Präambel VO (EU) 2023/1214
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 215,
gestützt auf den Beschluss (GASP) 2023/1217 des Rates vom 23. Juni 2023 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren(1),
auf gemeinsamen Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Am 31. Juli 2014 hat der Rat die Verordnung (EU) Nr. 833/2014(2) über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, angenommen.
- (2)
- Mit der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 werden bestimmte im Beschluss 2014/512/GASP(3) des Rates vorgesehene Maßnahmen umgesetzt.
- (3)
- Am 23. Juni 2023 hat der Rat den Beschluss (GASP) 2023/1217 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP angenommen.
- (4)
- Tätigkeiten, mit denen die Umgehung der Verbote nach der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 bezweckt oder bewirkt wird, untergraben den Zweck und die Wirksamkeit der restriktiven Maßnahmen der Union.
- (5)
- Um das Risiko einer Umgehung der restriktiven Maßnahmen zu minimieren, verbietet der Beschluss (GASP) 2023/1217 im Zusammenhang mit der Ausfuhr aus der Union die Durchfuhr von Gütern und Technologien, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung seines Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten, von Gütern und Technologien, die für die Verwendung in der Luft- oder Raumfahrtindustrie geeignet sind, sowie von Flugturbinenkraftstoffen und Kraftstoffadditiven.
- (6)
- Die Union und Drittländer als Mitglieder der internationalen Gemeinschaft verteidigen die in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätze des Völkerrechts und unterstützen die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine.
- (7)
- Die Union erkennt die Bemühungen der nationalen Behörden in vielen Drittländern an, die Ströme der Güter, Technologien und Dienstleistungen aufzuhalten, die unter die restriktiven Maßnahmen fallen, welche die Union als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erlassen hat. Die Union sollte die Drittländer bei diesen Bemühungen mit allen verfügbaren Mitteln weiter unterstützen.
- (8)
- Um gegen die Umgehung der restriktiven Maßnahmen der Union durch Drittländer vorzugehen, sollte die Union rasch die bilaterale und multilaterale Zusammenarbeit durch diplomatisches Engagement mit den betreffenden Drittländern und die Bereitstellung verstärkter technischer Hilfe für diese Drittländer verstärken. Zur Entwicklung eines voll koordinierten diesbezüglichen Ansatzes gemeinsam mit den Mitgliedstaaten wird die Kommission den Rat regelmäßig unterrichten.
- (9)
- Weitere Maßnahmen sollten rasch in Fällen ergriffen werden, in denen die Bemühungen der Union im Rahmen der bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit nicht zu den beabsichtigten Ergebnissen führen, die Umgehung der restriktiven Maßnahmen, die die Union als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine erlassen hat, durch Personen oder Organisationen in Drittländern zu verhindern. Solche Maßnahmen sollten gezielt und verhältnismäßig sein und ausschließlich darauf abzielen, Russland die Ressourcen zu entziehen, die es ihm ermöglichen, seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine fortzusetzen.
- (10)
- Die Union sollte die geeigneten individuellen Maßnahmen ergreifen, um darauf zu reagieren, wenn sich Wirtschaftsteilnehmer aus Drittländern an der Erleichterung einer Umgehung beteiligen. Diese Maßnahmen können einzelne Benennungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 des Rates(4) oder andere Maßnahmen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates beinhalten, wie beispielsweise die Aufnahme von Organisationen in Anhang IV der Verordnung (EU) Nr. 833/2014, unter anderem auf der Grundlage von Informationen und Vorschlägen der Mitgliedstaaten.
- (11)
- Nach der Annahme solcher individuellen Maßnahmen, wird die Union erneut einen konstruktiven Dialog mit dem betreffenden Drittland aufnehmen, um dafür zu sorgen, dass Abhilfemaßnahmen getroffen werden, die andere Wirtschaftsteilnehmer von ähnlichen Verhaltensweisen abhalten. Der Rat wird über diese Beziehungen und ihr Ergebnis unterrichtet werden.
- (12)
- Wenn nach der Annahme der individuellen Maßnahmen und weiteren Gesprächen mit dem Drittland angesichts des Umfangs, der Art oder des systematischen Charakters der fortgesetzten Umgehung offensichtlich ist, dass diese Schritte nicht ausreichen oder nicht dazu geeignet sind, zu verhindern, dass eine solche Umgehung in dem betreffenden Drittland oder über das betreffende Drittland erfolgt, sollte die Union in der Lage sein, weitere Maßnahmen zu treffen.
