ANHANG II VO (EU) 2022/1426
Leistungsanforderungen
-
1.
-
DDT unter standardmäßigen Verkehrsszenarien
- 1.1.
- Das ADS muss in der Lage sein, die gesamte DDT durchzuführen.
- 1.1.1.
- Die Fähigkeit des ADS, die gesamte DDT durchzuführen, wird im Rahmen der ODD des ADS bestimmt.
- 1.1.2.
-
Als Teil der DDT muss das ADS in der Lage sein:
- a)
- mit sicherer Geschwindigkeit zu fahren und die für das Fahrzeug geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten;
- b)
- einen angemessenen Abstand zu anderen Verkehrsteilnehmern einzuhalten, indem die Längs- und Querbewegung des Fahrzeugs kontrolliert wird;
- c)
- sein Verhalten den umgebenden Verkehrsbedingungen (z. B. durch Vermeidung von Störungen des Verkehrsflusses) auf angemessene, sicherheitsorientierte Weise anzupassen;
- d)
- sein Verhalten an die Sicherheitsrisiken anzupassen und dem Schutz von Menschenleben höchste Priorität einzuräumen;
- 1.1.3.
- Das System muss ein vorausschauendes Verhalten bei der Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmern demonstrieren, um ein stabiles Verhalten in Längsrichtung mit geringer Dynamik sicherzustellen, sowie ein risikominimierendes Verhalten, wenn kritische Situationen drohen, z. B. bei vollständig oder unvollständig sichtbaren ungeschützten Verkehrsteilnehmern (z. B. Fußgängern, Radfahrern usw.) oder bei anderen Fahrzeugen, die vor dem vollautomatisierten Fahrzeug kreuzen oder einscheren.
- 1.1.4.
- Die Anforderungen im Zusammenhang mit der DDT sind in umgekehrter Richtung zu erfüllen, wenn der Rückwärtsgang in der ODD vorgeschrieben oder angegeben ist.
- 1.2.
-
Das ADS muss für die DDT relevante Objekte und Ereignisse innerhalb der ODD erkennen und angemessen darauf reagieren.
Zu den Objekten und Ereignissen gehören insbesondere:
- a)
- Motorfahrzeuge und andere Verkehrsteilnehmer, wie beispielsweise Motorräder, Fahrräder, Roller, Rollstuhlfahrer, Fußgänger und Hindernisse (z. B. Unrat, verlorene Ladung)
- b)
- Verkehrsunfälle
- c)
- Verkehrsstaus
- d)
- Straßenarbeiten
- e)
- Beamte der Straßenverkehrssicherheit und Polizeibeamte
- f)
- Noteinsatzfahrzeuge
- g)
- Verkehrsschilder, Straßenmarkierungen
- h)
- Umweltbedingungen (z. B. niedrigere Geschwindigkeit aufgrund von Regen, Schnee).
- 1.3.
- Das ADS muss den Verkehrsregeln des Landes entsprechen, in dem es eingesetzt wird.
- 1.3.1.
-
Das ADS muss mit anderen Verkehrsteilnehmern in Übereinstimmung mit den Verkehrsregeln sicher interagieren, z. B. durch:
- a)
- Anzeigen von beabsichtigten Fahrmanövern (z. B. Fahrtrichtungsanzeiger);
- b)
- gegebenenfalls Verwendung der akustischen Warnvorrichtung;
- c)
- sichere Interaktion mit Beamten der Straßenverkehrssicherheit/Polizeibeamten, Straßenmeistereien, Notdiensten, Straßenaufsichtsbeamten usw.;
- d)
- bei Fahrzeugen mit dualem Fahrmodus muss der ADS-Status (manueller Fahrmodus oder vollautomatisierter Fahrmodus) für Beamte der Straßenverkehrssicherheit/Polizeibeamte erkennbar sein.
- 1.3.2.
-
Beim Fehlen spezifischer Verkehrsregeln dürfen Fahrzeuge mit ADS, die zur Beförderung stehender oder nicht angeschnallter Fahrzeuginsassen bestimmt sind, eine kombinierte Horizontalbeschleunigung von 2,4 m/s2 (als absoluter Wert und berechnet als Kombination von Quer- und Längsbeschleunigung) und eine Änderungsbeschleunigung von 5 m/s3 nicht überschreiten.
