Präambel VO (EU) 2023/1118

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2013/36/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU(1), insbesondere auf Artikel 48 Absatz 8,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Damit Aufsichtskollegien eingerichtet und deren Mitglieder sowie etwaige Beobachter bestimmt werden können, müssen Übersichten über Wertpapierfirmengruppen erstellt werden. Diese Übersichten dienen dazu, die Unternehmen der Gruppe oder Zweigstellen in der Union oder in einem Drittland zu ermitteln und für jedes Unternehmen der Gruppe seine Art, seinen Standort, die an seiner Beaufsichtigung beteiligten Behörden, die anwendbaren aufsichtlichen Ausnahmen sowie seine Bedeutung für die Gruppe und für das Land, in dem es zugelassen oder niedergelassen ist, festzustellen.
(2)
Um eine unionsweit stimmige Anwendung von Artikel 48 der Richtlinie (EU) 2019/2034 und damit faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten, ist es wichtig, mit Blick auf die Einrichtung von Aufsichtskollegien für Wertpapierfirmengruppen eine konvergente Praxis der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörden zu fördern. Da die Einrichtung von Aufsichtskollegien im Ermessen der gemäß Artikel 46 der Richtlinie (EU) 2019/2034 für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde liegt, ist es unerlässlich, gemeinsame Kriterien festzulegen, die die für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörden bei der Entscheidung über die Einrichtung eines Aufsichtskollegiums berücksichtigen sollten. Diese gemeinsamen Kriterien sollten auch Verhältnismäßigkeitskriterien umfassen, der Notwendigkeit Rechnung tragen, aufsichtliche Aufgaben zu erleichtern, und die Koordinierung zwischen sowie die Zusammenarbeit mit den zuständigen Aufsichtsbehörden von Drittländern erleichtern, insbesondere wenn eine solche Koordinierung und Zusammenarbeit erforderlich ist, um mit den Aufsichtsbehörden der Clearingmitglieder der qualifizierten zentralen Gegenparteien (im Folgenden „QCCPs” ) oder den Aufsichtsbehörden der QCCPs relevante Informationen über das Einschussmodell auszutauschen und diese Informationen auf Stand zu bringen.
(3)
Um die Effizienz und Wirksamkeit der Arbeitsweise der Aufsichtskollegien zu erhöhen, sollten die schriftlichen Vereinbarungen nach Artikel 48 Absatz 6 Unterabsatz 3 der Richtlinie (EU) 2019/2034 alle Arbeitsbereiche des Kollegiums abdecken. Diese schriftlichen Vereinbarungen sollten sich daher auch auf Vereinbarungen zwischen Mitgliedern des Kollegiums erstrecken, die an spezifischen Tätigkeiten des Kollegiums beteiligt sind, insbesondere auch an Tätigkeiten, die durch spezifische nachgeordnete Strukturen des Kollegiums durchgeführt werden, wenn aus Effizienzgründen solche nachgeordneten Strukturen eingerichtet werden. Aus demselben Grund sollten die schriftlichen Vereinbarungen auch die operativen Aspekte der Arbeit des Kollegiums abdecken, da diese Aspekte wesentlich sind, um die Arbeitsweise des Aufsichtskollegiums sowohl im Normalfall als auch in Krisensituationen zu erleichtern. Schließlich sollten die schriftlichen Vereinbarungen umfassend, stimmig und ausführlich sein und den zuständigen Behörden eine geeignete und angemessene Grundlage bieten, damit sie ihre Pflichten und Aufgaben nicht außerhalb, sondern innerhalb des Aufsichtskollegiums wahrnehmen.
(4)
Die Aufsichtskollegien sind ein wesentliches Instrument, um Informationen auszutauschen, sich auf Krisensituationen vorzubereiten und diese zu bewältigen und der Aufsichtsbehörde eine wirksame Beaufsichtigung auf konsolidierter Basis zu ermöglichen. Um Stimmigkeit zu gewährleisten und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) die Erfüllung ihrer Aufgaben gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(2) zu ermöglichen, sollte die EBA an allen Aufsichtskollegien beteiligt sein. Außerdem sollte in Anbetracht der Koordinierungsrolle der Aufsichtskollegien bei allen Aufsichtstätigkeiten in Bezug auf Wertpapierfirmengruppen, die aus anderen Rechtsvorschriften der Union erwachsen, die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) gemäß den schriftlichen Vereinbarungen stets zur Teilnahme an den Sitzungen und Tätigkeiten des Aufsichtskollegiums eingeladen werden.
