Präambel VO (EU) 2022/759

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen(1), insbesondere auf Artikel 7 Absatz 3 Unterabsatz 5,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Anhang VII der Richtlinie (EU) 2018/2001 enthält eine Methode zur Berechnung der mit Wärmepumpen genutzten erneuerbaren Energie für die Wärmeversorgung, aber keine entsprechenden Regeln für die Kälteversorgung. Da in diesem Anhang keine Methode zur Berechnung der mit Wärmepumpen für die Kälteversorgung genutzten erneuerbaren Energie festgelegt ist, kann der Kältesektor nicht zu dem in Artikel 3 der Richtlinie (EU) 2018/2001 festgelegten Gesamtziel der Union für erneuerbare Energie beitragen, und für die Mitgliedstaaten — insbesondere für diejenigen mit einem hohen Kühlenergieanteil am Energieverbrauch — ist es schwieriger, die in Artikel 23 bzw. 24 der genannten Richtlinie festgelegten Zielvorgaben für die Wärme- und Kälte- sowie die Fernwärme- und -kälteversorgung zu erfüllen.
(2)
Daher sollte in Anhang VII der Richtlinie (EU) 2018/2001 eine Methode für die Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen, einschließlich der Fernkälteversorgung, aufgenommen werden. Diese Methode ist erforderlich, um sicherzustellen, dass der Anteil der erneuerbaren Energie an der Kälteversorgung in allen Mitgliedstaaten auf harmonisierte Weise berechnet wird und alle Kälteversorgungssysteme hinsichtlich ihrer Kapazität zur Nutzung erneuerbarer Energie für die Kälteversorgung zuverlässig miteinander verglichen werden können.
(3)
Die Methode sollte im Einklang mit Artikel 7 Absatz 3 Unterabsatz 6 der Richtlinie (EU) 2018/2001 jahreszeitbedingte Mindestleistungsfaktoren (seasonal performance factors, SPF) für Umkehrwärmepumpen enthalten. Da alle Kälteversorgungssysteme mit aktiver Kühlung als Wärmepumpen im Umkehrbetrieb (d. h. im Kühlbetrieb) betrachtet werden können, sollten jahreszeitbedingte Mindestleistungsfaktoren auf alle Kälteversorgungssysteme angewandt werden. Dies ist erforderlich, da Wärmepumpen Wärme an einem Ort entziehen und an einen anderen Ort übertragen. Bei der Kälteversorgung entziehen Wärmepumpen Raum- oder Prozesswärme und geben sie an die Umgebung (Luft, Wasser oder Boden) ab. Wärmentzug ist das Wesen der Kühlung und die Kernfunktion einer Wärmepumpe. Da dieser Entzug entgegen dem natürlichen Energiefluss erfolgt, der von der Wärme zur Kälte gerichtet ist, ist es für den Wärmeentzug erforderlich, der Wärmepumpe in ihrer Funktion als Kälteerzeuger Energie zuzuführen.
(4)
Da die Energieeffizienz ein wichtiger Faktor ist, um zu bestimmen, inwieweit erneuerbare Energie vorhanden ist und von Wärmepumpen genutzt wird, sind jahreszeitbedingte Mindestleistungsfaktoren in die Methode aufzunehmen. Im Falle der Kälteversorgung ist die erneuerbare Energie die erneuerbare Kältequelle, durch die sich die Effizienz des Kühlprozesses erhöhen kann, was mit einem höheren jahreszeitbedingten Leistungsfaktor der Kälteversorgung einhergeht. Hohe jahreszeitbedingte Leistungsfaktoren sind ein Energieeffizienzindikator und dienen gleichzeitig als Näherungswert für das Vorhandensein und die Nutzung einer erneuerbaren Kältequelle bei der Kälteversorgung.
(5)
Bei der Kälteversorgung dient die Kältequelle als Wärmesenke, die die von der Wärmepumpe entzogene und außerhalb des zu kühlenden Raums oder Prozesses abgegebene Wärme aufnimmt. Die Menge der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen hängt von der Effizienz des Kühlverfahrens ab und entspricht der Menge der von der Wärmesenke aufgenommenen Wärme. In der Praxis entspricht dies der Kapazität der Kältequelle bei der Kälteversorgung.
