Artikel 13 VO (EU) 2022/2371

Epidemiologische Überwachung

(1) Durch das Netz für die epidemiologische Überwachung übertragbarer Krankheiten, einschließlich Krankheiten zoonotischen Ursprungs, und damit zusammenhängender besonderer Gesundheitsrisiken nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern i und ii ( „Netz für die epidemiologische Überwachung” ) wird die ständige Kommunikation zwischen der Kommission, dem ECDC und den auf nationaler Ebene für die epidemiologische Überwachung zuständigen Behörden sichergestellt.

Das ECDC gewährleistet den integrierten Betrieb des Netzes für die epidemiologische Überwachung gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates(1).

Gegebenenfalls arbeitet das Netz für die epidemiologische Überwachung eng mit den zuständigen Stellen der Organisationen, die im Bereich der epidemiologischen Überwachung von übertragbaren Krankheiten und der damit zusammenhängenden besonderen Gesundheitsrisiken tätig sind, in der Union und in Drittländern, der WHO und anderen internationalen Organisationen zusammen.

(2) Das Netz für die epidemiologische Überwachung hat Folgendes zum Ziel:

a)
Beobachtung von Entwicklungen bei übertragbaren Krankheiten im Zeitverlauf in den Mitgliedstaaten und in Drittländern, um die Lage zu beurteilen, auf Überschreitungen der Warnschwellen zu reagieren und geeignete evidenzbasierte Maßnahmen zu erleichtern;
b)
Erkennung und Beobachtung von grenzüberschreitenden Ausbrüchen übertragbarer Krankheiten im Hinblick auf Quelle, Zeit, Bevölkerung und Ort zur Begründung von Maßnahmen für die öffentliche Gesundheit;
c)
Beitrag zu Evaluierung und Beobachtung von Programmen zur Prävention und Kontrolle übertragbarer Krankheiten, um Erkenntnisse für Empfehlungen zur Stärkung und Verbesserung dieser Programme auf nationaler Ebene und Unionsebene zu gewinnen;
d)
Ermittlung und Beobachtung von Risikofaktoren in Bezug auf Krankheitsübertragung und Bevölkerungsgruppen, die gefährdet sind und gezielter Präventionsmaßnahmen bedürfen;
e)
Beitrag zur Bewertung der Belastung der Bevölkerung durch übertragbare Krankheiten unter Verwendung von Daten etwa zu Krankheitsprävalenz, Komplikationen, Hospitalisierung und Mortalität;
f)
Beitrag zur Bewertung der Kapazitäten der Gesundheitssysteme zur Diagnose, Prävention und Behandlung spezifischer übertragbarer Krankheiten mit dem Ziel, einen Beitrag zur Patientensicherheit im Zusammenhang mit schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren zu leisten;
g)
Beitrag zur Modellierung und Entwicklung von Reaktionsszenarios;
h)
Beitrag zur Ermittlung von Forschungsprioritäten und des Forschungsbedarfs sowie Durchführung einschlägiger Forschungstätigkeiten zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit; und
i)
Unterstützung der zuständigen Gesundheitsbehörden bei der Kontaktnachverfolgung.

(3) Die in Absatz 1 genannten zuständigen nationalen Behörden übermitteln den Behörden, die am Netz für die epidemiologische Überwachung beteiligt sind, basierend auf vereinbarten Indikatoren und Standards die folgenden Informationen:

a)
vergleichbare und kompatible Daten und Informationen zur epidemiologischen Überwachung übertragbarer Krankheiten und damit zusammenhängender besonderer Gesundheitsrisiken nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern i und ii;
b)
zweckdienliche Angaben über die Entwicklung der epidemischen Lage, unter anderem für die Modellierung und die Entwicklung von Szenarios;
c)
zweckdienliche Informationen hinsichtlich ungewöhnlicher epidemischer Erscheinungen oder neuer übertragbarer Krankheiten unbekannter Herkunft, einschließlich solcher in Drittländern;
d)
Daten zu molekularen Erregern, falls für den Nachweis oder die Untersuchung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren erforderlich;
e)
Daten aus den Gesundheitssystemen, die für die Bewältigung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren erforderlich sind;
f)
Informationen über die auf nationaler Ebene entwickelten Kontaktnachverfolgungs-Überwachungssysteme.

(4) Die in Absatz 3 Buchstabe a genannten, von den zuständigen nationalen Behörden übermittelten Informationen können – sofern verfügbar – mindestens auf NUTS II-Ebene rechtzeitig dem vom ECDC betriebenen Europäischen Überwachungsportal für Infektionskrankheiten gemeldet werden.

