Präambel RL 2007/16/EG

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)(1), insbesondere auf Artikel 53a Buchstabe a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Richtlinie 85/611/EWG enthält im Zusammenhang mit den Vermögenswerten, die für die Anlagen von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (im Folgenden als „OGAW” bezeichnet) in Frage kommen, verschiedene, teilweise zusammenhängende Definitionen, etwa des Begriffs „Wertpapiere” und des Begriffs „Geldmarktinstrumente” .
(2)
Seit dem Erlass der Richtlinie 85/611/EWG hat die Vielfalt der an den Finanzmärkten gehandelten Finanzinstrumente beträchtlich zugenommen, was zu Unsicherheit darüber geführt hat, ob bestimmte Arten von Finanzinstrumenten unter die genannten Definitionen fallen. Die Unsicherheit in Bezug auf die Anwendung der Definitionen führt zu einer uneinheitlichen Auslegung der Richtlinie.
(3)
Um eine einheitliche Anwendung der Richtlinie 85/611/EWG zu gewährleisten, den Mitgliedstaaten zu einer gemeinsamen Auffassung darüber zu verhelfen, welche Vermögenswerte für OGAW in Frage kommend und sicherzustellen, dass die Definitionen im Einklang mit den Grundprinzipien der Richtlinie 85/611/EWG verstanden werden, die beispielsweise für die Risikostreuung und -begrenzung sowie die Fähigkeit der OGAW zur Auszahlung ihrer Anteile auf Verlangen der Anteilinhaber und zur Berechnung des Nettobestandswerts bei der Ausgabe oder Auszahlung von Anteilen gelten, muss den zuständigen Stellen und Marktteilnehmern diesbezüglich mehr Sicherheit gegeben werden. Dies wird auch zu einer besseren Funktionsweise des Mitteilungsverfahrens für die grenzübergreifende Vermarktung von OGAW beitragen.
(4)
Die in dieser Richtlinie enthaltenen Erläuterungen beinhalten an sich keine neuen Auflagen in Bezug auf das Verhalten oder die betrieblichen Abläufe der zuständigen Stellen und Marktteilnehmer. Sie zählen nicht sämtliche Finanzinstrumente und -geschäfte auf, sondern klären grundlegende Kriterien, die Hilfestellung bei der Frage leisten sollen, ob eine bestimmte Art von Finanzinstrument unter die diversen Definitionen fällt.
(5)
Ob ein Vermögenswert für einen OGAW in Frage kommt, darf nicht nur daraufhin geprüft werden, ob er unter die in diesem Text erläuterten Definitionen fällt, sondern auch im Hinblick auf die übrigen Anforderungen der Richtlinie 85/611/EWG. Die nationalen zuständigen Behörden könnten im Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden zusammenarbeiten, um zu einem gemeinsamen Ansatz für die praktische, alltägliche Anwendung dieser Erläuterungen im Rahmen ihrer Aufsichtspflichten, namentlich im Zusammenhang mit anderen Vorgaben der Richtlinie 85/611/EWG, wie den Kontroll- oder Risikomanagementverfahren, zu gelangen und die reibungslose Funktionsweise des Produktpasses zu gewährleisten.
(6)
In der Richtlinie 85/611/EWG werden Wertpapiere ausschließlich vom formaljuristischen Standpunkt aus definiert. Dementsprechend schließt die Definition der Wertpapiere ein breites Spektrum von Finanzprodukten mit verschiedenen Merkmalen und unterschiedlicher Liquidität ein. Für alle diese Finanzprodukte sollte die Konsistenz zwischen der Definition der Wertpapiere und den übrigen Bestimmungen der Richtlinie sichergestellt werden.
