Artikel 30 VO (EU) 2022/2554

Wesentliche Vertragsbestimmungen

(1) Die Rechte und Pflichten des Finanzunternehmens und des IKT-Drittdienstleisters werden eindeutig zugewiesen und schriftlich dargelegt. Der vollständige Vertrag umfasst die Vereinbarung über die Dienstleistungsgüte und wird in einem schriftlichen Dokument, das den Parteien in Papierform zur Verfügung steht, oder in einem Dokument in einem anderen herunterladbaren, dauerhaften und zugänglichen Format dokumentiert.

(2) Die vertraglichen Vereinbarungen über die Nutzung von IKT-Dienstleistungen umfassen mindestens folgende Elemente:

a)
eine klare und vollständige Beschreibung aller Funktionen und IKT-Dienstleistungen, die der IKT-Drittdienstleister bereitzustellen hat, wobei anzugeben ist, ob die Vergabe von Unteraufträgen für IKT-Dienstleistungen, die kritische oder wichtige Funktionen oder wesentliche Teile davon unterstützen, zulässig ist, und — wenn dies der Fall ist — welche Bedingungen für diese Unterauftragsvergabe gelten;
b)
die Standorte — das heißt die Regionen oder Länder —, an denen die vertraglich vereinbarten oder an Unterauftragnehmer vergebenen Funktionen und IKT-Dienstleistungen bereitzustellen sind und an denen Daten verarbeitet werden sollen, einschließlich des Speicherorts, sowie die Auflage für den IKT-Drittdienstleister, das Finanzunternehmen vorab zu benachrichtigen, wenn er eine Änderung dieser Standorte beabsichtigt;
c)
Bestimmungen über Verfügbarkeit, Authentizität, Integrität und Vertraulichkeit in Bezug auf den Datenschutz, einschließlich des Schutzes personenbezogener Daten;
d)
Bestimmungen über die Sicherstellung des Zugangs zu personenbezogenen und nicht personenbezogenen Daten, die von dem Finanzunternehmen im Fall einer Insolvenz, Abwicklung, Einstellung der Geschäftstätigkeit des IKT-Drittdienstleisters oder einer Beendigung der vertraglichen Vereinbarungen verarbeitet werden, sowie über die Wiederherstellung und Rückgabe dieser Daten in einem leicht zugänglichen Format;
e)
Beschreibungen der Dienstleistungsgüte, einschließlich Aktualisierungen und Überarbeitungen;
f)
die Verpflichtung des IKT-Drittdienstleisters, dem Finanzunternehmen bei einem IKT-Vorfall, der mit dem für das Finanzunternehmen bereitgestellten IKT-Dienst in Verbindung steht, ohne zusätzliche Kosten oder zu vorab festzusetzenden Kosten Unterstützung zu leisten;
g)
die Verpflichtung des IKT-Drittdienstleisters, vollumfänglich mit den für das Finanzunternehmen zuständigen Behörden und Abwicklungsbehörden zusammenzuarbeiten, einschließlich der von diesen benannten Personen;
h)
Kündigungsrechte und damit zusammenhängende Mindestkündigungsfristen für die Beendigung der vertraglichen Vereinbarungen entsprechend den Erwartungen der zuständigen Behörden und der Abwicklungsbehörden;
i)
Bedingungen für die Teilnahme von IKT-Drittdienstleistern an den von den Finanzunternehmen angebotenen Programmen zur Sensibilisierung für IKT-Sicherheit und Schulungen zur digitalen operationalen Resilienz gemäß Artikel 13 Absatz 6.

(3) Die vertraglichen Vereinbarungen über die Nutzung von IKT-Dienstleistungen zur Unterstützung kritischer oder wichtiger Funktionen umfassen zusätzlich zu den in Absatz 2 genannten Elementen mindestens Folgendes:

