Präambel VO (EU) 2023/939
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates(1), insbesondere auf Artikel 21 Absatz 3 und Artikel 78 Absatz 2,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 571/2014 der Kommission(2) wurde Ipconazol als Wirkstoff gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt und in Teil B des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission(3) aufgenommen.
- (2)
- Nach Vorlage von bestätigenden Informationen über das Langzeitrisiko für körnerfressende Vögel nach Maßgabe des Artikels 1 in Verbindung mit Anhang I der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 571/2014 führte der ursprüngliche berichterstattende Mitgliedstaat, das Vereinigte Königreich,(4) eine Bewertung der entsprechenden Daten durch, die von den Mitgliedstaaten und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden „Behörde” ) überprüft wurde. Auf der Grundlage der vorgelegten Informationen gelangte die Behörde zu dem Schluss, dass von den repräsentativen Verwendungen von Ipconazol ein hohes Langzeitrisiko für Vögel ausgeht.(5)
- (3)
- Am 9. März 2018 gab der Ausschuss für Risikobeurteilung der Europäischen Chemikalienagentur eine Stellungnahme(6) gemäß Artikel 37 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) ab, in der er unter anderem zu dem Schluss kam, dass Ipconazol die Kriterien für eine Einstufung als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B erfüllt.
- (4)
- Daher wurde mit der Delegierten Verordnung (EU) 2020/1182 der Kommission(8) Anhang VI der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 geändert und Ipconazol als reproduktionstoxischer Stoff der Kategorie 1B eingestuft.
- (5)
- Gemäß Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe e Ziffer ii der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 kann ein Wirkstoff nur genehmigt werden, wenn ein Pflanzenschutzmittel, das den Wirkstoff enthält, keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat, insbesondere auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, zu denen auch Vögel gehören.
- (6)
- Gemäß Anhang II Nummer 3.6.4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ist ein Wirkstoff nur dann zu genehmigen, wenn er nicht gemäß den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft wird oder einzustufen ist, es sei denn, die Exposition von Menschen gegenüber diesem Stoff in einem Pflanzenschutzmittel ist unter realistisch anzunehmenden Verwendungsbedingungen vernachlässigbar.
- (7)
- Gemäß Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 teilte die Kommission den Mitgliedstaaten, der Behörde und dem Antragsteller mit, dass ihrer Ansicht nach die in Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe e Ziffer ii und in Anhang II Nummer 3.6.4 festgelegten Genehmigungskriterien womöglich nicht mehr erfüllt sind, da ein hohes Langzeitrisiko für Vögel festgestellt wurde und Ipconazol als reproduktionstoxisch der Kategorie 1B eingestuft wurde. Die Kommission forderte den Antragsteller zur Stellungnahme auf.
- (8)
- Der Antragsteller nahm Stellung und legte zusätzliche Informationen vor, die vom neuen berichterstattenden Mitgliedstaat, Belgien, geprüft und bewertet wurden.
- (9)
- Die Kommission ersuchte die Behörde, die vom Antragsteller vorgelegten Informationen unter Berücksichtigung der Bewertung des neuen berichterstattenden Mitgliedstaats zu prüfen und insbesondere zu untersuchen, welche Risiken für Vögel von repräsentativen Verwendungen von Ipconazol ausgehen und ob die Anforderungen hinsichtlich einer vernachlässigbaren (ernährungsbedingten und nicht ernährungsbedingten) Exposition von Menschen gemäß Anhang II Nummer 3.6.4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 als erfüllt angesehen werden können.
- (10)
- Am 1. Februar 2022 übermittelte die Behörde der Kommission ihre Stellungnahme(9); darin wies sie darauf hin, dass die Rückstände von Ipconazol in Lebensmitteln zwar unter dem Standardwert von 0,01 mg/kg liegen und die ernährungsbedingte Exposition gegenüber Ipconazol somit vernachlässigbar sein dürfte, dass aber aufgrund von Einschränkungen in den vorgelegten Studien Unsicherheiten hinsichtlich der Exposition von Anwendern und Arbeitnehmern bestehen. Insbesondere in Bezug auf Anwender lasse sich feststellen, dass die entsprechende Studie keine Messungen der Exposition während der Reinigung von Ausrüstung umfasse und die Exposition während des Absackens aufgrund eines hochautomatisierten Prozesses so gering wie möglich gehalten werde; daher sei die Studie mit Blick auf die in der Union üblichen Verfahren zur Saatgutbehandlung nur begrenzt repräsentativ. Die Studie sei somit von begrenztem Nutzen. Was die Arbeitnehmer betrifft, so sei die vorgelegte Studie insofern von begrenztem Wert, als sie nur Daten für zwei Arbeitnehmer enthalte. Darüber hinaus könne die Exposition bei einem dieser Arbeitnehmer nicht als vernachlässigbar angesehen werden, selbst wenn man die Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung berücksichtige.
