Artikel 1 RL 2001/83/EG

Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

1. Arzneispezialitäten:
Alle Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und unter einer besonderen Bezeichnung und in einer besonderen Aufmachung in den Verkehr gebracht werden.
2. Arzneimittel:
a)
Alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, oder
b)
alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen.
3. Stoffe:

Alle Stoffe jeglicher Herkunft, und zwar

menschlicher Herkunft, wie z. B.:

menschliches Blut und daraus gewonnene Erzeugnisse;

tierischer Herkunft, wie z. B.:

Mikroorganismen, ganze Tiere, Teile von Organen, tierische Sekrete, Toxine, durch Extraktion gewonnene Stoffe, aus Blut gewonnene Erzeugnisse;

pflanzlicher Herkunft, wie z. B.:

Mikroorganismen, Pflanzen, Teile von Pflanzen, Pflanzensekrete, durch Extraktion gewonnene Stoffe;

chemischer Herkunft, wie z. B.:

chemische Elemente, natürliche chemische Stoffe und durch Verarbeitung oder auf synthetischem Wege gewonnene chemische Verbindungen.

3a. Wirkstoff:
Jeder Stoff oder jedes Gemisch von Stoffen, der bzw. das bei der Herstellung eines Arzneimittels verwendet werden soll und im Fall der Verwendung bei seiner Herstellung zu einem Wirkstoff dieses Arzneimittels wird, das eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausüben soll, um die physiologischen Funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, oder eine medizinische Diagnose erstellen soll.
3b. Arzneiträgerstoff:
Jeder Bestandteil eines Arzneimittels mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.
4. Immunologisches Arzneimittel:

Jedes Arzneimittel bestehend aus Impfstoffen, Toxinen und Seren sowie Allergenen:

a)
Impfstoffe, Toxine und Seren, die insbesondere abdecken

i)
Wirkstoffe, die verwendet werden, um eine aktive Immunität hervorzurufen, z. B. Cholera-Impfstoff, Tuberkulose-Impfstoff, Poliomyelitis-Impfstoff und Pocken-Impfstoff;
ii)
Wirkstoffe, die verwendet werden, um den Immunitätszustand zu diagnostizieren, und die insbesondere folgende Stoffe umfassen: Tuberkulin sowie PPD-Tuberkulin, die für den Schicktest und den Dicktest verwendeten Toxine sowie Brucellin;
iii)
Wirkstoffe, die verwendet werden, um eine passive Immunität hervorzurufen, z. B. Diphtherie-Antitoxin, Antipocken-Globulin und Antilymphozyten-Globulin.