(6)
Bei der Kältequelle kann es sich um Umgebungsenergie oder geothermische Energie handeln. Umgebungsenergie ist in der Umgebungsluft (frühere Bezeichnung „aerothermische Energie” ) und Umgebungswasser (frühere Bezeichnung „hydrothermische Energie” ) vorhanden, während geothermische Energie unterhalb der festen Erdoberfläche aus dem Boden gewonnen wird. Umgebungsenergie und geothermische Energie, die mit Wärmepumpen und Fernkältesystemen für die Kälteversorgung genutzt werden, sollten bei der Berechnung des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch berücksichtigt werden, wenn die abgegebene Endenergie die für den Betrieb der Wärmepumpen erforderliche Primärenergiezufuhr deutlich überschreitet. Diese Anforderung aus Artikel 7 Absatz 3 Unterabsatz 3 der Richtlinie (EU) 2018/2001 könnte mit ausreichend hohen, im Rahmen der Methode festgelegten jahreszeitbedingten Leistungsfaktoren erfüllt werden.
(7)
Angesichts der Vielzahl von Lösungen für die Kälteversorgung ist festzulegen, welche Lösungen in den Anwendungsbereich der Methode einbezogen werden und welche nicht. Kälteversorgung durch den natürlichen Fluss thermischer Energie ohne Nutzung einer Kühlvorrichtung ist passive Kühlung und sollte daher im Einklang mit Artikel 7 Absatz 3 Unterabsatz 4 der Richtlinie (EU) 2018/2001 vom Anwendungsbereich der Berechnung ausgeschlossen werden.
(8)
Die Verringerung des Kühlbedarfs durch Merkmale der Gebäudeauslegung, wie z. B. Gebäudedämmung, Dach- oder Fassadenbegrünung sowie Beschattung oder eine höhere Gebäudemasse, ist begrüßenswert, aber als passive Kühlung anzusehen und sollte daher nicht in die Berechnung der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen einbezogen werden.
(9)
Belüftung (sowohl natürliche Belüftung als auch Zwangsbelüftung), d. h. die Einbringung von Umgebungsluft in einen Raum mit dem Ziel, für eine angemessene Innenluftqualität zu sorgen, ist als passive Kühlung anzusehen und sollte daher nicht in die Berechnung der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen einbezogen werden. Dieser Ausschluss sollte auch dann gelten, wenn die Belüftung zur Einbringung kalter Umgebungsluft führt und somit zu bestimmten Jahreszeiten die Kälteversorgung verringert; die Kälteversorgung ist nämlich nicht die Hauptfunktion, und die Belüftung kann auch dazu beitragen, die Luft im Sommer zu erwärmen und somit die Kühllast zu erhöhen. Wenn die Belüftungsluft als Wärmetransportmedium für die Kälteversorgung genutzt wird, sollte die entsprechende Kälteversorgung, die entweder durch einen Kälteerzeuger oder durch freie Kühlung erfolgen kann, allerdings als aktive Kühlung betrachtet werden. In Fällen, in denen der Luftdurchsatz der Belüftung für Kälteversorgungszwecke über die Belüftungsanforderungen hinaus erhöht wird, sollte die auf diesen zusätzlichen Luftdurchsatz zurückgehende Kälteversorgung in die Berechnung der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen einbezogen werden.
(10)
Komfortventilatoren umfassen einen Ventilator und eine Baugruppe mit einem Elektromotor. Komfortventilatoren bewegen Luft und erhöhen das Wohlbefinden im Sommer, da sie die Luftgeschwindigkeit in der Nähe des menschlichen Körpers erhöhen, was ein thermisches Kühlungsempfinden auslöst. Im Gegensatz zur Belüftung wird bei Komfortventilatoren keine Umgebungsluft eingebracht; sie bewegen lediglich die Innenluft. Folglich kühlen sie die Innenluft nicht, sondern erwärmen sie sogar (verbrauchter Strom wird letztlich immer als Wärme in den Raum abgegeben, in dem der Komfortventilator eingesetzt wird). Komfortventilatoren sind keine Kälteversorgungslösungen und sollten daher nicht in die Berechnung der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen einbezogen werden.
