Artikel 30 RL 2000/12/EG
Informationsaustausch und Berufsgeheimnis
(1) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, daß alle Personen, die für die zuständigen Behörden tätig sind oder waren, sowie die von den zuständigen Behörden beauftragten Wirtschaftsprüfer und Sachverständigen dem Berufsgeheimnis unterliegen. Dieses Berufsgeheimnis hat zum Inhalt, daß vertrauliche Informationen, die sie in ihrer beruflichen Eigenschaft erhalten, an keine Person oder Behörde weitergegeben werden dürfen, es sei denn, in zusammengefaßter oder allgemeiner Form, so daß die einzelnen Institute nicht zu erkennen sind; dies gilt nicht für Fälle, die unter das Strafrecht fallen.
In Fällen, in denen für ein Kreditinstitut durch Gerichtsbeschluß das Konkursverfahren eröffnet oder die Zwangsabwicklung eingeleitet worden ist, können jedoch vertrauliche Informationen, die sich nicht auf Dritte beziehen, welche an Versuchen zur Rettung des Kreditinstituts beteiligt sind, in zivilgerichtlichen Verfahren weitergegeben werden.
(2) Absatz 1 steht dem Informationsaustausch der zuständigen Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß dieser Richtlinie sowie anderen für die Kreditinstitute geltenden Richtlinien nicht entgegen. Die Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis gemäß Absatz 1.
(3) Die Mitgliedstaaten können mit den zuständigen Behörden von Drittländern oder mit Drittlandsbehörden oder -stellen im Sinne der Definition der Absätze 5 und 6 Kooperationsvereinbarungen zum Austausch von Informationen nur treffen, sofern der Schutz der mitgeteilten Informationen durch das Berufsgeheimnis mindestens ebenso gewährleistet ist wie nach diesem Artikel. Dieser Informationsaustausch muß der Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Aufgaben der genannten Behörden oder Stellen dienen.
Wenn die Informationen aus einem anderen Mitgliedstaat stammen, dürfen sie nur mit ausdrücklicher Zustimmung der zuständigen Behörden, die diese Informationen mitgeteilt haben, und gegebenenfalls nur für Zwecke weitergegeben werden, denen diese Behörden zugestimmt haben.
(4) Die zuständige Behörde, die aufgrund der Absätze 1 und 2 vertrauliche Informationen erhält, darf diese im Rahmen der Durchführung ihrer Aufgaben nur für folgende Zwecke verwenden:
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zur Prüfung der Zulassungsbedingungen für Kreditinstitute und zur leichteren Überwachung der Bedingungen der Tätigkeitsausübung auf der Basis des einzelnen Instituts und auf konsolidierter Basis, insbesondere hinsichtlich der Liquidität, der Solvenz, der Großkredite, der verwaltungsmäßigen und buchhalterischen Organisation und der internen Kontrolle,
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zur Verhängung von Sanktionen
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im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens über die Anfechtung einer Entscheidung der zuständigen Behörde
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im Rahmen von Gerichtsverfahren, die aufgrund von Artikel 33 oder aufgrund besonderer Bestimmungen, die in dieser Richtlinie sowie in anderen auf dem Gebiet der Kreditinstitute erlassenen Richtlinien vorgesehen sind, eingeleitet werden.
(5) Die Absätze 1 und 4 stehen einem Informationsaustausch der zuständigen Behörden innerhalb eines Mitgliedstaats — wenn es dort mehrere zuständige Behörden gibt — oder zwischen den Mitgliedstaaten nicht entgegen, und zwar
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mit den im öffentlichen Auftrag mit der Überwachung anderer Finanzinstitute und der Versicherungsgesellschaften betrauten Stellen sowie mit den mit der Überwachung der Finanzmärkte betrauten Stellen;
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mit den Organen, die bei der Liquidation oder dem Konkurs von Kreditinstituten oder ähnlichen Verfahren befaßt werden;
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mit den mit der gesetzlichen Kontrolle der Rechnungslegung des betreffenden Kreditinstituts und der sonstigen Finanzinstitute betrauten Personen,
damit sie den ihnen übertragenen Kontrollaufgaben nachkommen können; des weiteren stehen diese Absätze dem nicht entgegen, daß an die mit der Führung der Einlagensicherungssysteme betrauten Stellen Informationen übermittelt werden, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgabe benötigen. Die den genannten Behörden, Stellen und Personen übermittelten Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis nach Absatz 1.
(6) Ungeachtet der Absätze 1 bis 4 können die Mitgliedstaaten einen Informationsaustausch zulassen zwischen den zuständigen Behörden und
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den Behörden, denen die Beaufsichtigung der Organe, die mit der Liquidation oder dem Konkurs von Kreditunternehmen oder ähnlichen Verfahren befaßt werden, obliegt, oder
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den Behörden, denen die Beaufsichtigung der Personen, die mit der gesetzlichen Kontrolle der Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und sonstigen Finanzinstituten betraut sind, obliegt.
Die Mitgliedstaaten, die von der Möglichkeit des Unterabsatzes 1 Gebrauch machen, verlangen zumindest, daß folgende Bedingungen erfüllt werden:
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Die Informationen sind zur Erfüllung der Beaufsichtigungsaufgabe nach Unterabsatz 1 bestimmt.
