Artikel 17 RL 2005/85/EG

Garantien für unbegleitete Minderjährige

(1) Bei allen Verfahren nach dieser Richtlinie und unbeschadet der Bestimmungen der Artikel 12 und 14

a)
ergreifen die Mitgliedstaaten so bald wie möglich Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass ein Vertreter bestellt wird, der den unbegleiteten Minderjährigen bei der Prüfung des Antrags vertritt und/oder unterstützt. Bei diesem Vertreter kann es sich auch um einen Vertreter im Sinne des Artikels 19 der Richtlinie 2003/9/EG vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten(1) handeln;
b)
stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Vertreter Gelegenheit erhält, den unbegleiteten Minderjährigen über die Bedeutung und die möglichen Konsequenzen seiner persönlichen Anhörung sowie gegebenenfalls darüber aufzuklären, wie er sich auf seine persönliche Anhörung vorbereiten kann. Die Mitgliedstaaten gestatten dem Vertreter, bei dieser Anhörung anwesend zu sein sowie innerhalb des von der anhörenden Person festgelegten Rahmens Fragen zu stellen und Bemerkungen vorzubringen.

Die Mitgliedstaaten können verlangen, dass der unbegleitete Minderjährige auch dann bei der persönlichen Anhörung anwesend ist, wenn der Vertreter zugegen ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können davon absehen, einen Vertreter zu bestellen, wenn der unbegleitete Minderjährige

a)
aller Wahrscheinlichkeit nach vor der erstinstanzlichen Entscheidung die Volljährigkeit erreichen wird oder
b)
selbst kostenlos die Dienste eines Rechtsanwalts oder sonstigen Rechtsberaters in Anspruch nehmen kann, der als solcher nach den nationalen Rechtsvorschriften zugelassen ist, die genannten Aufgaben des Vertreters zu übernehmen, oder
c)
verheiratet ist oder bereits verheiratet war.

(3) Die Mitgliedstaaten können gemäß den am 1. Dezember 2005 geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften auch dann davon absehen, einen Vertreter zu bestellen, wenn der unbegleitete Minderjährige 16 Jahre alt oder älter ist, es sei denn, er ist nicht in der Lage, seinen Antrag ohne einen Vertreter weiter zu betreiben.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

a)
die persönliche Anhörung eines unbegleiteten Minderjährigen nach den Artikeln 12, 13 und 14 von einer Person durchgeführt wird, die über die nötige Kenntnis der besonderen Bedürfnisse Minderjähriger verfügt;
b)
die Entscheidung der Asylbehörde über einen Antrag eines unbegleiteten Minderjährigen von einem Bediensteten vorbereitet wird, der über die nötige Kenntnis der besonderen Bedürfnisse Minderjähriger verfügt.

(5) Die Mitgliedstaaten können im Rahmen der Prüfung eines Asylantrags ärztliche Untersuchungen zur Bestimmung des Alters unbegleiteter Minderjähriger durchführen lassen.

In Fällen ärztlicher Untersuchungen stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass

a)
unbegleitete Minderjährige vor der Prüfung ihres Asylantrags in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über die Möglichkeit der Altersbestimmung im Wege einer ärztlichen Untersuchung informiert werden. Diese Information umfasst eine Aufklärung über die Untersuchungsmethode, über die möglichen Folgen des Untersuchungsergebnisses für die Prüfung des Asylantrags sowie über die Folgen der Weigerung des unbegleiteten Minderjährigen, sich der ärztlichen Untersuchung zu unterziehen,
b)
eine Untersuchung zur Altersbestimmung nach Einwilligung des unbegleiteten Minderjährigen und/oder seines Vertreters durchgeführt wird; und
c)
die Entscheidung, den Asylantrag eines unbegleiteten Minderjährigen abzulehnen, der diese ärztliche Untersuchung verweigert hat, nicht ausschließlich in dieser Weigerung begründet ist.

Die Tatsache, dass ein unbegleiteter Minderjähriger eine solche ärztliche Untersuchung verweigert hat, hindert die Asylbehörde nicht daran, eine Entscheidung über den Asylantrag zu treffen.

(6) Bei der Durchführung dieses Artikels berücksichtigen die Mitgliedstaaten vorrangig das Kindeswohl.

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 31 vom 6.2.2003, S. 18.

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