Je nach den Faktoren, die das Risiko für die Insassen und andere Verkehrsteilnehmer beeinflussen, kann es angebracht sein, diese Grenzwerte zu überschreiten, z. B. bei Notfalleinsätzen.
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2.
-
DDT unter kritischen Verkehrsszenarien (Notbetrieb)
- 2.1.
- Das ADS muss in der Lage sein, die DDT für alle vernünftigerweise vorhersehbaren kritischen Verkehrsszenarien in der ODD durchzuführen.
- 2.1.1.
- Das ADS muss in der Lage sein, die Gefahr einer Kollision mit anderen Verkehrsteilnehmern oder einem plötzlich auftretenden Hindernis (Unrat, verlorene Ladung) zu erkennen und automatisch geeignete Notmaßnahmen (Bremsen, Ausweichen) durchzuführen, um vernünftigerweise vorhersehbare Kollisionen zu vermeiden und die Risiken für die Sicherheit der Fahrzeuginsassen und anderer Verkehrsteilnehmer zu minimieren.
- 2.1.1.1.
- Im Falle eines unvermeidbaren alternativen Risikos für Menschenleben darf das ADS keine Gewichtung auf der Grundlage persönlicher Merkmale von Menschen vorsehen.
- 2.1.1.2.
- Der Schutz von Menschenleben außerhalb des vollautomatisierten Fahrzeugs darf nicht dem Schutz von Menschenleben innerhalb des vollautomatisierten Fahrzeugs untergeordnet werden.
- 2.1.2.
- Der Grad des Unfallrisikos beteiligter Verkehrsteilnehmer sollte durch die Strategie zur Risikovermeidung/Risikominderung berücksichtigt werden.
- 2.1.3.
- Nach dem Ausweichmanöver muss das Fahrzeug versuchen, so schnell wie technisch möglich wieder eine stabile Fahrt aufzunehmen.
- 2.1.4.
- Das Signal zum Einschalten der Warnblinkanlage muss automatisch in Übereinstimmung mit den Verkehrsregeln erzeugt werden. Fährt das vollautomatisierte Fahrzeug selbsttätig wieder los, muss das Signal zum Ausschalten der Warnblinkanlage automatisch erzeugt werden.
- 2.1.5.
- Bei einem Verkehrsunfall mit Beteiligung des vollautomatisierten Fahrzeugs muss das ADS darauf abzielen, das vollautomatisierte Fahrzeug anzuhalten und ein risikominimierendes Manöver durchzuführen, um den minimalen Risikozustand zu erreichen. Die Wiederaufnahme des normalen Betriebs durch das ADS darf erst dann möglich sein, wenn der sichere Betriebszustand des vollautomatisierten Fahrzeugs durch Selbsttests des ADS und/oder durch den Bediener im Fahrzeug (falls zutreffend) oder den Bediener für den Ferneingriff (falls zutreffend) bestätigt wurde.
-
3.
-
DDT bei ODD-Grenzen
- 3.1.
- Das ADS muss seine ODD-Bedingungen und die Grenzen der ODD erkennen.
- 3.1.1.
- Das ADS muss in der Lage sein, festzustellen, ob die Bedingungen für die ADS-Aktivierung erfüllt sind.
- 3.1.2.
- Das ADS muss erkennen, wenn eine oder mehrere ODD-Bedingungen nicht oder nicht mehr erfüllt ist bzw. sind, und entsprechend reagieren.
- 3.1.3.
- Das ADS muss in der Lage sein, das Verlassen der ODD zu antizipieren.
- 3.1.4.
- Die ODD-Bedingungen und -Grenzen müssen vom Hersteller festgelegt werden.
- 3.1.4.1.
-
Die vom ADS zu erkennenden ODD-Bedingungen umfassen:
- a)
- Niederschlag (Regen, Schnee);
- b)
- Tageszeit;
- c)
- Lichtintensität, auch wenn Beleuchtungsvorrichtungen verwendet werden;
- d)
- Nebel, Dunst;
- e)
- Straßen- und Fahrbahnmarkierungen;
- f)
- Straßenkategorie (z. B. Anzahl der Fahrspuren, getrennte Fahrspuren);
- g)
- den geografischen Bereich (falls zutreffend).
- 3.1.5.
