Präambel RL 2004/101/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 175 Absatz 1,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 2003/87/EG(3) schafft ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten auf Gemeinschaftsebene ( „das Gemeinschaftssystem” ), mit dem auf kostenwirksame und wirtschaftliche Weise eine Verringerung von Treibhausgasemissionen bezweckt wird, anerkennend, dass Treibhausgasemissionen längerfristig gegenüber dem Stand vom 1990 um etwa 70 % gesenkt werden müssen. Sie leistet einen Beitrag zur Erfüllung der von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten mit dem Kyoto-Protokoll eingegangenen Verpflichtungen zur Reduzierung der anthropogenen Treibhausgasemissionen, das mit der Entscheidung 2002/358/EG vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen(4) angenommen wurde.
(2)
Die Richtlinie 2003/87/EG stellt fest, dass mit der Anerkennung der Gutschriften aus projektbezogenen Mechanismen ab 2005 die Verpflichtung zur Reduzierung der globalen Treibhausgasemissionen noch kosteneffizienter erfüllt werden kann und dass dies in Bestimmungen zu regeln ist, die die im Kyoto-Protokoll festgelegten projektbezogenen Mechanismen, wie „Joint Implementation” (JI) und „Clean Development Mechanism” (CDM), mit dem Gemeinschaftssystem verknüpfen.
(3)
Die Verknüpfung der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls mit dem Gemeinschaftssystem unter Wahrung der Umweltwirksamkeit dieses Systems eröffnet die Möglichkeit, Emissionsgutschriften, die im Zuge von projektbezogenen Maßnahmen gemäß den Artikeln 6 und 12 des Kyoto-Protokolls erworben wurden, zur Erfüllung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten nach Artikel 12 Absatz 3 der Richtlinie 2003/87/EG zu nutzen. Damit erhöht sich das Spektrum der kostengünstigen Optionen innerhalb des Gemeinschaftssystems, verringern sich die Gesamtkosten für die Erfüllung des Kyoto-Protokolls und erhöht sich die Liquidität des gemeinschaftlichen Marktes für Treibhausgaszertifikate. Durch die Ankurbelung der Nachfrage nach JI-Gutschriften werden Unternehmen der Gemeinschaft in die Entwicklung und die Weitergabe von modernen, umweltfreundlichen Technologien und umweltfreundlichem Know-how investieren. Aufgrund der ebenfalls gesteigerten Nachfrage nach CDM-Gutschriften erhalten die Entwicklungsländer, in denen CDM-Projekte durchgeführt werden, Unterstützung bei der Erreichung ihrer Ziele für eine nachhaltige Entwicklung.
(4)
Zusätzlich zu der Nutzung der projektbezogenen Mechanismen des Kyoto-Protokolls durch die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sowie durch Unternehmen und Personen, die nicht unter das Gemeinschaftssystem fallen, sollten diese Mechanismen mit dem Gemeinschaftssystem so verknüpft werden, dass eine Übereinstimmung mit dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) und dem Kyoto-Protokoll und den in diesem Rahmen gefassten Beschlüssen sowie mit den Zielen und dem Aufbau des in der Richtlinie 2003/87/EG festgelegten Gemeinschaftssystems gewährleistet ist.
(5)
Die Mitgliedstaaten können zulassen, dass die Betreiber im Rahmen des Gemeinschaftssystems ab 2005 zertifizierte Emissionsreduktionen (CER) und ab 2008 Emissionsreduktionseinheiten (ERU) nutzen. Die Nutzung von CER und ERU ab 2008 durch die Betreiber kann bis zu einem Prozentanteil der Zuteilung der einzelnen Anlagen zugelassen werden, der von jedem Mitgliedstaat in dessen nationalem Zuteilungsplan festgelegt wird. Die Nutzung erfolgt durch die Vergabe und sofortige Abgabe eines Zertifikats im Austausch gegen eine CER oder ERU. Ein im Austausch gegen eine CER oder ERU ausgestelltes Zertifikat entspricht der betreffenden CER oder ERU.
(6)
