Präambel RL 2006/117/Euratom

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 31 Absatz 2 und Artikel 32,

auf Vorschlag der Kommission, der gemäß Artikel 31 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft nach Stellungnahme einer Gruppe von Persönlichkeiten, die der Ausschuss für Wissenschaft und Technik unter wissenschaftlichen Sachverständigen der Mitgliedstaaten ernannt hat, ausgearbeitet wurde, und nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die zur Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente erforderlichen Beförderungsvorgänge unterliegen einer Reihe gemeinschaftlicher und internationaler Rechtsvorschriften, insbesondere für die sichere Beförderung radioaktiver Stoffe und die Bedingungen, unter denen radioaktive Abfälle und abgebrannte Brennelemente im Bestimmungsland end- bzw. zwischengelagert werden.
(2)
Über diese Anforderungen hinaus erfordert es der Gesundheitsschutz der Arbeitskräfte und der Bevölkerung, die Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente von einem Mitgliedstaat in einen anderen, in die Gemeinschaft sowie aus der Gemeinschaft einem gemeinsamen, obligatorischen System der vorherigen Genehmigung zu unterwerfen.
(3)
In seiner Entschließung vom 22. Mai 2002 über die Schaffung nationaler Systeme zur Überwachung und Kontrolle des Vorhandenseins radioaktiver Materialien bei der Wiederverwertung metallischer Werkstoffe in den Mitgliedstaaten(3) unterstreicht der Rat die Notwendigkeit einer Minimierung von Risiken, die von radioaktiven Materialien in metallischen Werkstoffen, die zur Wiederverwertung bestimmt sind, ausgehen.
(4)
Mit der Richtlinie 92/3/Euratom des Rates vom 3. Februar 1992 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringungen radioaktiver Abfälle von einem Mitgliedstaat in einen anderen, in die Gemeinschaft und aus der Gemeinschaft(4) wurde ein gemeinschaftliches System strenger Kontrollen und vorheriger Genehmigungen für Verbringungen radioaktiver Abfälle eingeführt, das sich als zufrieden stellend erwiesen hat. Es muss jedoch aufgrund der bisherigen Erfahrung angepasst werden, um Begriffe zu präzisieren bzw. zu ergänzen, bisher nicht berücksichtigte Situationen zu behandeln, das existierende Verfahren für Verbringungen radioaktiver Abfälle von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu vereinfachen und die Übereinstimmung mit anderen Gemeinschaftsvorschriften und internationalen Rechtsvorschriften, insbesondere mit dem Gemeinsamen Übereinkommen über die Sicherheit der Behandlung abgebrannter Brennelemente und über die Sicherheit der Behandlung radioaktiver Abfälle (im Folgenden als „Gemeinsames Übereinkommen” bezeichnet), dem die Gemeinschaft am 2. Januar 2006 beigetreten ist, sicherzustellen.
(5)
Im Rahmen der fünften Phase der SLIM-Initiative (Vereinfachung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt) wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Mitgliedstaaten und Anwendern der Richtlinie 92/3/Euratom eingesetzt, die einige von Anwendern vorgebrachte Anliegen behandeln und die Richtlinie den geltenden internationalen Vorschriften und Instrumenten anpassen sollte.
(6)
Das Verfahren der Richtlinie 92/3/Euratom wurde in der Praxis ausschließlich auf Verbringungen abgebrannter Brennelemente ohne weiteren beabsichtigten Verwendungszweck angewendet, die daher im Sinne jener Richtlinie als „radioaktive Abfälle” galten. Aus radiologischer Sicht ist es nicht gerechtfertigt, solche abgebrannten Brennelemente, die für die Wiederaufarbeitung bestimmt sind, von der Anwendung dieses Überwachungs- und Kontrollverfahren auszunehmen. Daher sollte die vorliegende Richtlinie für alle Verbringungen abgebrannter Brennelemente gelten, gleichgültig, ob diese für die Endlagerung oder für die Wiederaufarbeitung bestimmt sind.
(7)
Jeder Mitgliedstaat sollte weiterhin in vollem Umfang für die Wahl seiner Politik zur Entsorgung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente in seinem Hoheitsgebiet verantwortlich sein, wobei sich einige Mitgliedstaaten für die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente und andere für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente ohne weitere Nutzung entschieden haben. Diese Richtlinie sollten daher das Recht der Mitgliedstaaten, ihre abgebrannten Brennelemente zum Zwecke der Wiederaufarbeitung auszuführen, unberührt lassen, und diese Richtlinie sollte nicht implizieren, dass ein Bestimmungsmitgliedstaat der Verbringung radioaktiver Abfälle und abgebrannter Brennelemente zum Zwecke der Endbehandlung oder Endlagerung zustimmen muss, es sei denn, es handelt sich um eine Rückverbringung. Die Ablehnung derartiger Verbringungen sollte auf die in dieser Richtlinie festgelegten Kriterien gestützt werden.
(8)
Die Vereinfachung des bestehenden Verfahrens sollte die bisherigen Rechte der Mitgliedstaaten, gegen eine Verbringung radioaktiver Abfälle, die ihre Zustimmung erfordert, Einwände zu erheben oder im Zusammenhang damit Auflagen festzulegen, nicht einschränken. Die Einwände sollten nicht willkürlich sein und sich auf einschlägiges nationales, gemeinschaftliches oder internationales Recht stützen. Diese Richtlinie sollte die Rechte und Pflichten nach dem Internationalen Recht unberührt lassen, insbesondere die Wahrnehmung der im Internationalen Recht vorgesehenen Rechte und Freiheiten der See- und Flussschifffahrt durch Schiffe und des Überflugs durch Luftfahrzeuge.