- Wenn das ADS die ODD-Grenzen erreicht, führt es ein MRM durch, um einen MRC zu erreichen, und warnt den Bediener im Fahrzeug (falls zutreffend)/den Bediener für den Ferneingriff (falls zutreffend) entsprechend.
-
4.
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DDT unter Fehlerszenarien
- 4.1.
- Das ADS muss ein fehlerhaftes Verhalten des ADS und/oder des Fahrzeugs erkennen und darauf reagieren.
- 4.1.1.
- Das ADS muss Fehler und Störungen selbstständig diagnostizieren.
- 4.1.2.
- Das ADS muss seine Fähigkeit auswerten, ob es die gesamte DDT erfüllen kann.
- 4.1.2.1.
- Das ADS muss sicher auf einen Fehler/eine Störung im ADS reagieren, der bzw. die die Leistung des ADS nicht wesentlich beeinträchtigt.
- 4.1.2.2.
- Das ADS muss ein MRM ausführen, um einen MRC zu erreichen, falls eine Störung des ADS und/oder eines anderen Fahrzeugsystems das ADS daran hindert, die DDT durchzuführen.
- 4.1.2.3.
- Das ADS muss den Fahrzeuginsassen, dem Bediener im Fahrzeug (falls vorhanden) oder dem Bediener für den Ferneingriff (falls zutreffend) sowie anderen Verkehrsteilnehmern in Übereinstimmung mit den Verkehrsregeln (z. B. durch Einschalten der Warnblinkanlage) größere Störungen und den sich daraus ergebenden Betriebszustand sofort melden, wenn es diese erkennt.
- 4.1.2.4.
- Beeinträchtigen Störungen die Brems- oder Lenkfähigkeit des Fahrzeugs, muss das MRM unter Berücksichtigung der verbleibenden Leistungsfähigkeit durchgeführt werden.
-
5.
-
Risikominimierendes Manöver (MRM) und minimaler Risikozustand (MRC)
- 5.1.
- Während des MRM wird das vollautomatisierte Fahrzeug mit dem ADS mit dem Ziel abgebremst, eine Abbremsung von nicht mehr als 4,0 m/s2 bis zum Stillstand zu erreichen, und dies an einem Ort, der unter Berücksichtigung des umgebenden Verkehrs und der Straßeninfrastruktur möglichst sicher ist. Höhere Werte für die Abbremsanforderung sind im Falle einer schweren Störung des ADS oder des vollautomatisierten Fahrzeugs zulässig.
- 5.2.
- Das ADS muss den Insassen des vollautomatisierten Fahrzeugs sowie anderen Verkehrsteilnehmern in Übereinstimmung mit den Verkehrsregeln (z. B. durch Einschalten der Warnblinkanlage) seine Absicht signalisieren, das vollautomatisierte Fahrzeug in einen MRC zu bringen.
- 5.3.
- Das vollautomatisierte Fahrzeug darf den MRC erst verlassen, nachdem durch Selbsttests des ADS und/oder durch den Bediener im Fahrzeug (falls zutreffend) oder den Bediener für den Ferneingriff (falls zutreffend) bestätigt wurde, dass die Ursachen für das MRM nicht mehr vorliegen.
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6.
-
HMI — Human Machine Interaction (Mensch-Maschine-Interaktion)
- 6.1.
- Die Insassen des vollautomatisierten Fahrzeugs sind angemessen zu informieren, soweit dies für den sicheren Betrieb und im Hinblick auf Sicherheitsgefahren erforderlich ist,
- 6.2.
- Ist ein Bediener für den Ferneingriff Teil des ADS-Sicherheitskonzepts, so muss das vollautomatisierte Fahrzeug den Fahrzeuginsassen die Möglichkeit bieten, einen Bediener für den Ferneingriff über eine audiovisuelle Schnittstelle im vollautomatisierten Fahrzeug zu kontaktieren. Für die audiovisuelle Schnittstelle sind eindeutige Zeichen zu verwenden (z. B. ISO 7010 E004)
- 6.3.
-
Das ADS muss den Fahrzeuginsassen die Möglichkeit bieten, ein risikominimierendes Manöver anzufordern, um das vollautomatisierte Fahrzeug anzuhalten. Im Notfall:
- a)
- für Fahrzeuge mit automatisch betriebenen Türen muss die Entriegelung der Türen automatisch erfolgen, wenn dies sicher ist;
- b)
- die Fahrgäste müssen eine Möglichkeit haben, ein Fahrzeug im Stillstand zu verlassen (Öffnen der Türen oder über einen Notausgang).