- (13)
- Zu diesem Zweck wurde mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 die Möglichkeit eingeführt, in Bezug auf sensible Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck oder Güter und Technologien, die zur Stärkung der militärischen, technologischen oder industriellen Kapazitäten Russlands bzw. zur Entwicklung des russischen Verteidigungs- und Sicherheitssektors in einer Weise beitragen könnten, die seine Fähigkeit zur Kriegsführung stärkt, und deren Ausfuhr nach Russland gemäß der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 verboten ist, außerordentliche Maßnahmen als letztes Mittel zu ergreifen, die den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr solcher Güter und Technologien in Drittländer beschränken, in deren Rechtsraum nachweislich ein anhaltendes und besonders hohes Risiko der Umgehung der restriktiven Maßnahmen besteht.
- (14)
- Bevor dem Rat ein Vorschlag über das Vorgehen nach diesen Maßnahmen als letztes Mittel vorgelegt wird, werden der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und die Kommission den Rat über die technischen Einzelheiten, die unternommenen Outreach-Maßnahmen und über Durchsetzungsmaßnahmen unterrichten.
- (15)
- Entscheidungen über die Aufnahme eines Drittlands und bestimmter Güter oder Technologien in den Anwendungsbereich dieser Maßnahme sollten auf der einstimmigen Aufnahme des betreffenden Drittlands und der betreffenden Güter oder Technologien durch den Rat in Anhang XIV des Beschlusses 2014/512/GASP beruhen.
- (16)
- Bei der Entscheidung darüber, ob bestimmte Güter und Technologien sowie die von der Maßnahme als letztes Mittel betroffenen Drittländer auf der Grundlage dieses Vorschlags aufgenommen werden, sollte der Rat eine gründliche technische Analyse der betreffenden Umgehungsproblematik durch die Kommission berücksichtigen; diese technische Analyse sollte verfügbare Handelsdaten enthalten, die aufzeigen, dass die ergriffenen alternative Maßnahmen unwirksam waren, sowie Informationen über die Bemühungen der Union zur Lösung der Angelegenheit mit dem betreffenden Drittland und den eindeutigen Hinweis darauf enthalten, dass diese Bemühungen nicht erfolgreich waren.
- (17)
- Bevor ein Drittland in die Liste der von dieser Maßnahme betroffenen Länder aufgenommen wird, sollte die Union die Regierung dieses Drittlandes auf der Grundlage der in der technischen Analyse der Kommission dargelegten vorläufigen Ergebnisse und der beabsichtigten Abhilfemaßnahmen der Union unterrichten und aktiv ihre Stellungnahme einholen. Der Rat wird über alle Vorgänge im Rahmen der Beziehungen und über das Ergebnis unterrichtet werden. Der Rat wird einen solchen Beschluss erst annehmen, wenn die abschließende Kontaktaufnahme mit diesem Drittland beendet ist.
- (18)
- Der Rat sollte den Inhalt des Anhangs XXXIII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 regelmäßig auf der Grundlage gründlicher technischer Informationen der Kommission überprüfen. Bei dieser Überprüfung müssen die Ziele der Maßnahme und das Ergebnis der fortgesetzten Beziehungen zu den betreffenden Drittländern, einschließlich Vorschläge der Drittländer zum Umgang mit den Umgehungen, berücksichtigt werden.
- (19)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 werden 87 zusätzliche Organisationen in die Liste der juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen in Anhang IV des Beschlusses 2014/512/GASP aufgenommen, d.h. die Liste der Organisationen, die den militärisch-industriellen Komplex Russlands bei dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine unmittelbar unterstützen und denen strengere Ausfuhrbeschränkungen in Bezug auf Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck sowie Güter und Technologien, die zur technologischen Stärkung des russischen Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten, auferlegt werden. Insbesondere unter Berücksichtigung der direkten Verbindung zwischen iranischen Herstellern militärischer unbemannter Luftfahrzeuge und dem militärisch-industriellen Komplex Russlands sollten vier weitere Organisationen in Drittländern, die an der Herstellung unbemannter Luftfahrzeuge und deren Bereitstellung für Russland beteiligt sind, in die Liste aufgenommen werden. Angesichts der entscheidenden Rolle, die elektronische Bauteile für die Unterstützung des Angriffskriegs gegen die Ukraine durch den militärisch-industriellen Komplex Russlands spielen, ist es darüber hinaus angezeigt, auch bestimmte andere Organisationen in Drittländern, die an der Umgehung von Handelsbeschränkungen beteiligt sind, sowie bestimmte russische Organisationen, die an der Entwicklung, Herstellung und Lieferung elektronischer Bauteile für den militärisch-industriellen Komplex Russlands beteiligt sind, in diese Liste aufzunehmen.