(5)
Um alle Tätigkeiten des Kollegiums ausführen zu können, sollten die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde und die Mitglieder des Aufsichtskollegiums einen Überblick über die Tätigkeiten aller Unternehmen der betreffenden Wertpapierfirmengruppe haben, einschließlich der Tätigkeiten derjenigen Unternehmen, die Finanztätigkeiten ausüben, ohne als Wertpapierfirma eingestuft zu werden, und der Tätigkeiten derjenigen Unternehmen, die in Drittländern tätig sind. Gefördert werden sollte aus demselben Grund die Zusammenarbeit zwischen der für die Gruppenaufsicht zuständigen Behörde, den Mitgliedern des Kollegiums, den Behörden oder öffentlichen Stellen in einem Mitgliedstaat, die für die Beaufsichtigung eines Unternehmens der Wertpapierfirmengruppe zuständig oder an der Beaufsichtigung eines Unternehmens der Wertpapierfirmengruppe beteiligt sind, einschließlich der zuständigen Behörden der Aufnahmemitgliedstaaten von als bedeutend eingestuften Zweigstellen, den Behörden oder Stellen, die für die Beaufsichtigung von Märkten für Finanzinstrumente und für die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständig sind, den Behörden oder Stellen, die für den Verbraucherschutz zuständig sind, und den Abwicklungsbehörden. Daher ist es wichtig, dass diesen Behörden oder öffentlichen Stellen gestattet wird, gegebenenfalls als Beobachter an den Arbeiten des Aufsichtskollegiums teilzunehmen.
(6)
Im Interesse der Transparenz und um die reibungslose Arbeitsweise des Aufsichtskollegiums sicherzustellen, sollten die Mitglieder des Kollegiums erörtern und sich darüber einigen, in welchem Umfang und auf welchem Niveau etwaige andere Behörden als Beobachter am Aufsichtskollegium teilnehmen sollten. Die Bedingungen für die Teilnahme dieser Behörden am Aufsichtskollegium als Beobachter sollten in den schriftlichen Vereinbarungen klar festgelegt und allen als Beobachter am Aufsichtskollegium teilnehmenden Behörden mitgeteilt werden.
(7)
Um ihren Aufgaben besser nachzukommen und Doppelarbeit zu vermeiden, wie etwa doppelte Informationsanfragen an die beaufsichtigten Unternehmen der Gruppe, sollten die Mitglieder des Aufsichtskollegiums eng zusammenarbeiten und ihre Aufsichtsmaßnahmen so weit wie möglich koordinieren. Aus demselben Grund sollten die Mitglieder des Aufsichtskollegiums etwaige Vereinbarungen über die Übertragung von Aufgaben und Zuständigkeiten regelmäßig überprüfen, insbesondere wenn die Mitglieder des Kollegiums die Zuweisung von Ressourcen festlegen und den Plan für Aufsichtsaufgaben erarbeiten, die vor Ort und aus der Ferne auf der Ebene des Aufsichtskollegiums erfüllt werden sollen.
(8)
Die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde sollte in der Lage sein, sich ein Gesamtbild von der Lage der Gruppe zu verschaffen, und als Moderatorin auftreten, die einen reibungslosen Informationsfluss unter den Mitgliedern des Kollegiums sicherstellt. Deshalb sollte die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde auf sämtliche Informationen zugreifen können, die sie zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Zuständigkeiten benötigt, und als Koordinatorin für die Erhebung und Verbreitung von Informationen, die sie von Mitgliedern des Aufsichtskollegiums, anderen Beobachtern oder Unternehmen der Gruppe erhält, sowie von Eingaben anderer Aufsichtsstellen oder -behörden oder für die Wertpapierfirmengruppe eingerichteter Behörden. Gleiches gilt für die Mitglieder des Kollegiums, da sie Zugang zu den einschlägigen Informationen benötigen, um ihre Aufgaben und Pflichten in Bezug auf die in ihre Zuständigkeit fallenden Unternehmen zu erfüllen, und die Notwendigkeit, relevante Informationen mit den anderen Mitglieder des Aufsichtskollegiums zu teilen. Insbesondere wenn die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde feststellt, dass bestimmte Informationen für ein anderes Mitglied des Aufsichtskollegiums relevant sind, sollte sie keine Mitglieder des Kollegiums unbegründet vom Erhalt dieser Informationen ausschließen.
