Präambel RL 2005/35/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 80 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Politik der Gemeinschaft im Bereich der Sicherheit des Seeverkehrs zielt auf ein hohes Sicherheits- und Umweltschutzniveau ab; sie beruht auf der Grundauffassung, dass alle an der Beförderung von Gütern auf See Beteiligten Verantwortung dafür tragen, dass die in den Gewässern der Gemeinschaft verkehrenden Schiffe die geltenden Vorschriften und Normen einhalten.
(2)
Die wesentlichen Normen für die von Schiffen ausgehenden Einleitungen von Schadstoffen stützen sich in allen Mitgliedstaaten auf das Marpol-Übereinkommen 73/78. Diese Regeln werden jedoch tagtäglich von zahlreichen in den Gemeinschaftsgewässern verkehrenden Schiffen übertreten, ohne dass dagegen Maßnahmen getroffen werden.
(3)
Da das Marpol-Übereinkommen 73/78 von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich umgesetzt wurde, ist eine Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene erforderlich. Erhebliche Unterschiede gibt es insbesondere bei der Praxis der Mitgliedstaaten zur Verhängung von Sanktionen für die von Schiffen ausgehenden Einleitungen von Schadstoffen.
(4)
Abschreckende Maßnahmen sind mit der Politik der Gemeinschaft im Bereich der Sicherheit des Seeverkehrs untrennbar verbunden, da sie einen Zusammenhang zwischen der Verantwortung aller an der Beförderung umweltbelastender Güter auf See Beteiligten und den drohenden Sanktionen herstellen. Im Hinblick auf einen effizienten Schutz der Umwelt bedarf es daher wirksamer, abschreckender und verhältnismäßiger Sanktionen.
(5)
Zu diesem Zweck ist es von wesentlicher Bedeutung, die bestehenden Rechtsvorschriften mit Hilfe der geeigneten Rechtsinstrumente anzugleichen; insbesondere umfasst dies die genaue Definition des betreffenden Verstoßes, die Ausnahmen und die Mindestvorschriften für Sanktionen sowie die Verantwortlichkeit und die Gerichtsbarkeit.
(6)
Diese Richtlinie wird ergänzt durch ausführliche Bestimmungen über Delikte und Sanktionen sowie andere Bestimmungen, die in dem Rahmenbeschluss 2005/667/JI des Rates vom 12. Juli 2005 zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe(3) enthalten sind.
(7)
Weder die internationale Haftungs- und Entschädigungsregelung im Fall der Ölverschmutzung noch die für die Verschmutzung durch andere gefährliche oder schädliche Stoffe geltende Regelung haben eine hinreichend abschreckende Wirkung, um die an der Beförderung gefährlicher Ladung auf See Beteiligten von unerlaubten Praktiken abzuhalten. Die erforderliche abschreckende Wirkung lässt sich nur durch die Einführung von Sanktionen erzielen, die für jede Person gelten, die eine Verschmutzung des Meeres verursacht oder dazu beiträgt. Sanktionen sollten nicht nur für den Reeder oder den Kapitän des Schiffes, sondern auch für den Eigentümer der Ladung, die Klassifikationsgesellschaft und andere Beteiligte gelten.
(8)
Von Schiffen ausgehende Einleitungen von Schadstoffen sollten als Verstöße betrachtet werden, wenn sie auf Vorsätzlichkeit, Leichtfertigkeit oder grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sind. Diese Verstöße werden im Rahmenbeschluss 2005/667/JI des Rates zur Ergänzung dieser Richtlinie unter den in diesem Rahmenschluss vorgesehenen Umständen als Straftat betrachtet.
(9)
Die Sanktionen für die von Schiffen ausgehenden Einleitungen von Schadstoffen sind unabhängig von der Haftpflicht der betroffenen Parteien und unterliegen daher weder etwaigen Regeln über die Beschränkung oder Zurechnung der Haftung noch begrenzen sie die effiziente Entschädigung der Opfer von Verschmutzungsereignissen.
(10)