- 6.4.
- Ist ein Bediener für den Ferneingriff Teil des ADS-Sicherheitskonzepts, muss das vollautomatisierte Fahrzeug Sichtsysteme (z. B. Kameras gemäß Kapitel 6 der Norm ISO16505:2019) des Fahrzeuginnenraums und der Umgebung des Fahrzeugs bereitstellen, damit der Bediener für den Ferneingriff die Situation innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs beurteilen kann.
- 6.5.
- Ist ein Bediener für den Ferneingriff Teil des ADS-Sicherheitskonzepts, so muss es dem Bediener für den Ferneingriff möglich sein, die kraftbetätigte Betriebstür fernbedient zu öffnen.
- 6.6.
- Das ADS muss die relevanten Fahrzeugsysteme aktivieren, wenn dies erforderlich und möglich ist (z. B. Öffnen der Türen, Aktivierung der Scheibenwischer bei Regen, Heizungsanlage usw.)
-
7.
-
Funktionale und operative Sicherheit
- 7.1.
- Der Hersteller muss nachweisen, dass die funktionale und operative Sicherheit des ADS beim Entwurfs- und Entwicklungsprozess in angemessenem Umfang berücksichtigt wurde. Die vom Hersteller ergriffenen Maßnahmen müssen gewährleisten, dass das vollautomatisierte Fahrzeug im Vergleich zu gleichwertigen Transportdiensten und Situationen im Betriebsbereich während seiner gesamten Betriebslebensdauer keine unverhältnismäßigen Sicherheitsrisiken für Fahrzeuginsassen und andere Verkehrsteilnehmer verursacht.
- 7.1.1.
- Der Hersteller muss die Abnahmekriterien festlegen, aus denen die Validierungsziele für das ADS abgeleitet werden, um das Restrisiko für die ODD zu bewerten, wobei vorhandene Unfalldaten(1), Daten über die Leistung von sachkundig und sorgfältig gefahrenen manuellen Fahrzeugen und der Stand der Technik berücksichtigt werden.
- 7.2.
- Der Hersteller muss über Verfahren verfügen, die die Sicherheit und kontinuierliche Konformität des ADS über die gesamte Betriebslebensdauer gewährleisten (Abnutzung der Komponenten, insbesondere der Sensoren, neue Verkehrsszenarien usw.).
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8.
-
Cybersicherheit und Software-Updates
- 8.1.
- Das ADS ist gemäß der UN-Regelung Nr. 155(2) vor unbefugtem Zugriff zu schützen.
- 8.2.
- Das ADS muss Software-Updates unterstützen. Die Wirksamkeit der Verfahren und Prozesse für Software-Updates für das ADS wird durch die Einhaltung der UN-Regelung Nr. 156(3) nachgewiesen.
- 8.2.1.
- Wie in der Regelung hinsichtlich der Softwareaktualisierung und des Softwareaktualisierungsmanagementsystems festgelegt, muss zur sicheren Identifizierung der Software des Systems eine R 2022/1426SWIN verwendet werden. Die R2022/1426SWIN kann am Fahrzeug angebracht werden. Wenn die R2022/1426SWIN nicht am Fahrzeug angebracht ist, muss der Hersteller der Typgenehmigungsbehörde die Softwareversion(en) des Fahrzeugs oder einzelner Steuergeräte in Verbindung mit den entsprechenden Typgenehmigungen mitteilen.
- 8.2.2.
-
Der Hersteller muss die folgenden Angaben im Beschreibungsbogen bereitstellen:
- a)
- Die R2022/1426SWIN;
- b)
- Wie die R2022/1426SWIN gelesen wird, bzw. die Softwareversion(en), falls die R2022/1426SWIN nicht am Fahrzeug angebracht ist.
- 8.2.3.
- Der Hersteller kann im Beschreibungsbogen eine Liste der relevanten Parameter angeben, anhand derer die Fahrzeuge identifiziert werden können, die mit der Software aktualisiert werden können, die durch die R2022/1426SWIN gekennzeichnet ist. Die bereitgestellten Angaben sind vom Hersteller darzulegen und werden möglicherweise nicht von einer Typgenehmigungsbehörde überprüft.
