Artikel 1 VO (EU) 2022/212

Die Verordnung (EG) Nr. 765/2006 wird wie folgt geändert:

1.
Der Titel erhält folgende Fassung:

Verordnung (EG) Nr. 765/2006 des Rates vom 18. Mai 2006 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus

2.
In Artikel 1 werden folgende Nummern angefügt:

13.
„Vermittlungsdienste”

i)
die Aushandlung oder Veranlassung von Transaktionen zum Kauf, zum Verkauf oder zur Lieferung von Gütern oder Technologien oder von Finanzdienstleistungen oder technischen Dienstleistungen, auch von einem Drittland aus in ein anderes Drittland, oder
ii)
den Verkauf oder Kauf von Gütern oder Technologien oder von Finanzdienstleistungen oder technischen Dienstleistungen, auch dann, wenn sie sich in Drittländern zur Verbringung in ein anderes Drittland befinden;

14.
„öffentliches Unternehmen” ein in Belarus niedergelassenes Unternehmen, das kein Kreditinstitut ist und sich am 1. Juni 2021 zu mehr als 50 % in öffentlicher Inhaberschaft oder unter öffentlicher Kontrolle befand.
15.
„Anspruch” jede vor dem, am oder nach dem Datum des Inkrafttretens dieser Verordnung erhobene Forderung, die mit der Durchführung eines Vertrags oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, unabhängig davon, ob sie gerichtlich geltend gemacht wird oder wurde, und die insbesondere Folgendes umfasst:

i)
Ansprüche auf Erfüllung einer Verpflichtung aus oder in Verbindung mit einem Vertrag oder einer Transaktion,
ii)
Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Obligation, einer finanziellen Garantie oder eines Schadensersatzanspruchs in jeder Form,
iii)
Ansprüche auf Schadensersatz in Verbindung mit einem Vertrag oder einer Transaktion,
iv)
Gegenansprüche,
v)
Ansprüche auf Anerkennung oder Vollstreckung — auch im Wege der Zwangsvollstreckung — von Gerichtsurteilen, Schiedssprüchen oder gleichwertigen Entscheidungen, ungeachtet des Ortes, an dem sie ergangen sind;

16.
„Vertrag oder Transaktion” jede Transaktion, ungeachtet der Form und des anwendbaren Rechts, bei der dieselben oder verschiedene Parteien einen oder mehrere Verträge abschließen oder vergleichbare Verpflichtungen eingehen; als „Vertrag” gelten auch Obligationen, Garantien oder Schadensersatzansprüche, insbesondere finanzielle Garantien oder finanzielle Schadensersatzansprüche sowie ein Kredit, rechtlich unabhängig oder nicht, ebenso alle Nebenvereinbarungen, die auf einem solchen Geschäft beruhen oder mit diesem im Zusammenhang stehen;

3.
In Artikel 1e werden folgende Absätze angefügt:

(3) Es ist verboten,

a)
für natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Belarus unmittelbar oder mittelbar technische Hilfe oder Vermittlungsdienste im Zusammenhang mit Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck oder im Zusammenhang mit der Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung dieser Güter oder Technologien bereitzustellen, wenn die Güter und Technologien ganz oder teilweise für eine militärische Verwendung oder für einen militärischen Endnutzer bestimmt sind oder bestimmt sein könnten;
b)
für natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Belarus oder zur Verwendung in Belarus unmittelbar oder mittelbar Finanzmittel oder Finanzhilfen im Zusammenhang mit den Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck für deren Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr oder für die Leistung von damit verbundener technischer Hilfe bereitzustellen, insbesondere in Form von Zuschüssen, Darlehen und Ausfuhrkreditversicherungen, wenn diese Güter oder Technologien ganz oder teilweise für eine militärische Verwendung oder für einen militärischen Endnutzer bestimmt sind oder bestimmt sein könnten.

(4) Die Verbote nach Absatz 3 gelten unbeschadet der Erfüllung von Verträgen, die vor dem 25. Juni 2021 geschlossen wurden, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung solcher Verträge erforderlich sind.

4.
Artikel 1f Absätze 3 und 4 erhält folgende Fassung:

(3) Die Verbote nach den Absätzen 1 und 2 gelten unbeschadet der Erfüllung von Verträgen, die vor dem 25. Juni 2021 geschlossen wurden, oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung solcher Verträge erforderlich sind.

(4) Die Verbote nach den Absätzen 1 und 2 gelten nicht für die Ausfuhr, den Verkauf, die Lieferung oder die Weitergabe von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck oder die damit verbundene Erbringung technischer oder Finanzhilfe, für die Erhaltung und Sicherheit vorhandener ziviler nuklearer Kapazitäten.

5.
Artikel 1g Absatz 2 erhält folgende Fassung:

(2) In Anhang VI sind Güter aufgeführt, die zur Erzeugung oder Verarbeitung von Tabakerzeugnissen verwendet werden.