(9)
Aufsichtskollegien erleichtern die Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden. Dies gilt insbesondere bei Entscheidungen über die Verwendung interner Modelle zur Berechnung der Eigenmittelanforderungen, wofür eine vorherige Genehmigung durch die zuständigen Behörden erforderlich ist. Deshalb ist es wichtig, dass festgelegt wird, unter welchen Bedingungen die für die Gruppenaufsicht zuständige Behörde und die zuständigen Behörden Informationen über die Performanz interner Modelle austauschen und erörtern und sich auf Maßnahmen zur Behebung festgestellter Ineffizienzen einigen sollten.
(10)
Bei der Zuweisung von Aufsichtsressourcen und der Erarbeitung oder Koordinierung von vor Ort und aus der Ferne wahrzunehmenden Aufsichtsaufgaben auf der Ebene des Aufsichtskollegiums sollten die Mitglieder des Aufsichtskollegiums die Ergebnisse des in Artikel 36 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2019/2034 genannten aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsverfahrens berücksichtigen, das für die Wertpapierfirmengruppe und jedes ihrer Unternehmen durchgeführt wird. Um die Prioritäten der gemeinsamen Aufsichtstätigkeit besser setzen und eine angemessene Ressourcenzuweisung gewährleisten zu können, sollte die Aufstellung des aufsichtlichen Prüfungsprogramms eines Kollegiums daher beginnen, sobald die aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsverfahren beendet sind, und sollte zum Abschluss gebracht werden, sobald die zuständigen Behörden die Aufgaben, zu denen sie sich auf nationaler Ebene verpflichtet haben, sowie die für diese Aufgaben zugewiesenen Ressourcen und die entsprechenden Fristen für die Wahrnehmung dieser Aufgaben berücksichtigt haben.
(11)
Die Mitglieder des Aufsichtskollegiums sollten ihre Tätigkeiten im Vorfeld und im Laufe von Krisensituationen koordinieren, insbesondere auch bei nachteiligen Entwicklungen, die das ordnungsgemäße Funktionieren und die Integrität der Finanzmärkte oder die Stabilität des gesamten oder eines Teils des Finanzsystems der Union ernsthaft gefährden könnten, oder in Situationen, die die Finanz- und Wirtschaftslage einer Wertpapierfirmengruppe oder eines ihrer Unternehmen beeinträchtigen oder explizit beeinträchtigen könnten.
(12)
Es muss sichergestellt werden, dass eine Krisensituation angemessen bewertet und angegangen wird. Daher sollten die Mitglieder des Aufsichtskollegiums in einer Krisensituation im Rahmen der Koordinierung der konsolidierenden Aufsichtsbehörde bestrebt sein, eine koordinierte aufsichtliche Bewertung der Lage zu erarbeiten, sich auf eine koordinierte aufsichtliche Reaktion zu einigen und deren Umsetzung zu überwachen. Die Mitglieder des Aufsichtskollegiums sollten außerdem gewährleisten, dass eine etwaige externe Kommunikation auf koordinierte Weise erfolgt und die Elemente umfasst, die vorab zwischen den Mitgliedern des Kollegiums vereinbart worden sind.
(13)
Diese Verordnung beruht auf dem Entwurf technischer Regulierungsstandards, der der Kommission von der EBA vorgelegt wurde.
(14)
Die EBA hat die ESMA konsultiert, öffentliche Konsultationen zu diesem Entwurf durchgeführt, die damit verbundenen möglichen Kosten- und Nutzeneffekte analysiert und die Stellungnahme der nach Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 eingesetzten Interessengruppe Bankensektor eingeholt —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64.

(2)

Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).

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