- (20)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 wird die Liste der Güter, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung seines Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen, um Güter erweitert, die von Russland für seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine verwendet werden, sowie um Güter, die zur Entwicklung oder Herstellung seiner militärischen Systeme beitragen, darunter elektronische Bestandteile, Halbleitermaterialien, Ausrüstung für die Herstellung und das Testen von elektronischen integrierten Schaltungen und gedruckten Schaltungen, Ausgangsstoffe für energetische Materialien und Ausgangsstoffe für chemische Waffen, optische Bestandteile, Navigationsinstrumente, im Verteidigungssektor verwendete Metalle und Schiffsausrüstung. Durch den Beschluss (GASP) 2023/1217 wird auch die Liste der Beschränkungen unterliegenden Feuerwaffen, ihrer Teile, wesentlichen Komponenten und Munition erweitert und um weitere Waffenarten ergänzt.
- (21)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 werden weitere Beschränkungen für die Ausfuhr von Gütern verhängt, die zur Stärkung der industriellen Kapazitäten Russlands beitragen könnten.
- (22)
- Der Beschluss (GASP) 2023/1217 verbietet den Verkauf von Rechten des geistigen Eigentums oder von Geschäftsgeheimnissen, die Erteilung von Lizenzen dafür oder jede anderweitige Weitergabe sowie die Gewährung von Rechten auf Zugang zu oder Weiterverwendung von Materialien oder Informationen, die durch Rechte des geistigen Eigentums geschützt sind oder Geschäftsgeheimnisse darstellen, im Zusammenhang mit Gütern und Technologien, deren Verkauf, Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr an Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland verboten ist.
- (23)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 werden die Aussetzung der Rundfunklizenzen in der Union für fünf russische Medien, die unter der ständigen Kontrolle der russischen Führung stehen, und das Verbot der Ausstrahlung ihrer Sendungen verlängert.
- (24)
- Russland führt eine systematische internationale Kampagne der Medienmanipulation und Verfälschung von Fakten, um ihre Strategie der Destabilisierung ihrer Nachbarländer sowie der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu intensivieren. Insbesondere richtete sich die Propaganda wiederholt und nachdrücklich gegen europäische politische Parteien, vor allem in Wahlkampfzeiten, sowie gegen die Zivilgesellschaft, Asylsuchende, russische ethnische Minderheiten, geschlechtliche Minderheiten und das Funktionieren demokratischer Institutionen in der Union und ihren Mitgliedstaaten.
- (25)
- Um den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen und zu unterstützen, betreibt Russland kontinuierliche und konzertierte Propagandaaktionen, die sich gegen die Zivilgesellschaft der Union und ihrer Nachbarländer richten und die Fakten drastisch verzerren und manipulieren.
- (26)
- Diese Propagandaaktionen werden über eine Reihe von Medien unter ständiger direkter oder indirekter Kontrolle der Führung Russlands verbreitet. Diese Aktionen stellen eine erhebliche und unmittelbare Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Union dar. Die betreffenden Medien spielen eine maßgebliche Rolle dabei, den Angriffskrieg gegen die Ukraine mit Nachdruck voranzutreiben und zu unterstützen sowie die Nachbarländer der Ukraine zu destabilisieren.
- (27)
- Angesichts der sehr ernsten Lage und als Reaktion auf die Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, ist es notwendig, im Einklang mit den Grundrechten und Grundfreiheiten, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sind, insbesondere dem Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit nach Artikel 11 der Charta, weitere restriktive Maßnahmen zur Einstellung der Sendetätigkeiten dieser Medien in der Union oder dieser gegen die Union gerichteter Tätigkeiten zu verhängen. Die Maßnahmen sollten beibehalten werden, bis der Angriffskrieg gegen die Ukraine beendet wird und bis Russland und die mit ihr verbundenen Medien die Durchführung von Propagandaaktionen gegen die Union und deren Mitgliedstaaten einstellen.