6.
Artikel 1h Absätze 1 und 2 erhalten folgende Fassung:

(1) Es ist verboten,

a)
unmittelbar oder mittelbar Erdölerzeugnisse und gasförmige Kohlenwasserstoffe gemäß Anhang VII in die Union einzuführen, wenn sie

i)
ihren Ursprung in Belarus haben oder
ii)
aus Belarus ausgeführt worden sind;

b)
unmittelbar oder mittelbar Erdölerzeugnisse und gasförmige Kohlenwasserstoffe gemäß Anhang VII zu erwerben, die sich in Belarus befinden oder ihren Ursprung in Belarus haben;
c)
Erdölerzeugnisse und gasförmige Kohlenwasserstoffe gemäß Anhang VII zu befördern, die ihren Ursprung in Belarus haben oder aus Belarus in ein anderes Land ausgeführt werden;
d)
unmittelbar oder mittelbar technische Hilfe, Vermittlungsdienste, Finanzmittel oder Finanzhilfe, einschließlich Finanzderivaten sowie Versicherungen und Rückversicherungen, im Zusammenhang mit den Verboten nach den Buchstaben a, b und c bereitzustellen.

(2) Die Verbote nach Absatz 1 gelten nicht für den Erwerb von Erdölerzeugnissen und gasförmigen Kohlenwasserstoffen gemäß Anhang VII in Belarus, die benötigt werden, um den Grundbedarf des Käufers in Belarus oder humanitärer Projekte in Belarus zu decken.

7.
In Artikel 1h wird folgender Absatz angefügt:

(4) Absatz 1 berührt nicht die Freiheit der Durchfuhr von in Anhang VII aufgeführten Erdölerzeugnissen und gasförmigen Kohlenwasserstoffen mit Ursprung in einem Drittland durch Belarus.

8.
Artikel 1i Absatz 2 erhält folgende Fassung:

(2) Die Verbote nach Absatz 1 gelten unbeschadet der Erfüllung von Verträgen, die vor dem 25. Juni 2021 geschlossen wurden, und von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung solcher Verträge erforderlich sind. Für die Zwecke dieses Artikels umfassen die Verträge rechtsverbindliche Rahmenverträge, die ein Enddatum enthalten und Preis- und Volumenanpassungen auf der Grundlage von vor dem 25. Juni 2021 vereinbarten Bedingungen vorsehen.

Dieser Absatz gilt nicht für Vereinbarungen jeder Art, die keine verbindlichen Verpflichtungen zwischen den Parteien enthalten.

9.
Artikel 1j Buchstaben a bis d erhalten folgende Fassung:

a)
der Republik Belarus, ihrer Regierung, ihren öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Agenturen,
b)
einem größeren Kreditinstitut, das in Belarus niedergelassen ist und sich mit Wirkung vom 1. Juni 2021 zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft oder unter öffentlicher Kontrolle befand, wie in Anhang IX aufgeführt,
c)
einer juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die außerhalb der Union niedergelassen ist und deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von einer der in Buchstaben a oder b dieses Artikels aufgeführten Organisationen gehalten werden, oder
d)
einer natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Weisung einer der in Buchstaben a, b oder c dieses Artikels aufgeführten Organisationen handelt.

10.
Artikel 1k Absatz 1 Buchstaben a bis d erhalten folgende Fassung:

a)
die Republik Belarus, ihre Regierung, ihre öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen und Agenturen, oder
b)
ein größeres Kreditinstitut, das in Belarus niedergelassen ist und sich mit Wirkung vom 1. Juni 2021 zu über 50 % in öffentlicher Inhaberschaft oder unter öffentlicher Kontrolle befand, wie in Anhang IX aufgeführt,
c)
eine juristische Person, Organisation oder Einrichtung, die außerhalb der Union niedergelassen ist und deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von einer der in Buchstaben a oder b aufgeführten Organisationen gehalten werden, oder
d)
eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung, die im Namen oder auf Weisung einer der in Buchstaben a, b oder c aufgeführten Organisationen handelt.

11.
Artikel 1l Ziffer i erhält folgende Fassung:

i)
die Republik Belarus, ihre Regierung, ihre öffentlichen Einrichtungen, Unternehmen oder Agenturen, oder

12.
Artikel 2a erhält folgende Fassung:

Artikel 2a

Natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen können für ihre Handlungen nicht haftbar gemacht werden, wenn sie nicht wussten und keinen vernünftigen Grund zu der Annahme hatten, dass sie mit ihrem Handeln gegen die Maßnahmen nach dieser Verordnung verstoßen.