Die Verordnung der Kommission über ein standardisiertes und sicheres Registrierungssystem, die gemäß Artikel 19 Absatz 3 der Richtlinie 2003/87/EG und Artikel 6 Absatz 1 der Entscheidung Nr. 280/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über ein System zur Überwachung der Treibhausgasemissionen in der Gemeinschaft und zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls(5) zu erlassen ist, wird die einschlägigen Prozesse und Verfahren in dem Registrierungssystem für die Nutzung zertifizierter Emissionsreduktionen im Zeitraum 2005-2007 und anschließenden Zeiträumen und die Nutzung von Emissionsreduktionseinheiten im Zeitraum 2008-2012 und den anschließenden Zeiträumen vorsehen.
(7)
Jeder Mitgliedstaat entscheidet über die Höchstgrenzen der Nutzung von CER und ERU aus Projektmaßnahmen unter angemessener Berücksichtigung der einschlägigen Vorschriften des Kyoto-Protokolls und der Vereinbarungen von Marrakesch, um das darin enthaltene Erfordernis zu erfüllen, dass die Anwendung der Mechanismen eine Ergänzung der innerstaatlichen Maßnahmen sein sollte. Die innerstaatlichen Maßnahmen stellen damit ein wesentliches Element der Anstrengungen dar.
(8)
Gemäß dem UNFCCC, dem Kyoto-Protokoll und den in diesem Rahmen gefassten Beschlüssen müssen die Mitgliedstaaten darauf verzichten, zertifizierte Emissionsreduktionen und Emissionsreduktionseinheiten zu nutzen, die in Nuklearanlagen entstehen, um ihre Verpflichtungen aufgrund von Artikel 3 Absatz 1 des Kyoto-Protokolls und aufgrund der Entscheidung 2002/358/EG zu erfüllen.
(9)
In den aufgrund des UNFCCC und des Kyoto-Protokolls gefassten Beschlüssen 15/CP.7 und 19/CP.7 wird betont, dass ökologische Integrität unter anderem durch fundierte Modalitäten, Vorschriften und Leitlinien für die Mechanismen und durch fundierte und starke Grundsätze und Vorschriften über Projektmaßnahmen in den Bereichen Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft zu erreichen ist und dass die mit den Projektmaßnahmen des Bereichs Aufforstung und Wiederaufforstung verbundenen Probleme der fehlenden Dauerhaftigkeit, der Zusätzlichkeit, der Verlagerungseffekte, der Unsicherheiten und der sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen, einschließlich der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die natürlichen Ökosysteme, berücksichtigt werden. Bei der Überprüfung der Richtlinie 2003/87/EG im Jahr 2006 sollte die Kommission technische Vorschriften in Betracht ziehen, die die vorübergehende Geltung von Gutschriften und die Begrenzung der Nutzungsmöglichkeit bei Projektmaßnahmen der Bereiche Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft auf 1 %, wie in dem Beschluss 17/CP.7 vorgesehen, betreffen, sowie Vorschriften infolge der Bewertung potenzieller Risiken des Einsatzes genetisch veränderter Organismen und potenziell invasiver fremder Arten bei Projektmaßnahmen der Bereiche Aufforstung und Wiederaufforstung, damit die Betreiber CER und ERU, welche sich aus Projektmaßnahmen der Bereiche Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft ergeben, ab 2008 entsprechend den aufgrund des UNFCCC oder des Kyoto-Protokolls gefassten Beschlüssen in dem Gemeinschaftssystem nutzen können.
(10)
Zur Vermeidung einer doppelten Erfassung dürfen für innerhalb des Gemeinschaftssystems durchgeführte Projektmaßnahmen keine Emissionsreduktionseinheiten und zertifizierten Emissionsreduktionen vergeben werden, wenn diese Projektmaßnahmen auch eine Reduzierung oder Begrenzung von Emissionen aus Anlagen herbeiführen, die unter die Richtlinie 2003/87/EG fallen, es sei denn, aus dem Register des Mitgliedstaats, aus dem die ERU oder CER kommen, werden Zuteilungen in entsprechendem Umfang gelöscht.
(11)