(11)
Kälteversorgungssysteme in Verkehrsmitteln (z. B. Pkw, Lkw, Schiffe) werden im Allgemeinen vom Motor mit Energie versorgt. Die Nutzung erneuerbarer Energie in nicht stationären Kälteversorgungssystemen ist Teil der Berechnung für die Zielvorgabe für den Verkehr gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2018/2001 und sollte daher nicht in die Berechnung der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen einbezogen werden.
(12)
Der Temperaturbereich der Kälteversorgung, in dem erneuerbare Kältequellen zunehmend eingesetzt werden und den Energieverbrauch eines Kälteerzeugers verringern oder ersetzen können, liegt zwischen 0 °C und 30 °C. Dieser Temperaturbereich zählt zu den Parametern, die genutzt werden sollten, um potenzielle Kälteversorgungssektoren und -anwendungen daraufhin zu überprüfen, ob sie bei der Berechnung des Anteils erneuerbarer Energien an der Kälteversorgung einbezogen werden sollten.
(13)
Die Prozesskühlung mit tiefen oder sehr tiefen Temperaturen bietet nur wenig Spielraum für die Nutzung eines signifikanten Anteils erneuerbarer Kältequellen und erfolgt meist über elektrische Kühlsysteme. Die Nutzung erneuerbarer Energie bei Kühlgeräten erfolgt im Wesentlichen über die Energiezufuhr. Werden elektrische Kühlgeräte mit erneuerbarem Strom betrieben, so wird dies bereits beim Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen im Rahmen der Richtlinie (EU) 2018/2001 berücksichtigt. Das Potenzial für Effizienzsteigerungen wird zudem bereits durch den EU-Rahmen für Ökodesign und die Energieverbrauchskennzeichnung abgedeckt. Es wäre daher nicht angezeigt, Kühlgeräte in den Anwendungsbereich der Berechnung zur Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen einzubeziehen.
(14)
Was die Prozesskühlung bei hohen Temperaturen betrifft, verfügen alle Wärmekraftwerke, Verbrennungsverfahren und sonstigen Hochtemperaturprozesse über die Möglichkeit zur Rückgewinnung von Abwärme. Würden anstelle der Rückgewinnung von Wärme Anreize für die Abgabe von Hochtemperaturabwärme in die Umwelt zur Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen geschaffen, würde dies dem Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle” widersprechen und Umweltschutzzielen zuwiderlaufen. Solche Verfahren lassen sich durch den Temperaturgrenzwert von 30 °C nicht ausreichend abgrenzen, denn z. B. in einem Dampfkraftwerk ist die Kondensation schon bei Temperaturen von 30 °C oder darunter möglich. Das Kühlsystem des Kraftwerks kann eine Kühlleistung bei einer Temperatur von unter 30 °C erbringen.
(15)
Im Hinblick auf eine klare Festlegung des Anwendungsbereichs sollte die Methode eine Liste von Verfahren enthalten, bei denen die Rückgewinnung oder Vermeidung von Abwärme Vorrang vor der Schaffung von Anreizen für die Nutzung der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen erhalten sollte. Zu den Bereichen, in denen die Vermeidung und Rückgewinnung von Abwärme im Rahmen der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(2) gefördert werden, zählen Kraftwerke einschließlich der Kraft-Wärme-Kopplung sowie Verfahren zur Erzeugung heißer Fluide durch Verbrennung oder eine exotherme chemische Reaktion. Weitere Bereiche, in denen die Vermeidung und Rückgewinnung von Abwärme von Bedeutung ist, sind die Zement-, Eisen- und Stahlproduktion, Abwasserbehandlungsanlagen, IT-Anlagen wie z. B. Rechenzentren, Stromübertragungs- und -verteilungsanlagen sowie Feuerbestattungs- und Verkehrsinfrastrukturen; in diesen Bereichen sollte die Kühlung zur Verringerung der aus diesen Prozessen resultierenden Abwärme nicht gefördert werden.
