Präambel VO (EU) 2022/256

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2021/953 des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Rahmen für die Ausstellung, Überprüfung und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion (digitales COVID-Zertifikat der EU) mit der Zielsetzung der Erleichterung der Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie(1), insbesondere auf Artikel 7 Absätze 4 und 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Verordnung (EU) 2021/953 legt einen Rahmen für die Ausstellung, Überprüfung und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion (digitales COVID-Zertifikat der EU) mit der Zielsetzung fest, den Inhabern die Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie zu erleichtern. Sie trägt ferner dazu bei, die schrittweise und koordinierte Aufhebung der Beschränkungen, die im Einklang mit dem Unionsrecht durch die Mitgliedstaaten zur Begrenzung der Ausbreitung von SARS-CoV-2 verhängt wurden, zu erleichtern.
(2)
Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung (EU) 2021/953 ermöglicht der Rahmen für das digitale COVID-Zertifikat der EU die Ausstellung, grenzüberschreitende Überprüfung und Anerkennung eines Zertifikats, aus dem hervorgeht, dass der Inhaber nach einem positiven Ergebnis eines molekularen Nukleinsäure-Amplifikationstests (NAAT), der von Fachkräften im Gesundheitswesen oder von geschultem Testpersonal durchgeführt wurde, von einer SARS-CoV-2-Infektion genesen ist (Genesungszertifikat).
(3)
Im Mai 2021 richtete der mit Artikel 17 des Beschlusses Nr. 1082/2013/EU(2) eingesetzte Gesundheitssicherheitsausschuss eine Fachgruppe zu COVID-19-Diagnosetests(3) ein, der Sachverständige aus den Mitgliedstaaten und Norwegen sowie Vertreter der Kommission und des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) angehören.
(4)
Die Hauptaufgabe dieser Fachgruppe besteht darin, die Vorschläge der Mitgliedstaaten und der Hersteller für eine Aufnahme von COVID-19-Antigen-Schnelltests in die vom Gesundheitssicherheitsausschuss vereinbarte gemeinsame EU-Liste der Antigen-Schnelltests(4) zu überprüfen. Gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2021/953 können nur in diese Liste aufgenommene COVID-19-Antigen-Schnelltests als Grundlage für die Ausstellung eines Testzertifikats im Format des digitalen COVID-Zertifikats der EU herangezogen werden. Die Fachgruppe bewertet diese Vorschläge anhand der in der Empfehlung des Rates vom 21. Januar 2021(5) festgelegten Kriterien sowie anhand zusätzlicher Kriterien, auf die sich die Gruppe am 21. September 2021 verständigt hat. Eines der vereinbarten Kriterien war eine höhere Spezifität von über 98 %.
(5)
In der gemeinsamen EU-Liste sind mit CE-Kennzeichnung versehene Antigen-Schnelltests aufgeführt, die im Einsatz sind und von mindestens einem Mitgliedstaat validiert wurden, und deren klinische Leistung anhand von Proben aus Nasen-, Rachen- oder Nasen-Rachen-Abstrichen ermittelt wurde. Im Juli 2021 verständigte sich die Fachgruppe darauf, Antigen-Schnelltests, die nur auf anderen Probenahmematerialien wie Speichel, Sputum, Blut oder Stuhl basieren, aus der Liste auszuschließen. Darüber hinaus sind weder gepoolte Antigen-Schnelltests noch Antigen-Schnelltests zur Selbstanwendung in der Liste der Antigentests aufgeführt. In die Liste aufgenommen werden nur Antigen-Schnelltests, die von geschultem medizinischem Personal oder gegebenenfalls von geschulten Anwendern durchgeführt werden, um so die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass die in der Liste aufgenommenen Tests eine konsistente Leistung erbringen.
(6)
Ist die Fachgruppe der Auffassung, dass die gemeinsame EU-Liste aktualisiert werden muss, legt sie dem Gesundheitssicherheitsausschuss einen entsprechenden Vorschlag zur Zustimmung vor. Die Fachgruppe hat somit ein strukturiertes, kohärentes und zügiges Verfahren zur Bewertung der klinischen Leistung von Antigen-Schnelltests eingeführt, die durch unabhängige Bewertungsstudien validiert wurden, was zu einer Aktualisierung der gemeinsamen EU-Liste mindestens einmal im Monat geführt hat.
(7)
