Präambel VO (EWG) 85/3820

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ins besondere auf Artikel 75,

gestützt auf die Entscheidung des Rates vom 13. Mai 1965 über die Harmonisierung bestimmter Vorschriften, die den Wettbewerb im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr beeinflussen(1), insbesondere auf Abschnitt III,

auf Vorschlag der Kommission(2),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(3),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die gemeinschaftlichen Sozialvorschriften im Straßenverkehr sind in der Verordnung (EWG) Nr. 543/69(5), zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 2829/77(6), festgelegt. Ziel dieser Vorschriften ist die Harmonisierung der Bedingungen des Wettbewerbs zwischen Landverkehrsunternehmen, insbesondere im Straßenverkehrssektor, sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Sicherheit im Straßenverkehr. Die in diesen Bereichen erzielten Fortschritte müssen gewahrt und ausgebaut werden; es ist allerdings erforderlich, die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 543/69 flexibler zu gestalten, ohne daß dabei ihre Ziele beeinträchtigt werden.

Wegen der nachstehend bezeichneten Änderungen ist es angezeigt, aus Gründen der Übersichtlichkeit alle geltenden einschlägigen Vorschriften in einem Text zusammenzustellen und folglich die Verordnung (EWG) Nr. 543/69 aufzuheben. Jedoch sollten die in Artikel 4 vorgesehenen Ausnahmen für bestimmte Fahrzeuge und die in Artikel 15 vorgesehenen Vorschriften für bestimmte Arten des Personenverkehr noch eine gewisse Zeit lang in Kraft bleiben.

Die die Arbeitsbedingungen betreffenden Vorschriften der vorliegenden Verordnung dürfen die Zuständigkeit der Sozialpartner, insbesondere im Rahmen von Tarifverträgen für die Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen festzulegen, nicht beeinträchtigen. Zur Förderung des sozialen Fortschritts oder im Hinblick auf eine größere Sicherheit im Straßenverkehr muß jeder Mitgliedstaat weiterhin das Recht haben, gewisse geeignete Maßnahmen zu treffen.

Angesichts des Abbaus des Begleit- und Schaffnerpersonals ist es nicht mehr erforderlich, die Ruhezeit der Mitglieder des Fahrpersonals außer dem Fahrer zu regeln.

Dadurch, daß die gleitende Arbeitswoche durch die feste Arbeitswoche ersetzt wird, kann die Organisation der Arbeit der Fahrer erleichtert und ihre Kontrolle verbessert werden.

Der grenzüberschreitende Straßenverkehr von oder nach einem Drittland oder zwischen zwei Drittländern mit Durchfuhr durch einen Mitgliedstaat muß geregelt werden. Auf diesen Verkehr sollten die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR) vom 1. Juli 1970 Anwendung finden. Sind die Fahrzeuge in einem Land zugelassen, das nicht Vertragspartei des AETR ist, so gelten diese Bestimmungen nur für den Teil der Fahrstrecke, der innerhalb der Gemeinschaft zurückgelegt wird.

Da das im AETR geregelte Sachgebiet zum Anwendungsbereich dieser Verordnung gehört, ist die Gemeinschaft für die Aushandlung und den Abschluß des betreffenden Übereinkommens zuständig. Die besonderen Umstände bei der Aushandlung des AETR rechtfertigen jedoch ausnahmsweise ein Verfahren, wonach die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft die Ratifikations- oder Beitrittsurkunden getrennt im Rahmen eines konzertierten Vorgehens hinterlegen, wobei sie jedoch im Interesse der Gemeinschaft und für diese handeln.

Um im Verkehr innerhalb der Gemeinschaft den Vorrang des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen, machen die Mitgliedstaaten bei der Hinterlegung einen Vorbehalt geltend, demzufolge der grenzüberschreitende Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht als grenzüberschreitender Verkehr im Sinne des Übereinkommens zu betrachten ist.

Für die im Übereinkommen selbst vorgesehenen Möglichkeiten abweichender zweiseitiger Vereinbarungen zwischen Vertragspartien für den Verkehr in der Grenzzone und den Durchgangsverkehr ist die Zuständigkeit der Gemeinschaft grundsätzlich begründet.

Falls eine Änderung der internen Regelung der Gemeinschaft auf dem betreffenden Gebiet eine entsprechende Änderung des Übereinkommens erfordert, gehen die Mitgliedstaaten gemeinsam vor, um eine solche Änderung im Rahmen des Übereinkommens nach dem dort vorgesehenen Verfahren herbeizuführen.

Bestimmte Beförderungen können vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgenommen werden.

Es ist wünschenswert, bestimmte Begriffsbestimmungen zu ergänzen und zu präzisieren sowie einige Vorschriften zu aktualisieren, insbesondere bezüglich der Freistellung für bestimmte Fahrzeuggruppen.

Es müssen Maßnahmen in bezug auf das Mindestalter für Fahrer im Güterverkehr und im Personenverkehr — auch unter Berücksichtigung gewisser Erfordernisse der Berufsausbildung — sowie in bezug auf das Mindestalter für Beifahrer und Schaffner vorgesehen werden. Die Mitgliedstaaten müssen die Möglichkeit haben, zum Zwecke der Berufsausbildung das Mindestalter der Beifahrer auf das vollendete 16. Lebensjahr herabzusetzen.

