Artikel 22 RL 2003/71/EG

Berufsgeheimnis und Zusammenarbeit der Behörden

(1) Alle Personen, die für die zuständige Behörde sowie für Stellen, denen zuständige Behörden gegebenenfalls bestimmte Aufgaben übertragen haben, tätig sind oder waren, sind an das Berufsgeheimnis gebunden. Die unter das Berufsgeheimnis fallenden Informationen dürfen nicht an andere Personen oder Behörden weitergegeben werden, es sei denn aufgrund gesetzlicher Bestimmungen.

(2) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, wann immer dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben und zur Ausübung ihrer Befugnisse erforderlich ist. Die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats leisten den zuständigen Behörden anderer Mitgliedstaaten Amtshilfe. Informationsübermittlung und Zusammenarbeit finden insbesondere dann statt, wenn für einen Emittenten mehr als eine Behörde des Herkunftsmitgliedstaats zuständig ist, weil er verschiedene Gattungen von Wertpapieren ausgibt, oder wenn die Billigung eines Prospekts gemäß Artikel 13 Absatz 5 an die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats übertragen wurde. Sie arbeiten auch eng zusammen, wenn die Aussetzung oder das Verbot des Handels von Wertpapieren verlangt wird, die in mehreren Mitgliedstaaten gehandelt werden, um einheitliche Wettbewerbsbedingungen zwischen den verschiedenen Handelsplätzen sicherzustellen und den Anlegerschutz zu gewährleisten. Die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaats kann gegebenenfalls die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaats ab dem Stadium, in dem der Fall untersucht wird, um Amtshilfe ersuchen, insbesondere wenn es sich um neue oder seltene Gattungen von Wertpapieren handelt. Die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates kann die zuständige Behörde des Aufnahmemitgliedstaates um Informationen zu allen Aspekten des betreffenden Marktes bitten.

Unbeschadet des Artikels 21 können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Betreiber von geregelten Märkten je nach Notwendigkeit konsultieren, insbesondere wenn sie über die Aussetzung des Handels entscheiden oder einen geregelten Markt auffordern, den Handel auszusetzen oder zu verbieten.

Die zuständigen Behörden können die ESMA mit Fällen befassen, in denen ein Ersuchen um Zusammenarbeit, insbesondere um Informationsaustausch, zurückgewiesen wurde oder innerhalb einer angemessenen Frist zu keiner Reaktion geführt hat. Unbeschadet des Artikels 258 des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union (AEUV) kann die ESMA in den in Satz 1 genannten Fällen gemäß den ihr gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 übertragenen Befugnissen tätig werden.

(3) Absatz 1 hindert die zuständigen Behörden nicht daran, vertrauliche Informationen auszutauschen oder vertrauliche Informationen an die ESMA oder den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (im Folgenden „ESRB” ) weiterzuleiten, vorbehaltlich der in der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 beziehungsweise der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken(1) vorgesehenen Einschränkungen in Bezug auf unternehmensbezogene Informationen und Auswirkungen auf Drittländer. Die zwischen den zuständigen Behörden und der ESMA oder dem ESRB ausgetauschten Informationen fallen unter das Berufsgeheimnis, an das die Personen gebunden sind, die bei den zuständigen Behörden, die diese Informationen erhalten, tätig sind oder waren.

(4) Um eine kohärente Harmonisierung dieses Artikels zu gewährleisten und den technischen Entwicklungen auf den Finanzmärkten Rechnung zu tragen, entwickelt die ESMA Entwürfe technischer Regulierungsstandards, um die nach Absatz 2 erforderlichen Informationen zu präzisieren.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Regulierungsstandards nach den Artikeln 10 bis 14 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

Um einheitliche Bedingungen für die Anwendung des Absatzes 2 zu gewährleisten und zur Berücksichtigung der technischen Entwicklungen auf den Finanzmärkten kann die ESMA Entwürfe technischer Durchführungsstandards entwickeln, um Standardformulare, Mustertexte und Verfahren für die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden festzulegen.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 3 genannten technischen Durchführungsstandards nach Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1.

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