a)
vollständige Beschreibungen der Dienstleistungsgüte, einschließlich Aktualisierungen und Überarbeitungen, mit präzisen quantitativen und qualitativen Leistungszielen innerhalb der vereinbarten Dienstleistungsgüte, um dem Finanzunternehmen eine wirksame Überwachung von IKT-Dienstleistungen und das unverzügliche Ergreifen angemessener Korrekturmaßnahmen zu ermöglichen, wenn eine vereinbarte Dienstleistungsgüte nicht erreicht wird;
b)
Kündigungsfristen und Berichtspflichten des IKT-Drittdienstleisters gegenüber dem Finanzunternehmen, einschließlich der Meldung aller Entwicklungen, die sich wesentlich auf die Fähigkeit des IKT-Drittdienstleisters, IKT-Dienstleistungen zur Unterstützung kritischer oder wichtiger Funktionen gemäß den vereinbarten Leistungsniveaus wirksam bereitzustellen, auswirken könnten;
c)
Anforderungen an den IKT-Drittdienstleister, Notfallpläne zu implementieren und zu testen und über Maßnahmen, Tools und Leit- und Richtlinien für IKT-Sicherheit zu verfügen, die ein angemessenes Maß an Sicherheit für die Erbringung von Dienstleistungen durch das Finanzunternehmen im Einklang mit seinem Rechtsrahmen bieten;
d)
die Verpflichtung des IKT-Drittdienstleisters, sich an den in den Artikeln 26 und 27 genannten TLPT des Finanzunternehmens zu beteiligen und uneingeschränkt daran mitzuwirken;
e)
das Recht, die Leistung des IKT-Drittdienstleisters fortlaufend zu überwachen, wozu Folgendes gehört:

i)
uneingeschränkte Zugangs-, Inspektions- und Auditrechte des Finanzunternehmens oder eines beauftragten Dritten und der zuständigen Behörde sowie das Recht auf Anfertigung von Kopien einschlägiger Unterlagen vor Ort, wenn ihnen für die Geschäftstätigkeit des IKT-Drittdienstleisters entscheidende Bedeutung zukommt, wobei die tatsächliche Ausübung dieser Rechte nicht durch andere vertragliche Vereinbarungen oder Umsetzungsrichtlinien behindert oder eingeschränkt wird;
ii)
das Recht, alternative Bestätigungsniveaus zu vereinbaren, wenn die Rechte anderer Kunden betroffen sind;
iii)
die Verpflichtung des IKT-Drittdienstleisters zur uneingeschränkten Zusammenarbeit bei Vor-Ort-Inspektionen und Audits, die von den zuständigen Behörden, der federführenden Überwachungsbehörde, dem Finanzunternehmen oder einem beauftragten Dritten durchgeführt werden; und
iv)
die Verpflichtung, Einzelheiten zu Umfang und Häufigkeit dieser Inspektionen sowie dem dabei zu befolgenden Verfahren mitzuteilen;

f)
Ausstiegsstrategien, insbesondere die Festlegung eines verbindlichen angemessenen Übergangszeitraums,

i)
in dem der IKT-Drittdienstleister weiterhin die entsprechenden Funktionen oder IKT-Dienstleistungen bereitstellt, um das Risiko von Störungen im Finanzunternehmen zu verringern oder um dessen geordnete Abwicklung und Umstrukturierung sicherzustellen;
ii)
der dem Finanzunternehmen ermöglicht, zu einem anderen IKT-Drittdienstleister zu wechseln oder auf interne Lösungen umzustellen, die der Komplexität der erbrachten Dienstleistung entsprechen.

Abweichend von Buchstabe e können der IKT-Drittdienstleister und das Finanzunternehmen, das ein Kleinstunternehmen ist, vereinbaren, dass die Zugangs-, Inspektions- und Auditrechte des Finanzunternehmens auf einen unabhängigen Dritten übertragen werden können, der vom IKT-Drittdienstleister benannt wird, sowie dass das Finanzunternehmen von diesem Dritten jederzeit Informationen und Gewähr in Bezug auf die Leistung des IKT-Drittdienstleisters verlangen kann.

(4) Bei der Aushandlung vertraglicher Vereinbarungen erwägen Finanzunternehmen und IKT-Drittdienstleister die Verwendung von Standardvertragsklauseln, die von Behörden für bestimmte Dienstleistungen entwickelt wurden.

(5) Die ESA erarbeiten über den Gemeinsamen Ausschuss Entwürfe technischer Regulierungsstandards, um die in Absatz 2 Buchstabe a genannten Aspekte zu präzisieren, die ein Finanzunternehmen bei der Untervergabe von IKT-Dienstleistungen zur Unterstützung kritischer oder wichtiger Funktionen bestimmen und bewerten muss.

Bei der Ausarbeitung dieser Entwürfe technischer Regulierungsstandards berücksichtigen die ESA die Größe und das Gesamtrisikoprofil des Finanzunternehmens sowie die Art, den Umfang und die Komplexität seiner Dienstleistungen, Tätigkeiten und Geschäfte.

Die ESA übermitteln der Kommission diese Entwürfe technischer Regulierungsstandards bis zum 17. Juli 2024.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die vorliegende Verordnung durch Annahme der in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards gemäß den Artikeln 10 bis 14 der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 zu ergänzen.

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