Die ununterbrochene Lenkzeit und die Tageslenkzeit sind zu beschränken, ohne daß diese Regelung die einzelstaatlichen Vorschriften berührt, wonach der Fahrer das Fahrzeug nur so lange lenken darf, wie er in der Lage ist, es sicher zu führen.

Durch eine Verlängerung der täglichen Lenkzeit bei gleichzeitiger Verkürzung der Gesamtlenkzeit in einem Zeitraum von jeweils zwei Wochen kann die Arbeitsorganisation der Verkehrsunternehmen erleichtert und gleichzeitig ein Beitrag zum sozialen Fortschritt geleistet werden.

Die Bestimmungen über die Unterbrechung der Lenkzeit müßten infolge der Verlängerung der täglichen Lenkzeit angepaßt werden.

Hinsichtlich der Ruhezeiten sind die Mindestdauer und die weiteren Bedingungen für die täglichen und die wöchentlichen Ruhezeiten der Mitglieder des Fahrpersonals festzulegen.

Der Fahrtverlauf kann besser gestaltet werden, wenn der Fahrer die Möglichkeit hat, seine tägliche Ruhezeit aufzuteilen, insbesondere damit er nicht gezwungen ist, den gleichen Ort für die Mahlzeit und für die Übernachtung zu wählen.

Es fördert den sozialen Fortschritt und kommt der Sicherheit im Straßenverkehr zugute, wenn die wöchentliche Ruhezeit heraufgesetzt und dabei die Möglichkeit geboten wird, die Ruhezeit zu vermindern, sofern der Fahrer die Teile der Ruhezeit, die er nicht genommen hat, innerhalb eines bestimmten Zeitraums an einem Ort seiner Wahl in Anspruch nehmen kann.

Bei zahlreichen Beförderungen im Straßenverkehr innerhalb der Gemeinschaft werden auf Teilstrecken Fährschiffe oder Eisenbahnen benutzt. Deshalb sind geeignete Bestimmungen für die täglichen Ruhezeiten bei diesen Beförderungen vorzusehen.

Aus Gründen der Sicherheit im Straßenverkehr sind Prämien, die nach Maßgabe der zurückgelegten Strecke und/oder der beförderten Gütermenge gewährt werden und die die Sicherheit im Straßenverkehr beeinträchtigen könnten, zu untersagen.

Es ist wünschenswert, die Möglichkeit vorzusehen, bei bestimmten einzelstaatlichen Beförderungen, die besondere Merkmale aufweisen, von dieser Verordnung abzuweichen. Im Falle von Ausnahmen sollten die Mitgliedstaaten sich vergewissern, daß der soziale Schutz und die Sicherheit im Straßenverkehr nicht beeinträchtigt werden.

Es ist angesichts der Besonderheiten des Personenverkehrs gerechtfertigt, die Gruppe von Fahrzeugen neu zu definieren, welche die Mitgliedstaaten im Bereich der innerstaatlichen Beförderungen von der Anwendung dieser Verordnung freistellen können.

Die Mitgliedstaaten sollten die Befugnis haben, unter außergewöhnlichen Umständen mit Genehmigung der Kommission Ausnahmen von dieser Verordnung zuzulassen. In dringenden Fällen sollte die Möglichkeit bestehen, solche Ausnahmen für eine begrenzte Zeit ohne vorherige Genehmigung der Kommission zuzulassen.

Bei Fahrern von Fahrzeugen im Personenlinienverkehr können eine Abschrift des Fahrplans und ein Auszug aus dem Arbeitszeitplan des Verkehrsunternehmens an die Stelle des Kontrollgeräts treten. Es würde zur Durchsetzung dieser Verordnung und zur Verhütung von Mißbräuchen beitragen, wenn die Fahrer auf Verlangen Auszüge aus ihrem Arbeitszeitplan erhalten können.

Im Interesse einer wirksamen Kontrolle sollte der grenzüberschreitende Personenlinienverkehr, abgesehen von bestimmten Grenzverkehrslinien, nicht mehr von der Verpflichtung freigestellt werden, das Kontrollgerät einzubauen und zu benutzen.

Es ist geboten, die Bedeutung und Notwendigkeit der Einhaltung dieser Verordnung durch Unternehmer und Fahrer hervorzuheben.

Die Kommission sollte die Entwicklung der Lage in den Mitgliedstaaten verfolgen und dem Rat sowie dem Europäischen Parlament alle zwei Jahre einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vorlegen.

Es ist zweckmässig, daß die Mitgliedstaaten einander unterstützen, um die Durchführung dieser Verordnung und die Kontrolle dieser Durchführung sicherzustellen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. 88 vom 24.5.1965, S. 1500/65.

(2)

ABl. Nr. C 100 vom 12.4.1984, S. 3, und ABl. Nr. C 223 vom 3.9.1985, S. 5.

(3)

ABl. Nr. C 122 vom 20.5.1985, S. 168.

(4)

ABl. Nr. C 104 vom 25.4.1985, S. 4, und ABl. Nr. C 303 vom 25.11.1985, S. 29.

(5)

ABl. Nr. L 77 vom 29.3.1969, S. 49.

(6)

ABl. Nr. L 334 vom 24.12.1977, S. 1.

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