- (28)
- Im Einklang mit den Grundrechten und Grundfreiheiten, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt sind, insbesondere dem Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, der unternehmerischen Freiheit und dem Eigentumsrecht nach den Artikeln 11, 16 und 17 der Charta, hindern jene Maßnahmen die Medien und ihr Personal nicht daran, andere Tätigkeiten als Sendetätigkeiten in der Union auszuführen, wie etwa Recherche und Interviews. Insbesondere ändern diese Maßnahmen nichts an der Pflicht zur Achtung der Rechte, Freiheiten und Grundsätze, die in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie in den Verfassungen der Mitgliedstaaten genannt werden, in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich.
- (29)
- Um die Kohärenz mit dem im Beschluss 2014/512/GASP festgelegten Verfahren zur Aussetzung von Rundfunklizenzen sicherzustellen, sollte der Rat Durchführungsbefugnisse ausüben, um nach einer Prüfung der entsprechenden Fälle darüber zu beschließen, ob die restriktiven Maßnahmen zu dem in der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 genannten Zeitpunkt in Bezug auf mehrere in Anhang XV der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 aufgeführte Organisationen anwendbar werden sollen.
- (30)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 wird das Verbot der Beförderung von Gütern mit in Russland zugelassenen Anhängern und Sattelanhängern auf der Straße in der Union ausgeweitet, auch wenn diese von außerhalb Russlands zugelassenen Lastkraftwagen gezogen werden.
- (31)
- Versuche, restriktive Maßnahmen der Union zu umgehen, haben zu einer starken Zunahme betrügerischer Praktiken von Schiffen geführt, die russisches Rohöl und russische Erdölerzeugnisse befördern. Folglich verbietet der Beschluss (GASP) 2023/1217 Schiffen, die an Umladungen zwischen Schiffen beteiligt sind, den Zugang zu Häfen und Schleusen im Hoheitsgebiet der Union, wenn die zuständigen Behörden vernünftigen Grund zur Annahme haben, dass ein Schiff gegen das Verbot der Einfuhr russischen Rohöls und russischer Erdölerzeugnisse auf dem Seeweg in die Union verstößt oder russisches Rohöl oder russische Erdölerzeugnisse befördert, das bzw. die zu einem Preis oberhalb der von der Price Cap Coalition vereinbarten Preisobergrenze erworben wurden. Dieses Verbot gilt für alle Schiffe, unabhängig von der Flagge, unter der sie registriert sind, sowie für alle Umladungen zwischen Schiffen, die zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Fahrt zu Häfen oder Schleusen eines Mitgliedstaats erfolgen. Schiffen, die es versäumen, der zuständigen Behörde eine Umladung zwischen Schiffen innerhalb bestimmter geografischer Gebiete spätestens 48 Stunden im Voraus zu melden, wird unter keinen Umständen Zugang zu Häfen und Schleusen im Hoheitsgebiet der Union gewährt. Darüber hinaus wird dieses Verbot die von Mitgliedstaaten erlassenen Maßnahmen zum Schutz ihrer Küsten vor möglichen Umweltunfällen, die durch Umladungen zwischen Schiffen verursacht werden, weiter verstärken.
- (32)
- Der Beschluss (GASP) 2023/1217 verbietet ferner Schiffen den Zugang zu Häfen und Schleusen im Hoheitsgebiet der Union, bei denen die zuständigen Behörden vernünftigen Grund zur Annahme haben, dass sie ihr automatisches Schiffsidentifizierungssystem (AIS) unter Verstoß gegen die SOLAS-Regel V/19 Absatz 2.4 illegal stören, abschalten oder auf andere Weise deaktivieren, wenn sie russisches Rohöl und russische Erdölerzeugnisse befördern. Dieses Verbot gilt nicht, wenn das automatische Schiffsidentifizierungssystem im Einklang mit internationalen Übereinkünften, Vorschriften oder Standards, die den Schutz von Navigationsdaten vorsehen, wie z. B. bei Fahrten durch Gewässer mit hohem Sicherheitsrisiko, rechtmäßig ausgeschaltet werden darf. Dieses Verbot gilt auch für alle Schiffe, unabhängig von der Flagge, unter der sie registriert sind, sowie für jede illegale Störung des Navigationssystems, die zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Fahrt zu Häfen oder Schleusen eines Mitgliedstaats erfolgt.