- 8.2.4.
- Der Hersteller kann eine neue Fahrzeugtypgenehmigung erhalten, um Softwareversionen, die für bereits auf dem Markt zugelassene Fahrzeuge bestimmt sind, von den Softwareversionen zu unterscheiden, die in neuen Fahrzeugen verwendet werden. Dies kann die Fälle abdecken, in denen Typgenehmigungsverordnungen aktualisiert oder Hardware-Änderungen an Fahrzeugen in der Serienproduktion vorgenommen werden. In Absprache mit der Typgenehmigungsbehörde ist eine doppelte Durchführung von Tests nach Möglichkeit zu vermeiden.
-
9.
-
ADS-Datenanforderungen und spezifische Datenelemente für den Ereignisdatenspeicher für vollautomatisierte Fahrzeuge
- 9.1.
- Das ADS muss die folgenden Vorkommnisse aufzeichnen, während das ADS aktiviert ist:
- 9.1.1.
- Aktivierung/Neuinitialisierung des ADS (falls zutreffend)
- 9.1.2.
- Deaktivierung des ADS (falls zutreffend)
- 9.1.3.
- Vom ADS an den Bediener für den Ferneingriff gesendete Anforderung (falls zutreffend)
- 9.1.4.
- Vom Bediener für den Ferneingriff gesendete Anforderung/Information (falls zutreffend)
- 9.1.5.
- Start des Notbetriebs
- 9.1.6.
- Ende des Notbetriebs
- 9.1.7.
- Beteiligung an einer erkannten Kollision
- 9.1.8.
- Auslösereingang für den Ereignisdatenspeicher (EDR)
- 9.1.9.
- Durchführung eines risikominimierenden Manövers durch das ADS
- 9.1.10.
- Vom vollautomatisierten Fahrzeug erreichter minimaler Risikozustand
- 9.1.11.
- ADS-Störung (Beschreibung)
- 9.1.12.
- Fehlfunktion des Fahrzeugs
- 9.1.13.
- Beginn des Spurwechselvorgangs
- 9.1.14.
- Ende des Spurwechselvorgangs
- 9.1.15.
- Abbruch des Spurwechselvorgangs
- 9.1.16.
- Beginn der absichtlichen Überquerung der Fahrspur
- 9.1.17.
- Ende der absichtlichen Überquerung der Fahrspur
- 9.2.
- Ereigniskennzeichnungen (Flags) für die Nummern 9.1.13, 9.1.14, 9.1.16 und 9.1.17 müssen nur gespeichert werden, wenn sie innerhalb von 30 Sekunden vor den Ereignissen gemäß den Nummern 9.1.5, 9.1.7, 9.1.15 oder 9.1.8 eintreten:
- 9.3.
- ADS-Datenelemente
- 9.3.1.
- Für jedes unter Punkt 9.1 aufgeführte Vorkommnis müssen die folgenden Datenelemente auf klar identifizierbare Weise aufgezeichnet werden:
- 9.3.2.
- Das für das Vorkommnis aufgezeichnete Flag
- 9.3.3.
- Grund für das Vorkommnis, falls zutreffend
- 9.3.4.
- Datum (Auflösung: JJJJ/MM/TT);
- 9.3.5.
- Position (GPS-Koordinaten)
- 9.3.6.
-
Zeitstempel:
- a)
- Auflösung: hh/mm/ss (Stunde/Minute/Sekunde) Zeitzone, z. B. 12:59:59 UTC
- b)
- Genauigkeit: +/-1,0 Sekunde
- 9.4.
- Für jedes aufgezeichnete Vorkommnis müssen die RXSWIN oder die Softwareversionen eindeutig identifizierbar sein, wobei die Software anzugeben ist, die beim Auftreten des Vorkommnisses eingesetzt wurde.
- 9.5.
- Für mehrere gleichzeitig aufgezeichnete Elemente kann abhängig von der zeitlichen Auflösung der spezifischen Datenelemente ein einziger Zeitstempel zulässig sein. Wird mehr als ein Element mit demselben Zeitstempel aufgezeichnet, müssen die Informationen aus den einzelnen Elementen die chronologische Reihenfolge angeben.
- 9.6.
- Datenverfügbarkeit
- 9.6.1.