Um sicherzustellen, dass von Schiffen ausgehende Einleitungen rechtzeitig entdeckt und die Täter ermittelt werden, ist eine weitergehende wirksame Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten erforderlich. Aus diesem Grund kommt der durch die Verordnung (EG) Nr. 1406/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) eingesetzten Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs eine Schlüsselrolle bei der Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten zu, um technische Lösungen zu entwickeln und technische Unterstützung bei der Umsetzung dieser Richtlinie zu leisten, und bei der Unterstützung der Kommission in der Durchführung der Aufgaben, die ihr im Hinblick auf eine effiziente Umsetzung dieser Richtlinie übertragen wurden.
(11)
Um Meeresverschmutzung besser verhüten und bekämpfen zu können, sollten Synergien zwischen den Strafverfolgungsbehörden wie etwa den nationalen Küstenwachen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang sollte die Kommission eine Durchführbarkeitsstudie über eine Europäische Küstenwache zur Verhütung und Bekämpfung von Meeresverschmutzung durchführen und dabei die Kosten und den Nutzen deutlich hervorheben. Dieser Studie sollte gegebenenfalls ein Vorschlag über eine Europäische Küstenwache folgen.
(12)
Wenn ein klarer, objektiver Beweis dafür vorliegt, dass eine Einleitung einen größeren Schaden verursacht oder einen größeren Schaden zu verursachen droht, sollten die Mitgliedstaaten ihre zuständigen Behörden mit der Angelegenheit im Hinblick auf die Einleitung eines Verfahrens befassen, das im Einklang mit Artikel 220 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen von 1982 steht.
(13)
Die Durchsetzung der Richtlinie 2000/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2000 über Hafenauffangeinrichtungen für Schiffsabfälle und Ladungsrückstände(5) ist zusammen mit der vorliegenden Richtlinie ein Kernstück in der Reihe von Maßnahmen zur Verhütung von Meeresverschmutzung durch Schiffe.
(14)
Diese Richtlinie entspricht dem Subsidiaritätsprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip im Sinne des Artikels 5 des Vertrags. Die Einbeziehung der internationalen Normen für die Meeresverschmutzung durch Schiffe in das Gemeinschaftsrecht und die Festlegung von Sanktionen, die strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Sanktionen einschließen können, für Verstöße gegen diese Normen ist eine Maßnahme, die zur Erreichung eines hohen Sicherheits- und Umweltschutzniveaus im Seeverkehr erforderlich ist. Dies lässt sich durch die Gemeinschaft nur über harmonisierte Vorschriften wirksam erreichen. Diese Richtlinie beschränkt sich auf das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Minimum und geht nicht über das dazu erforderliche Maß hinaus. Sie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, unter Beachtung des Völkerrechts strengere Maßnahmen gegen die Meeresverschmutzung durch Schiffe zu ergreifen.
(15)
Diese Richtlinie steht mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union voll und ganz im Einklang; jeder Person, die verdächtigt wird, einen Verstoß begangen zu haben, muss eine faire und unparteiische Anhörung gewährleistet sein, und die Strafen müssen verhältnismäßig sein —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 220 vom 16.9.2003, S. 72.

(2)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 13. Januar 2004 (ABl. C 92 E vom 16.4.2004, S. 77), Gemeinsamer Standpunkt des Rates vom 7. Oktober 2004 (ABl. C 25 E vom 1.2.2005, S. 29), Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 23. Februar 2005 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Beschluss des Rates vom 12. Juli 2005.

(3)

Siehe Seite 164 dieses Amtsblatts.

(4)

ABl. L 208 vom 5.8.2002, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 724/2004 (ABl. L 129 vom 29.4.2004, S. 1).

(5)

ABl. L 332 vom 28.12.2000, S. 81. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 2002/84/EG (ABl. L 324 vom 29.11.2002, S. 53).

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