(7)
Geschlossene Fonds werden in der Richtlinie 85/611/EWG nicht ausdrücklich als Anlagegattung, die für OGAW in Frage kommt, genannt. Allerdings werden die Anteile geschlossener Fonds oftmals wie Wertpapiere behandelt, und ihre Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt gibt häufig Grund zu einer derartigen Behandlung. Die Marktteilnehmer und zuständigen Stellen müssen daher Klarheit darüber erhalten, ob die Anteile geschlossener Fonds unter die Definition der Wertpapiere fallen. Die nationalen zuständigen Behörden könnten im Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden zusammenarbeiten, um zu gemeinsamen Ansätzen für die praktische, alltägliche Anwendung der Kriterien für geschlossene Fonds zu gelangen, insbesondere im Hinblick auf grundlegende Mindeststandards für die Unternehmenskontrolle.
(8)
Mehr Rechtssicherheit muss auch in Bezug auf die Einstufung jener Finanzinstrumente als Wertpapiere geschaffen werden, die an die Entwicklung anderer, einschließlich in der Richtlinie 85/611/EWG nicht aufgeführter Vermögenswerte gekoppelt oder durch derartige Vermögenswerte besichert sind. Es sollte klargestellt werden, dass ein Finanzinstrument als Wertpapier mit eingebettetem Derivat einzustufen ist, falls die Kopplung an einen Basiswert oder einen anderen Bestandteil des Finanzinstruments einer Komponente gleichkommt, die als eingebettetes Derivat zu betrachten ist. Folglich sind auf die betreffende Komponente die gemäß der Richtlinie 85/611/EWG für Derivate geltenden Kriterien anzuwenden.
(9)
Damit ein Finanzinstrument unter die in der Richtlinie 85/611/EWG enthaltene Definition der Geldmarktinstrumente fällt, sollte es bestimmte Kriterien erfüllen und muss insbesondere üblicherweise auf einem Geldmarkt gehandelt werden, liquide sein und einen jederzeit genau bestimmbaren Wert haben. Es muss sichergestellt werden, dass diese Kriterien einheitlich angewandt werden, wobei gewisse Marktpraktiken zu berücksichtigen sind. Außerdem muss klargestellt werden, dass die Kriterien übereinstimmend mit anderen Grundsätzen der Richtlinie 85/611/EWG zu verstehen sind. Die Definition der Geldmarktinstrumente sollte sich auch auf Finanzinstrumente erstrecken, die nicht an einem geregelten Markt notiert oder gehandelt werden und für die die Richtlinie 85/611/EWG zusätzlich zu den allgemeinen Kriterien für Geldmarktinstrumente weitere Kriterien vorsieht. Aus diesem Grund müssen auch diese Kriterien im Hinblick auf die Anforderungen des Anlegerschutzes und bestimmte Grundsätze der Richtlinie 85/611/EWG, wie die Portfolioliquidität gemäß deren Artikel 37, erläutert werden.
(10)
Nach der Richtlinie 85/611/EWG sind abgeleitete Finanzinstrumente (Derivate) als liquide Finanzanlagen zu betrachten, wenn sie die in der Richtlinie niedergelegten Kriterien erfüllen. Es muss sichergestellt werden, dass diese Kriterien einheitlich angewandt werden; außerdem ist klarzustellen, dass die Kriterien übereinstimmend mit anderen Bestimmungen der Richtlinie zu verstehen sind. Ferner sollte klargestellt werden, dass Kreditderivate, die diese Kriterien erfüllen, Derivate im Sinne der Richtlinie 85/611/EWG und somit liquiden Finanzanlagen gleichzustellen sind.