Am 11. Januar 2022 erörterte die Fachgruppe zu COVID-19-Diagnosetests die Nutzung von Antigen-Schnelltests als Grundlage für Genesungszertifikate angesichts der verschlechterten epidemiologischen Lage, der Rekordzahl von COVID-19-Fällen aufgrund der besorgniserregenden Omikron-Variante sowie des Mangels an NAAT-Testkapazitäten in verschiedenen Mitgliedstaaten infolge einer hohen Nachfrage nach Tests. Vor diesem Hintergrund kam die Fachgruppe überein, dass in die gemeinsame EU-Liste aufgenommene Antigen-Schnelltests zur Ausstellung von Genesungszertifikaten verwendet werden könnten. Die Fachgruppe betonte, dass für die Ausstellung solcher Zertifikate nur die Ergebnisse von Antigen-Schnelltests verwendet werden sollten, die von Fachkräften im Gesundheitswesen oder anderem geschultem Personal durchgeführt wurden.
(8)
Das ECDC ist der Auffassung, dass ordnungsgemäß validierte Antigen-Schnelltests, die das Kriterium einer hohen Spezifität von über 98 % erfüllen, verwendet werden könnten, um zu bescheinigen, dass eine Person von einer vorherigen SARS-CoV-2-Infektion genesen ist.(6) Je höher die Spezifität, desto höher ist die Validität des für die Bescheinigung der Genesung einer Person zu verwendenden Tests.
(9)
Demzufolge und auf der Grundlage weiterer Konsultationen mit dem Gesundheitssicherheitsausschuss ist es angemessen, die Verordnung (EU) 2021/953 dahingehend zu ändern, dass Genesungszertifikate auch nach einem positiven Ergebnis eines in der gemeinsamen EU-Liste aufgeführten Antigen-Schnelltests ausgestellt werden können, der von Fachkräften im Gesundheitswesen oder von geschultem Testpersonal des Mitgliedstaats, in dem der Test erfolgt ist, durchgeführt wurde. Der verwendete Antigen-Schnelltest sollte zum Zeitpunkt der Erstellung des Testergebnisses in die gemeinsame EU-Liste aufgenommen werden, wobei seine mögliche spätere Streichung aus der gemeinsamen EU-Liste die Gültigkeit bereits ausgestellter Genesungszertifikate nicht berühren sollte.
(10)
In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass sich die COVID-19-Teststrategien der einzelnen Mitgliedstaaten unterscheiden und dass nicht in allen Mitgliedstaaten ein Mangel an NAAT-Testkapazitäten besteht. Die Ausstellung von Genesungszertifikaten nach einem positiven Ergebnis eines Antigen-Schnelltests sollte daher fakultativ bleiben. Insbesondere, wenn ausreichende NAAT-Testkapazitäten zur Verfügung stehen, hätten die Mitgliedstaaten weiterhin die Möglichkeit, Genesungszertifikate ausschließlich auf der Grundlage von NAAT-Tests auszustellen, die als die zuverlässigste Methode zur Testung auf eine COVID-19-Infektion gelten. Entsprechend könnten die Mitgliedstaaten in Zeiten hoher SARS-CoV-2-Infektionszahlen und einer daraus resultierenden hohen Testnachfrage oder eines Mangels an NAAT-Testkapazitäten Genesungszertifikate auch auf der Grundlage von Antigen-Schnelltests ausstellen und später zur Ausstellung von Genesungszertifikaten ausschließlich auf der Grundlage von NAAT-Tests zurückkehren, sobald die Infektionszahlen zurückgehen. Zugleich ist es wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger Genesungszertifikate erhalten können, nachdem sie positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden.
(11)
Gemäß Artikel 7 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2021/953 müssen Mitgliedstaaten, die zur Befreiung von den im Einklang mit dem Unionsrecht zur Eindämmung der Verbreitung von SARS-CoV-2 eingeführten Beschränkungen der Freizügigkeit den Nachweis der Genesung von einer SARS-CoV-2-Infektion anerkennen, unter denselben Bedingungen gültige Genesungszertifikate anerkennen, die von anderen Mitgliedstaaten ausgestellt werden. Nach Erlass der vorliegenden Verordnung fallen unter Artikel 7 Absatz 8 der Verordnung (EU) 2021/953 daher auch Genesungszertifikate, die nach einem positiven Ergebnis eines von Fachkräften im Gesundheitswesen oder von geschultem Testpersonal durchgeführten Antigen-Schnelltests, der in der vom Gesundheitssicherheitsausschuss vereinbarten gemeinsamen EU-Liste der COVID-19-Antigentests aufgeführt ist, ausgestellt werden, auch wenn der betreffende Mitgliedstaat selbst keine Genesungszertifikate auf der Grundlage solcher Tests ausstellt.
(12)
Die Verordnung (EU) 2021/953 sollte daher entsprechend geändert werden.
(13)