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Die in diesem Rahmen erhaltenen Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis nach Absatz 1.
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Wenn die Informationen aus einem anderen Mitgliedstaat stammen, dürfen sie nur mit ausdrücklicher Zustimmung der zuständigen Behörden, die diese Informationen mitgeteilt haben, und gegebenenfalls nur für Zwecke weitergegeben werden, denen diese Behörde zugestimmt hat.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mit, welche Stellen Informationen gemäß diesem Absatz erhalten dürfen.
(7) Ungeachtet der Absätze 1 bis 4 können die Mitgliedstaaten zur Stärkung des Finanzsystems und zur Wahrung seiner Integrität den Austausch von Informationen zwischen den zuständigen Behörden und den kraft Gesetzes für die Aufdeckung und Aufklärung von Verstößen gegen das Gesellschaftsrecht zuständigen Behörden oder Organen zulassen.
Die Mitgliedstaaten, die von der Möglichkeit des Unterabsatzes 1 Gebrauch machen, verlangen zumindest, daß folgende Bedingungen erfüllt werden:
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Die Informationen sind zur Erfüllung der Aufgabe nach Unterabsatz 1 bestimmt.
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Die in diesem Rahmen erhaltenen Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis nach Absatz 1.
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Wenn die Informationen aus einem anderen Mitgliedstaat stammen, dürfen sie nur mit ausdrücklicher Zustimmung der zuständigen Behörden, die diese Informationen mitgeteilt haben, und gegebenenfalls nur für Zwecke weitergegeben werden, denen diese Behörde zugestimmt hat.
Wenn in einem Mitgliedstaat die in Unterabsatz 1 genannten Behörden oder Organe bei der ihnen übertragenen Aufdeckung oder Aufklärung von Verstößen besonders befähigte und entsprechend beauftragte Personen hinzuziehen, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören, so kann die in Unterabsatz 1 vorgesehene Möglichkeit des Austausches von Informationen unter den in Unterabsatz 2 genannten Bedingungen auf die betreffenden Personen ausgedehnt werden.
Für die Anwendung des Unterabsatzes 2 dritter Gedankenstrich teilen die in Unterabsatz 1 genannten Behörden oder Organe den zuständigen Behörden, die die Informationen erteilt haben, mit, an welche Personen die betreffenden Informationen weitergegeben werden sollen und welches deren genaue Aufgabe ist.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, welche Behörden oder Organe Informationen gemäß diesem Absatz erhalten dürfen.
Die Kommission erteilt vor dem 31. Dezember 2000 einen Bericht über die Anwendung dieses Absatzes.
(8) Dieser Artikel steht weder dem entgegen, daß die zuständigen Behörden
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den Zentralbanken und anderen Einrichtungen mit ähnlichen Aufgaben in ihrer Eigenschaft als Währungsbehörden,
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gegebenfalls anderen staatlichen Behörden, die mit der Überwachung der Zahlungssysteme betraut sind,
zur Erfüllung ihrer Aufgaben Informationen übermitteln, noch daß diese Behörden oder Einrichtungen den zuständigen Behörden die Informationen übermitteln, die diese für Zwecke des Absatzes 4 benötigen. Die in diesem Rahmen erhaltenen Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis nach diesem Artikel.
(9) Ferner können die Mitgliedstaaten ungeachtet der Absätze 1 und 4 durch Gesetz die Weitergabe bestimmter Informationen an andere Dienststellen ihrer Zentralbehörden, die für die Rechtsvorschriften über die Überwachung der Kreditinstitute, der Finanzinstitute, der Wertpapierdienstleistungen und der Versicherungsgesellschaften zuständig sind, sowie an die von diesen Dienststellen beauftragten Inspektoren gestatten.
Diese Informationen können jedoch nur geliefert werden, wenn sich dies aus Gründen der Bankaufsicht als erforderlich erweist.
Die Mitgliedstaaten schreiben vor, daß die Informationen, die sie aufgrund der Absätze 2 und 5 oder im Wege der in Artikel 29 Absätze 1 und 2 genannten Prüfungen vor Ort erlangen, nicht Gegenstand der im vorliegenden Absatz genannten Weitergabe sein dürfen, es sei denn, das ausdrückliche Einverständnis der zuständigen Behörde, die die Informationen erteilt hat, oder der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem die Überprüfung vor Ort durchgeführt worden ist, liegt vor.
(10) Dieser Artikel steht dem nicht entgegen, daß die zuständigen Behörden die Informationen gemäß den Absätzen 1 bis 4 einer Clearingstelle oder einer ähnlichen, gesetzlich anerkannten Stelle übermitteln, um Clearing- oder Abwicklungsdienstleistungen auf einem der Märkte ihres Mitgliedstaats sicherzustellen, sofern diese Informationen ihrer Auffassung nach erforderlich sind, um das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Stellen im Fall von Verstößen — oder auch nur möglichen Verstößen — der Marktteilnehmer sicherzustellen. Die in diesem Rahmen übermittelten Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis nach Absatz 1. Die Mitgliedstaaten tragen jedoch dafür Sorge, daß die gemäß Absatz 2 erhaltenen Informationen in dem im vorliegenden Absatz genannten Fall nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der zuständigen Behörden, die die Informationen übermittelt haben, weitergegeben werden dürfen.
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