Artikel 2 RL 2002/54/EG

(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

a) Inverkehrbringen:

der Verkauf, der Besitz im Hinblick auf den Verkauf, das Anbieten zum Verkauf und jede Überlassung, Lieferung oder Übertragung von Saatgut an Dritte, entgeltlich oder unentgeltlich, zum Zwecke der kommerziellen Nutzung.

Nicht als Inverkehrbringen gilt der Handel mit Saatgut, der nicht auf die kommerzielle Nutzung der Sorte abzielt, wie z. B. die nachstehenden Vorgänge:

die Lieferung von Saatgut an amtliche Prüf- und Kontrollstellen;

die Lieferung von Saatgut an Erbringer von Dienstleistungen zur Verarbeitung oder Verpackung, sofern der Erbringer der Dienstleistungen keinen Rechtsanspruch auf das gelieferte Saatgut erwirbt.

Nicht als Inverkehrbringen gilt die an bestimmte Bedingungen geknüpfte Lieferung von Saatgut an Erbringer von Dienstleistungen zur Erzeugung bestimmter landwirtschaftlicher Rohstoffe zu gewerblichen Zwecken oder zur Saatgutvermehrung zu diesem Zweck, sofern der Erbringer der Dienstleistungen keinen Rechtsanspruch auf das gelieferte Saatgut oder das Erntegut erwirbt. Der Lieferant des Saatguts legt der Anerkennungsstelle eine Kopie der betreffenden Teile des Vertrags mit dem Dienstleistungserbringer vor; hierzu gehören Angaben darüber, welchen Normen und Bedingungen das gelieferte Saatgut derzeit entspricht.

Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel werden nach dem in Artikel 28 Absatz 2 genannten Verfahren festgelegt.

b) Betarüben:
Zucker- und Futterrüben der Art Beta vulgaris L.
c) Basissaatgut:

Samen,

i)
der unter der Verantwortung des Züchters nach strengen Auswahlregeln im Hinblick auf die Sorte gewonnen worden ist;
ii)
der zur Erzeugung von Saatgut der Kategorie „Zertifiziertes Saatgut” bestimmt ist;
iii)
der vorbehaltlich von Artikel 5 die Voraussetzungen des Anhangs I für Basissaatgut erfüllt und
iv)
bei dem durch amtliche Prüfung oder — im Falle der Anforderungen gemäß Anhang I Teil B — entweder durch amtliche Prüfung oder durch amtlich überwachte Prüfung festgestellt worden ist, dass die Bedingungen gemäß den Ziffern i), ii) und iii) erfüllt sind.
d) Zertifiziertes Saatgut:

Samen,

i)
der unmittelbar von Basissaatgut stammt;
ii)
der zur Erzeugung von Betarüben bestimmt ist;
iii)
der vorbehaltlich von Artikel 5 Buchstabe b) die Voraussetzungen des Anhangs I für Zertifiziertes Saatgut erfüllt und
iv)
bei dem durch amtliche Prüfung oder durch amtlich überwachte Prüfung festgestellt worden ist, dass die Bedingungen gemäß den Ziffern i), ii) und iii) erfüllt sind.
e) Monogermsaatgut:
Genetisch einkeimiges Saatgut.
f) Präzisionssaatgut:
Saatgut, das zur Aussaat mit Präzisionssägeräten bestimmt ist und das entsprechend den Vorschriften des Anhangs I Teil B Nummer 3 Buchstabe b) Doppelbuchstaben bb) und cc) nur einen einzigen Keimling entwickelt.
g) Amtliche Maßnahmen:

Maßnahmen, die durchgeführt werden

i)
durch Behörden eines Staates oder
ii)
unter der Verantwortung eines Staates durch juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts oder
iii)
bei Hilfstätigkeiten auch unter der Überwachung eines Staates durch vereidigte natürliche Personen

unter der Voraussetzung, dass die unter den Ziffern ii) und iii) genannten Personen an dem Ergebnis dieser Maßnahmen kein Gewinninteresse haben.

h) Kleinpackung EG:

Packung mit folgendem Zertifiziertem Saatgut;

i)
Monogerm- oder Präzisionssaatgut; bis zu 100000 Knäuel oder Körnern oder bis zu einem Nettogewicht von 2,5 kg, ausschließlich etwa verwendeter granulierter Schädlingsbekämpfungsmittel, Hüllmasse oder sonstiger fester Zusätze;
ii)
anderem als Monogerm- oder Präzisionssaatgut bis zu einem Nettogewicht von 10 kg, ausschließlich etwa verwendeter granulierter Schädlingsbekämpfungsmittel, Hüllmasse oder sonstiger fester Zusätze.

(2) Die jeweiligen Sortentypen, einschließlich der Komponenten, die für die Anerkennung nach dieser Richtlinie in Frage kommen, können besonders beschrieben und nach dem in Artikel 28 Absatz 2 genannten Verfahren festgelegt werden.

