Präambel VO (EU) 2023/402

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten(1), insbesondere auf Artikel 44 Absatz 5 Unterabsatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Am 14. Juni 2017 stellte die Dow Europe GmbH (im Folgenden „Antragsteller” ) bei der Europäischen Chemikalienagentur (im Folgenden „Agentur” ) gemäß Artikel 43 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 einen Antrag auf Erteilung einer Unionszulassung für eine Biozidproduktfamilie mit der Bezeichnung „CMIT/MIT SOLVENT BASED” der Produktart 6 gemäß der Beschreibung in Anhang V der genannten Verordnung zum Schutz von Flugkraftstoff, Rohöl und Mitteldestillat-Brennstoffen und legte eine schriftliche Bestätigung dafür vor, dass sich die zuständige Behörde Frankreichs zur Bewertung des Antrags bereit erklärt hatte. Der Antrag wurde mit der Nummer BC-NN032576-24 in das Register für Biozidprodukte eingetragen. Am 16. April 2020 zog der Antragsteller den Antrag in Bezug auf die Verwendung von „CMIT/MIT SOLVENT BASED” in Flugkraftstoffen zurück. Am 31. Oktober 2020 wurde der Antrag vom Antragsteller auf Nutrition & Biosciences Netherlands B.V. übertragen.
(2)
Die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” umfasst Produkte zum Schutz von entwässertem Rohöl und raffinierten Produkten (Mittel- und Leichtdestillate), die 5-Chlor-2-methyl-2H-isothiazol-3-on und 2-Methyl-2H-isothiazol-3-on (im Folgenden „C(M)IT/MIT” ) als Wirkstoff enthalten, welcher in der Unionsliste genehmigter Wirkstoffe gemäß Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 aufgeführt ist.
(3)
Am 28. August 2019 übermittelte die bewertende zuständige Behörde der Agentur gemäß Artikel 44 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 den Bewertungsbericht und die Schlussfolgerungen ihrer Bewertung.
(4)
Am 7. April 2020 übermittelte die Agentur der Kommission gemäß Artikel 44 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eine Stellungnahme(2) mit dem Entwurf der Zusammenfassung der Eigenschaften von „CMIT/MIT SOLVENT BASED” und dem endgültigen Bewertungsbericht für die Biozidproduktfamilie.
(5)
In der Stellungnahme wird der Schluss gezogen, dass „CMIT/MIT SOLVENT BASED” als Biozidproduktfamilie im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe s der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 gelten kann, dass eine Unionszulassung gemäß Artikel 42 Absatz 1 der genannten Verordnung erteilt werden kann und dass die Biozidproduktfamilie bei Übereinstimmung mit dem Entwurf der Zusammenfassung der Eigenschaften des Biozidprodukts die Bedingungen gemäß Artikel 19 Absätze 1 und 6 der genannten Verordnung erfüllt. Der Stellungnahme ist eine Minderheitsposition des von Deutschland benannten Mitglieds beigefügt, der zufolge die Verwendung von „CMIT/MIT SOLVENT BASED” als Schutzmittel in Kraftstoffen nicht mit den nationalen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats vereinbar ist (§ 2 Absätze 1 und 2 der Zehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes), gemäß denen Kraftstoffe für Straßenkraftfahrzeuge keine Chlor- oder Bromverbindungen als Zusatz enthalten dürfen und Zusätze, die Chlor oder Brom enthalten, nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen, da diese Verbindungen bei der Verbrennung von Kraftstoffen zur Entstehung von Dioxinen führen.
(6)
Am 15. Januar 2021 übermittelte die Agentur der Kommission gemäß Artikel 44 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 den Entwurf der Zusammenfassung der Eigenschaften des Biozidprodukts in allen Amtssprachen der Union.
(7)
Um den Bedenken in Bezug auf die Dioxinbildung Rechnung zu tragen, die in der Minderheitsposition zur Stellungnahme zum Ausdruck gebracht wurden, ersuchte die Kommission die Agentur am 24. Juli 2020 um eine Stellungnahme gemäß Artikel 75 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 mit einer Schätzung der Menge der entstehenden Dioxine und des Gesamtbeitrags zu den Dioxinemissionen aufgrund der Verwendung der Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” in Kraftstoffen für den Straßen- und Schiffsverkehr. Die Kommission forderte die Agentur ferner auf, die Höhe der Risiken für die Umwelt und die menschliche Gesundheit aufgrund der Exposition gegenüber Dioxinen über die Umwelt durch die Verwendung der Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” zu ermitteln.
(8)
Am 5. Juli 2021 übermittelte die Agentur der Kommission die geforderte Stellungnahme(3), in der sie zu dem Schluss kam, dass die potenziellen Folgen der Verwendung von C(M)IT/MIT als Schutzmittel in Öl und Kraftstoffen zwar nicht vernachlässigbar sind, dass aber weder zum Ausmaß des potenziellen Beitrags der Verwendung von C(M)IT/MIT in Kraftstoffen zur Dioxinexposition noch zu den potenziellen Folgen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt von chlorhaltigen Zusätzen wie C(M)IT/MIT in Kraftstoffen Aussagen gemacht werden können.
(9)