- (11)
- Ferner kam die Behörde zu dem Schluss, dass — selbst nach Berücksichtigung aller gebotenen Verbesserungen der Risikobewertung — von den repräsentativen Verwendungen von Ipconazol ein hohes Langzeitrisiko für Vögel ausgeht.
- (12)
- Die Kommission forderte den Antragsteller auf, sich zu der Stellungnahme der Behörde und zu ihrem Vorschlag, die Genehmigung für Ipconazol aufgrund der von ihr festgestellten Bedenken zu widerrufen, zu äußern. Die daraufhin vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme wurde eingehend geprüft.
- (13)
- Die Kommission vertritt die Auffassung, dass Ipconazol die in Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe e Ziffer ii und in Anhang II Nummer 3.6.4 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 festgelegten Genehmigungskriterien nicht mehr erfüllt.
- (14)
- Die Genehmigung für Ipconazol sollte daher aufgehoben werden.
- (15)
- Die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 sollte daher entsprechend geändert und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 571/2014 aufgehoben werden.
- (16)
- Den Mitgliedstaaten sollte ausreichend Zeit für die Aufhebung der Zulassungen für Ipconazol enthaltende Pflanzenschutzmittel eingeräumt werden.
- (17)
- Räumt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Aufbrauchfrist für Ipconazol enthaltende Pflanzenschutzmittel ein, so sollte diese Frist so kurz wie möglich sein und einen Zeitraum von neun Monaten nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung nicht überschreiten.
- (18)
- Die vorliegende Verordnung steht der Einreichung eines neuen Antrags auf Genehmigung von Ipconazol gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 nicht entgegen.
- (19)
- Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.
- (2)
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 571/2014 der Kommission vom 26. Mai 2014 zur Genehmigung des Wirkstoffs Ipconazol gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission (ABl. L 157 vom 27.5.2014, S. 96).
- (3)
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission vom 25. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste zugelassener Wirkstoffe (ABl. L 153 vom 11.6.2011, S. 1).
- (4)
Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Union wurde Belgien mit der Durchführungsverordnung (EU) 2018/155 der Kommission vom 31. Januar 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 686/2012 zur Übertragung der Überprüfung von Wirkstoffen auf die Mitgliedstaaten zum Zweck des Erneuerungsverfahrens (ABl. L 29 vom 1.2.2018, S. 8) zum berichterstattenden Mitgliedstaat für Ipconazol benannt.
- (5)
EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2017. Technical report on the outcome of the consultation with Member States, the applicant and EFSA on the pesticide risk assessment for ipconazole in light of confirmatory data. EFSA supporting publication 2017:EN-1260; doi:10.2903/sp.efsa.2017.EN-1260.
- (6)
Ausschuss für Risikobeurteilung, Opinion proposing harmonised classification and labelling at EU level of ipconazole (ISO); (1RS,2SR,5RS;1RS,2SR,5SR)-2-(4-chlorobenzyl)-5-isopropyl-1-(1H-1,2,4-triazol-1-ylmethyl)cyclopentanol [CAS No. 125225-28-7 (all stereoisomers); CAS No. 115850-69-6 (cis-cis racemate); CAS No. 115937-89-8 (cis-trans racemate)] EC Number: — CAS Number: — CLH-O-0000001412-86-198/F.
- (7)
Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).
- (8)
Delegierte Verordnung (EU) 2020/1182 der Kommission vom 19. Mai 2020 zur Änderung des Anhangs VI Teil 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen zwecks Anpassung an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt (ABl. L 261 vom 11.8.2020, S. 2).
- (9)
EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2022. Statement concerning the review of the approval of the active substance ipconazole. EFSA Journal 2022;20(8):7133, https://doi.org/10.2903/j.efsa.2022.7133.
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