(3) Bei der amtlich überwachten Prüfung gemäß Absatz 1 Buchstabe c), Ziffer iv) und Absatz 1 Buchstabe d) Ziffer iv) müssen folgende Anforderungen erfüllt sein:

A.
Feldbesichtigung

a)
Die Inspektoren

i)
müssen die notwendige fachliche Befähigung haben;
ii)
dürfen an der Durchführung der Prüfungen keinerlei Gewinninteresse haben;
iii)
müssen von der Saatgutanerkennungsstelle des betreffenden Mitgliedstaats amtlich zugelassen worden sein; damit sie zugelassen werden können, müssen sie entweder vereidigt worden sein oder eine schriftliche Erklärung unterzeichnet haben, mit der sie sich zur Einhaltung der für amtliche Prüfungen geltenden Regeln verpflichten;
iv)
müssen die amtlich überwachten Prüfungen gemäß den für die amtlichen Prüfungen geltenden Regeln durchführen.

b)
Die zu prüfenden Feldbestände müssen von Saatgut erwachsen sein, das einer amtlichen Nachprüfung unterzogen wurde, die zufrieden stellend ausgefallen ist.
c)
Ein Teil der Feldbestände muss von amtlichen Inspektoren geprüft werden. Dieser Teil beträgt mindestens 5 %.
d)
Ein Teil der Proben der von den Feldbeständen geernteten Saatgutpartien ist für amtliche Nachprüfungen und gegebenenfalls für amtliche Laboruntersuchungen des Saatguts auf Sortenechtheit und Sortenreinheit zu entnehmen.
e)
Die Mitgliedstaaten legen Sanktionsvorschriften für den Fall von Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften für amtlich überwachte Prüfungen fest. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Zu diesen Sanktionen kann es gehören, dass den Inspektoren bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen die für amtliche Prüfungen geltenden Regeln die amtliche Zulassung nach Buchstabe a) Ziffer iii) entzogen wird. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine gegebenenfalls schon erfolgte Anerkennung von geprüftem Saatgut im Fall einer solchen Zuwiderhandlung rückgängig gemacht wird, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass das betreffende Saatgut tatsächlich alle einschlägigen Anforderungen erfüllt.

B.
Saatgutprüfung

a)
Die Saatgutprüfung wird nach Maßgabe der Buchstaben b) bis d) von Saatgutprüflabors durchgeführt, die von der Saatgutanerkennungsstelle des betreffenden Mitgliedstaats zu diesem Zweck zugelassen wurden.
b)
Das Labor beschäftigt einen Saatgutprüfer, der für den technischen Betrieb des Labors unmittelbar verantwortlich ist und der über die notwendige Befähigung für die technische Leitung eines Saatgutprüflabors verfügt.

Die Saatgutprüfer des Labors müssen die erforderlichen Fachkenntnisse in Ausbildungslehrgängen unter den für die amtlichen Prüfer der Anerkennungsstelle geltenden Bedingungen erworben und in amtlichen Prüfungen nachgewiesen haben.

Das Labor muss über Räumlichkeiten und Geräte verfügen, für die die Saatgutanerkennungsstelle im Rahmen der Zulassung amtlich bestätigt, dass sie für die Untersuchung von Saatgut geeignet sind.

Das Labor muss die Saatgutprüfung nach den international üblichen Verfahren durchführen.

c)
Das Saatgutprüflabor muss

i)
ein unabhängiges Labor

oder

ii)
das Labor eines Saatgutunternehmens

sein.

In dem in Ziffer ii) genannten Fall darf das Labor nur Saatgutpartien untersuchen, die für das betreffende Unternehmen erzeugt wurden, es sei denn, zwischen dem Saatgutunternehmen, dem Antragsteller und der Saatgutanerkennungsstelle wurde eine andere Vereinbarung getroffen.

d)
Die Tätigkeit des Prüflabors wird durch die Saatgutanerkennungsstelle angemessen überwacht.
e)
Zum Zwecke der Überwachung gemäß Buchstabe d) wird ein Prozentanteil der zur amtlichen Anerkennung angemeldeten Saatgutpartien im Wege einer amtlichen Saatgutprüfung gegengeprüft. Dieser Prozentsatz wird in der Regel so gleichmäßig wie möglich auf alle natürlichen und juristischen Personen, die Saatgut zur Anerkennung anmelden, sowie auf die eingereichten Arten verteilt, kann jedoch zur Beseitigung bestimmter Zweifel auch gezielt ausgewählt werden. Der Prozentsatz beträgt mindestens 5 %.
f)
Die Mitgliedstaaten legen Sanktionsvorschriften für den Fall von Verstößen gegen die gemäß dieser Richtlinie erlassenen nationalen Rechtsvorschriften für amtlich überwachte Prüfungen fest. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Zu diesen Sanktionen kann es gehören, dass den Prüflabors bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen die für amtliche Prüfungen geltenden Regeln die amtliche Zulassung nach Buchstabe a) entzogen wird. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass eine gegebenenfalls schon erfolgte Anerkennung von geprüftem Saatgut im Fall einer solchen Zuwiderhandlung rückgängig gemacht wird, es sei denn, es kann nachgewiesen werden, dass das betreffende Saatgut tatsächlich alle einschlägigen Anforderungen erfüllt.

(4) Weitere Bestimmungen für die Durchführung von amtlich überwachten Prüfungen können nach dem in Artikel 28 Absatz 2 genannten Verfahren erlassen werden.

Bis zum Erlass solcher Maßnahmen gelten die Bedingungen des Artikels 2 der Entscheidung 89/540/EWG der Kommission(1).

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 286 vom 4.10.1989, S. 24. Entscheidung zuletzt geändert durch die Entscheidung 96/336/EG (ABl. L 128 vom 29.5.1996, S. 23).

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