(5) Bei der Übermittlung von Informationen zur epidemiologischen Überwachung verwenden die zuständigen nationalen Behörden, soweit verfügbar, die gemäß Absatz 10 festgelegten Falldefinitionen für die jeweilige übertragbare Krankheit und damit zusammenhängenden besonderen Gesundheitsrisiken gemäß Absatz 1.

(6) Die Kommission und die Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, um die Kapazitäten der Mitgliedstaaten für die Datenerhebung und den Datenaustausch zu stärken und auf der Grundlage des Vorschlags des ECDC in Absprache mit den einschlägigen Netzen zur Überwachung krankheitsspezifische europäische Überwachungsstandards festzulegen.

(7) Das ECDC beobachtet und evaluiert die epidemiologischen Überwachungstätigkeiten der spezifischen Netze für die Überwachung, einschließlich der Einhaltung der in Absatz 6 genannten Überwachungsstandards, unterstützt die Mitgliedstaaten durch wissenschaftliche und technische Beratung zur Verbesserung der Aktualität, Vollständigkeit und Qualität der gemeldeten Überwachungsdaten und übermittelt dem Gesundheitssicherheitsausschuss und der Kommission regelmäßig Beobachtungsberichte. Das ECDC stellt außerdem gegebenenfalls im Einklang mit der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 Drittländern sein Fachwissen im Bereich der epidemiologischen Überwachung zur Verfügung.

Das ECDC stellt dem Gesundheitssicherheitsausschuss regelmäßig einen Überblick über die Aktualität, Vollständigkeit und Qualität der ihm gemeldeten Überwachungsdaten zur Verfügung.

Das ECDC unterstützt die Mitgliedstaaten, um die Erhebung und den Austausch von Daten in Zeiten von Gesundheitskrisen für die Zwecke des Absatzes 2 sicherzustellen.

(8) Die Kommission kann die Maßnahmen der Mitgliedstaaten durch die Annahme von an die Mitgliedstaaten gerichteten Empfehlungen zur Überwachung ergänzen. Der Gesundheitssicherheitsausschuss kann Mitteilungen und Empfehlungen zur Überwachung verabschieden, die an die Mitgliedstaaten, das ECDC und die Kommission gerichtet sind.

(9) Jeder Mitgliedstaat benennt die Behörden, die innerhalb des Mitgliedstaats für die epidemiologische Überwachung gemäß Absatz 1 zuständig sind.

(10) Die Kommission erlässt und aktualisiert im Wege von Durchführungsrechtsakten Folgendes:

a)
auf der Grundlage der in Anhang I Abschnitt 1 genannten Kriterien, die Liste der in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern i und ii genannten übertragbaren Krankheiten und damit zusammenhängenden besonderen Gesundheitsrisiken, um eine Abdeckung übertragbarer Krankheiten und damit zusammenhängender besonderer Gesundheitsrisiken durch das Netz für die epidemiologische Überwachung sicherzustellen;
b)
auf der Grundlage der in Anhang I Abschnitt 2 genannten Kriterien, Falldefinitionen für alle übertragbaren Krankheiten und damit zusammenhängenden besonderen Gesundheitsrisiken, die der epidemiologischen Überwachung unterliegen, um die Vergleichbarkeit und Kompatibilität der erfassten Daten auf Unionsebene sicherzustellen; und
c)
in Anhang I Abschnitt 3 der vorliegenden Verordnung aufgeführte Verfahren für den Betrieb des Netzes für die epidemiologische Überwachung, die gemäß Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 851/2004 ausgearbeitet werden.

Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 29 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(11) In aufgrund der Schwere oder Neuartigkeit einer schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahr oder der Geschwindigkeit ihrer Ausbreitung zwischen den Mitgliedstaaten hinreichend begründeten Fällen äußerster Dringlichkeit kann die Kommission nach dem in Artikel 29 Absatz 3 genannten Verfahren für die Verabschiedung von Falldefinitionen, Verfahren und Indikatoren für die Überwachung in den Mitgliedstaaten im Falle einer schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahr gemäß Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffern i und ii Durchführungsrechtsakte mit sofortiger Wirkung erlassen. Diese Indikatoren für die Überwachung unterstützen ferner die Bewertung der Kapazitäten für Diagnose, Prävention und Behandlung.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EG) Nr. 851/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Errichtung eines Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ABl. L 142 vom 30.4.2004, S. 1).

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