Präambel VO (EU) 2023/411
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates und zur Änderung der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates(1), insbesondere auf Artikel 18,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Nitrofurane und ihre Metaboliten sind antimikrobielle Wirkstoffe, die in der Union in Lebensmitteln tierischen Ursprungs nicht verwendet werden dürfen; daher sind Nitrofurane in Tabelle 2 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission(2) enthalten, in der verbotene Stoffe aufgeführt sind, für die keine Rückstandshöchstmengen bestimmt werden können.
- (2)
- Mit der Verordnung (EU) 2019/1871 der Kommission(3) wurden Referenzwerte für Maßnahmen ( „RWM” ) in Bezug auf bestimmte nicht zulässige pharmakologisch wirksame Stoffe festgelegt, die in Lebensmitteln tierischen Ursprungs enthalten sind und für die keine Rückstandshöchstmengen festgesetzt wurden. Ab dem 28. November 2022 gilt für Nitrofurane und ihre Metaboliten ein Referenzwert für Maßnahmen von 0,5 μg/kg.
- (3)
- Laut dem Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit(4) kann Semicarbazid ( „SEM” ), ein Metabolit des Nitrofurans Nitrofurazon, in Lebensmitteln entweder als Metabolit infolge einer illegalen Behandlung mit Nitrofurazon oder als bei der Lebensmittelverarbeitung erzeugter Metabolit enthalten sein, der durch die Verwendung von Desinfektionsmitteln oder durch Reaktionen verschiedener Inhaltsstoffe von Lebensmitteln entsteht. Daher kann das Vorhandensein von SEM nicht als eindeutiger Marker für die missbräuchliche Verwendung von Nitrofurazon bei der Herstellung tierischer Erzeugnisse angesehen werden.
- (4)
- Aus Daten, die von der Industrie bereitgestellt wurden, sowie aus verfügbaren Daten zum Vorkommen(5) geht hervor, dass bei Gelatine, Kollagen-Hydrolysat, hydrolysierten Knorpelprodukten, sprühgetrockneten Blutprodukten, Molke und Milcheiweißkonzentraten, Kaseinaten und Milchpulver aufgrund der Verarbeitung bei hohen Temperaturen höhere SEM-Werte festgestellt werden können, selbst wenn diese verarbeiteten Erzeugnisse nicht mit Nitrofuranen behandelt wurden.
- (5)
- Daher sollte der RWM für SEM ausnahmsweise nicht für Gelatine, Kollagen-Hydrolysat, hydrolysierte Knorpelprodukte, sprühgetrocknete Blutprodukte, Molke und Milcheiweißkonzentrate, Kaseinate und Milchpulver gelten, es sei denn, in diesen verarbeiteten Erzeugnissen werden neben SEM noch weitere Nitrofurane oder ihre Metaboliten festgestellt.
- (6)
- Säuglinge und Kleinkinder sind eine schutzbedürftige Verbrauchergruppe. Da ihre Ernährung insbesondere aus Lebensmitteln mit Milchpulver besteht, sollte diese Ausnahme nicht für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung gelten.
- (7)
- Damit die Kommission spezifische Regulierungsmaßnahmen in Bezug auf das Vorhandensein von SEM in Gelatine, Kollagen-Hydrolysat, hydrolysierten Knorpelprodukten, sprühgetrockneten Blutprodukten, Molke und Milcheiweißkonzentraten, Kaseinaten und Milchpulver erlassen kann, sollten Lebensmittelunternehmer und andere Interessenträger innerhalb eines festgelegten Zeitraums die notwendigen Daten und Informationen von Untersuchungen zu den Parametern und Faktoren innerhalb der Verarbeitungsschritte vorlegen, die während der Verarbeitung zur Bildung von SEM in den genannten Erzeugnissen führen. Die Lebensmittelunternehmer sollten außerdem Maßnahmen ergreifen, um den SEM-Gehalt in diesen Erzeugnissen auf das niedrigste vernünftigerweise erreichbare Niveau zu senken. Werden die genannten Daten und Informationen nicht vorgelegt, kann die Ausnahmeregelung nicht weiter aufrechterhalten werden.
- (8)
- Die Verordnung (EU) 2019/1871 sollte entsprechend geändert werden.
- (9)
- Der für Nitrofurane und ihre Metaboliten geltende Referenzwert für Maßnahmen in Höhe von 0,5 μg/kg gilt ab dem 28. November 2022. Um unnötige Marktrücknahmen der betreffenden verarbeiteten Erzeugnisse mit einem SEM-Gehalt über dem RWM aufgrund der fälschlichen Annahme einer illegalen Verwendung von Nitrofuranen zu vermeiden, ist es notwendig, die Ausnahmeregelung rückwirkend ab demselben Datum anzuwenden.
- (10)
- Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 152 vom 16.6.2009, S. 11.
- (2)
Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission vom 22. Dezember 2009 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs (ABl. L 15 vom 20.1.2010, S. 1).
- (3)
Verordnung (EU) 2019/1871 der Kommission vom 7. November 2019 betreffend die Referenzwerte für Maßnahmen für nicht zulässige pharmakologisch wirksame Stoffe, die in Lebensmitteln tierischen Ursprungs enthalten sind, und zur Aufhebung der Entscheidung 2005/34/EG (ABl. L 289 vom 8.11.2019, S. 41).
- (4)
EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), M. O’Keeffe, A. Christodoulidou und C. Nebbia, 2021. Wissenschaftlicher Bericht „Presence of nitrofurans and their metabolites in gelatine” . EFSA Journal 2021;19(10):6881, 22 S., https://doi.org/10.2903/j.efsa.2021.6881.
- (5)
Richard H. Stadler et al. 2015. „Why semicarbazide (SEM) is not an appropriate marker for the usage of nitrofurazone on agricultural animals.” Food Additives & Contaminants: Teil A, Band 32, Nr. 11, S. 1842-1850, http://dx.doi.org/10.1080/19440049.2015.1086028.
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