Anlage 2 SeeLotsEigV

(zu § 3 Absatz 2)

(Fundstelle: BGBl. I 2022, 782 - 783)

1. Allgemeines

1.1
Mit einem erfolgreich durchgeführten psychologischen Eignungstest nach § 3 Absatz 2 weist eine Seelotsenbewerberin oder ein Seelotsenbewerber ihre oder seine den besonderen Anforderungen für den Seelotsdienst genügende psychologische Eignung nach.
1.2
Die Grundlage für die vom Seeärztlichen Dienst entwickelten und anzuwendenden Testverfahren ist eine zuvor nach den Inhalten der DIN 33430 2016-07 von Juli 2016 (Anforderungen an berufsbezogene Eignungsdiagnostik) durchgeführte Berufsanforderungsanalyse und dem daraus abgeleiteten Anforderungsprofil.
1.3
Der Eignungstest umfasst psychologische Untersuchungsverfahren, mit denen Leistungs- und Verhaltensmerkmale einer Seelotsenbewerberin oder eines Seelotsenbewerbers überprüft werden, die sich nach der von der für das Seelotswesen zuständigen Aufsichtsbehörde in Auftrag gegebenen Berufsanforderungsanalyse als berufsrelevant für den Seelotsdienst erwiesen haben.

2. Feststellung der Eignung

2.1
Die zu untersuchenden Leistungsmerkmale sind Fähigkeiten oder Fertigkeiten:
1.
der Raumorientierung sowie der Geschwindigkeit und Flexibilität der Prägnanzbildung,
2.
des Merkens,
3.
der Wahrnehmungsgeschwindigkeit,
4.
der Daueraufmerksamkeit,
5.
der selektiven Aufmerksamkeit und der simultanen Informationsverarbeitung,
6.
des deduktiven Schlussfolgerns und der Problemwahrnehmung,
7.
des mündlichen Verständnisses und Ausdrucks,
8.
des Umgangs mit Zahlen.
Der Eignungstest ist in deutscher Sprache durchzuführen. Geeignete einzelne Teile des Tests sind auch in englischer Sprache durchzuführen, um als Leistungsmerkmal Fähigkeiten oder Fertigkeiten der für den Seelotsdienst erforderlichen englischen Sprache feststellen zu können.
2.2
Die zu untersuchenden Verhaltensmerkmale sind Einstellungen, präferierte Verhaltensweisen sowie Facetten der Persönlichkeit. Hierzu gehören:
1.
Zuverlässigkeit,
2.
Stressresistenz, insbesondere emotionale Kontrolle, mentale Ausdauer, Frustrationstoleranz,
3.
Selbstsicherheit, insbesondere sicheres Auftreten, aktives Vertreten der eigenen Meinung,
4.
Entscheidungsfindung, insbesondere Vermeiden vorschneller Entscheidungen, Verhaltensflexibilität,
5.
soziale Kompetenz, insbesondere Freundlichkeit, soziales Feingefühl, soziale Konformität,
6.
Leistungsmotivation,
7.
Selbstständigkeit,
8.
Koordination.
2.3
Die Bewertung der festgestellten Leistungs- und Verhaltensmerkmale erfolgt durch einen Vergleich mit den Leistungen und Verhaltensausprägungen einer repräsentativen Referenzgruppe.
Die Referenzgruppe setzt sich aus dem Kreis der Seelotsenbewerberinnen und Seelotsenbewerber zusammen, die den psychologischen Eignungstest bereits absolviert haben. Die Referenzgruppe muss eine Stichprobengröße nach dem Stand der Wissenschaft ausweisen. Abweichend von den Sätzen 2 und 3 kann sich die Referenzgruppe auch aus dem Kreis aktiver Seelotsinnen und Seelotsen zusammensetzen, solange noch keine nach dem Stand der Wissenschaft ausreichende Stichprobengröße von Seelotsenbewerberinnen und Seelotsenbewerbern erreicht worden ist.

3. Testmethoden und -ablauf

3.1
Der psychologische Eignungstest ist in drei Testphasen unterteilt. In der Testphase 1 kommen computerisierte Testverfahren und arbeitsprobenähnliche Verfahren zur Überprüfung von Leistungs- und Verhaltensmerkmalen zum Einsatz. In den Testphasen 2 und 3 werden Verhaltensmerkmale in Verhaltensproben und einem Interview überprüft.
3.2
Alle Mitglieder der Eignungskommission nach § 3 Absatz 2 müssen persönliche und vollständige Kenntnis der Beurteilungsmaßstäbe und der Teilergebnisse der standardisierten Testphase 1 (computerisierte Testverfahren und arbeitsprobenähnliche Verfahren) erhalten. An den Testphasen 2 und 3 (Verhaltensproben und Interview) müssen sie unmittelbar teilnehmen.
3.3
Der Eignungstest ist je nach Anzahl der untersuchungswilligen Seelotsenbewerberinnen und Seelotsenbewerber entweder an mehreren Tagen hintereinander in einem Block (Komplettuntersuchung) oder in mehreren, zeitlich voneinander getrennten Testphasen an mehreren Tagen durchzuführen.
3.4
Der Eignungstest ist nicht öffentlich in Räumlichkeiten des Seeärztlichen Dienstes in Hamburg durchzuführen.

4. Bewertung der Ergebnisse, Zielerreichungsgrad

4.1
Nach der letzten Testphase haben die Mitglieder der Eignungskommission abschließend das Gesamtergebnis des Eignungstests für jede getestete Seelotsenbewerberin oder jeden getesteten Seelotsenbewerber zu bewerten und den jeweils erreichten Zielerreichungsgrad festzustellen. Die Feststellung des Zielerreichungsgrades durch die Mitglieder der Eignungskommission hat einstimmig zu erfolgen.
4.2
Der Zielerreichungsgrad fasst alle bei einer Seelotsenbewerberin oder einem Seelotsenbewerber getesteten Leistungs- und Verhaltensmerkmale in einem Zahlenwert von 1 bis 100 zusammen. Der Zahlenwert wird ermittelt aus dem Vergleich der im Eignungstest erfassten individuellen Leistungs- und Verhaltensmerkmale (Punkte 2.1 und 2.2) der jeweiligen Seelotsenbewerberin oder des jeweiligen Seelotsenbewerbers mit der Referenzgruppe (Punkt 2.3).
Je größer der Zahlenwert ist, desto größer ist die psychologische Eignung der jeweiligen Seelotsenbewerberin oder des jeweiligen Seelotsenbewerbers. Eine Seelotsenbewerberin oder ein Seelotsenbewerber erzielt in der Summe einen umso größeren Zielerreichungsgrad,
1.
je höher die erzielten Leistungen in den Leistungsmerkmalen im Vergleich zur Referenzgruppe liegen,
2.
je geringer die Verhaltensausprägungen in den Verhaltensmerkmalen von der Referenzgruppe abweichen.
4.3
Der Seeärztliche Dienst erstellt eine interne Dokumentation über jeden durchgeführten Eignungstest. Die Dokumentation enthält für jede getestete Seelotsenbewerberin oder jeden getesteten Seelotsenbewerber ihre oder seine Testwerte der verschiedenen Testphasen und die abschließende Bewertung des Gesamtergebnisses des Eignungstests.
4.4
Die Beratungen und Feststellungen der Eignungskommission sind vertraulich zu behandeln. Die Kostenerstattung für die Lotsen der Eignungskommission bestimmen sich nach anderen Vorschriften.

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