- (33)
- Die von den zuständigen Behörden im Zusammenhang mit diesen Hafenzugangsverboten durchgeführte Bewertung sollte auf der Grundlage einer Risikoanalyse erfolgen, anhand derer die zuständige Behörde beurteilen kann, ob ausreichende faktische Umstände vorliegen, um einen Verstoß zu vermuten. Bei dieser Risikoanalyse sollte beispielsweise berücksichtigt werden, ob Schiffe die Voranmeldungsanforderungen in Bezug auf Umladungen zwischen Schiffen und andere einschlägige rechtliche Verpflichtungen erfüllt haben oder die Beförderung gefährlicher oder umweltschädlicher Güter, d.h. Rohöl und Erdölerzeugnisse, gemeldet haben(5). Die Kommission sollte zudem in Fällen, in denen im Zusammenhang mit Seeverkehrssanktionen ein Risikoverhalten festgestellt wird, eine Bekanntmachung veröffentlichen, um die zuständigen Behörden bei der Risikoanalyse zu unterstützen, unter anderem durch den Einsatz geeigneter IT-Tools.
- (34)
- Die Kommission sollte mit Unterstützung der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs (EMSA) die zuständigen Behörden unterstützen, indem sie unter anderem verdächtige Umladungen zwischen Schiffen sowie Fälle überwacht und meldet, in denen das automatische Schiffsidentifizierungssystem illegal gestört, abgeschaltet oder auf andere Weise deaktiviert wird, und indem sie den Informationsaustausch auf der Grundlage des Systems der Union für den Austausch von Informationen für die Sicherheit des Seeverkehrs (im Folgenden „SafeSeaNet” ) erleichtert; das SafeSeaNet-System ermöglicht die Annahme, die Speicherung, den Abruf und den Austausch von Informationen im Zusammenhang mit der Sicherheit des Seeverkehrs, der Sicherheit der Häfen und der Meere, der Meeresumwelt und der Effizienz des Seeverkehrs und der Beförderung auf See. Die zuständigen nationalen Behörden im Sinne der Richtlinie 2014/100/EU der Kommission(6) sollten ihren Hafenbehörden, sofern noch nicht erfolgt, unverzüglich den Zugang zu diesem System ermöglichen. Unter Verwendung des SafeSeaNet sollte die Kommission mit Unterstützung der EMSA die zuständigen nationalen Behörden bei der Überwachung aller verdächtigen Schiffe, insbesondere innerhalb der 200-Seemeilen-Zone vor der Küste von Mitgliedstaaten, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen.
- (35)
- Um „Forum-Shopping” einzudämmen, sollten die zuständigen Behörden in einem Mitgliedstaat, die einem Schiff den Zugang verweigern, mit den anderen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten über die ihnen zur Verfügung stehenden Plattformen umgehend Informationen über die betreffende Verweigerung austauschen. Die Kommission sollte eng mit der EMSA zusammenarbeiten, um etwaige technische Anpassungen des SafeSeaNet auf der Grundlage der Mitteilungen der zuständigen Behörden sofort zu ermöglichen.
- (36)
- Die Verbote des Hafenzugangs gelten für alle Schiffe, unabhängig davon, ob sie in einem Hafen oder an einem Ankerplatz innerhalb der Zuständigkeit eines Hafens eines Mitgliedsstaats liegen. Im Falle des Finnischen Meerbusens gelten diese Verbote für jedes Schiff, unabhängig davon, ob es einem Hafen oder an einem Ankerplatz in den Hoheitsgewässern oder Binnengewässern eines Mitgliedstaats liegt.
- (37)
- Es werden geeignete Ausnahmen vorgesehen, die solchen Schiffen den Zugang zu Häfen und Schleusen im Hoheitsgebiet der Union aus Gründen der maritimen Sicherheit, einschließlich Umweltbedenken, zur Rettung von Menschenleben auf See und für humanitäre Zwecke gestatten.
