Artikel 10b RL 2003/87/EG
Übergangsmaßnahmen zur Unterstützung bestimmter energieintensiver Industrien für den Fall der Verlagerung von CO<sub>2</sub>-Emissionen
(1) Sektoren und Teilsektoren, bei denen das Produkt aus der Multiplikation der Intensität ihres Handels mit Drittländern, definiert als das Verhältnis des Gesamtwerts der Ausfuhren in Drittländer zuzüglich des Wertes der Einfuhren aus Drittländern zur Gesamtgröße des Marktes des Europäischen Wirtschaftsraums (Jahresumsatz plus Gesamteinfuhren aus Drittländern), mit ihrer Emissionsintensität in kg CO2, dividiert durch ihre Bruttowertschöpfung (in EUR) 0,2 überschreitet, gelten als Sektoren bzw. Teilsektoren, bei denen davon ausgegangen wird, dass ein Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen besteht. Derartigen Sektoren und Teilsektoren werden für den Zeitraum bis 2030 Zertifikate in Höhe von 100 % der gemäß Artikel 10a bestimmten Menge kostenlos zugeteilt.
(2) Sektoren und Teilsektoren, bei denen das Produkt aus der Multiplikation der Intensität ihres Handels mit Drittländern mit ihrer Emissionsintensität 0,15 überschreitet, können unter Verwendung von Daten aus den Jahren von 2014 bis 2016 auf Basis einer qualitativen Bewertung und der folgenden Kriterien in die Gruppe gemäß Absatz 1 aufgenommen werden:
- a)
- Umfang, in dem einzelne Anlagen in dem betreffenden Sektor oder Teilsektor in der Lage sind, ihre Emissionsmengen oder ihren Stromverbrauch zu reduzieren;
- b)
- aktuelle und voraussichtliche Marktbedingungen, einschließlich gemeinsamer Referenzpreise, sofern relevant;
- c)
- Gewinnspannen als potenzielle Indikatoren für langfristige Investitionen oder Beschlüsse über Standortverlagerungen unter Berücksichtigung der Änderungen der Produktionskosten im Zusammenhang mit Emissionsreduktionen.
(3) Sektoren und Teilsektoren, die den in Absatz 1 genannten Schwellenwert nicht überschreiten, aber eine Emissionsintensität in kg CO2, dividiert durch ihre Bruttowertschöpfung (in EUR), von über 1,5 aufweisen, werden ebenfalls auf 4-stelliger Ebene (NACE-Code der Ebene 4) bewertet. Die Kommission veröffentlicht die Ergebnisse dieser Bewertung.
Innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung gemäß Unterabsatz 1 können die Sektoren und Teilsektoren gemäß jenem Unterabsatz bei der Kommission entweder eine qualitative Bewertung ihres Risikos der Verlagerung von CO2-Emissionen auf 4-stelliger Ebene (NACE-Code der Ebene 4) oder eine Bewertung auf der Grundlage der für die Statistik der Industrieproduktion in der Union verwendeten Warensystematik auf 8-stelliger Ebene (Prodcom) beantragen. Zu diesem Zweck legen Sektoren und Teilsektoren fundierte, vollständige und unabhängig geprüfte Daten vor, damit die Kommission die Bewertung zusammen mit dem Antrag durchführen kann.
Ein Sektor oder Teilsektor, der sich dafür entscheidet, auf 4-stelliger Ebene (NACE-Code der Ebene 4) bewertet zu werden, kann auf der Grundlage der Kriterien nach Absatz 2 Buchstaben a, b und c in die Gruppe gemäß Absatz 1 aufgenommen werden. Ein Sektor oder Teilsektor, der sich dafür entscheidet, auf 8-stelliger Ebene (Prodcom) bewertet zu werden, wird in die Gruppe gemäß Absatz 1 aufgenommen, wenn auf dieser Ebene der in Absatz 1 genannte Schwellenwert von 0,2 überschritten wird.
Sektoren und Teilsektoren, für die eine kostenlose Zuteilung auf der Grundlage der Benchmarkwerte gemäß Artikel 10a Absatz 2 Unterabsatz 4 berechnet wird, können ebenfalls eine Bewertung gemäß Unterabsatz 3 beantragen.
Abweichend von den Absätzen 1 und 2 kann ein Mitgliedstaat bis zum 30. Juni 2018 beantragen, dass ein im Anhang des Beschlusses 2014/746/EU der Kommission(1) aufgeführter Sektor oder Teilsektor in Bezug auf die Klassifikationen auf 6- oder auf 8-stelliger Ebene (Prodcom) als der in Absatz 1 genannten Gruppe zugehörig betrachtet wird. Solche Anträge werden nur geprüft, wenn der betreffende Mitgliedstaat anhand fundierter, vollständiger, geprüfter und auditierter Daten für die fünf letzten Jahre, die von dem betreffenden Sektor bzw. Teilsektor geliefert worden sind, nachweist, dass der Ausnahmeantrag berechtigt ist, und alle einschlägigen Informationen beifügt. Auf Grundlage dieser Daten wird der betreffende Sektor bzw. Teilsektor in Bezug auf diese Klassifikationen in die Gruppe aufgenommen, wenn innerhalb einer heterogenen 4-stelligen Ebene (NACE-Code der Ebene 4) der Nachweis erbracht wurde, dass er auf 6-stelliger oder 8-stelliger Ebene (Prodcom) eine beträchtlich höhere Handels- und Emissionsintensität aufweist, die den Schwellenwert nach Absatz 1 überschreitet.
