Präambel VO (EU) 2022/255

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 95/93 des Rates vom 18. Januar 1993 über gemeinsame Regeln für die Zuweisung von Zeitnischen auf Flughäfen in der Gemeinschaft(1), insbesondere auf Artikel 10a Absatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Das Luftverkehrsaufkommen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) war 2021 durchweg höher als in den gleichen Wochen im Jahr 2020 nach Ausbruch der COVID-19-Krise, was zeigt, dass sich die Erholung fortsetzt. Eurocontrol geht auf der Grundlage seines mit größter Wahrscheinlichkeit eintretenden Szenarios davon aus, dass das Luftverkehrsaufkommen im Jahresdurchschnitt 2022 89 % erreichen wird.
(2)
In einer Reihe von Ländern bleiben die von den Behörden zur Eindämmung der Pandemie ergriffenen restriktiven Hygienemaßnahmen bestehen und wirken sich weiterhin dämpfend auf die Verbrauchernachfrage aus, weshalb sich der Luftverkehr nicht in allen Regionen der Welt gleichermaßen erholt. Darüber hinaus ist die Entwicklung von COVID-19 und möglicher neuer bedenklicher Varianten nach wie vor ungewiss.
(3)
Solche Umstände sind von den Luftfahrtunternehmen nicht zu beherrschen, weshalb die hierauf zurückzuführende und von der Nachfrage abhängige freiwillige oder obligatorische Annullierung von Flugdiensten durch die Luftfahrtunternehmen eine notwendige bzw. legitime Reaktion auf diese Umstände ist.
(4)
Nach Artikel 8 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 10 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 müssen Luftfahrtunternehmen mindestens 80 % der ihnen zugewiesenen Abfolgen von Zeitnischen nutzen, wenn sie ihre angestammten Rechte für diese Zeitnischenabfolge nicht verlieren wollen (die sogenannte „Use-it-or-lose-it” -Regel). Angesichts der COVID-19-Krise und zum Schutz der finanziellen Solidität von Luftfahrtunternehmen sowie zur Vermeidung von Umweltbelastungen durch leere oder überwiegend leere Flüge, die nur zum Zweck der Aufrechterhaltung der entsprechenden Flughafenzeitnischen durchgeführt werden, wurde die „Use-it-or-lose-it” -Regel vom 1. März 2020 bis zum 27. März 2021 ausgesetzt und die Pflicht zur Zeitnischennutzung vom 28. März 2021 bis zum 26. März 2022 auf 50 % reduziert.
(5)
Trotz eines kontinuierlichen Anstiegs im EWR im Jahr 2021 liegt das Luftverkehrsaufkommen nach wie vor unter dem Niveau von 2019. Daten von Eurocontrol zeigen, dass der Luftverkehr im Oktober 2021 insgesamt 27 % unter dem Niveau von 2019 lag.
(6)
Auf der Basis der 7-Jahresprognose von Eurocontrol vom 15. Oktober 2021 ist mit größter Wahrscheinlichkeit von dem Szenario auszugehen, dass im Jahr 2022 das Verkehrsaufkommen im Jahresdurchschnitt 89 % des entsprechenden Niveaus von 2019 erreichen wird. Den monatlichen Eurocontrol-Prognosen für 2021 und den verfügbaren Eurocontrol-Daten zum Jahresdurchschnitt 2022 zufolge dürfte der Luftverkehr in der Sommerflugplanperiode 2022 verglichen mit 2019 auf ein Niveau zwischen 85 % und über 89 % ansteigen. Das Niveau von 2019 würde jedoch erst Ende 2023 erreicht. Daher ist davon auszugehen, dass in der Sommerflugplanperiode 2022 das Luftverkehrsaufkommen im Vergleich zu 2019 weiter rückläufig sein wird.
(7)
Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zusammengestellten Daten belegen, dass der anhaltende Rückgang des Luftverkehrs eine Folge der Auswirkungen der COVID-19-Krise ist. Die verfügbaren Daten zeigen, dass zwischen der Entwicklung der Infektionszahlen und den Reaktionen der Mitgliedstaaten und Drittländer auf diese Entwicklung ein Zusammenhang dahingehend besteht, dass die erlassenen Maßnahmen sich auf den Luftverkehr auswirken und damit zu dessen Rückgang führen. Diese Maßnahmen, die sehr kurzfristig erlassen und wieder aufgehoben werden können, tragen zu einem Klima der Unsicherheit bei und beeinträchtigen das Verbrauchervertrauen und das Buchungsverhalten. Dies verdeutlicht, dass der anhaltende Rückgang des Luftverkehrs das Ergebnis der Auswirkungen der COVID-19-Krise ist.
(8)
Zwar geht aus den Daten des ECDC vom 30. September 2021 hervor, dass 61,1 % der Gesamtbevölkerung im EWR vollständig geimpft waren, doch die Daten auf der WHO-Website zeigen, dass die Impfquote in vielen Ländern nach wie vor niedrig ist. Darüber hinaus bestehen immer noch Unsicherheiten, ob in verschiedenen Regionen möglicherweise neue bedenkliche Varianten entstehen. Damit wird die Erholung des Luftverkehrsaufkommens global betrachtet nicht überall gleich ausfallen.