- (38)
- Der Beschluss (GASP) 2022/884 des Rates(7) und die Verordnung (EU) 2022/879 des Rates(8) sehen vor, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen treffen müssen, um Lieferungen zu erhalten, die Alternativen zur Einfuhr von Rohöl aus Russland über Pipelines darstellen, so dass diese Einfuhren möglichst bald den Verboten unterliegen. Im Einklang mit diesem Ziel sollte die vorübergehende Ausnahmeregelung für Deutschland und Polen, wonach die Lieferung von Rohöl aus Russland über den nördlichen Abschnitt der Druschba-Pipeline erlaubt ist, auslaufen. Die Einfuhr von Öl mit Ursprung in Kasachstan oder in einem anderen Drittland, das über die Druschba-Pipeline durch Russland geleitet wird, ist nicht verboten.
- (39)
- Der Preisobergrenzenmechanismus sieht vor, dass einzelne Projekte, die für die Energieversorgungssicherheit bestimmter Drittländer von wesentlicher Bedeutung sind, von der Preisobergrenze ausgenommen werden können. Die Ausnahmeregelung für das Projekt Sachalin-2 (Сахалин-2), das seinen Standort in Russland hat, sollte bis zum 31. März 2024 verlängert werden, um die Energieversorgung in Japan entsprechend den Bedürfnissen des Landes zu sichern.
- (40)
- Um kritische Energielieferungen, deren Einfuhr aus Drittländern in die Union nicht verboten ist, nicht zu untergraben, ist es angezeigt, eine angemessene Wartung und einen angemessenen Betrieb der Infrastrukturen des Kaspischen Pipeline-Konsortiums (CPC) zu gewährleisten, die den Kauf, die Einfuhr oder die Verbringung von Gütern des KN-Codes 270900 mit Ursprung in Kasachstan, die nur in Russland verladen werden, aus Russland abgehen oder durch Russland durchgeführt werden, ermöglichen. Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 wurden Ausnahmen von dem Verbot, bestimmte Güter oder Technologien an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland unmittelbar oder mittelbar zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen oder damit verbundene Finanzmittel oder Finanzhilfe, technische Hilfe, Vermittlungsdienste oder andere Dienste bereitzustellen oder Wirtschaftsprüfungsdienste, Ingenieurdienstleistungen, Rechtsberatungsdienste, technische physikalische oder chemische Untersuchungsdienste, die für diesen Zweck unbedingt erforderlich sind, zu erbringen, eingeführt, die strengen Auflagen unterliegen, um das Risiko einer Umgehung zu vermeiden.
- (41)
- Um die Umgehung des Verbots der Bereitstellung übertragbarer Wertpapiere für Personen in Russland zu verhindern, wurde dieses Verbot durch den Beschluss (GASP) 2023/1217 auf in alle Währungen lautende Finanzinstrumente ausgeweitet.
- (42)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 wurde auch eine Ausnahme vom Verbot der Erbringung bestimmter Dienstleistungen für russische Organisationen eingeführt, die für die Einrichtung, Zertifizierung oder Bewertung einer Firewall erforderlich sind, durch die einer in der Liste aufgeführten Person die Kontrolle über die Vermögenwerte einer nicht in der Liste aufgeführten Organisation der Union, die sich im Eigentum oder unter der Kontrolle der in der Liste aufgeführten Person befindet, entzogen wird und sicherzustellen, dass letzterer kein Vorteil entsteht, sodass dieser Organisation die Fortsetzung ihrer Geschäftstätigkeiten erlaubt wird.
- (43)
- Im Beschluss (GASP) 2023/1217 wird präzisiert, welche Nachweise für die Einfuhr von Eisen- und Stahlerzeugnissen, die in einem Drittland unter Verwendung von Eisen- und Stahlerzeugnissen mit Ursprung in Russland verarbeitet wurden, erforderlich sind.
- (44)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 wurde eine Ausnahme vom Verbot des Kaufs, der Einfuhr oder der Verbringung bestimmter Gegenstände eingeführt, die Russland erhebliche Einnahmen erbringen und die für den Betrieb, die Wartung oder die Reparatur von U-Bahn-Wagen der Budapester Linie 3 erforderlich sind.
- (45)
- Der Beschluss (GASP) 2023/1217 enthält Klarstellungen bezüglich der zuständigen Behörden, denen Meldungen von Nichtlinienflügen zwischen Russland und der Union zugehen.