Zur Erleichterung der Freizügigkeit, insbesondere von Bürgerinnen und Bürgern, die sich während der Omikron-Welle infiziert haben, sollten die Mitgliedstaaten rückwirkend, d. h. auf der Grundlage von ab dem 1. Oktober 2021 durchgeführten Antigen-Schnelltests, Genesungszertifikate ausstellen können, sofern der betreffende Antigen-Schnelltest zum Zeitpunkt der Erstellung des Testergebnisses in der gemeinsamen EU-Liste aufgeführt war. Alle Antigen-Schnelltests, die in der gemeinsamen EU-Liste aufgeführt sind, wurden ab dem 1. Oktober 2021 anhand der zusätzlichen Definitionen, des Anwendungsbereichs, der Erwägungen und Kriterien bewertet, auf die sich der Gesundheitssicherheitsausschuss am 21. September 2021 verständigt hatte. Eine solche rückwirkende Ausstellung deckt auch den Zeitraum ab, in dem das Auftreten der Omikron-Variante zu einem Anstieg der SARS-CoV-2-Infektionszahlen in der EU führte, was eine hohe Testnachfrage und eine angespannte Lage bei den NAAT-Testkapazitäten zur Folge hatte. Die rückwirkende Ausstellung könnte entweder auf der Grundlage von Daten erfolgen, die in den Patientenakten in den Mitgliedstaaten erfasst sind, oder auf der Grundlage eines Testzertifikats, das im Format des digitalen COVID-Zertifikats der EU ausgestellt wurde.
(14)
Gemäß Artikel 3 Absatz 10 und Artikel 8 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/953 sind Genesungszertifikate, die unter einen nach diesen Bestimmungen erlassenen Durchführungsrechtsakt fallen, unter denselben Bedingungen anzuerkennen wie die digitalen COVID-Zertifikate der EU. Dementsprechend sollten solche Zertifikate anerkannt werden, wenn sie nach einem positiven Ergebnis eines von Fachkräften im Gesundheitswesen oder von geschultem Testpersonal durchgeführten NAAT-Tests oder Antigen-Schnelltests, der in der vom Gesundheitssicherheitsausschuss vereinbarten gemeinsamen EU-Liste der COVID-19-Antigentests aufgeführt ist, ausgestellt wurden.
(15)
Gemäß Artikel 7 Absatz 7 der Verordnung (EU) 2021/953 findet das in Artikel 13 der Verordnung genannte Dringlichkeitsverfahren auf delegierte Rechtsakte, die gemäß Artikel 7 Absatz 4 erlassen werden, Anwendung, wenn angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse Gründe äußerster Dringlichkeit dies zwingend erforderlich machen.
(16)
Wie das ECDC und die Fachgruppe zu COVID-19-Diagnosetests festgestellt haben, ist der prädiktive Wert von Antigen-Schnelltests in einer Situation mit hoher SARS-CoV-2-Prävalenz, d. h. bei hohen Infektionszahlen zu einem bestimmten Zeitpunkt, am höchsten und falsch-positive Ergebnisse können bei niedriger Prävalenz auftreten. Während das Virus infolge des Auftretens der Omikron-Variante derzeit auf sehr hohem Niveau zirkuliert, könnte die Viruszirkulation in den kommenden Monaten zurückgehen. Daher muss die Kommission diese Entwicklungen mit Unterstützung des ECDC, des Gesundheitssicherheitsausschusses und seiner Fachgruppe zu COVID-19-Diagnosetests aufmerksam verfolgen.
(17)
Um angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Zuverlässigkeit von Antigen-Schnelltests sicherzustellen, dass die Unionsbürgerinnen und -bürger bei der Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit so rasch wie möglich von Genesungszertifikaten, die auf der Grundlage von Antigen-Schnelltests ausgestellt wurden, Gebrauch machen können, ist es aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich, das in Artikel 13 der Verordnung (EU) 2021/953 vorgesehene Verfahren anzuwenden. Durch die Verzögerung von Sofortmaßnahmen würde auch das Risiko erhöht, dass Bürgerinnen und Bürger aufgrund des Mangels an NAAT-Tests infolge der Omikron-Welle keine Genesungszertifikate erhalten können.
(18)
Angesichts der Dringlichkeit der Lage infolge der COVID-19-Pandemie sollte diese Verordnung am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 211 vom 15.6.2021, S. 1.

(2)

Beschluss Nr. 1082/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 2119/98/EG (ABl. L 293 vom 5.11.2013, S. 1).

(3)

https://ec.europa.eu/health/health-security-and-infectious-diseases/crisis-management/covid-19-diagnostic-tests_de

(4)

https://ec.europa.eu/health/system/files/2022-01/covid-19_rat_common-list_en.pdf

(5)

Empfehlung des Rates vom 21. Januar 2021 für einen einheitlichen Rahmen für den Einsatz und die Validierung von Antigen-Schnelltests und die gegenseitige Anerkennung der Ergebnisse von COVID-19-Tests in der EU (ABl. C 24 vom 22.1.2021, S. 1).

(6)

https://www.ecdc.europa.eu/sites/default/files/documents/Options-for-the-use-of-rapid-antigen-tests-for-COVID-19-first-update.pdf

© Europäische Union 1998-2021

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