b)
Allergene sind alle Arzneimittel, mit denen eine besondere erworbene Veränderung der Immunreaktion auf eine allergisierende Substanz festgestellt oder hervorgerufen werden soll.
4a. Arzneimittel für neuartige Therapien:
Arzneimittel gemäß Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien(1).
5. Homöopathische Arzneimittel:
Jedes Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den derzeit offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren aus Substanzen hergestellt worden ist, die homöopathische Ursubstanzen genannt werden. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.
6. Radioaktives Arzneimittel:
Jedes Arzneimittel, das in gebrauchsfertiger Form ein oder mehrere für medizinische Zwecke aufgenommene Radionuklide (radioaktive Isotope) enthält.
7. Radionuklidgenerator:
Jedes System mit einem festen Mutterradionuklid, auf dessen Grundlage ein Tochterradionuklid erzeugt wird, das durch Elution oder ein anderes Verfahren herausgelöst und in einem radioaktiven Arzneimittel verwendet wird.
8. Kit:
Jede Zubereitung, die — normalerweise vor ihrer Verabreichung — in den endgültigen radioaktiven Arzneimitteln neu gebildet oder mit Radionukliden verbunden wird.
9. Radionuklidvorstufe:
Jedes andere für die Radiomarkierung eines anderen Stoffes vor der Verabreichung hergestellte Radionuklid.
10. Arzneimittel aus menschlichem Blut oder Blutplasma:
Gewerblich von staatlichen oder privaten Einrichtungen zubereitete Arzneimittel, die sich aus Blutbestandteilen zusammensetzen; zu diesen Arzneimitteln gehören insbesondere Albumin, Gerinnungsfaktoren und Immunglobuline menschlichen Ursprungs.
11. Nebenwirkung:
Eine Reaktion auf das Arzneimittel, die schädlich und unbeabsichtigt ist.
12. Schwerwiegende Nebenwirkung:
Eine Nebenwirkung, die tödlich oder lebensbedrohend ist, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich macht, zu bleibender oder schwer wiegender Behinderung oder Invalidität führt oder eine kongenitale Anomalie bzw. ein Geburtsfehler ist.
13. Unerwartete Nebenwirkung:
Eine Nebenwirkung, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels abweicht.
14. Regelmäßiger aktualisierter Bericht über die Unbedenklichkeit von Arzneimitteln:
Der Bericht mit den in Artikel 104 genannten Aufzeichnungen.
15. Unbedenklichkeitsstudie nach der Genehmigung:
Jede Studie zu einem genehmigten Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.
16. Missbrauch eines Arzneimittels:
Die beabsichtigte, ständige oder sporadische übermäßige Verwendung von Arzneimitteln mit körperlichen oder psychologischen Schäden als Folge.
17. Großhandelsvertrieb von Arzneimitteln:
Jede Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Lieferung oder der Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit; diese Tätigkeiten werden mit Herstellern oder deren Kommissionären, Importeuren oder sonstigen Großhändlern oder aber mit Apothekern und Personen abgewickelt, die in dem betreffenden Mitgliedstaat zur Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit ermächtigt oder befugt sind.
17a. Vermittlung von Arzneimitteln:
Sämtliche Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit dem Ver- oder Ankauf von Arzneimitteln stehen, mit Ausnahme des Großhandelsvertriebs, die nicht mit physischem Umgang verbunden sind und die darin bestehen, unabhängig und im Namen einer anderen juristischen oder natürlichen Person zu verhandeln.
18. Gemeinwirtschaftliche Verpflichtung:
Die Verpflichtung der betreffenden Großhändler, ständig ein Sortiment von Arzneimitteln bereitzuhalten, das den Anforderungen eines bestimmten geografischen Gebiets genügt, und die rasche Verfügbarkeit dieser Arzneimittel innerhalb des genannten Gebiets zu gewährleisten.
18a. Vertreter des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen:
Die im Allgemeinen als örtlicher Vertreter bezeichnete Person, die vom Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen benannt wurde, um ihn in dem entsprechenden Mitgliedstaat zu vertreten.
19. Ärztliche Verschreibung:
Jede Verschreibung von Arzneimitteln eines Angehörigen eines Gesundheitsberufes, der dazu befugt ist.
20. Name des Arzneimittels:
Der Name, der entweder ein nicht zu Verwechslungen mit dem gebräuchlichen Namen führender Phantasienahme oder ein gebräuchlicher oder wissenschaftlicher Name in Verbindung mit einem Warenzeichen oder dem Namen des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen sein kann.
21. Gebräuchliche Bezeichnung:
Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlene international gebräuchliche Bezeichnung bzw. — in Ermangelung dessen — die übliche gebräuchliche Bezeichnung.
22. Stärke des Arzneimittels:
Je nach Verabreichungsform der Wirkstoffanteil pro Dosierungs-, Volumen- oder Gewichtseinheit.
23. Primärverpackung:
Das Behältnis oder jede andere Form der Arzneimittelverpackung, die unmittelbar mit dem Arzneimittel in Berührung kommt.
24. Äußere Umhüllung:
Die Verpackung, in der die Primärverpackung enthalten ist.
25. Etikettierung:
Auf der äußeren Umhüllung oder der Primärverpackung angebrachte Hinweise.
26. Packungsbeilage:
Der dem Arzneimittel beigefügte Beipackzettel für den Verbraucher.
26a. „Änderung” und „Änderung der Zulassungsbedingungen” :
a)
in Artikel 8 Absatz 3, den Artikeln 9 bis 11 und Anhang I dieser Richtlinie, in Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 und in Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 und
b)
in der Entscheidung bzw. dem Beschluss über die Erteilung der Zulassung eines Humanarzneimittels, einschließlich der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels und jeglicher Bedingungen, Verpflichtungen oder Beschränkungen, denen die Zulassung unterliegt, oder Änderungen der Etikettierung oder der Packungsbeilage im Zusammenhang mit Änderungen der Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels.
27. Agentur:
Die durch die Verordnung (EG) Nr. 726/2004(2) errichtete Europäische Arzneimittel-Agentur.
28. Mit der Verwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko:

jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit;

jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.

28a. Nutzen-Risiko-Verhältnis:
Eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko gemäß der Definition in Nummer 28 erster Gedankenstrich.
28b. Risikomanagement-System:
eine Reihe von Pharmakovigilanz-Tätigkeiten und -Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit Arzneimitteln ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.
28c. Risikomanagement-Plan:
eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems
28d. Pharmakovigilanz-System:
System, das der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen und die Mitgliedstaaten anwendet, um den in Titel IX aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen und das der Überwachung der Sicherheit genehmigter Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.
28e. Pharmakovigilanz-Stammdokumentation (Pharmakovigilanz-Master-File):
Detaillierte Beschreibung des Systems der Pharmakovigilanz, das der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen auf eines oder mehrere genehmigte Arzneimittel anwendet.
29. Traditionelles pflanzliches Arzneimittel:
Ein pflanzliches Arzneimittel, das die in Artikel 16a Absatz 1 festgelegten Bedingungen erfüllt.
30. Pflanzliches Arzneimittel:
Alle Arzneimittel, die als Wirkstoff(e) ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.
31. Pflanzliche Stoffe:
Alle vorwiegend ganzen, zerkleinerten oder geschnittenen Pflanzen, Pflanzenteile, Algen, Pilze, Flechten in unverarbeitetem Zustand, gewöhnlich in getrockneter Form, aber zuweilen auch frisch. Bestimmte pflanzliche Ausscheidungen, die keiner speziellen Behandlung unterzogen wurden, werden ebenfalls als pflanzliche Stoffe angesehen. Pflanzliche Stoffe sind durch den verwendeten Pflanzenteil und die botanische Bezeichnung nach dem binomialen System (Gattung, Art, Varietät und Autor) genau definiert.
32. Pflanzliche Zubereitungen:
Zubereitungen, die dadurch hergestellt werden, dass pflanzliche Stoffe Behandlungen wie Extraktion, Destillation, Pressung, Fraktionierung, Reinigung, Konzentrierung oder Fermentierung unterzogen werden. Diese umfassen zerriebene oder pulverisierte pflanzliche Stoffe, Tinkturen, Extrakte, ätherische Öle, Presssäfte und verarbeitete Ausscheidungen von Pflanzen.
33. Gefälschtes Arzneimittel:

Jedes Arzneimittel, bei dem Folgendes gefälscht wurde:

a)
seine Identität, einschließlich seiner Verpackung und Kennzeichnung, seines Namens oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf jegliche Inhaltsstoffe, einschließlich der Arzneiträgerstoffe und des Gehalts dieser Inhaltsstoffe;
b)
seine Herkunft, einschließlich Hersteller, Herstellungsland, Herkunftsland und Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen; oder
c)
seine Herkunft, einschließlich der Aufzeichnungen und Dokumente in Zusammenhang mit den genutzten Vertriebswegen.

Diese Begriffsbestimmung erstreckt sich nicht auf unbeabsichtigte Qualitätsmängel und lässt Verstöße gegen die Rechte des geistigen Eigentums unberührt.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121.

(2)

ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1.

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