- Die ADS-Datenelemente müssen gemäß den im Unionsrecht oder im nationalen Recht festgelegten Anforderungen verfügbar sein(4).
- 9.6.2.
-
Ist die Speicherkapazität erschöpft, dürfen vorhandene Daten nur nach dem First-in-First-out-Verfahren überschrieben werden, wobei der Grundsatz der Datenverfügbarkeit zu beachten ist.
Der Hersteller muss einen dokumentierten Nachweis über die Speicherkapazität vorlegen.
- 9.6.3.
- Für Fahrzeuge der Klassen M1 und N1 müssen die Datenelemente auch nach dem Aufprall mit einem in den UN-Regelungen Nr. 94(5), 95(6) oder 137(7) festgelegten Schweregrad abrufbar sein.
- 9.6.4.
-
Für Fahrzeuge der Klassen M2, M3, N2 und N3 müssen die unter Punkt 9.2 aufgeführten Datenelemente auch nach einem Aufprall abrufbar sein. Für die Demonstration dieser Fähigkeit gilt:
Entweder:
- a)
- Ein mechanischer Schock wird auf die im Fahrzeug befindlichen Datenspeicher, falls vorhanden, aufgebracht, mit einem Schweregrad, wie im Komponententest von Anhang 9C der Änderungsreihe 03 der UN-Regelung Nr. 100(8) vorgegeben, und
- b)
-
ein (mehrere) Speichergerät(e) muss (müssen) in der Fahrzeugkabine/im Fahrgastraum oder in einer Position mit ausreichender struktureller Integrität angebracht werden, um es bzw. sie gegen eine physische Beschädigung zu schützen, die das Abrufen von Daten verhindern würde. Dies muss dem technischen Dienst demonstriert werden; eine entsprechende Dokumentation (z. B. Berechnungen oder Simulationen) ist vorzulegen;
oder
- c)
- Der Hersteller weist nach, dass er die Anforderungen von Nummer 9.6.3 erfüllt (z. B. für Fahrzeuge der Klassen M2/N2, die von M1/N1 abgeleitet sind).
- 9.6.5.
- Auch wenn die bordeigene Hauptstromversorgung des Fahrzeugs nicht verfügbar ist, muss es möglich sein, alle aufgezeichneten Daten abzurufen.
- 9.6.6.
- Die gespeicherten Daten müssen über eine elektronische Kommunikationsschnittstelle, zumindest über die Standardschnittstelle (OBD-Port), in standardisierter Form leicht lesbar sein.
- 9.7.
- Spezifische Datenelemente für Ereignisdatenspeicher für vollautomatisierte Fahrzeuge
- 9.7.1.
- Bei Fahrzeugen, die mit einer ereignisbezogenen Datenaufzeichnung (Ereignisdatenspeicher, EDR) gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) 2019/2144 ausgerüstet sind, muss es möglich sein, über die Standardschnittstelle (OBD-Port) mindestens die ADS-Datenelemente abzurufen, die gemäß den Punkten 9.3.1 und 9.3.2 in den letzten 30 Sekunden vor dem letzten Setzen des Flags für das Vorkommnis „Ereignisdatenspeicher (EDR) Auslösereingang” aufgezeichnet wurden, ebenso wie die in der UN-Regelung Nr. 160(9), Anhang 4 (EDR-Daten) genannten Datenelemente.
- 9.7.2.
- Ist innerhalb von 30 Sekunden, bevor das Flag für das Vorkommnis „Ereignisdatenspeicher (EDR) Auslösereingang” zuletzt gesetzt wurde, kein Vorkommnis gemäß Punkt 9.1 aufgetreten, muss es möglich sein, neben den EDR-Daten mindestens das Datenelement abzurufen, das den letzten Vorkommnissen innerhalb desselben Stromversorgungszyklus gemäß den Punkten 9.1.1 und 9.1.2 entspricht.
- 9.7.3.
- Die gemäß Punkt 9.7.1 oder 9.7.2 abgerufenen Datenelemente dürfen weder Datum und Zeitstempel noch andere Informationen enthalten, die eine Identifizierung des Fahrzeugs, seines Benutzers oder Besitzers ermöglichen. Stattdessen ist der Zeitstempel durch Informationen zu ersetzen, die die Zeitdifferenz zwischen dem Flag für das Vorkommnis „Ereignisdatenspeicher (EDR) Auslösereingang” und dem Flag für das Vorkommnis des betreffenden ADS-Datenelements darstellen.
