(44)

Bericht, Kapitel 13, S. 332-337.

(45)

Bericht, Kapitel 13, S. 336.

(46)

Bericht, Kapitel 13, S. 337-341.

(47)

Bericht, Kapitel 6, S. 114-117.

(48)

Bericht, Kapitel 6, S. 119.

(49)

Bericht, Kapitel 6, S. 120.

(50)

Bericht, Kapitel 6, S. 121-122, S. 126-128 und S. 133-135.

(51)

Siehe das offizielle Strategiedokument der chinesischen Aufsichtsbehörde für Banken und Versicherungen (China Banking and Insurance Regulatory Commission, im Folgenden „CBIRC” ) vom 28. August 2020: Dreijahresaktionsplan zur Verbesserung der Unternehmensführung und -kontrolle im Banken- und Versicherungssektor (2020-2022), http://www.cbirc.gov.cn/cn/view/pages/ItemDetail.html?docId=925393&itemId=928 (zuletzt abgerufen am 3. April 2021). Der Plan enthält die Anweisung, „den in der Grundsatzrede von Generalsekretär Xi Jinping über das Vorantreiben der Reform der Unternehmensführung und -kontrolle im Finanzsektor verkörperten Geist weiter umzusetzen” . In Abschnitt II des Plans wird darüber hinaus die Förderung der organischen Integration der Führungsrolle der Partei in die Corporate Governance als Ziel vorgegeben: „Wir werden die Integration der führenden Rolle der Partei in die Unternehmensführung und -kontrolle systematischer, stärker standardisiert und verfahrensbasiert machen […]. Wichtige operative und Managementfragen müssen vom Parteikomitee besprochen werden, bevor der Unternehmensvorstand oder das leitende Management über sie entscheidet.”

(52)

Siehe „Notice on the Commercial banks performance evaluation method” (Bekanntmachung über die Methode zur Leistungsbewertung von Geschäftsbanken) der CBIRC, herausgegeben am 15. Dezember 2020, http://jrs.mof.gov.cn/gongzuotongzhi/202101/t20210104_3638904.htm (zuletzt abgerufen am 12. April 2021).

(53)

Siehe IMF Working Paper „Resolving China's Corporate Debt Problem” (Arbeitspapier des IWF zur Lösung des Problems der Unternehmensverschuldung in China) von Wojciech Maliszewski, Serkan Arslanalp, John Caparusso, José Garrido, Si Guo, Joong Shik Kang, W. Raphael Lam, T. Daniel Law, Wei Liao, Nadia Rendak, Philippe Wingender, Jiangyan, Oktober 2016, WP/16/203.

(54)

Bericht, Kapitel 6, S. 121-122, S. 126-128 und S. 133-135.

(55)

Siehe OECD (2019), OECD Economic Surveys: China 2019 (OECD-Erhebungen zur Wirtschaft: China 2019), OECD Publishing, Paris. S. 29. Abrufbar unter

https://doi.org/10.1787/eco_surveys-chn-2019-en.

(56)

Siehe: http://www.xinhuanet.com/fortune/2020-04/20/c_1125877816.htm (zuletzt abgerufen am 12. April 2021).

(57)

https://globalfinancials.com/index-admin.html

(58)

https://www.ajinomoto.com.my/investors/annual-reports

(59)

http://qdd.oecd.org/subject.aspx?Subject=ExportRestrictions_IndustrialRawMaterials

(60)

https://www.globaltradealert.org/data_extraction

(61)

Da Antidumpingzölle im Rahmen von Auslaufüberprüfungen nicht überarbeitet werden, würde die Heranziehung dieser beiden Rohstoffe für die rechnerische Ermittlung des Normalwerts die allgemeinen Feststellungen dieser Überprüfung im Prinzip nicht beeinträchtigen. In diesem besonderen Fall wären etwaige Auswirkungen für die ausführenden Hersteller sogar von Vorteil, weil der rechnerisch ermittelte Normalwert und die daraus resultierende Dumpingspanne potenziell höher lägen als ohne Bestehen der besagten Lizenzanforderungen.

(62)

Jahresabschlüsse von Ajinomoto (Malaysia) Berhad für das am 31. März 2020 endende Geschäftsjahr, S. 84.

(63)

Jahresabschlüsse von Ajinomoto (Malaysia) Berhad für das am 31. März 2020 endende Geschäftsjahr, S. 45.

(64)

https://www.ilmia.gov.my/index.php/my/labour-cost

(65)

https://www.tnb.com.my/commercial-industrial/pricing-tariffs1

https://www.tnb.com.my/assets/files/Tariff_Rate_Final_01.Jan.2014.pdf

(66)

Verordnung (EU) 2015/755 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über eine gemeinsame Regelung der Einfuhren aus bestimmten Drittländern (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 33).

(67)

https://www.ilmia.gov.my/index.php/my/labour-cost

(68)

https://www.tnb.com.my/commercial-industrial/pricing-tariffs1

https://www.tnb.com.my/assets/files/Tariff_Rate_Final_01.Jan.2014.pdf

(69)

Offene Fassung des Antrags, S. 41.

(70)

Vom chinesischen Verband für Lebensmittelzusatzstoffe und -zutaten (China Food Additives and Ingredients Association) am 2. März 2021 ausgestellte Bescheinigung, vorgelegt von Anhui Jinhe auf Folie 16 der offenen Fassung seiner Stellungnahme vom 4. März 2021, sowie Bekanntmachung des Volksgerichts zur Bestätigung der Insolvenz von Hope, vorgelegt von Anhui Jinhe auf Folie 17 der offenen Fassung seiner Stellungnahme vom 4. März 2021.

(71)

http://www.hzsanhe.com/default2.asp

(72)

http://www.cninfo.com.cn/new/disclosure/detail?plate=sse&orgId=9900023704&stockCode=603968&announcementId=1209844300&announcementTime=2021-04-27%2018:00, S. 30.

(73)

Offene Fassung der Stellungnahme des Antragstellers vom 8. Juni 2021, Anlage I.

(74)

Dazu gehören bestmögliche Schätzungen der potenziellen Kapazitätsreserve von zwei Unternehmen anhand von Informationen, die einer übermittelten Stellungnahme und/oder einem von einem chinesischen ausführenden Hersteller beantworteten Stichprobenfragebogen zu entnehmen waren.

(75)

Nichtvertrauliche Fassung des Antrags, S. 41.

(76)

Siehe Erwägungsgrund 255.

(77)

Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).

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