(4) Bei anderen Sektoren und Teilsektoren wird davon ausgegangen, dass sie einen größeren Teil der Kosten von Zertifikaten über die Produktpreise weitergeben können; ihnen werden Zertifikate im Umfang von 30 % der gemäß Artikel 10a bestimmten Menge kostenlos zugeteilt. Soweit im Rahmen der Überprüfung gemäß Artikel 30 nichts anderes beschlossen wird, werden die kostenlosen Zuteilungen an andere Sektoren und Teilsektoren, mit Ausnahme der Fernwärme, in den Jahren nach 2026 um jeweils gleich große Mengen gekürzt, damit 2030 ein auf null abgesenktes Niveau der kostenlosen Zuteilung erreicht wird.
In einem Mitgliedstaat, in dem in den Jahren 2014 bis 2018 der Anteil der Emissionen aus Fernwärme an den Gesamtemissionen der Union geteilt durch den Anteil des BIP der Mitgliedstaaten am Gesamt-BIP der Union mehr als 5 beträgt, wird Fernwärme im Zeitraum von 2026 bis 2030 eine zusätzliche kostenlose Zuteilung in Höhe von 30 % der gemäß Artikel 10a bestimmten Menge gewährt, sofern ein Investitionsvolumen, das dem Wert dieser zusätzlichen kostenlosen Zuteilung entspricht, im Einklang mit den in Unterabsatz 3 des vorliegenden Absatzes genannten Plänen zur Klimaneutralität vor 2030 in eine erhebliche Verringerung der Emissionen investiert wird und die Erreichung der Zielvorgaben und Etappenziele gemäß Unterabsatz 4 Buchstabe b durch die Überprüfung gemäß Absatz 4 bestätigt wird.
Bis zum 1. Mai 2024 erstellen die Fernwärmebetreiber für die Anlagen, für die sie eine zusätzliche kostenlose Zuteilung gemäß Unterabsatz 2 des vorliegenden Absatzes beantragen, einen Plan zur Klimaneutralität. Dieser Plan muss mit dem Ziel der Klimaneutralität gemäß Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/1119 in Einklang stehen und Folgendes enthalten:
- a)
- Maßnahmen und Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 auf Ebene der Anlage oder des Unternehmens, unter Ausschluss der Verwendung von CO2-Ausgleichszertifikaten,
- b)
- Zwischenziele und Etappenziele, um bis zum 31. Dezember 2025 und danach bis zum 31. Dezember jedes fünften Jahres die Fortschritte bei der Verwirklichung der Klimaneutralität gemäß Buchstabe a dieses Unterabsatzes zu messen,
- c)
- eine Schätzung der Auswirkungen jeder der unter Buchstabe a dieses Unterabsatzes genannten Maßnahmen und Investitionen in Bezug auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen.
Das Erreichen der in Buchstabe b des dritten Unterabsatzes dieses Absatzes genannten Zielvorgaben und Etappenziele muss in Bezug auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2025 und danach in Bezug auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember jedes fünften Jahres im Einklang mit den in Artikel 15 bereitgestellten Verfahren zur Prüfung und Akkreditierung überprüft werden. Über die in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannte Menge hinaus werden keine kostenlosen Zertifikate zugeteilt, wenn das Erreichen der Zwischenziele und Etappenziele für den Zeitraum bis Ende 2025 oder für den Zeitraum von 2026 bis 2030 nicht überprüft wurde.
Die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte, um den Mindestinhalt der in Unterabsatz 3 Buchstaben a, b und c des vorliegenden Absatzes genannten Informationen und das Format der Pläne zur Klimaneutralität gemäß dem genannten Unterabsatz und Artikel 10a Absatz 1 Unterabsatz 5 festzulegen. Die Kommission bemüht sich um Synergien mit ähnlichen Plänen, wie sie im Unionsrecht vorgesehen sind. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 22a Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
(5) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, zur Ergänzung dieser Richtlinie bis zum 31. Dezember 2019 gemäß Artikel 23 delegierte Rechtsakte zu erlassen, die Bestimmung der Sektoren bzw. Teilsektoren gemäß den Absätzen 1, 2 und 3 dieses Artikels betreffen, bei denen davon ausgegangen wird, dass ein Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen für Tätigkeiten mit einem 4-stelligen Code (NACE-Code der Ebene 4) im Fall von Absatz 1 dieses Artikels besteht, wobei die für die drei letzten Kalenderjahre vorliegenden Daten zugrunde gelegt werden.
Fußnote(n):
- (1)
Beschluss 2014/746/EU der Kommission vom 27. Oktober 2014 zur Festlegung eines Verzeichnisses der Sektoren und Teilsektoren, von denen angenommen wird, dass sie im Zeitraum 2015-2019 einem erheblichen Risiko einer Verlagerung von CO2-Emissionen ausgesetzt sind, gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 308 vom 29.10.2014, S. 114).
© Europäische Union 1998-2021
Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.