Ziel des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe(4) (im Folgenden „Stockholmer Übereinkommen” ) und der Verordnung (EU) 2019/1021 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) ist der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor persistenten organischen Schadstoffen (POP), zu denen auch Dioxine gehören. Die Kommission ist der Ansicht, dass es im Fall einer Verweigerung der Unionszulassung für die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” nicht zu einer erheblichen Verringerung der Dioxidemissionen kommen würde als im Fall einer Erteilung, da die gleichen oder ähnliche chlorhaltige Zusätze derzeit nach Übergangsregeln gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 in den Mitgliedstaaten in Verkehr gebracht werden dürfen oder im Rahmen nationaler Zulassungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 zugelassen werden könnten. Zudem wird die Gesamtmenge der Kraftstoffe, die mit der Biozidproduktfamilie behandelt und in Motoren oder Heizsystemen verbrannt werden könnten, infolge des ehrgeizigen Ziels im Rahmen des europäischen Grünen Deals(6) und der Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) ( „Europäisches Klimagesetz” (8)), bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich erheblich zurückgehen. Folglich wird auch die Menge der möglicherweise durch die Verwendung der Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” gebildeten Dioxine entsprechend zurückgehen, was zur Verwirklichung der Ziele des Stockholmer Übereinkommens und der Verordnung (EU) 2019/1021 beitragen wird.
(10)
Am 16. November 2021 beantragte Dänemark gemäß Artikel 44 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 bei der Kommission, dass die Unionszulassung für die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” auf seinem Hoheitsgebiet aus den in Artikel 37 Absatz 1 Buchstaben a und c der genannten Verordnung aufgeführten Gründen nicht gelten sollte, da durch halogenierte organische Verbindungen wie C(M)IT/MIT in Kraftstoffen bei der Verbrennung Dioxine entstehen können, alternative Lösungen zum Schutz von Kraftstoffen ohne halogenierte Verbindungen verfügbar sind und keine Schutzmittel für Kraftstoffe von Raffinerien oder Tankstellen in Dänemark verwendet werden.
(11)
Am 12. Dezember 2021 ersuchte Deutschland die Kommission, die Bedingungen der Unionszulassung für die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” gemäß Artikel 44 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 für sein Hoheitsgebiet aus den in Artikel 37 Absatz 1 Buchstabe a und c derselben Verordnung genannten Gründen anzupassen und die Verwendung der Biozidproduktfamilie zum Schutz von Kraftstoffen für nicht schienengebundene Straßenkraftfahrzeuge außer für Forschungs-, Entwicklungs- oder Analysezwecke gemäß den nationalen Bestimmungen der Zehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes(9) in Verbindung mit dem deutschen Straßenverkehrsgesetz(10) nicht zuzulassen.
(12)
Am 15. Juli 2022 beantragte Belgien gemäß Artikel 44 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 bei der Kommission, dass die Unionszulassung für die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” auf seinem Hoheitsgebiet aus den in Artikel 37 Absatz 1 Buchstaben a und c der genannten Verordnung aufgeführten Gründen nicht gelten sollte, da es der Ansicht ist, dass durch halogenierte organische Verbindungen wie C(M)IT/MIT in Kraftstoffen bei der Verbrennung Dioxine entstehen können, dass die Bildung von Dioxinen so gering wie möglich gehalten und in Belgien nach Möglichkeit vollständig unterbunden werden sollte und dass alternative Lösungen zum Schutz von Kraftstoffen ohne halogenierte Verbindungen verfügbar sind.
(13)
Die Kommission ist der Auffassung, dass das Ersuchen Deutschlands um Anpassung der Bedingungen bzw. die Ersuchen Dänemarks und Belgiens um Nichtanwendung der Unionszulassung für die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” im jeweiligen Hoheitsgebiet dieser Mitgliedstaaten gemäß Artikel 44 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 aus Gründen des Umweltschutzes und des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen gemäß Artikel 37 Absatz 1 Buchstaben a und c der genannten Verordnung als gerechtfertigt gelten können, da halogenierte organische Verbindungen wie C(M)IT/MIT in Kraftstoffen bei der Verbrennung zur Entstehung von Dioxinen führen können.
(14)
Daher sollte die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” in Dänemark und Belgien nicht zur Verwendung zugelassen und in Deutschland nicht zum Schutz von Kraftstoffen für nicht schienengebundene Straßenkraftfahrzeuge außer für Forschungs-, Entwicklungs- oder Analysezwecke verwendet werden.
(15)
Die Kommission schließt sich der Stellungnahme der Agentur daher an und hält es für angezeigt, eine Unionszulassung für „CMIT/MIT SOLVENT BASED” mit den von Deutschland, Dänemark und Belgien gemäß Artikel 44 Absatz 5 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 beantragten Anpassungen zu erteilen.
(16)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Biozidprodukte —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1.

(2)

Stellungnahme der Europäischen Chemikalienagentur vom 5. März 2020 zur Unionszulassung für die Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” (ECHA/BPC/246/2020), https://echa.europa.eu/bpc-opinions-on-union-authorisation.

(3)

Stellungnahme des Ausschusses für Biozidprodukte zu einem Ersuchen gemäß Artikel 75 Absatz 1 Buchstabe g der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 zur Evaluierung von Dioxinemissionen aufgrund der Verwendung der Biozidproduktfamilie „CMIT/MIT SOLVENT BASED” in Kraftstoffen für den Straßen- und Schiffsverkehr (ECHA/BPC/283/2021).

(4)

Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Schadstoffe (ABl. L 209 vom 31.7.2006, S. 3).

(5)

Verordnung (EU) 2019/1021 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über persistente organische Schadstoffe (ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 45).

(6)

Ein europäischer Grüner Deal | Europäische Kommission (europa.eu).

(7)

Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 (ABl. L 243 vom 9.7.2021, S. 1).

(8)

Europäisches Klimagesetz (europa.eu).

(9)

Zehnte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.

(10)

Straßenverkehrsgesetz.

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