13.
Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe d erhält folgende Fassung:

d)
ausschließlich bestimmt sind für

i)
humanitäre Zwecke, einschließlich der Durchführung von Flügen zur Evakuierung oder Rückbeförderung von Personen oder für Initiativen zur Bereitstellung von Unterstützung für Opfer von Natur- oder Nuklearkatastrophen oder von Chemieunfällen,
ii)
die Durchführung von Flügen im Rahmen internationaler Adoptionsverfahren,
iii)
die Durchführung von Flügen, die für die Teilnahme an Treffen erforderlich sind, deren Ziel eine Lösung der Krise in Belarus oder die Unterstützung der mit den restriktiven Maßnahmen verfolgten politischen Ziele ist, oder
iv)
eine Notlandung, einen Notstart oder einen Notüberflug von Luftfahrzeugen eines EU-Luftfahrtunternehmens;

14.
Die folgenden Artikel werden eingefügt:

Artikel 3a

(1) Abweichend von Artikel 2 Absatz 1 können die zuständigen Behörden die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)
Die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen sind Gegenstand einer schiedsgerichtlichen Entscheidung, die vor dem Datum, an dem die in Artikel 2 genannte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in Anhang I aufgenommen wurde, ergangen ist, oder einer vor oder nach diesem Datum in der Union ergangenen gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung oder im betreffenden Mitgliedstaat vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung;
b)
die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen werden im Rahmen der geltenden Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften über die Rechte des Gläubigers ausschließlich für die Erfüllung der Forderungen verwendet, die durch eine solche Entscheidung gesichert sind oder deren Bestand in einer solchen Entscheidung bestätigt worden ist;
c)
die Entscheidung kommt nicht einer in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung zugute; und
d)
die Anerkennung der Entscheidung steht nicht im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung des betreffenden Mitgliedstaats.

(2) Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission innerhalb von zwei Wochen nach Erteilung der Genehmigung über jede nach Absatz 1 erteilte Genehmigung.

Artikel 8d

(1) Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen oder Transaktionen, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit dieser Verordnung verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise berührt wird, einschließlich Schadensersatzansprüchen und ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder auf Zahlung einer Obligation, einer Garantie oder eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere einer finanziellen Garantie oder eines finanziellen Schadensersatzanspruchs in jeglicher Form, werden nicht erfüllt, sofern sie geltend gemacht werden von:

a)
den benannten, in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen,
b)
Einrichtungen, die in den Artikeln 1j, 1k und 1l genannt oder in den Anhängen V und IX aufgeführt sind,
c)
jedweder sonstigen belarussischen Person, Organisation oder Einrichtung, einschließlich der belarussischen Regierung,
d)
jedweder Person, Organisation oder Einrichtung, die über eine der in Buchstaben a, b oder c genannten Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder in deren Namen handelt.

(2) In Verfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs trägt die Person, die den Anspruch geltend macht, die Beweislast dafür, dass die Erfüllung des Anspruchs nicht nach Absatz 1 verboten ist.

(3) Dieser Artikel berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Personen, Organisationen und Einrichtungen auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten nach dieser Verordnung.

Artikel 8e

(1) Der Rat, die Kommission und der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden „Hoher Vertreter” ) verarbeiten personenbezogene Daten, die erforderlich sind, um ihre Aufgaben nach dieser Verordnung zu erfüllen. Zu diesen Aufgaben gehören,

a)
was den Rat betrifft, die Ausarbeitung und Durchführung von Änderungen zu Anhang I,
b)
was den Hohen Vertreter betrifft, die Ausarbeitung von Änderungen zu Anhang I,
c)
was die Kommission betrifft,

i)
die Aufnahme des Inhalts von Anhang I in die elektronisch verfügbare konsolidierte Liste der Personen, Gruppen und Organisationen, die finanziellen Sanktionen der Union unterliegen, und in die interaktive Weltkarte der Unionssanktionen, die beide öffentlich zugänglich sind;
ii)
die Verarbeitung von Informationen über die Auswirkungen der in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen, z. B. Wert der eingefrorenen Gelder, und von Informationen über die von den zuständigen Behörden erteilten Genehmigungen.

(2) Der Rat, die Kommission und der Hohe Vertreter dürfen einschlägige Daten, die Straftaten der in der Liste aufgeführten natürlichen Personen sowie strafrechtliche Verurteilungen oder Sicherungsmaßregeln im Zusammenhang mit diesen Personen betreffen, gegebenenfalls nur in dem Umfang verarbeiten, in dem dies für die Ausarbeitung des Anhangs I erforderlich ist.

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung werden der Rat, die Kommission und der Hohe Vertreter jeweils zu „Verantwortlichen” im Sinne von Artikel 3 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates(*) bestimmt, um sicherzustellen, dass die betreffenden natürlichen Personen ihre Rechte nach der Verordnung (EU) 2018/1725 ausüben können.

15.
Anhang IV wird gemäß Anhang I dieser Verordnung geändert.
16.
Anhang VII wird gemäß Anhang II dieser Verordnung geändert.
17.
Anhang VIII wird gemäß Anhang III dieser Verordnung geändert.
18.
Anhang IX wird gemäß Anhang IV dieser Verordnung geändert.

Fußnote(n):

(*)

Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).

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