Artikel 22 RL 2003/55/EG

Neue Infrastrukturen

(1) Größere neue Erdgasinfrastrukturen, d. h. Verbindungsleitungen zwischen den Mitgliedstaaten, LNG- und Speicheranlagen, können auf Antrag von den Artikeln 18, 19, 20 und Artikel 25 Absätze 2, 3 und 4 unter folgenden Bedingungen ausgenommen werden:

a)
Durch die Investition werden der Wettbewerb bei der Gasversorgung und die Versorgungssicherheit verbessert;
b)
das mit der Investition verbundene Risiko ist so hoch, dass die Investition ohne eine Ausnahmegenehmigung nicht getätigt würde;
c)
die Infrastruktur muss Eigentum einer natürlichen oder juristischen Person sein, die zumindest der Rechtsform nach von den Netzbetreibern getrennt ist, in deren Netzen die Infrastruktur geschaffen wird;
d)
von den Nutzern dieser Infrastruktur werden Gebühren erhoben;
e)
die Ausnahme wirkt sich nicht nachteilig auf den Wettbewerb oder das effektive Funktionieren des Erdgasbinnenmarktes oder das effiziente Funktionieren des regulierten Netzes aus, an das die Infrastruktur angeschlossen ist.

(2) Absatz 1 gilt auch für erhebliche Kapazitätsaufstockungen bei vorhandenen Infrastrukturen und für Änderungen dieser Infrastrukturen, die die Erschließung neuer Gasversorgungsquellen ermöglichen.

(3)

a)
Die in Artikel 25 genannte Regulierungsbehörde kann von Fall zu Fall über Ausnahmen nach den Absätzen 1 und 2 befinden. Die Mitgliedstaaten können jedoch vorsehen, dass die Regulierungsbehörden ihre Stellungnahme zu dem Antrag auf Gewährung einer Ausnahme der zuständigen Stelle des Mitgliedstaats zur förmlichen Entscheidung vorzulegen haben. Diese Stellungnahme wird zusammen mit der Entscheidung veröffentlicht.
b)
i)
Die Ausnahme kann sich auf die neue Infrastruktur, die erheblich vergrößerte vorhandene Infrastruktur oder die Änderung einer vorhandenen Infrastruktur in ihrer Gesamtheit oder auf Teile davon erstrecken.
ii)
Bei der Entscheidung über die Gewährung einer Ausnahme wird in jedem Einzelfall der Notwendigkeit Rechnung getragen, Bedingungen für die Dauer der Ausnahme und den nichtdiskriminierenden Zugang zu der Verbindungsleitung aufzuerlegen.
iii)
Bei der Entscheidung über Bedingungen im Rahmen dieses Unterabsatzes werden insbesondere die Laufzeit der Verträge, die neu zu schaffende Kapazität oder die Änderung der vorhandenen Kapazität, die zeitliche Grenze des Projekts und die einzelstaatlichen Gegebenheiten berücksichtigt.
c)
Die zuständige Behörde kann bei Gewährung einer Ausnahme die Regeln und Mechanismen für das Kapazitätsmanagement und die Kapazitätszuweisung festlegen, sofern dies die Durchführung langfristiger Verträge nicht verhindert.
d)
Die Ausnahmeentscheidung — einschließlich der unter Buchstabe b) genannten Bedingungen — ist ordnungsgemäß zu begründen und zu veröffentlichen.
e)
Im Fall einer Verbindungsleitung wird eine Ausnahmeentscheidung nach Konsultation der anderen betroffenen Mitgliedstaaten oder Regulierungsbehörden getroffen.

(4) Die zuständige Behörde übermittelt der Kommission die Ausnahmeentscheidung unverzüglich zusammen mit allen einschlägigen Begleitinformationen. Diese Informationen können der Kommission in einer Zusammenfassung übermittelt werden, anhand deren die Kommission eine fundierte Entscheidung treffen kann.

Sie müssen insbesondere Folgendes enthalten:

a)
eine ausführliche Begründung der durch die Regulierungsbehörde oder den Mitgliedstaat gewährten Ausnahme, einschließlich finanzieller Informationen, die die Notwendigkeit der Ausnahme rechtfertigen;
b)
eine Untersuchung bezüglich der Auswirkungen der Gewährung der Ausnahme auf den Wettbewerb und das effektive Funktionieren des Erdgasbinnenmarkts;
c)
eine Begründung der Geltungsdauer der Ausnahme sowie des Anteils an der Gesamtkapazität der Erdgasinfrastruktur, für den die Ausnahme gewährt wird;
d)
bei Ausnahmen im Zusammenhang mit einer Verbindungsleitung das Ergebnis der Konsultation der betroffenen Mitgliedstaaten bzw. Regulierungsbehörden;
e)
einen Hinweis auf den Beitrag der Infrastruktur zur Diversifizierung der Gasversorgung.

Die Kommission kann binnen zwei Monaten nach Eingang einer Mitteilung verlangen, dass die betreffende Regulierungsbehörde bzw. der betreffende Mitgliedstaat die Entscheidung über die Gewährung der Ausnahme ändert oder widerruft. Die Zweimonatsfrist kann um einen weiteren Monat verlängert werden, wenn die Kommission zusätzliche Informationen anfordert.

Kommt die betreffende Regulierungsbehörde bzw. der betreffende Mitgliedstaat der Aufforderung nicht binnen vier Wochen nach, so wird nach dem Verfahren des Artikels 30 Absatz 2 umgehend eine endgültige Entscheidung getroffen.

Die Kommission behandelt wirtschaftlich sensible Informationen vertraulich.

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