(16)
Ein zentraler Parameter für die Berechnung der mit Wärmepumpen für die Kälteversorgung genutzten erneuerbaren Energie ist der als Primärenergie angegebene jahreszeitbedingte Leistungsfaktor SPFp. Der SPFp ist ein Quotient, der die Effizienz von Kälteversorgungssystemen während der Kühlperiode angibt. Er errechnet sich durch Division der erzeugten Kühlmenge durch die Energiezufuhr. Ein höherer SPFp ist besser, da mit derselben Energiezufuhr eine größere Kühlmenge erzeugt wird.
(17)
Zur Berechnung der Menge der für die Kälteversorgung genutzten erneuerbaren Energie ist es erforderlich, den Anteil der Kälteversorgung zu definieren, der als erneuerbar betrachtet werden kann. Dieser Anteil wird mit sSPFp bezeichnet. Der sSPFp ist eine Funktion zwischen einem unteren und einem oberen SPFp-Schwellenwert. Im Rahmen der Methode sollte ein unterer SPFp -Schwellenwert festgelegt werden, bei dessen Unterschreiten die erneuerbare Energie eines Kälteversorgungssystems null beträgt. Zudem sollte ein oberer SPFp -Schwellenwert festgelegt werden, bei dessen Überschreiten die gesamte von einem Kälteversorgungssystem erzeugte Kühlmenge als erneuerbar betrachtet wird. Eine progressive Berechnungsmethode sollte es ermöglichen, den linear zunehmenden Anteil der Kälteversorgung, die als erneuerbar betrachtet werden kann, bei Kälteversorgungssystemen zu berechnen, deren SPFp-Werte zwischen dem unteren und dem oberen SPFp -Schwellenwert liegen.
(18)
Durch die Methode sollte sichergestellt werden, dass gemäß Artikel 7 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie (EU) 2018/2001 Gas, Strom und Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen bei der Berechnung des Anteils von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoendenergieverbrauch nur einmal berücksichtigt werden.
(19)
Im Interesse der Stabilität und Vorhersehbarkeit bei der Anwendung der Methode für den Kältesektor sollten die als Primärenergie berechneten oberen und unteren SPF-Schwellenwerte anhand des Standard-Primärenergiekoeffizienten (des Primärenergiefaktors) gemäß der Richtlinie 2012/27/EU festgelegt werden.
(20)
Es sollte zwischen verschiedenen Ansätzen zur Berechnung der Kälteversorgung aus erneuerbaren Quellen unterschieden werden, je nachdem, ob Standardwerte für die zur Berechnung erforderlichen Parameter verfügbar sind, wie z. B. Standardwerte für die jahreszeitbedingten Leistungsfaktoren oder für äquivalente Volllaststunden für den Betrieb.
(21)
Anhand der Methode sollte es möglich sein, bei Anlagen mit einer Nennleistung von weniger als 1,5 MW einen vereinfachten statistischen Ansatz auf der Grundlage von Standardwerten anzuwenden. Sind keine Standardwerte verfügbar, sollte es möglich sein, Messdaten zu verwenden, um die Berechnungsmethode für erneuerbare Energie bei der Kälteversorgung auf Kälteversorgungssysteme anzuwenden. Der messbasierte Ansatz sollte bei Kälteversorgungssystemen mit einer Nennleistung von mehr als 1,5 MW, bei der Fernkälteversorgung sowie bei kleinen Systemen, die Technologien nutzen, für die keine Standardwerte verfügbar sind, Anwendung finden. Auch wenn Standardwerte verfügbar sind, können die Mitgliedstaaten Messdaten für alle Kälteversorgungssysteme nutzen.
(22)
Es sollte den Mitgliedstaaten gestattet sein, eigene Berechnungen und Erhebungen vorzunehmen, um in den nationalen Statistiken eine höhere Genauigkeit zu erzielen als es mit der in dieser Verordnung festgelegten Methode möglich ist.
(23)
Anhang VII der Richtlinie (EU) 2018/2001 sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82.

(2)

Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 1).

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