(9)
Die Möglichkeit für einen Bestimmungs- oder Durchfuhrmitgliedstaat, das automatische Zustimmungsverfahren für Verbringungen abzulehnen, hat einen ungerechtfertigten Verwaltungsaufwand zur Folge und schafft Unsicherheit. Die obligatorische Bestätigung des Eingangs eines Antrags durch die Behörden des Bestimmungslandes und des Durchfuhrlandes sowie die Verlängerung der Frist für die Zustimmung zur Verbringung dürften dazu führen, dass mit einer relativ hohen Sicherheit von einer stillschweigenden Zustimmung ausgegangen werden kann.
(10)
Die „Genehmigungen” für Verbringungen im Sinne dieser Richtlinie sollten nicht an die Stelle etwaiger spezifischer nationaler Anforderungen für Verbringungen wie z. B. Transportlizenzen treten.
(11)
Zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor Gefahren aufgrund radioaktiver Abfälle sollten auch außerhalb der Gemeinschaft auftretende Gefahren berücksichtigt werden. Verlassen radioaktive Abfälle und abgebrannte Brennelemente die Gemeinschaft, sollte das Bestimmungsdrittland nicht nur über die Verbringung unterrichtet werden, sondern es sollte auch seine Zustimmung dazu geben.
(12)
Die zuständigen Behörden des Bestimmungsmitgliedstaats sollten mit den übrigen betroffenen zuständigen Behörden zusammenarbeiten und in Verbindung stehen, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden und eine reibungslose Abwicklung des Genehmigungsverfahrens gemäß dieser Richtlinie sicherzustellen.
(13)
Die Anforderung, dass die für die Verbringung verantwortliche Person bei nicht zu Ende geführten Verbringungen erforderlichenfalls Abhilfemaßnahmen im Interesse der Sicherheit ergreift, sollte nicht die Anwendung der von den Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene eingeführten Mechanismen berühren.
(14)
Die Anforderung, dass der Besitzer die bei nicht zu Ende geführten Verbringungen anfallenden Kosten trägt, sollte nicht die Gültigkeit der von den Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene eingeführten Mechanismen oder von vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Besitzer und anderen an der Verbringung beteiligten Personen berühren.
(15)
Obwohl radioaktive Abfälle — soweit dies mit der Sicherheit der Behandlung dieses Materials vereinbar ist — in dem Staat endgelagert werden sollten, in dem sie angefallen sind, wird anerkannt, dass die Mitgliedstaaten auf Vereinbarungen untereinander hinwirken sollten, um eine sichere und effiziente Behandlung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente zu erleichtern, wenn diese aus Mitgliedstaaten stammen, in denen diese in sehr geringen Mengen angefallen sind, oder wenn die Einrichtung entsprechender Anlagen aus radiologischer Sicht nicht gerechtfertigt wäre.
(16)
Wurde zwischen einem Empfänger in einem Drittland und einem Besitzer in einem Drittland eine Vereinbarung gemäß Artikel 27 des Gemeinsamen Übereinkommens getroffen, so könnte diese Vereinbarung auch für die Zwecke dieser Richtlinie angewandt werden.
(17)
Für die Zwecke dieser Richtlinie und angesichts der bisherigen Erfahrungen sollte der bestehende einheitliche Begleitschein angepasst werden. Im Interesse der Eindeutigkeit sollte die Verpflichtung festgeschrieben werden, den neuen einheitlichen Begleitschein bis zum Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie zu erstellen. Sollte diese Frist jedoch nicht eingehalten werden, sollte in Übergangsbestimmungen vorgesehen werden, dass der bisherige einheitliche Begleitschein verwendet werden kann. Ferner sollte eine eindeutige Sprachenregelung Rechtssicherheit bringen und unnötigen Verzögerungen vorbeugen.
(18)
Regelmäßige Berichte der Mitgliedstaaten an die Kommission und der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss sollten einen nützlichen Überblick über die gemeinschaftsweit gewährten Genehmigungen liefern sowie gegebenenfalls Probleme, die die Mitgliedstaaten in der Praxis antreffen, und die von ihnen gewählten Lösungen anführen.
(19)
Die Richtlinie 96/29/Euratom des Rates vom 13. Mai 1996 zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen(5) gilt unter anderem für die Beförderung radioaktiver Stoffe, ihre Einfuhr in die und ihre Ausfuhr aus der Gemeinschaft und enthält ein Berichterstattungs- und Genehmigungssystem für Tätigkeiten, bei denen ionisierende Strahlungen auftreten. Diese Bestimmungen sind daher für den unter die vorliegende Richtlinie fallenden Bereich von Bedeutung.
(20)
Daher ist es aus Gründen der Eindeutigkeit notwendig, die Richtlinie 92/3/Euratom aufzuheben und zu ersetzen. Die Pflichten der Mitgliedstaaten hinsichtlich der Fristen für die Umsetzung in innerstaatliches Recht und für die Anwendung der aufgehobenen Richtlinie sollten durch die vorliegende Richtlinie nicht berührt werden.
(21)
Entsprechend Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung(6) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 286 vom 17.11.2005, S. 34.

(2)

Stellungnahme vom 5. Juli 2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

ABl. C 119 vom 22.5.2002, S. 7.

(4)

ABl. L 35 vom 12.2.1992, S. 24.

(5)

ABl. L 159 vom 29.6.1996, S. 1.

(6)

ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.