- 9.8.
- Der Hersteller muss Anweisungen zur Verfügung stellen, wie der Zugriff auf die Daten stattfindet.
- 9.9.
- Schutz gegen Manipulation
- 9.9.1.
- Ein angemessener Schutz vor Manipulationen (z. B. Datenlöschung) der gespeicherten Daten ist sicherzustellen, beispielsweise durch einen sabotagesicheren Entwurf.
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10.
-
Manueller Fahrmodus
- 10.1.
- Gestattet das ADS das manuelle Fahren des Fahrzeugs zu Wartungszwecken oder zur Übernahme des Fahrzeugs nach einem risikominimierenden Manöver, muss die Geschwindigkeit des Fahrzeugs auf 6 km/h begrenzt und das Fahrzeug mit Mitteln ausgestattet sein, die es der Person, die das Fahrzeug fährt, ermöglichen, die Fahraufgabe gemäß dem Sicherheitskonzept des Herstellers sicher durchzuführen. Außer bei einer Störung muss das ADS weiterhin ein Hindernis (z. B. Fahrzeuge, Fußgänger) im Manövrierbereich erkennen und den Fahrer dabei unterstützen, das Fahrzeug sofort zum Stehen zu bringen, um eine Kollision zu vermeiden.
- 10.2.
- Wenn das manuelle Fahren auf 6 km/h begrenzt ist, muss sich der Fahrer nicht innerhalb des vollautomatisierten Fahrzeugs aufhalten. Die Steuerung kann über eine Fernbedienung erfolgen, die sich in der Nähe des Fahrzeugs befindet, vorausgesetzt, das Fahrzeug bleibt in der direkten Sichtlinie des Fahrers. Die maximale Entfernung, über die die Steuerung mit einer Fernbedienung möglich ist, darf 10 Meter nicht überschreiten.
- 10.3.
- Soll das Fahrzeug im manuellen Fahrbetrieb mit einer Geschwindigkeit von mehr als 6 km/h gefahren werden, so gilt das Fahrzeug als Fahrzeug mit zwei Betriebsarten.
-
11.
-
Betriebshandbuch
- 11.1.
-
Der Hersteller muss ein Betriebshandbuch erstellen. Zweck des Betriebshandbuchs ist es, den sicheren Betrieb des vollautomatisierten Fahrzeugs durch ausführliche Anweisungen für den Eigentümer, die Fahrzeuginsassen, den Betreiber des Transportdienstes, den Bediener im Fahrzeug, den Bediener für den Ferneingriff und alle zuständigen nationalen Behörden zu gewährleisten.
Verfügt das vollautomatisierte Fahrzeug über die Möglichkeit des manuellen Fahrens zu Wartungszwecken oder zur Übernahme des Fahrzeugs nach einem risikominimierenden Manöver, muss dies im Betriebshandbuch ebenfalls berücksichtigt sein.
- 11.2.
- Das Betriebshandbuch muss die Funktionsbeschreibung des ADS enthalten.
- 11.3.
- Das Betriebshandbuch muss die technischen Maßnahmen (z. B. Überprüfungen und Wartungsarbeiten am Fahrzeug sowie Anforderungen an die externe Infrastruktur, Verkehrs- und physische Infrastruktur, beispielsweise Ortungsmarkierungen und Wahrnehmungssensoren), die operativen Beschränkungen (z. B. Geschwindigkeitsbegrenzung, zugeordnete Fahrspur, physische Trennung vom entgegenkommenden Verkehr), die Umgebungsbedingungen (z. B. Schneefreiheit) und die operativen Maßnahmen (z. B. Notwendigkeit eines Bedieners im Fahrzeug oder eines Bedieners für den Ferneingriff) enthalten, die erforderlich sind, um die Sicherheit während des Betriebs des vollautomatisierten Fahrzeugs zu gewährleisten.
- 11.4.
- Das Betriebshandbuch muss für den Fall von Störungen und Anforderungen durch das ADS die Anweisungen für die Fahrzeuginsassen, den Betreiber des Transportdienstes, den Bediener im Fahrzeug (falls zutreffend) und den Bediener für den Ferneingriff (falls zutreffend) sowie für die Behörden enthalten.