(9)
Mitgliedstaaten und Drittländer könnten auf neue Varianten weiterhin mit der Verhängung von Maßnahmen reagieren, die sich erheblich auf den Luftverkehr auswirken. Daher ist in der kommenden Sommerflugplanperiode infolge der COVID-19-Krise nach wie vor mit einer erheblichen Anzahl von Annullierungen zu rechnen, insbesondere auf Strecken in Länder mit sehr strengen Hygienemaßnahmen oder in Länder, in denen die Impfquoten immer noch niedrig sind. Folglich kann von den Luftfahrtunternehmen nicht erwartet werden, dass sie die normale Nutzungsrate der Zeitnischen von 80 % auf allen Strecken einhalten.
(10)
Daher ist es notwendig, den in Artikel 10a Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 festgelegten Zeitraum bis einschließlich der Sommerflugplanperiode 2022 (vom 27. März 2022 bis zum 29. Oktober 2022) zu verlängern.
(11)
Bei den Daten zu Flugannullierungen, Auslastungsfaktoren, Flottengrößen und Flottennutzung gab es zwischen einzelnen Luftfahrtunternehmen je nach Geschäftsmodell und bedientem Markt große Abweichungen. Auf der Grundlage von Daten, die für 16 EU-Luftfahrtunternehmen und 16 Nicht-EU-Luftfahrtunternehmen übermittelt wurden, konnte im Durchschnitt von März 2021 bis Juli 2021 ein Aufwärtstrend festgestellt werden. Luftfahrtunternehmen, die Langstreckenstreckenflüge anbieten und deren Passagierverkehr von Hygienemaßnahmen erheblich eingeschränkt wird, wiesen bei den beobachteten Indikatoren eine weniger positive Entwicklung auf, was die Verlängerung der in Artikel 10a Absatz 3 festgelegten Frist für die Zeitnischen-Entlastung weiter rechtfertigt.
(12)
Die insgesamt ermutigenden Anzeichen für eine Erholung der Flugreisen auf dem EWR-Markt, die Wiederöffnung wichtiger internationaler Märkte (z. B. die Vereinigten Staaten von Amerika im November 2021) und die zunehmende Erleichterung von Reisen in Länder, die das COVID-19-Zertifikat anerkennen, rechtfertigen eine Erhöhung der Zeitnischennutzungsrate auf 64 %.
(13)
Aus den Daten über Vorausbuchungen geht hervor, dass die Fluggäste 2021 weiterhin ihre Flüge näher am Flugdatum gebucht haben als dies 2019 der Fall war. Der Trend verbessert sich jedoch allmählich.
(14)
Die Zeitnischennutzungsrate sollte so festgesetzt werden, dass sie unter den gegebenen Umständen zum Ziel der Entlastung der Luftfahrtunternehmen, aber auch dazu beiträgt, eine effiziente Nutzung der Flughafenkapazität zu gewährleisten. Die Zeitnischennutzungsrate sollte auch längerfristige strukturelle Veränderungen auf dem Markt und beim Verbraucherverhalten berücksichtigen, damit sich der Markt schrittweise an die veränderte Nachfrage anpassen kann und Kapazitäten für die Sommerflugplanperiode 2023 frei werden. Die potenzielle Freigabe von Flughafenkapazitäten aufgrund dieser neuen Nutzungsrate dürfte zudem zu keinen nennenswerten Beeinträchtigungen des Betriebs und Streckennetzes der Luftfahrtunternehmen führen, was bei einer höheren Nutzungsrate der Fall wäre.
(15)
Das mit größter Wahrscheinlichkeit eintretende Szenario der Eurocontrol-Verkehrsprognose geht für die Sommerflugplanperiode 2022 von einem Niveau des Luftverkehrsaufkommens von über 85 %, möglicherweise sogar über 89 % aus. Die Nutzungsrate von 64 % bietet den Luftfahrtunternehmen daher immer noch einen angemessenen Spielraum für den Fall, dass geplante Flüge kurzfristig annulliert werden müssen.
(16)
Das geringere Luftverkehrsaufkommen in andere Weltregionen muss nicht in die Nutzungsrate eingerechnet werden, da auf den betreffenden Strecken nach Artikel 10 Absatz 4 Buchstabe e der Verordnung (EWG) Nr. 95/93 eine angemessene Entlastung von der „Use-it-or-lose-it” -Regel gewährt werden kann.
(17)
Auch wenn allgemein davon ausgegangen wird, dass die Luftfahrtunternehmen mit steigender Nachfrage auch wieder ihren Flugbetrieb aufnehmen, birgt ein niedrigerer für die Nutzung geltender Schwellenwert die Gefahr, dass manche Luftfahrtunternehmen an einigen Flughäfen ihren Betrieb nur mit einem Mindestmaß aufrechterhalten, um ihre angestammten Rechte an diesen Zeitnischen zu behalten — mit Nachteilen für Wettbewerber, Flughafenbetreiber und Verbraucher. Eine Nutzungsrate von 64 % wird diese Risiken mindern.
(18)
Aus Gründen der Rechtssicherheit, insbesondere für die Zeitnischenkoordinatoren und die Luftfahrtunternehmen, sollte die Verordnung aus Gründen der Dringlichkeit am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 14 vom 22.1.1993, S. 1.

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