(11)
Besonders dringender Klärungsbedarf besteht bei Indexderivaten. Derzeit werden vielerlei Finanzindizes als Basiswerte für Derivate herangezogen. Zusammensetzung und Komponentengewichtung dieser Indizes können variieren. In allen Fällen muss sichergestellt sein, dass der OGAW seine Verpflichtungen in Bezug auf die Portfolioliquidität gemäß Artikel 37 der Richtlinie 85/611/EWG und die Berechnung des Nettobestandswerts erfüllen kann und sich die Merkmale des Derivat-Basiswerts nicht negativ auf diese Verpflichtungen auswirken. Es sollte klargestellt werden, dass Derivate auf Finanzindizes, deren Zusammensetzung hinreichend diversifiziert ist, die eine adäquate Bezugsgrundlage für den Markt darstellen, auf den sie sich beziehen, und bei denen eine angemessene Information über die Indexzusammensetzung und -berechnung gewährleistet ist, als Derivate einzustufen sind, welche als liquide Finanzanlagen gelten. Die nationalen zuständigen Behörden könnten im Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden zusammenarbeiten, um zu einem gemeinsamen Ansatz für die praktische, alltägliche Anwendung dieser Kriterien bei Indizes zu gelangen, die auf einer in der Richtlinie nicht ausdrücklich genannten Art von Vermögenswerten basieren.
(12)
Geldmarktinstrumente, in die ein Derivat eingebettet ist, werden in der Richtlinie 85/611/EWG als Untergruppe von Wertpapieren anerkannt. Die Einbettung einer Derivatkomponente in ein Wertpapier oder Geldmarktinstrument führt nicht dazu, dass das gesamte Finanzinstrument zu einem Finanzderivat wird, das nicht mehr unter die Definition des Wertpapiers oder Geldmarktinstruments fiele. Daher muss geklärt werden, wann ein Finanzderivat als ein in ein anderes Instrument eingebettetes Derivat betrachtet werden kann. Die Einbettung eines Derivats in ein Wertpapier oder Geldmarktinstrument birgt überdies die Gefahr, dass die Vorschriften der Richtlinie 85/611/EWG für Derivate umgangen werden. Aus diesem Grund schreibt die genannte Richtlinie vor, dass die eingebettete Derivatkomponente identifiziert und bei den geltenden Vorschriften berücksichtigt werden muss. Angesichts der Finanzinnovation sind eingebettete Derivatkomponenten nicht immer leicht zu identifizieren. Um hier mehr Sicherheit zu schaffen, sollten Kriterien für die Identifizierung derartiger Komponenten festgelegt werden.
(13)
Nach der Richtlinie 85/611/EWG fallen Techniken und Instrumente, die Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente zum Gegenstand haben und im Hinblick auf die effiziente Verwaltung der Portfolios verwendet werden, nicht unter die Definition der Wertpapiere und Geldmarktinstrumente. Um die Grenzen dieser Definitionen klarer abzustecken, müssen Kriterien dafür festgelegt werden, welche Geschäfte unter diese Techniken und Instrumente fallen. Außerdem muss daran erinnert werden, dass diese Techniken und Instrumente übereinstimmend mit den übrigen Verpflichtungen eines OGAW, insbesondere bezüglich des Risikoprofils, zu verstehen sind. Das heißt, sie müssen den Vorschriften der Richtlinie 85/611/EWG für das Management und die Streuung von Risiken sowie den Einschränkungen für Leerverkäufe und Kreditaufnahme entsprechen.
(14)
Die Richtlinie 85/611/EWG enthält Kriterien für die Definition von OGAW, die Aktien- oder Schuldtitelindizes nachbilden. Bei OGAW, die diese Kriterien erfüllen, gelten flexiblere Regelungen für die zulässige Emittentenkonzentration. Daher müssen ein eindeutiges Verständnis dieser Kriterien entwickelt und ihre einheitliche Anwendung in allen Mitgliedstaaten gewährleistet werden. Dies bedeutet, dass näher erläutert werden muss, wann ein OGAW als indexnachbildender OGAW betrachtet werden kann, um mehr Sicherheit in Bezug auf die Voraussetzungen zu schaffen, unter denen die für indexnachbildende OGAW vorgesehene günstigere Behandlung gewährt werden kann.
(15)
Zu den fachlichen Aspekten wurde der Ausschuss der europäischen Wertpapierregulierungsbehörden konsultiert.
(16)
Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen stimmen mit der Stellungnahme des Europäischen Wertpapierausschusses überein —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 375 vom 31.12.1985, S. 3. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2005/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 79 vom 24.3.2005, S. 9).

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