- 11.5.
- Das Betriebshandbuch muss Regeln enthalten, die eine ordnungsgemäße Durchführung der Wartung, der Gesamttests und weiterer Untersuchungen gewährleisten.
- 11.6.
- Das Betriebshandbuch ist der Typgenehmigungsbehörde zusammen mit dem Antrag auf Erteilung einer Typgenehmigung vorzulegen und dem Typgenehmigungsbogen als Anhang beizufügen.
- 11.7.
- Das Betriebshandbuch ist dem Eigentümer und gegebenenfalls dem Betreiber des Transportdienstes, dem Bediener im Fahrzeug (falls zutreffend), dem Bediener für den Ferneingriff (falls zutreffend) und den zuständigen nationalen Behörden zur Verfügung zu stellen.
-
12.
-
Vorkehrungen für die regelmäßige technische Überwachung
- 12.1.
- Für die Zwecke der regelmäßigen technischen Überwachung müssen folgende Merkmale des ADS überprüft werden können:
- a)
- sein ordnungsgemäßer Betriebszustand durch visuelle Beobachtung des Zustands des Störungswarnsignals nach Betätigung des Hauptkontrollschalters des Fahrzeugs und einer etwaigen Kontrolle der Glühlampen. Wird das Störungswarnsignal in einem gemeinsamen Bereich angezeigt (in dem zwei oder mehr Informationsfunktionen/-symbole angezeigt werden können, jedoch nicht gleichzeitig), so ist vor der Prüfung des Zustands des Störungswarnsignals zunächst zu prüfen, ob der gemeinsame Bereich funktionsfähig ist;
- b)
- seine korrekte Funktionsweise und die Integrität der Software durch Verwendung einer elektronischen Fahrzeugschnittstelle, wie in Punkt I. (14) von Anhang III der Richtlinie 2014/45/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(10) festgelegt, sofern die technischen Merkmale des Fahrzeugs dies zulassen und die erforderlichen Daten zur Verfügung gestellt werden. Hersteller müssen sicherstellen, dass sie die technischen Informationen für die Nutzung der elektronischen Fahrzeugschnittstelle gemäß Artikel 6 der Durchführungsverordnung (EU) 2019/621(11) der Kommission zur Verfügung stellen.
Fußnote(n):
- (1)
Auf der Grundlage aktueller Unfalldaten zu Bussen, Reisebussen, Lastkraftwagen und Personenkraftwagen in der EU könnte beispielsweise ein aggregiertes Abnahmekriterium mit einem Richtwert von 10-7 Todesopfern pro Betriebsstunde für die Markteinführung von ADS für vergleichbare Transportdienste und Situationen in Betracht gezogen werden. Der Hersteller kann andere Parameter und Methoden verwenden, sofern er nachweisen kann, dass es im Vergleich zu vergleichbaren Verkehrsdiensten und Situationen innerhalb des Betriebsbereichs nicht zu einem unangemessenen Sicherheitsrisiko kommt.
- (2)
ABl. L 82 vom 9.3.2021, S. 30.
- (3)
ABl. L 82 vom 9.3.2021, S. 60.
- (4)
Es wird eine Speicherkapazität von 2500 Zeitstempeln empfohlen, die einer Nutzungsdauer von 6 Monaten entsprechen.
- (5)
ABl. L 392 vom 5.11.2021, S. 1.
- (6)
ABl. L 392 vom 5.11.2021, S. 62.
- (7)
ABl. L 392 vom 5.11.2021, S. 130.
- (8)
ABl. L 449 vom 15.12.2021, S. 1.
- (9)
ABl. L 265 vom 26.7.2021, S. 3.
- (10)
Richtlinie 2014/45/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/40/EG (ABl. L 127 vom 29.4.2014, S. 51).
- (11)
Durchführungsverordnung (EU) 2019/621 der Kommission vom 17. April 2019 über die für die technische Überwachung in Bezug auf die zu prüfenden Positionen erforderlichen technischen Angaben sowie zur Anwendung der empfohlenen Prüfmethoden und zur Festlegung detaillierter Regelungen hinsichtlich des Datenformats und der Verfahren für den Zugang zu den einschlägigen technischen Angaben (ABl. L 108 vom 23.4.2019, S. 5).
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