- (46)
- Mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 wurde die Frist für die Anwendung einer vorübergehenden Ausnahme vom Verbot der Erbringung bestimmter Dienstleistungen verlängert, um den Rückzug von Wirtschaftsbeteiligten der Union vom russischen Markt weiter zu erleichtern. Um den Rückzug russischer Wirtschaftsbeteiligter vom Unionsmarkt zu beschleunigen, wird mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 eine vorübergehende Ausnahme vom Verbot der Erbringung von Rechtsberatungsdienstleistungen für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen eingeführt. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten können bis zum 31. März 2024 die Bereitstellung juristischer Dienstleistungen, die nach den nationalen Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats für einen solchen Rückzug obligatorisch sind, genehmigen.
- (47)
- Um die vollständige und einheitliche Umsetzung der restriktiven Maßnahmen sicherzustellen, ist es angezeigt, dass die Mitgliedstaaten die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über jede im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 abgelehnte Genehmigung unterrichten und Informationen über Anträge auf Genehmigung austauschen, die sie zu erteilen beabsichtigen, wenn ein anderer Mitgliedstaat bereits eine Ablehnung mitgeteilt hat, sodass „Forum Shopping” vermieden wird.
- (48)
- Ferner sollte der Informationsaustausch über die Anwendung und Durchsetzung von Ausfuhrbeschränkungen für sensible Güter, die zur Unterstützung des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine verwendet werden können, wie etwa Güter mit doppeltem Verwendungszweck und in Anhang VII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 aufgeführte Güter, verbessert werden, um dem Risiko einer Umgehung durch Personen oder Organisationen entgegenzuwirken, die unter Verstoß gegen die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 an der Beschaffung verbotener Unionsgüter zur Verwendung in Russland oder an der Erbringung verbotener Dienstleistungen beteiligt sind.
- (49)
- Es ist angezeigt, die Bestimmungen über den Informationsaustausch zwischen den Behörden eines Mitgliedstaats sowie mit den Behörden der anderen Mitgliedstaaten und der Kommission weiter zu präzisieren.
- (50)
- Die Liste der Partnerländer, die eine Reihe von Ausfuhrkontrollmaßnahmen anwenden, die im Wesentlichen den in der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 festgelegten Ausfuhrkontrollmaßnahmen entsprechen, wird durch den Beschluss (GASP) 2023/1217 erweitert.
- (51)
- Schließlich werden mit dem Beschluss (GASP) 2023/1217 bestimmte technische Korrekturen des verfügenden Teils und der Anhänge vorgenommen, unter anderem durch Streichung von Bezugnahmen auf abgelaufene Übergangsfristen, sowie durch Umstrukturierung bestimmter Anhänge der Verordnung (EU) Nr. 833/2014. Infolgedessen fällt das Verbot der Einfuhr von Kohle nun unter Artikel 3i und Anhang XXI der Verordnung (EU) Nr. 833/2014; daher sind Artikel 3j und Anhang XXII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 gegenstandslos geworden und werden aufgehoben. Mit der Streichung von Bezugnahmen auf bereits abgelaufene Übergangszeiträume wird keine Rechtswirkung auf frühere oder laufende Verträge oder auf die Anwendbarkeit dieser Übergangszeiträume angestrebt.
- (52)
- Diese Änderungen fallen in den Geltungsbereich des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, so dass für ihre Umsetzung eine Regelung auf Unionsebene erforderlich ist, insbesondere um ihre einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen.
- (53)
- Die Verordnung (EU) Nr. 833/2014 sollte daher entsprechend geändert werden —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
Siehe Seite 451 dieses Amtsblatts.
- (2)
Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 229, 31.7.2014, S. 1).
- (3)
Beschluss 2014/512/GASP des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 229, 31.7.2014, S. 13).
- (4)
Verordnung (EU) Nr. 269/2014 vom 17. März 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen (ABl. L 78 vom 17.3.2014, S. 6)
- (5)
Anhang I des Internationalen Übereinkommens zur Verhütung der Meeresverschmutzung durch Schiffe (MARPOL), Regel 42; Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002 über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 93/75/EWG des Rates (ABl. L 208 vom 5.8.2002, S. 10).
- (6)
Richtlinie 2014/100/EU der Kommission vom 28. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2002/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung eines gemeinschaftlichen Überwachungs- und Informationssystems für den Schiffsverkehr (ABl. L 308 vom 29.10.2014, S. 82)
- (7)
Beschluss (GASP) 2022/884 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/512/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 153 vom 3.6.2022, S. 128).
- (8)
Verordnung (EU) 2022/879 des Rates vom 3. Juni 2022 zur Änderung Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren (ABl. L 153 vom 3. 6.2022, S. 53).
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