Entsprechend den jeweiligen Beitrittsverträgen ist der gemeinschaftliche Besitzstand bei der Festlegung des Referenzszenariums für die Projektmaßnahmen zu berücksichtigen, die in den Beitrittsländern durchgeführt werden.
(12)
Jeder Mitgliedstaat, der privaten oder öffentlichen Stellen die Teilnahme an Projektmaßnahmen genehmigt, bleibt für die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem UNFCCC und dem Kyoto-Protokoll verantwortlich und sollte daher dafür sorgen, dass die Teilnahme in Übereinstimmung mit den aufgrund des UNFCCC oder des Kyoto-Protokolls verabschiedeten einschlägigen Leitlinien, Modalitäten und Verfahren erfolgt.
(13)
Gemäß dem UNFCCC, dem Kyoto-Protokoll und den zu ihrer Umsetzung gefassten Beschlüssen sollten die Kommission und die Mitgliedstaaten den Aufbau von Kapazitäten in Entwicklungs- und in Transformationsländern unterstützen, um es ihnen zu ermöglichen, JI und CDM in vollem Umfang auf eine Art und Weise zu nutzen, die ihre Strategien für eine nachhaltige Entwicklung ergänzt. Die Kommission sollte diesbezügliche Anstrengungen überprüfen und darüber berichten.
(14)
Kriterien und Leitlinien, die für die Prüfung der Frage relevant sind, ob Wasserkraftprojekte nachteilige ökologische oder soziale Folgen haben, wurden von der Weltkommission für Staudämme in ihrem Abschlussbericht vom November 2000, „Staudämme und Entwicklung: ein neuer Rahmen zur Entscheidungsfindung” , von der OECD und von der Weltbank aufgestellt.
(15)
Da die Beteiligung an JI- und CDM-Projekten freiwillig ist, gilt es, gemäß Absatz 17 des auf dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung vereinbarten Durchführungsplans die ökologische und gesellschaftliche Verantwortung und Rechenschaft zu stärken. In diesem Zusammenhang sollten Anreize für Unternehmen geschaffen werden, die gesellschaftliche und ökologische Relevanz der JI- und CDM-Maßnahmen zu verbessern, an denen sie beteiligt sind.
(16)
Der Zugang zu Informationen über Projektmaßnahmen, an denen ein Mitgliedstaat beteiligt ist oder bei denen ein Mitgliedstaat privaten oder öffentlichen Stellen die Beteiligung genehmigt, sollte der Öffentlichkeit in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen(6) gewährt werden.
(17)
Die Kommission kann die Auswirkungen auf den Strommarkt in ihre Berichte über den Handel mit Emissionszertifikaten und die Nutzung der Gutschriften aus Projektmaßnahmen aufnehmen.
(18)
Nach dem Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls sollte die Kommission prüfen, ob es möglich wäre, mit in Anhang B des Kyoto-Protokolls aufgeführten Staaten, die das Protokoll noch zu ratifizieren haben, Vereinbarungen zu schließen, in denen die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten zwischen dem Gemeinschaftssystem und in diesen Ländern eingeführten, verbindlichen und mit absoluten Emissionsobergrenzen versehenen Systemen für den Handel mit Treibhausgasemissionen vorgesehen wird.
(19)
Da das Ziel der vorgeschlagenen Maßnahme, nämlich die Verknüpfung der projektbezogenen Mechanismen im Rahmen des Kyoto-Protokolls mit dem Gemeinschaftssystem, durch isoliertes Handeln auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Richtlinie besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 EG-Vertrag niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(20)
Die Richtlinie 2003/87/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 80 vom 30.3.2004, S. 61.

(2)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 20. April 2004 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 13. September 2004 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32.

(4)

ABl. L 130 vom 15.5.2002, S. 1.

(5)

ABl. L 49 vom 19.2.2004, S. 1.

(6)

ABl. L 41 vom 14.2.2003, S. 26.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.